Moratorien in alter Zeit. Der gewaltige Sinfluh, den der gegenwärtige Weltkrieg auf daZ ganze Wirtschaftsleben ausübt, hat in verschiedenen Staaten zu Moratorien geführt, und auch bei uns ist der Wunsch nach diesem letzten Mittel laut geworden, wenngleich ihm unsere Regierung nicht nachgegeben hat. Moratorien find keine Erfindung der jüngsten Zeit, wie Geh. Rat Kohl er in einem Aufsatz der Zeitschrift„Ueber Land und Meer' ausführt, find sie schon seit Jahrhunderten üblich. DaS Moratorium im Konkurs, wobei dem Schuldner eine ZahlungS - frist gewährt wird, geht bereits auf das Altertum zurück. Im Mittelalter wurde dann die Zwangsstundung weiter ausgedehnt; sie zu gewähren, war ein Vorrecht der Fürsten , und bald wurde damit ein weitgehender Mißbrauch getrieben. Nicht nur unglücklichen verarmten Schuldnern gab man Moratorien, sondern diese? Privileg wurde allerlei Günstlingen zuteil, die nun ihren Gläubigern ungestraft ein Schnippchen schlagen konnten. Im Volk herrscht die größte Empörung gegen solche Moratorien, die einzelnen Bevorzugten erlaubt wurden. „Quinquenellen' wurden sie genannt, weil die Moratorien im Anschluß an da» römische Recht regelmäßig auf b Jahre verteilt wurden. So lautet ein altes Sprichwort:„Ouinquenellen gehören in die Höllen'. Sogar die alte ReichSgesctzgebung sah sich genötigt, gegen die Miß- stände in der Erteilung solcher besonderen Vergünstigungen ein» Zuschreiten, und die berühmte Polizeiordnung vom Jahre 1377 erklärt rn ihrem 23. Titel, daß. Hantierer und Gewerbeleute' gefährlicher- und betrüglicherweise im Schein Treuens und Glaubens Geld und Waren Sei anderen Leuten aufbringen und entlehnen, dann mit übermäßiger Pracht und in unordentlicher Weise leben, und wenn sie alles verbraucht haben, dann.austreten' und sich in andere Herrschaften begeben und dort angenommen und beherbergt werden: derartige Handlungsweisen seien dem Diebstahl zu vergleichen, und solche Hantierer und Gewerbsleute, wenn sie vorsätzlicherweise und betrüglicherweise Bankrott machen, nicht etwa aus unverschuldetem Unfall, sollten nicht weiter von einer Obrigkeit aufgenommen, sondern den Gläubigern preisgegeben werden. Und vom Moratorium heißt eS, daß Kaufleute keine Moratorien mehr bekommen sollen, sofern sie nicht durch glaubhafte Urkunden oder Scheine dartun, daß sie aus unversehenen Unfällen ihr Vermögen verloren haben. Dagegen sollten Ouinquenellen, die in anderer Weise mit.verschwiegener Wahrheit ausgebracht oder erlangt werden',„kraftlos nnd un- verträglich' fem. Die Willkür des Moratorienwesens wurde dann allmählich durch die Gesundung der fürstlichen Finanzen aufgehoben, und in jüngster Zeit greift man nur in Augenblicken der höchsten Gefahr und der größten Bedrängnis zu diesem letzten Mittel. DeS- halb find jetzt zumeist Kriege die Veranlassung von Moratorien, so war eS der Deulsch-Fran�ösiiche Krieg für Frankreich , so der Balkan - krieg, so der neue Weltkrieg für viele Länder.
