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Nr. 212.- 1914.
Unterhaltungsblatt des Vorwärts Sonnabend, 24. Oktober.
Der Veteran.
Bon August Winnig.
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Dunkles, etwas angegrautes Haar, ein Paar blißende, von buschigen Brauen überschattete Augen, eine starke, unten etwas gerundete und gerötete Naſe, darunter ein allermeist straffgewichter Schnurrbart, der die Lippen immerhin so weit freiließ, daß man ihren tecken Schwung sehen konnte, und ein stets reinlich rasiertes Kinn, vortretend und in der Mitte geferbt, das war der Kopf des Veteranen, den wir Jungen stets mit Ehrfurcht und Neid betrach teten. Meist bot er sich uns durch die Fenster einer Schänke dar. Entweder saß der Veteran darinnen, und dann hatte er immer zwei Gläser vor sich stehen, eins mit Bier und das andere mit Branntwein, oder und so steht er am beutlichsten in meiner Erinnerung er trat gerade aus der Kneipentür, blieb einen Augenblick auf der untersten Stufe stehen, wischte sich den Bart, zwirbelte die Spizen in die Höhe und ging dann selbstbewußt die Straße entlang, bereit, jeden Vorübergehenden anzureden oder sich von ihm anreden zu lassen.
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Der Veteran Leberecht war der Stolz unserer Stadt. Wenn ein Bürger Besuch von auswärts erhielt und beim Herumführen des Fremden unserem Veteranen begegnete, jo machte er ihn auf den Alten aufmerksam und erzählte von den Heldentaten, die Leberecht im großen Kriege verrichtet hatte.
geben.
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Natürlich!" ant
D Etwa auf diese Weise: Ein Bürger klagte, daß seine denn? Habt Ihr viel zusammen gebauft?" fragte einer. Oleanderbüsche in diesem Jahre nicht gedeihen wollten, es müsse es ist nicht so schlimm," sagte der Gerichtsvollzieher lächelnd. Wit etwas Unrechtes damit geschehen sein. Hört zu! sprang dann Lebe- wollen später davon erzählen, Kinder," sagte Leberecht und nahm recht dazwischen: Als ich vor Paris lag, hatte der Schloßherr, bei einen tüchtigen Schluck." Wir haben noch Zeit genug dazu, nicht dem ich mich einquartiert hatte, ein paar mächtige, prächtige wahr, altes Haus?"" Freilich," sagte der Gerichtsvollzieher, und Oleanderbüsche in seinem Wintergarten. Eines Tages, als ich vom es gibt ja auch nicht viel zu erzählen. So ein bißchen Wachtwas soll davon zu erzählen sein! Und die Affäre mit Gefecht zurückomme, bei Bougival , wo die Franzosen einen Aus- dienst fall versucht hatten na, da ist auch nicht viel mit zu hann gleich bei der Sache. Oder ein Gast schimpfte über den Wirt, machen. Nicht wahr, Leberecht?"" Na, laß nur gut fein," ſagte wißt Jhr, wo Bougibal liegt? So war er dem verfluchten Wolfshund weil dieser die marinierten Heringe nicht genug wässere." Kinder, der Veteran betreten, es war doch schon mancherlei, was wir was wißt Ihr von Salz!" rief er dann aus. Ich kann ein Lied durchgefressen haben." Freilich!" bestätigte der andere. Aber davon fingen. Das war an der Loire , als ich gegen Bourbaki focht. weißt Du, jezt mußt Du erst mal mit zu meiner Frau. Die wird „ Gern! Herzlich gern! Seit einer Woche hatte ich kein warmes Essen gesehen, geschweige sich ganz bärenmäßig über Dich freuen." denn auch nur gekostet. Immer nur hartgefrorenes Kommißbrot Ich brenne darauf, zu ihr zu gehen. Laß uns nur gleich gehen, auf Da der Stelle!" Abgemacht!" sagte der Gerichtsvollzieher, zahlte mit Schnee, den wir im Munde zu Wasser werden ließen. sehen wir eines Nachts gegen ein Dorf vor, aus dem die Fran- ſeine Schuldigkeit, nahm unſeren Veteranen in den Arm und ging 3ofen ein zweites Paris gemacht hatten. Es war eine Hunde- mit ihm hinaus. Die Zurüdgebliebenen aber sahen sich einander an und schließ fälte, und der Schnee lag einen reichlichen Meter hoch. Das fam uns übrigens sehr zu Paß, denn sobald wir etwas Verdächtiges lich sagte einer:" Habt Ihr was gemerkt?" bemerkten, brauchten wir uns nur einfach in den Schnee zu werfen worteten die anderen.