matthpuS hinaus und brachte den amerikanischen Monitorthpus zur Aufnahme, der die Geschütze in starkgepanzerte Drehtürme stellte, wodurch ein Rundfeuer nach allen Seiten ermöglicht war. Anfangs baute man die Drehtürme.mittschiffs" ein, wobei im sogenannten Zitadellschiff die Türme nebst den lebenswichtigen Teilen des Schiffes innerhalb einer gepanzerten Zitadelle verblieben. Später verlegte man, um größere Bestreichungswinkel zu erzielen, die Türme nach vorne und mach achtern, womit sich naturgemäß der Kasematthpus völlig auflöste und da» Turmschiff entstand, bei dem sich die Panzerung auf die Drehtürme und auf Teile der Wasserltnie beschränkte. In den achtziger Jahren entstand den Schlachtschiffen ein ge- fährlicher Feind in den flinken Torpedobooten. Die schweren Ge- schütze konnten gegen diese nicht aufkommen, da sie zu wenig zahl- reich waren und daher bloß ein langsames Feuer gestatteten. Erst durch die Einführung kleinerer und zahlreicher Schnelladekanonen gewannen die Schlachtschiffe eine Waffe, um sich die kleinen, aber um so mehr gefürchteten Feinde vom Leibe zu halten. Die Schnell- ladekanonen machten sich aber auch nach einer anderen Richtung nützlich, indem sie nämlich mit ihrem raschen Feuer und dem dichten Geschotzhagel außerordentliche Verheerungen in den un- gepanzerten Schiffsteilcn anrichteten. Zum Beispiel in der See- schlacht am Naluflutz 1895, wo die japanische Flotte die chinesische, die fast keine kleinkalibrigen und schnellfeuerndcn Geschütze besaß, nahezu vernichtete. So sahen sich denn die Kriegsmarinen ver- anlaßt, auf den Schlachtschiffen außer den schweren, Panzer- brechenden Geschützen auch noch leichtere Kanonen zur raschen Wirkung gegen die verletzbaren Schiffsteile einzuführen. Die Mittelartillerie machte nun in wenigen Jahren eine ähnliche Steigerung der Kaliberverhältnisse durch, wie die schwere Artillerie. Im russisch -papanischen Krieg hatten die modernen Schiffe bereits Schnelladekanonen von 15 Zentimeter Kaliber. Noch während dieses Kriege? stieg in den europäischen Kriegsmarinen das Kaliber der Mittelartillerie auf 29 bis 24 Zentimeter. Diese Annäherung der Dimensionen und Qualitäten der schnellfeuernden Mittelgeschütze an die großkalibrigen Schwevgeschütze führte zu einer abermaligen Vereinheitlichung des Geschützmaterials, allerdings auf anderer Grundlage als früher. Es wurde nämlich die Zahl der schweren Geschütze unter Auflassung der Mittelartillerie mehr als verdoppelt, damit aber auch die Zahl der Panzertürme. Das Streben nach dieser Veränderung lag um so näher, als man im ruffisch-japani- schen Kriege an den havarierten russischen und japanischen Schiffen nur wenige Parrzerdurchschläge konstatieren konnte. Die tödlichen Wunden waren den Schiffen am häufigsten durch Seeminen oder durch Explosionen im Innern, oder durch derartige Ueberladung der Schiffe, daß der Gürtelpanzer unter die Wasseroberfläche sank, zugefügt worden. Natürlich bedingte der Uebergang zum schweren Einheitskaliber eine neuerliche Vergrößerung der Schiffs- dimensionen. Das erste Kriegsschiff, in dem sich dieses Prinzip verwirklichte, war der berüchtigte englischeDreadnought", der bereits eine Wasserverdrängung von mehr als 29 999 Tonnen auf- weist und außer den lediglich