Kleines Feuilleton. Seftmöers raffinierte Gemeinheit russischer Ieinöe l Das Amtsblatt der Stadt Freiberg i. Sa. erläßt folgenden Notschrei: .Es muß einmal mit allem Nachdruck gesagt werden: Ein großer Teil der weiblichen Jugend— und das ist schon seit Jahren der Fall— ist kaum noch von einem erbärmlichen Dirnentum entfernt. Wenig Städte dürfte es geben von der Größe Freibergs , in denen diese betrübende Erscheinung so augenfällig ist wie bei uns. All- abendlich kann man diese Beobachtung machen. Es hat sich eine Sorte von jugendlichen Dirnen herausgebildet, die in ihrem Be- nehmen allem Anstand Hohn sprechen. Das Alter spielt dabei keine Rolle, fast scheint eS, als wenn gerade die jüngsten, vierzehn-, fünfzehn- und sechzehnjährigen Dinger die schlimmsten wären. Allgemein schreibt man die Schuld an dieser bedauerlichen Tatsache dem Umgang der weiblichen Jugend mit den vielen Ausländern— an der Freiberger Bergakademie studieren mehrere hundert Russen— zu, denen unsere Stadt b i« h e r Gastfreundschaft gewährte, ein Um- gang, der besonders gefördert wird durch die zahlreichen öffentlichen Tanzmusiken in Freiberg und umliegenden Orten und durch das Bummeln aus dem sogenannten.Strich' in den Promenadenanlagen usw. Nun, das wird in Zukunft anders werden. Aber die Folgen werden noch lange andauern. Wenn man jetzt abends durch die Stadt geht, kann man beobachten, wie sich allerorten junge Dinger
Ms öer Frauenbewegung. Zrauenpflicht. Unwürdig der sozialistischen Frauen würde eS uns dünken, wenn sie mit in den Schoß gelegten Händen müßige Zuschauerinnen der weltgeschichtlichen Ereignisse wären, die mit ihrem Heute das Morgen vorbereiten. Die bedeutungsschwere Zeit ruft sie zu großen Aufgaben, an deren Erfüllung sie alle Hingabe, Begeisterung und Opferfähigkeit setzen müssen, die aus dem.ewig Weiblichen' ihres Wesens und ihrer Ueberzeugung quellen.... Wenn die Gemeinden, wenn öffentliche Körperschaften und Gewalten überhaupt das furchtbar heraufziehende Elend ernstlich lindern wollen, so können sie heute die Mitarbeit unserer Genossin- nen am allerwenigsten entbehren. Diese bringen für die soziale Hilfstätigkeit das Wissen und die Schulung mit, die sie der Sozial- demokratie und den Gewerkschaften verdanken, ferner die praktische Erfahrung, die sie aus eigenen LebcnSnöten als Proletarierinnen geschöpft haben.... Kein Almosen, Hilfe und Arbeit als soziale Pflicht, da» ist die Forderung, die sie überzeugend an alle öffent- lichen Gewalten richten. Schützend müssen die Genossinnen vor die Würde, das Recht der Hilfsbedürftigen treten. Das Bewußtsein dafür haben die Genossinnen zu wecken und zu stärken und durch Taten den Glauben lebendig zu erhalten an die tragend« Kraft der proletarischen Klassensolidarität, der sozialistischen Brüderlichkeit, die sich am reichsten fühlt, wenn sie gibt und schafft. Der Krieg hat unsere politischen und gewerkschaftlichen Or- ganrsationen gelichtet, hat die Arbeit unserer wichtigsten Organe lahmgelegt oder wenigstens erheblich eingeschränkt. Daß die ge- lockerten Fäden de» Zusammenhaltens und Zusammenwirkens nicht reißen, dafür die ganze Kraft aufzubieten, ist eine selbstverständ- liche Ehrenpflicht der Genossinnen, die Besiegelung ihrer Gleich- berechtigung in der modernen Arbeiterbewegung. Wir sagen Er- Haltung der Organisation und denken dabei in erster Linie an den Geist, der die Organisation erfüllen und von ihr auf die Un- organisierten ausstrahlen soll. Aus der blutigen Aussaat des Welt- kriegeS kann dem Proletariat nur eine Ernte reifen, wenn dieser Geist unverfälscht und stark bleibt, unbeirrt durch daS Brüllen der Kanonen und die chauvinistischen Weisen eines unechten PatriotiS- mu». dem daS beste Kulturgut des deutschen Volkes fremd geblieben