„ Ein bißchen Wachtdieft und die Affäre mit Als sie noch weiter redeten, legfe und waren gedeckt wie die Rebhühner im Korn. Also wir pirschen dem Wolfshund, sagte er!" uns an das Dorf heran, verteilen uns gut und stürmen dann auf sich der Wirt ins Mittel und sagte:„ Laßt uns ruhig sein und das ein verabredetes Zeichen mit fürchterlichem Hurra über die Wälle Feuer recht in Gang kommen. Daß Leberecht manches erund Gräben. Selbstverständlich vernageln wir gleich die Kanonen, zählt, was nicht ganz genau stimmt, wiffen wir alle. Es find die da hinter den Wällen standen, stürmen weiter und stoßen dann zwanzig Jahre vergangen, seit er's erlebte, und da kommt leicht Aber er tut es wohl aus gutem Herzen, um auf den Feind, der ganz gemütlich in den Häusern beim Abkochen ein Irrtum vor. Kam beim Geschichtsunterricht in der Schule unser Lehrer gewesen war. Ohne daß er in der Dunkelheit auch nur zum Schuß uns zu unterhalten. Und wenn er manches, was er erzählt, auf den großen Krieg zu sprechen, so unterließ er es felten, uns fam, puzen wir die Hälfte von ihm weg, die anderen laufen wie nicht selbst erlebt hat, so ist es nicht seine Schuld, und wir wollen zur Dankbarkeit gegen die Braven zu ermahnen, die als lebende die Hunde mit eingezogenem Schwanz hinaus in die Nacht. Wir es ihm nicht zur Last legen." Zeugen des glorreichen Kampfes unter uns wandelten; und dann in die Häuser und über das Essen her. Ich erwische eine brodelnde flogen alle unsere Gedanken zu Leberecht, dem Veteranen, wie er Erbssuppe, mache mich darüber und na, seit der Zeit weiß ich, was Allerdings war es nicht gut möglich, ganz zu schweigen, und uns, den feuchten Schnurrbart wischend, vor den Sinnen stand. Salz ist. Als ich sie intus hatte, da war's mir, als sei ich ganz so sprach sich die Geschichte von dem Wiedersehen der beiden FeldWohl gab es noch andere alte Krieger in unserer Stadt, wie wir hohl gebrannt, und dann habe ich getrunken alle Jahre am Sedantage feststellen konnten, aber die lebten au- fein Trinken mehr nennen. Immer nur runtergegossen habe ich zugskameraden herum. Man klopfte bei dem Gerichtsvollzieher rüdgezogen, hatten nichts zu erzählen und galten darum nichts. alles, was ich an Flüssigkeit fassen fonnte. Es war fürchterlich. auf den Busch, doch der verwies die Neugierigen lachend an Lebe Leberecht dagegen war ein wahrer Held, man sah es ihm an, Seit der Zeit schänkt mir noch einen Halben ein, Kaspar, ich recht und sagte selbst nichts. Reberecht aber war auch einfilbiger feiner fonnte es leugnen. 3war, er war bis auf eine fleine gelbe werde morgen wieder vorbeikommen und Euch die paar Sous her- geworden. Er ließ sich nur noch selten in den Schänken sehen, unt Münze ohne Auszeichnung geblieben, aber es gab der Beispiele einreichen." Die Zuhörer waren dabei ebenfalls durstig geworden, schnell einen hinter die Binde zu gießen, und ging den UnterSchlechte, spitfindige Leute, die es genug, wo die echte Aufopferung ohne Anerkennung blieb, während ließen frisch einschänken und zahlten Leberechts Halben willig mit. haltungen aus dem Wege. leider damals wenigstens auch in unserer Stadt gab, fagten, ein gänzlich Unverdienter mit vielen blanken Orden glänzte. Sie hatten die Heringe ganz vergessen und hörten gern weiter von Es war selbstverständlich nur der reine Zufall, daß Leberecht den Heldentaten des tapferen Mitbürgers, den jeder schätzte