zur Abwehr der. Torpedoboote be- stimmten kleinen Schnellfeuerkanonen zehn gewaltige Geschütze von 39,5 Zentimeter Kaliber führt, die in fünf Panzertürmen ein- gebaut sind. DerDreadnought" ging im Jahre 1996 von Stapel und wirkte wie der Keim einer verheerenden Seuche. Die ver- schiedenen amerikanischen und europäischen Stahl- und Eisentrusts fubclten auf, aber auf die Völker wirkten die DreadnoughtS zu- gleich wie ein drückender Alp und ein blutsaugender Vampyr. In allen großen Staaten gerieten die Kulturausgaben völlig ins Stocken seit die vom Militarismus ohnehin aufs äußerste an- gespannte Finanzkraft in den verheerenden Wirbel des marinisti- schen Wettrüstens geraten ist und unrettbar darin herumtreibt, weil die Profitinteressen kapitalistischer Magnaten alle Hemmungen der Vernunft der sachlichen Erwägung auszuschalten gewußt haben. Selbst Staaten wie Oesterreich-Ungarn , das zur See kaum ernst- hast angegriffen werden und eine große Schlachtflotte höchstens als kriegerischen Fassadenschmuck verwenden kann, sind der Dreadnougbt-Epidemie verfallen. Dabei belaufen sich die Kosten eines einzigen dreadnoughtmäßigen Kriegsdampfers auf etwa 59 Millionen Mark das Zwanzig, bis Dreißigfachc dessen, was noch in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts für ein Linienschiff von den größten Dimensionen ausgegeben wurde. Ein Ende dieser Entwickelung ist aber noch nicht abzusehen, weil jede weitere Vergrößerung des Geschützkalibers eine Ver- größerung aller Schiffsdimensionen und natürlich auch der Panzer- stärke nach sich zieht. Der Technik find da in absehbarer Zeit kaum irgendwelche Grenzen gesetzt, der Uebergang zu größerem Geschütz- kaliber erfordert nichts weiter als allerdings kostspielige Investitionen. Dabei bedeuten die großen Schlachtschiffe noch in gewisser Hinsicht eine Ersparnis, da dieselbe Zahl von Tonnen, in wenige Einheiten konzentriert, mehr Kamvfkraft darstellt, als wenn sie sich in mehrere kleinere Einheiten auflöst. Es waltet da dasselbe Gesetz, das der Konzentration des Kapitals zugrunde liegt, das Gesetz der Ueberlegenheit des größeren, zusammenfassender koope- rievenden Betriebes über mehrere kleinere. Gewiß gibt eS auch in dieser EntWickelung einen Punkt, wo die Quantität in der Qualität umschlägt, aber dorthin würde sie wohl erst dann gelangen, wenn die Schiffstypen so groß werden, daß wahnsinnig kostspielige Ilm - bauten von Docks, Häfen und Kanälen notwendig werden. Bis dahin hat eS noch gute Weile, und vorläufig gebt der Wettkampf um das größere Schlachtschiff lustig weiter. Schon ist man bei 39 999 Tonnen angelangt, schon ist das Kaliber der schweren Ge- schütze auf 38,1 Zentimeter gestiegen, schon hat man auch wieder ein« Mittelartillerie eingeführt, weil man glaubt, ausmoralischen Gründen" auf einen dichten, wenn auch gegen Panzer weniger wirksamen Feuerhagel nicht verzichten zu können, und die neuen Projekte der Marinen eröffnen bereits Perspektiven auf Geschütze von 49 Zentimeter Kaliber, eingebaut in Riesenschiffe, deren Leviathanleiber gegen 49 999 Tonnen Wasser verdrängen sollen. Auf den Dreadnought ist der Ueberdreadnought gefolgt, nun soll auch dieser noch weit überboten werden und das 199-Millionen- Mark-Schiff ist auf dem Marsche.