ist. I» diesem Zusammenhang gewinnt eS besondere Bedeutung, baß die Genossinnen trotz Armut und anderer Hindernisse rastlo» wie je für die Verbreitung der sozialdemokratischen Presse sorgen, die ihrerseits über KampfeSgewirr und Trümmerhaufen das Banner des internationalen Sozialismus hoch und unbefleckt emporflattern lasse« muß. DeS internationalen Sozialismus! Klingt es nicht wie blutiger Hohn? In den Tagen, wo in Wien Männer und Frauen all Beauftragt« der Proletarier aller Länder den großen Frieden». und grecheitibund der Völker befestigen sollten, verröcheln Zehn- tausende Söhne des Volke» auf dem Schlachtfeld, seufzen wettere WWMtwortticher Redakteur: Alfred Wirlrptz, Reutöll». Kür de»
mit Soldaten zu schassen machen. Die Liebhaber, die Russen find fort; da wird nach anderen gesucht, und Ersatz und Landsturm ist diesen Dingern gerade recht. Ein hier stehender Ersatzmann ist jüngst abend» auf einer Verkehrsstraße nicht weniger als sechsmal von grauenzimmern attackiert worden. DaS Benehmen em, einer ist geradezu skandalös. Es ist soweit gekommen, daß fich auständige Mädchen in den Abendstunden kaum noch auf der Straße sehen lassen können, um nicht mit dieser zweifelhaften Gesellschaft ver- wechselt zu werden. Wie wir hören, hat die Stadtpolizei und auch die Gendarmerie mehrfach Veranlassung genommen energisck, einzuschreiten. Es haben vielfach Sistierungen durch Patrouillen stattgefunden, und das Treiben auf den Straßen wird polizeilich überwacht. Ist es nicht unerhört, wenn an einem Tage fünf, an einem anderen sechs junge Mädchen von der Sittenpolizei wegen Gewerbsunzucht stftiert werden mußten, wenn ein Mädchen, das erst vor wenigen Monaten da« 14. Lebensjahr vollendet har, der Fürsorgeerziehung überwiesen werden mußte, weil es in einer Reihe von Fällen mit Männern sich eingelassen hatte!— So wie bisher, kann und darf es nicht weitergehen.' Wir fügen hinzu: Auch die Berliner Unsittlichkeit ist von den Angehörigen der feindlichen Nationen böswillig und mit Vorbedacht langerhand vorbereitet worden. Wir können uns aber nicht ent- schließen, unseren in Feindesland einrückenden Truppen eine Revanchepolitik zu empfehlen. Um so weniger, als sie in solchen Fällen den Ueberwindern oft übler bekommt als den Unter- liegenden._
vle Poesie öer Verzweiflung. .Himmeherrgottsakramente, Immer ran an den Salat l Ich will keine Altersrente Von dir haben, Zarter Staat.
Ja, mein Weib daheim wird schelten, Wenn's mich im Berlustblatt sieht. Ei, fit schumps auch sonst nicht selten, Doch ihr kommt'S nicht vom Gemüt...' So und ähnlich traurig singt Hochstetter in den.Lustigen Blättern' ein.Rauhes Landwehrlied'. Es ist doch eine seltsame DichterwciShett, den.KampfeSmut' daraus zu erklären, daß die Leute zu Haufe einen Drachen haben und der Ehe mit selbigem den Tod vorziehen. Aber freilich— die Witzblätter sind ja jetzt über- Haupt da» traurigste am ganzen Deutschen Reich, alle miteinander.
Sallhörner. Zu welchen Ausschweifungen Sanlt Ballhorn fähig ist. wenn ihn der chauvinistische Koller ergriffen hat, davon gaben wir schon Proben. Aber eS wird immer toller: Am Montag wurde bei einem patriotischen Konzert im Blüthner -Saal von Hermann Gura auch da« schöne alte Soldatenlied vom FridericuS Rex gesungen. aber— mit unglaublichen Umdichtungen. Wir zitieren die zweite Strophe: Sie gönnen un» nicht Wohlstand und den heißerrung'nen Platz, Und die hundert Millionen in meinem Schatz. Der Belgier Ijat sich mit dem Franzosen alliiert, Und da» britische Reich gegen mich revoltiert, Die Russen sind gefallen in Preußen ein. Auf. laßt uns sie zeigen, daß wir brave Landskinder fein. Welcher(gut deutsch ) Blödsinn l Denn man läßt den FridericuS stehen, man läßt die 2(X> Bataillon« stehen und die Schwerin, Keith, Ziethen