und er ſei überhaupt nicht in Frankreich gewesen, sondern habe nur ehrte. in Thüringen in einem großen Gefangenenlager Wachtdienst ge regelmäßig an dem Sommertage, wo unsere Schule die Zinsen einer sogenannten milden Stiftung Ich muß bemerken, daß die Verehrung, die wir dem tan, und der einzige Schuß, den er abgefeuert habe, habe dent die Lehrer in Bratwurst wadern Kämpen zollten, uns leider nicht abhielt, mit Ungeduld großen Hunde des Plazinspektors gegolten, den er irrtümlich für und Bier, wir in Kaffee und Kuchen berzehrte, zu uns auf die auf seinen Tod zu warten. Eigentlich nicht auf seinen Tod, denn einen heranschleichenden Franzosen gehalten habe. Glücklicherweise Wiese kam, mit den Lehrern aß und trant, sich dann zu uns schlug wir liebten ihn ja, sondern auf sein Begräbnis, das nun einmal, habe er ihn nicht getötet, sondern nur den schönen Schwanz abge= und uns vom Ruhme des Felosoldaten erzählte. Dann sangen wir wie die Dinge lagen, nicht gut ohne seinen Tod veranstaltet fchoffen, wofür er drei Tage habe fißen müſſen. So redeten, wie Lühows wilde Jagd, das Lied vom alten Blücher, bom alten werden konnte. Es war flar, daß es hier nicht mit den einfachen gesagt, die schlechten, spißfindigen Leute. Man kennt ihre Art. Ziethen, die Wacht am Rhein und andere schöne Lieder. Und dann Grabsalven getan war. Nach unserem Dafürhalten mußten hier rief Leberecht:„ Jungens! Berflucht noch einmal! Wollt Ihr tüch auch die Kanonen ein Wort mitsprechen, und vielleicht würden siedlerischer Sonderling. Mehrere Jahre darauf ist er gestorben. tige Soldaten werden? Wollt Ihr in den Krieg? Wollt Ihr die auch die Sujaren herüberkommen und eine kleine Attade reiten. Die inzwischen herangewachsene Jugend hatte ihn in seiner GlanzFranzosen verhauen, daß die Lappen fliegen?"" Ja! Ja!" schrien Der Marktplatz hätte sich ganz gut dazu geeignet. Und abends zeit nicht mehr gekannt und ließ sein Begräbnis unbeachtet. Aber wir." Dann ruft alle Hurra!"" Hurra!" fchrien wir. Und dann hätten dann die ganzen Truppen unter der Ruine biwadieren der Kriegerverein gab ihm das Geleit, und über seinem Grabe stand er mit glänzenden Augen zwischen uns und strich den feuchten können, dann hätte es bengalische Beleuchtung und Raketen ge- frachten drei schöne Salben. Die Kanonen und die Husaren waren Schnurrbart, und wir umsprangen ihn und jubelten ihm zu. Dann geben, und wir hätten gewiß gern den Abend durch Abbrennen nicht gekommen, dafür aber warf ihm der Gerichtsvollzieher drei war er für uns Blücher , Ziethen, Lüzow, die Wacht am Rhein , von Schwärmern und Fröschen verschönt. am meisten aber Blücher , schon des Namens wegen.
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ach, man kann das
So lebte unser Veteran zwar einfach, aber hochgeehrt seine Tage und Jahre inmitten der dankbaren Bürgerschaft dahin. Sicher wäre alles so geblieben, wäre nicht unser alter Gerichtsvollzieher gestorben. Aber der starb, man sagte, vom vielen Schnupfen, und erhielt einen Nachfolger, der aus der Landeshauptstadt herübertam.
Dieser neue Gerichtsvollzieher kommt eines Tages in die Schänke und sieht unsern Veteranen dort erzählend am Tische fißen. Er faßt ihn ins Auge, wirft schnell seine Mappe auf den Schänktisch und eilt auf ihn zu:„ Sippel! Leberecht Sippel! Bist Du das wirklich, verfluchter Schwerenöter? Mein alter Kamerad von Anno siebzig!" Leberecht hatte sich steif aufgerichtet, aber der Gerichtsvollzieher ergriff sogleich seine Hände, drückte und umarmte ihn und bestellte eine allgemeine Lage zur Feier des Wiederfehens. Alles war tiefbewegt und betrachtete mit feuchten Augen und mächtig quellenden Gefühlen das Wiedersehen der beiden alten Arieger.