Ein Philosoph im Kriege. In der Geschichte des deutschen Schrifttums steht Gottlieb Wilhelm Rabener , der mildlächelndeSatiriker", dessen 299. Ge- buvtstag auf den 17. September fällt, an bedeutsamer Stelle. So veraltet uns heute seine Satiren, seine Betrachtungen und gut- mütig plaudernden Briefe auch vorkommen mögen, er war doch ein Bahnbrecher eines ffeieren Geiste? in jener dumpfen Luft des Spießbürgertums und der Engherzigkeit, rn die er hineingeboren wurde. Trefflich hat Goethe inDichtung und Wahrheit " Wesen und Werk dieses Mannes dargestellt, der an seinem Teil kräftig half, Auflläruna und Bildung hervorzurufen, und so ein beschei- dener, aber wichstger Vorläufer der klassischen Blütezeit unserer Dichtung wurde:RabenerS Persönlichkeit wird nicht leicht wieder erscheinen. Als tüchstger, genauer Geschäftsmann tut er seine Pflicht und erwirbt sich dadurch die gute Meinung seiner Mit- bürger und da? Vertrauen seiner Oberen; nebenher überläßt er sich zur Erholung einer heiteren Nichtachtung alles dessen, was ihn zunächst umgibt. Pedantische Gelehrte, eitle Jünglinge, jede Art von Beschränktheilt und Dünkel bescherzt er mehr, als daß er sie bespottete, und selbst sein Spott druckt keine Verachtung aus. WaS er aber und wie er es auch vorbringt, zeugt von seiner Rechtlichkeit, Heiterkeit und Gleichmütigkeit, wodurch wir un» immer einge- nommen fühlen; der unbegrenzte Beifall seiner Zeit war eme Folge solcher sittlichen Vorzuge." Der Mensch war bei ihm mit dem Schriftsteller völlig eins, und deshalb berühren un» seine persönlichen Aeußerungen noch heute mit der Frische des Lebens.Einige seiner Briefe setzen ihm als Menschen und Schriftsteller den Kranz auf." sagt Goethe. DaS vertrauliche Scbreiben, worin er die Dresdener Belagerung Verantwortlicher Redakteur: Alfred Melepp, Neukölln- Für de»

schildert, wie er sein Haut, seine Habseligkeiten, seine Schriften und Perücken verliert, ohne auch im mindesten seinen Gleichmut erschüttert, seine Heiterkeit getrübt zu sehen, ist höchst schätzens- wert, ob ihm gleich seine Zeit- und Stadtgenossen diese glückliche Gemütsart nicht verzeihen konnten." Goethe verweist hier auf einen rasch berühmt gewordenen und berühmt gebliebenen Brief Raben er s. Rabener hatte 1755 mit dem vierten Teil seinerSatirischen Schriften" seine schrift- stellerische Tätigkeit abgeschlossen, schaffte aber rüstig immer weiter an Büchern, die nach seinem Tode veröffentlicht werden sollten. Da kam der siebenjährige Krieg, und all sein Elend brach auch über den Dresdener Steuerrevisor herein. Beim Bombarde- ment von Dresden im Juli 1769 wurden mit all seiner sonstigen Habe auch seine Papiere ein Raub der Flammen. Heber diese traurigen Ereignisse schrieb er an einen Warschauer Freund. den Kabinettssekretär Ferber, einen Brief, der bald in Abschriften weithin verbreitet wurde und in dieser weichherzigen Zeit manches Aergernis über die harte Unempfindlichkeit des Philosophen er- regte. Eine Haubitzengranate zerschmetterte ihm sein Zimmer und steckte seine ganze Wohnung in Brand. Löschen half nichts: Gegen 5 Uhr kam mein ehrlicher Bedienter mit der Nach- richt, daß mein Haus niedergebrannt, das Gewölbe von den Bomben eingeschmissen und darin alles verbrannt, der ganz un- beschädigte Keller aber von den zum Löschen kommandierten Sol- daten rein ausgeplündert sei. Das tat weh, mein lieber Ferber, sehr weh; alle mein Hausrat, meine Kleider, Wäsche, Vorräte, alle meine Bücher und Manuskripte, alle Briefe, die ich von Ihnen und anderen guten Freunden so sorgfältig gesammelt hatte, alles war verloren; von Sachen, die ich wohl auf dreitausend Taler rechnen kann, habe ich nicht zehn Taler wert gerettet. Der älteste Zeugrock, den ich anzog, um desto bequemer zu löschen, eine alte abgelebte Perücke, die ich in eben der Absicht aufgesetzt, ein paar alte Hemden, die ich schon für meinen Bedienten bestimmt hatte, und ein Schlafrock: das war meine ganze Garderobe. Die witzigen Manuskripte, welche nach meinem Tode sollten gedruckt werden, sind zum kräftigen Tröste der Narren künftiger Zeit, alle, alle mit verbrannt. Nun verlohnt es beinahe die Mühe nicht, daß ich sterbe, weil nach meinem Tode weiter nichts gedruckt werden kann. Dieser Gedanke hatte mich bisher noch beruhigt, wenn ich, als Autor, an den. Tod dachte; aber nun will ich immer leben bleiben, und mich in die Welt schicken, so gut ich kann. Meine schönen Bücher dauern mich sehr, aber manchmal dauern mich doch meine Hemden noch mehr, und meine Kleider und meine Betten, und kurz, Ferber, ich bin so nackigt, wie ein Gratulant I" Und dann reitet er aus demGreuel der Verwüstung" fort zu guten Freunden in der Nachbarschaft, mit dem wenigen, was er gerettet:Seit dem berühmten Morgen, als der Ritter von der traurigen Gestalt sein Schloß verließ, um die göttliche Dulcinea zu suchen, ist kein so abenteuerlicher Ritt gesehen worden, als der meinigc. Stellen Sie sich einen hohen Gaul vor, dessen eigentlicher Beruf seit fünfzehn Jahren gewesen war. im Karren zu ziehen; auf diesem Gaule den Steuersekretär Rabener , noch nicht völlig drei Ellen lang, und, der schweren Zeiten ungeachtet, anderthalb Elle im Durchschnitte."