usw. Ja sogar.dem Franzosen sein König' ist stehen geblieben, obwohl es unmittelbar vorher modermfiert heißt: Die Belgier haben verflucht schlechtes Geld. Wer weiß, ob der Engländer besseres hält. Wie peinlich, gerade diese« Lied so verhunzen, in dem eS über die— Oesterreicher herging I Das komischste aber ist bei der ganzen Sache, daß diese» prächtige alte Lied mit der Ehrlichkeit des echten Volksliedes den Passus enthält(den man wieder stehen ließ):.Ach hätt'st du nur öfters zu vlündern permittiert I' Aus diesem Patriotischen Konzert wird un» noch berichtet, daß der Schriftsteller Ludwig Fulda ein gereimte» Märchen vorgetragen habe, in dem Deutschland al» Schneewittchen auftritt. Di« böse Königin(Deutschland über den Bergen ist tausendmal schöner als
Zehntausende in Lazaretten, und es ist Bruderhand gewesen, die den Tod entsendet und Wunden geschlagen hat. Hunderttausende, ja Millionen, ganz gleich, welchen Landes Uniform sie tragen, erklären mit zusammengebissenen Zähnen:.Wir wollen nicht, wir müssen. DaS Recht und die Unabhängigkeit unseres Vaterlandes sind be- droht.' Der Krieg hat seine eigene eiserne Logik, seine eigenen Gesetze und Maße. Er schafft eine Atmosphäre, in der heroische Kampfes- und Bürgertugenden gedeihen, aber ob eS die Kämpfenden wollen oder nicht, lockt er recht oft auch die Bestie im Menschen hervor, der sein Leben von Tod und Verderben umlauert weiß, ent- fesselt er wilde Triebe, die als Ueberlebsel der Vergangenheit unserer Art unter der Schwelle des Bewußtseins liegen..Der alte Urständ der Natur kehrt wieder, wenn Mensch dem Menschen gegenüber- steht.".,. Weit, weit scheint das weit- und zukunftumspannettde Ideal der proletarischen Solidarität, der Völkerverbrüderung zurück- geworfen. Wäre eS möglich, daß der Kieg nicht bloß Menschen- leben auslöscht, sondern auch Menschheitsziele? Nein und abermals nein! Die Proletarier werden Deutschland vor solcher Schmach bewahren, und während der Krieg wütet, wollen wir sozialistische Frauen die treuesten Hüterinnen des Gedankens internationaler Brüderlichkeit sein. Müssen die Männer draußen kämpfen, so soll«S daheim unsere heiligste Aufgabe sein, darübe: zu wachen, daß der brausende Strom eines unechten Patriotismus nicht hinwegreißt, was auf dem Boden dieser Selbständigkeit an edler, vorurteilsloser Menschlichkeit, an weltbürgerlicher Gesinnung und Gesittung, an sozialistischem MenschheitZumfassen emporgesproßt ist und höherer fruchtreicher Entfaltung harrt. Lassen wir nicht den Sinn der werkttäigen Massen durch die chauvinistischen Pauken für die nackte Tatsache übertäuben, daß weltwirtschaftliche und weltpolitische EntWickelungen Ursachen des schicksalschweren Krieges find, nicht aber häßliche und verächtliche persönliche Eigenschaften der Völker, mit denen Deutschland sich messen mutz. Haben wir den Mut, den Schmähungen gegen das 4»erfid« Albion", die.verkommenen Franzosen', die„barbarischen Russen' entgegenstellen, wie reich, wie unaustilgbar der Anteil ist, den diese Völker zur MenschheitSentwickelung beigesteuert haben, wie befruchtend er auch auf das Emporblühen deutscher Kultur ge- wirkt hat. WaS die Deutschen selbst in die internationale Schatz- kammer der Kultur getan haben, das ist so viel, so unvergänglich, daß es allein schon die Pflicht in sich begreift, gerecht und wahr- haftig in der Beurteilung anderer Nationen zu sein. Mahnen wir daran, daß alle Völker das gleich« Recht auf nationale Unabhängig. keit und Selbständigkeit haben, das die Deutschen kämpfend durch- setzen.... Wir sozialistischen Frauen vernehmen die Stimmen, die leise, schmerzlich und doch erhebend in dieser Zeit von Blut und Eisen, von der Zukunft und für die Zukunft reden. Seien wir ihre Dol- metscher für unsere Kinder! Behüten wir sie vor dem schellenlauten Klang von Auffassungen, wie sie heute die Straßen erfüllen, und in denen ein billiger Rassenhochmut den Menschen erschlägt. In unseren Kindern muß un» die Bürgschaft dafür heranwachsen, daß dieser furchtbarste aller Kriege da» letzte gewalttätige Völkerringen Inseratenteil verantw.: Tb. Glocke, Berlin . Druck u. Verlag. Vormärt»