Es war nicht ganz klar, bei welcher Waffe er gedient hatte. Seine Heldentaten spielten sich bald zu Fuß in der Feuerlinie oder beim Bajonettkampf, bald zu Pferde bei wilden Attaden ab, ich glaube, einige davon bestanden auch in meisterhaften Kanonenschüssen. Er war eben ein rechter Haudegen gewesen, der überall zu gebrauchen war und bei jedem tollen Stüdlein mit heran müßte. Es gibt eine Geheimgeschichte der Kriege, die nicht in den Geschichtsbüchern zu finden ist, die aus höheren strategischen oder staatsmännischen Gründen geheim bleiben muß und sich nur in der mündlichen Ueberlieferung der vaterländischen Schänken erhält. Nach dieser Geheimgeschichte des großen Krieges war es mehr als wahrscheinlich, daß die schwierige Ueberflügelung der Armee Bazaines bei ihrem Abmarsch von Meh feinem anderen als dem Beteranen Leberecht zu danken war, der als kühner Patrouillenführer gegen den Feind den sauberen Plan des Franzosen fest gestellt und ihn mit Blizesschnelle dem 111. Korps mitgeteilt hatte. Obwohl St. Privat , Gravelotte, Sedan und überhaupt der Also," rief der Gerichtsvollzieher,„ dies Wiedersehen, so unErfolg des ganzen Feldzuges nur durch dies Stüdlein möglich berhofft, wollen wir ordentlich begießen, mein alter Junge! Wir geworden war, tat sich Leberecht durchaus nichts darauf zugute. sind nämlich," sagte er zu den Gästen und dem Wirte, uralte Schlicht und ohne Schminke erzählte er den einfachen Tatbestand Bekannte. Aber erst einmal einen Schlud auf das Wohl meines und ließ es Sache der anderen sein, ihn fritisch zu würdigen. alten Kameraden!" Man trant und richtete nun die Blicke heißen Immerhin war er kein Freund alltäglicher Unterhaltungen, Verlangens voll auf die beiden Kombattanten, vor allem aber auf wie etiva über Viehzucht, Felobau, Grundstücsgeschäfte und ähn- Leberecht, und zwar begierig, die Geschichte ihrer Waffentamerad liches, wie sie wohl unter Nichtkombattanten üblich sind. Er unter- schaft zu hören. Leberecht aber sah gar nicht nach Erzählen aus. hielt sich mit Vorliebe von friegerischen Dingen und wußte jedem Er saß da und wischte sich den Schnurrbart, stoderte in seiner Gespräch schnell und geschickt eine feldmarschmäßige Wendung zu Pfeife herum und blidte bald hier, bald dorthin. Wie war das
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Portepeefähnrich Schadius.
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ihrem siebenjährigen Rinde, einem reizenden Mädchen, vor dem Krieg hierher geflüchtet war. Die fleine Julienne war faum eingetreten, als sie vor mir Stellung nahm", die Aermchen in die Seite stemmte und sehr drollig sagte, wähVon Detlev b. Qiliencron. rend sie mich von oben bis unten und von unten bis oben Als wir aus dem Schlosse traten, wollte ich dem Vicomte musterte: Das also ist der preußische Buhmann, Herr Bismeinen Arm geben; er erwiderte, die Einwohner und Sol- mard." Ich glaube, sie hätte mich angeſpudt, wenn die Mama daten würden ihn für meinen Gefangenen betrachten. Statt fie nicht rasch weggezogen hätte. Später haben wir Freunddessen mußte ich ihn unterfassen. Und so traten wir denn schaft geschlossen. Meine beiden Unteroffiziere erzählten mir auf dem Heimdurch hügelige Gassen und Gäßchen unseren Weg an. Ueberall liefen die Leute an die Fenster und an die Türen. Ueber- ritt, wie vortrefflich sie verpflegt worden seien. all mußte ich hören: Ah, Herr Bismard... Ah, Herr Moltke... und die ausgesuchtesten Schimpfworte folgten. Als es einmal gar zu arg wurde in einer Gruppe, hob der Vicomte den Stod:" Wollt Ihr wohl Eure Fischmäuler halten." Alles jauchzte und rief:„ Es lebe der Gouverneur!" Bei einer jungen, hübschen, schwarzäugigen Frau blieb der Alte stehen und fragte sie ganz gemütlich, was sie heut abend auf dem Herd habe. Erbsen und Schweinefleisch, lautete die rasch gegebene Antwort.