h. H. Wells an /lmerita. Der englische Schriftsteller Wells hat. derNat.-Ztg." zu- folge, an das amerikanische Volk folgenden Aufruf ge- richtet:Wir bitten Euch nicht um militärische Hilfe. Haltet an dem friedlichen Verhalten fest, und schätzt Euer Glück, daß Ihr das Recht habt, den Frieden in Sicherheit zu genießen. Aber erinnert Euch daran, daß wir jetzt für unsere nationale Existenz kämpfen, und denkt daran, daß noch in dieser Nacht, während ich diese Zeilen niederschreibe, viele Schiffe Hunderte von Meilen von hier entfernt sich durch Nacht und Grauen durch die herum- schwimmenden Minen, welche die Deutschen in der Nordsee aus- gelegt haben, hindurchwinden müssen. Denkt auch daran, daß unsere und Frankreichs und Belgiens Söhne nun vereint vorwärts marschieren, nicht zu Hunderten oder Tausenden, sondern zu Hunderttausenden, Reihe nach Reihe, Korps nach Korps marschieren sie vorwärts in den Tod. In dieser Stunde hat der Tod reichlich Gelegenheit zu einer reichen Ernte. Bedenkt unsere tragische Situation. Europa hat ohne Furcht und mit festem Beschluß es sich zum Ziele gestellt, diesem Unglück ein für allemal ein Ende zu machen. Europa stürzt sich voller Sorge und Bitterkeit in das Grauen des Krieges und es wird sicherlich Sieger. Wer von den beiden Parteien auch den Sieg davon- tragen wird, wird nicht mit Bravorufen begrüßt werden. Aber wir sind voll und ganz davon überzeugt, daß zum Schluß des Krieges ein neues Europa geschaffen werden wird, ein Europa , welches von jeder Unterdrückung befreit sein wird, mit einem freien Polen , einem freien Finnland und einem freien Deutschland , und mit einem Balkan, auf dem der Friede bewahrt werden wird, in- dem man den kleinen Nationen hilft und dadurch den Frieden sichert. Und nun ist eS von allergrößter Wichtigkeit für uns, von Euch zu erfahren, welches Eure Absichten während des Krieges sein werden und was Ihr' zu getun gedenkt, wenn eines Tages der Schluß des Krieges da sein wird."

kleines Jeuilleton. Nietzjche. Nietzsches Schwester nimmt sich nun imBerliner Tageblatt" de» Herrn Sombart an, der da geschrieben hatte,daß e ch t e». beste» Preußeutum in Friedrich Nietzsche steckte". Sie sucht da« durch einen Aphorismus ihres Bruders zu beweisen. der allgemein von Disziplin handelt. Wir Sozialdemokraten haben gewiß vor Nietzsches Ethik gar keinen, vor seiner Logik nur sehr geringen Respekt. Aber wir können's uns nicht versagen, unter Dutzenden von urkräftigen Stellen wenigstens die folgende auszuwählen und den Sombarl, Förster- Nietzsche samt allen Nietzschejüngern, die jetztmit dem Zarathustra in der Tasche" zu Felde ziehen, unter die Nasen zu halten. Sie findet sich in dem WerkeJenseits von Gut und Böse " im achten Hauptstück überVölker und Vaterländer". Und e» heißt da: ES gab eine Zeit, wo man gewohnt war, die Deutschen mit Auszeichnungtief" zu nennen: jetzt, wo der erfolgreichste Typus des neuen Deutschtums nach ganz anderen Ehren geizt und an allem, was Tiefe hat, vielleicht die.Schneidigkeit" vermißt, ist der Zweifel beinahe zeitgemäß und patriotisch, ob man sich ehemals mit jenem Lobe nicht betrogen hat: genug, ob die deutsche Tiefe nicht im Grunde etwa» anderes und Schlimmeres ist und etwas, das man, Gott fei Dank, mit Erfolg loszuwerden im Begriff steht... ... mag diedeutsche Tiese" sein, was sie will, ganz unter uns erlauben wir uns vielleicht über sie zu lachen? wir tun gut. ihren Anschein und guten Namen auch sürderhin in Ehren zu