sie usw.) bedeutet«atsirlich.... Aber wozu die plumpe Allegorie ausdeuten? Es muß zum Quietschen gewesen sein. Wie sticht davon das Programm der von den Freien Volks- bühnen veranstalteten Kunftabende ab l
veutsihe in öer Kriegsgefangenschaft zu Caröiff (Wales ). Ueber deutsche Kriegsgefangene bringt eine der englischen illustrierten Zeiiungen, die.Daily Mirror", einige Mitteitungen. Im ganzen befinden sich zu Cardiff 2l7 Gefangene, lauter See« leute, die aus den aufgehalrenen Handelsschiffen Deutschlands ge- nommen worden sind. Die Zeitung gibt ihren Lesern einen Bericht über die Behandlung, die man ihnen angedeihcn läßt„im Gegensatz zn der, die Engländer in Deutschland erfahren", wo, wie der.Mirror" seinen Lesern erzählt, man sie als Spione behandelt, ins Gefängnis setzt und ihnen keinerler Rücksichten zeigt. Als sie kaum in der „Engineers Drill Hall" angekommen waren, sagt der.Mirror", gab man ihnen zur Unterhaltung eine Laterna-Magica» Veranstaltung, sür die ein Frauenkomitee gesorgt hatte. (.Würdelose Weiber!") Die Schiffsosfiziere haben einen Saal für sich, wo sie Billard usw. spielen können. Ein Osfizier spielte gerade Klavier, ein anderer Violine. Auch hatlen viele ryre Grammophone vom Schiff mitgebracht. Die Schiffsjungen saßen hinter ihren Büchern, da diese.unfreiwillige Ruhe" ihnen Gelegenheit gibt, sich auf ihr nächstes Examen vor- zubereiten. Jemand brachte eine Handvoll Zigaretten, wornber sich die Glücklichen, die eine erwischten, sehr freuten.(,W. W.l") Auch die Frauen sind kricgsgesangeu— man hat ihnen Sirickstrümpfe gegeben, was ihnen lieb war. denn die Beschäftigung lenkt sie von ihren trüben Gedanken ab. Sie fragen sich, was aus ihrem Be- sitzium werden wird, das sie auf den Schiffen zurückließen, worunter sich Kuriositäten befinden, die großen Wert haben. Ein Schiffs- kapitän bot dem Berichterstatter des.Mirror" einen großen Ele« fantenzahn zum halben Preise an. Leider werden die Gefangenen bald ihr luxuriöses Gefängnis verlassen müssen, da sie wahr- scheinlich mit anderen in em Konzentrationslager gebracht werden. ähnlich wie zu Ehester, wo sich ein Lager von 3000 Deuischen befindet._ Notizen. — Volkssinfoniekonzerte zugunsten notleidender 'Orchestermusiker. Durch die Kriegslage sind Tausende von deutschen Orchestermitgliedern der Not preisgegeben. Völlig brotlos wurden die sog..Aushilssmusiker". Da wollen nun die Musiker sich selbst Helsen durch Volkssinsoniekonzerte, die von hervorragenden deutschen Dirigenten geleitet werden. Niedrige Preise sind angesetzt. Ver- wirklicht wird der Gedanke zuerst in München . Richard Strauß wird mit der Leitung dieser Konzerte den Anfang machen. Ihm folgen Bruno Walter . Sigmund v. Hausegger. Ferdinand Löwe , Ernst Boche, Paul Prill. Mit Sicherheit darf man erwarten, daß eine be- trächtliche Zahl deutscher und österreichischer Städte da« von München gegebene Beispiel befolgen wird. — Lange Belagerungen. Den Längenrekord in neuere Zeit stellt die Belagerung von Port Arthur im Rusfisch-Japanischen Kriege dar, die volle 210 Tage dauerte. Die Belagerung von Plewna im Russisch-Türkischen Kriege erstreckte sich über 144 Tage. Die türkische Festung Kars widerstand im Jahre 13öS 8 Monate lang, Venedig wurde 1348/49 über ein Jahr lang belagert, während die Belagerung SebastopolS und die von Karthum«ls bezw. zehn Monate dauerte. Aber sie alle waren ein