Auf der langen Brüde ließ ich halten, um die märchenhafte Umgebung noch einmal auf mich wirken zu lassen. Ich dachte an den jungen Gelehrten, der hier die„ blaue Blume" gefunden, das Finden aber mit dem Tode gebüßt hatte.
Was war es doch mit der blauen Blume", lieber Behrens," wandte sich der General an meinen Kompagnie cffizier." Sie sind der Jüngste von uns, und müssen daher Bescheid wiffen."
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Diese Worte des Wirtes fand man sehr verständig und ging ruhig auseinander.
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Leberecht litt schwer darunter, und wurde allmählich ein ein.
Hände voll Erde auf den Sarg.
Ypern.
Die Stadt Ypern , um die jetzt der Kampf in Belgien tobt, be fizt einige wundervolle Bauverfe, die in der ganzen Welt nicht ihresgleichen haben. Man hätte nicht annehmen können, daß um die großartige St. Martins- Stathedrale und um die herrlichen Tuchhallen noch einmal der Kanonendonner dröhnen würde, denn die Stadt, die so manchen Kriegssturm erlebt, war feine Festung mehr, und sie wäre sicher verschont geblieben, wenn sich nicht Belgier und Franzosen in ihr zu erbitterter Gegenwehr festgesezt hätten. Die Stadt pern hat sich im 10. Jahrhundert allmählich um ein festes Schloß entwickelt, das die Grafen von Flandern hier erbaut hatten. Im 14. Jahrhundert nahm der Ort dann einen hohen Aufschwung; sein Tuchhandel gewann eine einzigartige Bedeutung, und die reiche Stadt wurde zu einem mächtigen Kriegsplatz ausgestaltet. Die Märkte von Ypern 'zogen einen Strom von fremden Kaufleuten an, und die Bevölkerung erreichte die für jene Zeiten fehr große Biffer von mehr als 30.000. In dieser Blütezeit des Handels find jene wundervollen Kunstdenkmäler entstanden, die heute den Ruhm und den höchsten Schab Yperns ausmachen. Ein frühgotischer Bau, in dem aber noch deutlich romanische Elemente antlingen, ist die Kirche von St. Peter. Auch der Hauptkirchenbau der Stadt, der Dom von St. Martin, hat einen schönen romanischen Kern, der aber durch die gotischen An- und Umbauten ganz in den Schatten gestellt wurde. Die Kathedrale von Ypern ist der reichste Bau, ,, Schreiben Sie, Bruns:"
Kompagniebefehl.
Die Kompagnie steht morgen früh dreiviertel acht Uhr zum Abmarsch bereit. Ohne Tornister; sonst feldmarsch mäßig.
Der Feldwebel meldete mir dann ferner, daß erst vor einer Stunde aus Brettonville beim Herrn General die Mitteilung eingegangen sei, daß dort Liebesgaben für unser Regiment aus der Heimat eingetroffen wären. Der Herr General habe dem Herrn Oberst Befehl erteilt, und dieser, der Kürze der Zeit halber, die vierte Kompagnie bestimmt. 3ahlmeister Franz sei benachrichtigt, morgen früh dreiviertel acht Uhr mit zwei Wagen im Schloßhof zu stehen.
Nachdem ich mit dem Feldwebel noch das Erforderliche besprochen, ihm, namentlich auf die Seele gebunden hatte, daß die Mannschaften nicht zu frühzeitig geweckt würden, entliek ich ihn.
Während ich mich noch im Bette aufstüßte und eben im Begriff war, das Licht auszublasen, rief ich: Behrens, Behrens," es zugleich bereuend: weshalb denn störte ich ihn; er wird sich schon zeitig genug die Augen reiben müſſen.