halten und unseren alten Ruf, al» Volk der Tiefe, nicht zu billig gegen preußische.Schneidigkeit' und Berliner Witz und Sand zu ver- äußern. Es ist für ein Volk klug, sich für tief, für ungeschickt, für gutmütig, für redlich, für unklug gelten zu machen, gelten zu lassen: eS könnte sogar tief sein! Zuletzt: man soll seinem Namen Ehre machen, man heißt nicht umsonst da»tiusche" Volk, daS Täusche-Volk." Wie gesagt, wir haben mit dem sogenannten Philosophen Nietzsche kaum für 5 Pfennig gemein, aber wir mußten mal zeigen. wie blöd dieser nationale Nietzschekultu« isil_ Inseratenteil veranuv.: Tb. Glocke. Berlin . Druck u.Vcrläg?Vörwärti

Segriffsvertvirrung. Wir hatten den Beschluß der Mitglieder des Deutschen Opern­hauses kritisiert, die nicht mit ihren russischen Kollegen zusammen- arbeiten wollten. lNach dem Wortlaut ist dieser Beschluß übrigens nicht von allen 599, sondern nur vonmehreren hundert" Mit- gliedern gefaßt worden.) Dabei warfen wir den Beschließenden Chauvinismus vor. In einer Zuschrift verwahren sich die Be- troffenen gegen diesen Vorwurf und sagen unter anderem: Irgend ein Chauvinismus unserseits war von Anfang an vollkommen ausgeschlossen. Wir baten nur die Direction die beiden Herren solange vom Dienste zu suspendiren, bis zu ihrer erfolgten Naturalisirung; sobald diese geschehn sollen sie uns willkommen sein.... Wir hoffen, daß wir in der Lage waren Sie vollkommen davon überzeugt zu haben, daß wir nur patriotisch gehan- d e l t haben und in diesem Sinne haben wir auch die Resolution verfaßt." Als Beweisstück wurde uns die Resolution im Wortlaut vor- gelegt. Sie enthält folgenden Satz: Es kann sich nicht mit dem Nationalgefühl der Direktion des Deutschen Opernhauses vereinen, daß wegen einzelner Ausländer über 599 Personen deutsche Mitglieder ihre Stellungen verlieren sollten." Da können wir nicht mehr mit! Unsere Begriffe müssen wohl verwirrt sein. W i r können nach wie vor nur Chauvinis- mus d. i. falsch verstandener Patriotismus in diesem terro­ristischen Akte sehen. Wieso hätten denn die 599 deutschen Mit- glieder ihre Stellung verloren? Doch nur, wenn sie sie frei- willig aufgegeben hätten aus Chauvinismus, ikertig. Er- ledigt._

kulturöokumente. Die katholische.Niederrheinische Volkszeilung" bringt in ihrer Rr. 393 vom 12. September das nachstehende Geistesprodukt: Sslve". Ueber dem EingangStor zum Truppenübungsplatz Senne ist da? nachfolgende Schild angebracht: L.A. I, V E. ES ist nicht anzunehmen, daß man die zu erwartendenGäste" damit begrüßen will, sondern die Inschrift soll wahrscheinlich beißen: Sammelplatz.Aller Eumpen Von Europa . Oder gibt's eine andere Erklärung? Ein seltsames Christentum: Beschimpfet Euere Feinde I Jesu» von Nazarelh gebot: Liebet Euere Feinde! * Am 19. September fuhr ich von Aachen nach München-Gladbach. In Aachen war in daS Eisenbahnabteil ein verwundeter Soldat ein- gestiegen, begleitet von einem jungen Mädchen, anscheinend seiner Braut. Das Mädchen bemühte sich mit großer Sorgfalt um den Verwundeten und versuchte auch, ihn durch munteres Geplauder aufzuheitern. Aber düster blickie der junge Soldat vor sich hin. Endlich schien dem jungen Mädchen die Geduld auszugehen. ES rief: Aber Will', mach doch nicht immer dies schreckliche Gesicht! Lach ' doch mal!" Da schaute sie der junge Mann an und mit einer dumpfen Stimme sagte er: Lachen? Mir ist daS Lachen vergangen, Bert'. Wenn einer gesehen hat, was ich gesehen Hab' der kann nicht mehr lachen."