reine« Kinderspiel gegen die Belagerung von Richmond im Amerikanischen Sezessionskriege , bei der die konföderierten Truppen die Stadt 1483 Tage, d. h. länger als vier Jahre hindurch, belagerten. — DaS I.Konzert de» Vaterländischen FrauenvereinS findet nicht am 11., sondern schon am 3. Oktober in der Philharmonie statt. — Die vaterländischen Schauspiele für die Schulen, veranstaltet von der Genossenschaft Deutscher Bühnen- angehörigen, nehmen heute nachmittag 3>/« Uhr ihren Anfang in foigeuden Theatern: Theater am Nollendorfplatz(Wallenstein « Lager, Rezitationen, Die Torgauer Heide), Friedrtch-Wilhelmstädtisches Schauspielhaus(Wilhelm Tell ), Walhalla-Theater(Die Lmta-Liese). Im Palast-Theater am Zoo finden die angekündigten Vorstellungen nicht statt, die dafür gelösten Karten find für da« Theater am Nollendorfplatz güllig. Billett-Vorverkauf bei A. Wertheim, Jnvalidendank. Abend» im Friedrich-Wilhelmstädt. Theater, Junker- mann-Gastipiel: Ut de Franzosentid. ist. DaS Blut der Verwundeten und Gefallenen darf nicht zum Strom werden, der trennt, wa» der Gegenwart Not und der Zu- kunft Hoffnung eint. Es muß ein Kitt sein, der für alle Zeiten bindet.(Aus der soeben erschienenen Nummer der„Gleichheit".)
Weiterarbeiten! Allenthalben in Deutschland beteiligen sich unsere Ge- nossinnen an der freiwilligen Hilfsarbeit für die durch den Krieg betroffenen Familien. Wo wir Hinblicken, überall sind sie mit tätig in der Kinderfürsorge, bei der Volksspeisung, in der Familienfürsorge, der Hauspflege, in den Bekleidungs- stellen, wo immer die Möglichkeit zum Helfen da ist, stellen sie ihre Kräfte zur Verfügung. Diese Arbeit ist notwendig. und zugleich hilft sie vielen von uns über daS Gefühl des Alleinseins und des Unzufriedenseins hinweg. Wohl in den meisten der Genossinnen stürzte mit dem Ausbruch des Krieges etwas zusammen: der Glaube an die Macht des Proletariats, Kriege zu verhindern, ist erschüttert worden. Eine Leere ent- stand in uns, und die Arbeit kam uns gerade recht, um uns über die Depression hinwegzuhelfen. Wer sich mit ernstem Willen an die Arbeit gibt, wird von ihr festgehalten. Viele gehen ganz in ihr auf, sie haben keine Augen mehr für alles, was außerhalb ihres Tätigkeits- gebietes liegt. Meist sind diese Frauen ganz besonders wert- volle Kräfte im Dienst für die Armen; sie konzentrieren sich vollständig auf ihre Aufgabe, lassen sich durch nichts beirren, und inan soll nicht versuchen, sie ihrer Tätigkeit zu entziehen. Ader nicht alle Genossinnen dürfen sich so tief in die freiwillige Hilfstätigkeit versenken. Es gibt noch andere Pflichten, die nicht weniger wichtig sind, und die viel Geduld und viel Hingabe erfordern. Es ist die Arbeft für die Partei� Wir Frauen müssen dafür sorgen, daß die enge Fühlung unter den zurückbleibenden Genossen aufrecht erhalten bleibt, in den Mitgliederversammlungen, die ja nicht verboten sind, müssen wir beraten, was zu tun ist, um die Schwächung unserer Reihen durch den Verlust der Einberufenen auszugleichen. ES muß versucht werden, die Gedanken auf die notwendige Kultur- und Organisationstätigkeit zu lenken, unsere Arbeit an der Jugend darf nicht brach liegen; es muß weiter gebaut werden. Was soll nach dem Kriege werden, wenn wir jetzt alles ver- nachlässigen, waS unsere Männer und wir in Friedenszeiten getan haben? Die Fürsorge für die Armen und Schwachen ist etwa» Großes und ungeheuer Wichtiges, aber vergessen wir nicht, daß auch die Weiterarbeit für unsere Ideen immer zu unseren vornehmsten Aufgaben gehören muß, die selbst während des Krieges nicht ruhen dürfen. Nach Beendi- gung des Krieges werden neue und ernste Pflichten an uns herantreten. Werden wir bereft sein, sie zu erfüllen? Euchdruckere» u. Verlagsanswlt Paul Singer a. Ca, Berlw iflk