Beutnant Behrens drehte sich schwer in seinem Bette
herum, und fing an, im Salbtraum eine ganze Geschichte zu erzählen:" Fanchette... wirklich famoses Frauenzimmer,
Sehr wohl, Herr General. Erinnere mich deutlich. Einmal trat ein Graufopf dicht an den Vicomte und Vorbereitung zum Examen. Famöse Blume das. Irgendein flüsterte ihm, während wir im Weitergehen blieben, etwas Remscheid , wollte jagen Dichter, suchte sie. Feudaler Name ins Ohr. Ich denke mir, irgendeine Feindseligkeit gegen mich, das... Heinrich von Oſter... Ofterdingen ... nein, Harden oder einen Vorschlag, mich gefangen zu nehmen. Wütend war berg, richtig Hardenberg. Hätte nur hierher kommen sollen." wie Nubierin, nein Aegypterin Aleo... Kleopatra ... die Gegenrede: Willst Du Deinen Rachen halten, Du aus. Wir brachen alle in ein helles Gelächter aus, weniger über die treuherzige Aufklärung über die blaue Blume", Anton...( Anton, sted den Degen ein, lachte ich leise) Angedörrtes Stüd Rindfleisch Du?" Wie oft war er deshalb schon von
Bald trafen wir aus dem Städtchen ins freie Feld. Wie, als über die gezierte näselnde Sprache unseres Leutnants. tonius... nein... wie hieß doch der schneidige Hund..
Sehen Sie hier, das ist der Ader Pierre Bomballons, dann folgt Auguste Rochambeau , Erneſte Lièvre, Charles Matin, Henri Manier..." Und fort und fort, daß mir der Kopf wirbelte, gab er Namen auf Namen.
Schließlich führte er mich in den Gouvernementsgarten. Diefer war ins Gelände eingeschnitten. Hier strömte uns dieselbe feuchtwarme Luft entgegen wie auf der Brücke. Ein Apfelbaum stand in Blüte, im Dezember! Doch belehrte mich der Greis, daß aus diefer Jahreszeit die Blüte niemals zur Frucht gedeihe.
Ins Schloß zurückgekehrt, hatte ich die Ehre, Ihrer Erzellenz vorgestellt zu werden. Ich fand eine ebenfalls uralte Dame. Ihre Ruhe und Würde stach wohltuend ab gegen die quedfilberige Lebhaftigkeit des Gouverneurs.
Beim Frühstück erschien eine Entelin der Alten, die mit
und geneckt worden. Nun, in nicht langer Zeit wird er ſelbſt finden, wie wenig hübsch eine solche Sprechweise ist. Sonst batten wir Behrens alle gern. Er war außerdem ein ausgezeichneter Offizier.
„ Sie suchen auch die blaue Blume", lieber Behrens; und wohl allen, die sie noch suchen," schloß der General.
Mitten in der Nacht wurde ich geivedt. Der Feldwebel stand vor meinem Bett.." Warten Sie einen Augenblick, Bruns. Gleich mach ich Licht... So, nun brennt's... Was Mein Feldwebel las: gibt's denn... Regimentsbefehl.
Die vierte Kompagnie steht morgen früh acht Uhr als Begleitkommando zum Abmarsch nach Brettonville bereit. Die Wache bleibt zurück.
in Galliam, lachte ich wieder leise).„ Cäsar, wirklich famöser Kerl... Kleopatra ... Gafar... Casarion... Fanchette..." und mit diesen Worten schlief mein Leutnant wieder Nachdem ich das Licht gelöscht hatte, lag ich gleich darauf auch selbst im tiefsten Schlaf.
fest ein.
Am andern Morgen, als wir in die Landstraße einbogen, umstieß ein häßlicher Nordost unsere Nasen. Die Mann schaften trugen Ohrenklappen. Just als die Trommelschläger ihre Stöcke und die Hornisten ihre Pfeifen ins Futteral steckten, erblickten wir Le Dragon de Muraille. Kann mir gar nicht denken, Herr Hauptmann, daß der Taubenschlag da oben nicht mit zwanzig, dreißig Keris ausgenommen werden fönnte," meinte der neben meinem Pferde gehende Leutnant. ( Fort. folgt.)