Den Drückebergern. Dieses Gedicht erschien dieser Tage im--Lokal-Anzeiger". Ein Patriot am Stammtisch saß, Trank FeindeSblut wie keiner. Franzosen täglich vier er, Fand Briten noch gemeiner. Doch al« e« hieß:Nun Freundchen gib, Zu lindern Not und Sorgen!" Schlich er von dannen wie ein Dieb Sein Gold hielt er verborgen... DaS Maul weit auf, den Beutel nicht, Den Daumen auf dem Taler-- Wir tuen still, was unfre Pflicht, Geh in dich, ekler Prahler. Drsilincksn.

kalte Dusche. Eine Episode auS der Marne -Schlacht erzählt ein englischer Kor- respondent. Während de« Kampfes ging ein heftiges Gewitter nieder, und als nun die Engländer und Franzosen in heißem Kampfe bis ins Marnetal vorgedrungen waren, zogen sie ihre Uinsormen und Hemden aus und nahmen in dem strömenden Regen ein er- frischendes Bad.Viele von den Leuten standen fast nackt da und ließen das Wasser an sich hcrunterrinnen. So boten sie ein höchst nierkwürdigcS Schauspiel: schwarz wie die Neger vom Rande ihre» HuteS bis zum Rande ihres Kragens, und daS andere damit ver­glichen ganz weiß. Das war die erste richtige Erfrischung, die sie seit dem Beginn des Krieges hatten." Der Korrespondent erzählt dann weiter von sechs Gefangenen, darunter zwei Ulanenoffiziercn, die sie gemacht hatten, und die im Bahnhof von Noify-Ie-fec hinter einer Art Gitter bewacht wurden.Sie fürchteten äugen- scheinlich, mißhandelt zu werden, und ihr Erstaunen war grenzenlos, als sie lehr höflich in den Zug geführt und nach Paris gebracht wurden. ES waren die ersten Gefangenen, die, wie ich glaube, die französische Hauptstadt erreichten." Also überall die gleiche Furcht vor schlechter Behandlung in Feindesland. Und wer ist schuld an dieser offenbar internationalen, aber auch international grundlosen Angst? Di« Lügengeschichtcn der internationalen Chauvinistenpresse.

Notize«. Stiefelputzen. Aus dem Briefe eine« Reserve-Unter- offiziers, den derLokal-Anzeiger" mitteilt:Da haben wir z. B. die Stube 89 belegt mit 12 Gemeinen, wovon sind 1 Oberlehrer Dr. M. und 3 Oberprimaner vom Gymnasium in O., 2 Maurer , ein Arbeiter und Landwirte. Am Sonntag war ich zufällig auf dieser Stube. Der Oberlehrer war als Oberhaupt mit einem nassen Lappen am Aufwischen, der eine Oberprimaner am Schrubben und die anderen am Wanertragen, Slaubwischen und was sonst zum Revierreinigen am Sonnabend gehört.... Am Freitag voriger Woche gab ich ineine Stiefel zum Putzen einem Rekruten. Als er dann d»e Stiefel zurückbrachte, fragte ich beiläufig, was er im Zivil wäre. Zur Antwort bekam ich:Referendar". Solche Ding« kommen all« Tage vor." Die Stiefelputzsrage war ehedem be- kanntlich ein bürgerliches Hauptargument gegen denZukunflS- staat". Theaterchronik. Heinrich LeeS SchauspielGrüne Ostern", das im Schiller-Theater Charlottenburg am Sonnabend seine erste Berliner Aufführung erfährt, spielt im Jahre 1813 in Breslau. Theater an der Weidendammer Brücke. Freitag findet die Erstaufführung vonAnfang gut alle» gut" statt. Urania. GeneraNeutnant Exzellenz Jmhof wird im großen Auditorium der Urania in der Taubenstroße am Mittwoch, abends 3 Uhr. einen Vortrag:Politische und militärische Betrach- tungen über den Krieg 1914", erläutert durch Skizzen und Karten. hallen. Billetts zu diesem Vortrag sind bereits von heute ab an der Kasse der Urania erhältlich. »-Viktor Arnold, der bedeutende Schauspieler, ist vor« gestern abend in einem Dresdener Sanatorium infolge eines nervösen Leidens gestorben._ vuchdruckerel u. VerlagSamialt Paul Singer u. Co�Berlin SPt