Nr. 223.- 1914.

Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Brügge  .

Von Richard Muther  .

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Diese lebendig anschauliche Schilderung der Stadt, die jest in einem ganz anderen Sinne wieder die Stadt der Toten und der Lazarette geworden ist, steht in Muthers stets Lesenswerten Aufsätzen über bil­dende Kunst, die in drei Bänden gesammelt bei J. Ladyschrifow in Berlin   erschienen. Taine vergleicht die Städte mit schönen Frauen. Sie hätten wie diese ihre Jugend, ihre Blütezeit und die Zeit des Weltens. Brügges   Jugend war vor tausend Jahren. Das war die Zeit des Rittertums, der heroischen Kämpfe. Mit Balduin I.  , dem Eisen­arm, hebt die Reihe der flandrischen Markgrafen an, die im Orient für die Eroberung des heiligen Grabes fechten und zu Hause vor dem Altar ihre Gegner erdrosseln. Von einem heißt es, er hätte 27 Menschen in einer verrammelten Kirche verfaulen lassen; bon einem anderen, daß er seine Diener von den Zinnen der Burg hinabwarf.

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Freitag, 6. November.

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Brügger Bürgern gefangen gehalten, ließ, als er sich frei gemacht, haupten, daß sie davon guten Gebrauch mache. Der jetzt von ihr die Ratsherren barfuß vor seinem Thron erscheinen und legte ihnen in Bewegung gesetzten Heze folgte ich von Anfang an mit Efel. unerschwingliche Steuern auf. England riß den Tuchhandel an Es ist das mutwillige Anfachen von Spionenfurcht. Man soll nicht sich. Und namentlich der Zwin, die große Lebensader der Stadt, etwa denken, daß die Times" sich selbst darauf verlegt. versandete. Neue Kanalbauten, die man auszuführen versuchte, steuerte zuerst die leichte Reiterei voran diesmal die Evening Der Zorn des News" um das Terrain aufzuklären. Bereits zu Beginn verschlangen Millionen und versandeten wieder. Herrn, meinten die Priester, habe die Stadt geschlagen. Also des Krieges unternahm das Abendblatt solch eine sorgfältige Sons versöhnte man sich mit Gott   und tat Buze. Hugo van der Goes  , dierung, die jedoch erfolglos verlief. Das Publikum war offenbar der leichtlebige Freund Karls des Kühnen, ging in das Kloster von noch zu nüchtern. Aber der nationale Haß, der im August schlum­ganz wie im Florenz   der merte, ist durch Kriegsmonate wader geschürt worden. Soignies. Die vornehmen Damen Savonarola  - Zeit türmten ihre perlgeschmückten Baretts, ihre herrschte jetzt Berbitterung genug, um einen Feldzug gegen die damastenen Kleider zu lodernden Scheiterhaufen zusammen. Doch" Spione" zu führen. Der Angriff galt den deutschen   Kellnern. auch die Buße war vergeblich. Immer mehr 30g sich die See Man weiß, daß die Londoner   Hotels und Gasthöfe voll von ihnen zurück und mit ihr das Leben. Die Handwerker wanderten aus, sind. Sie zählen gegenwärtig noch etwa 2000. Die meisten großen die fremden Kaufherren verschwanden. 5000 Häuser standen binnen Hotels befinden sich sogar in deutschem oder österreichischem Bejih. Jahresfrist leer, obwohl der Rat, um Fremde herbeizuziehen, den Die Evening News" will nun glaubenmachen, daß all die keind­Breis des Bürgerrechtes auf sechs Sous herabsezte. Die Ent lichen Fremdlinge" unter uns ebenso viele Spione find. deckungen des Vasco de Gama  , die des Kolumbus famen. Brügge  , Abend kommt sie mit einem Bündelchen neuer Entdeckungen. Sie noch Seestadt, hätte sich neue Weltteile erschließen, unermeßliche will das Recht zunächst selbst ausüben, d. h. kein Lynchgericht, aber Handelsgebiete erobern können. Doch schon 1481 war es eine Boykott, droht mit einer Liste sämtlicher Hotels, die deutsches Stadt der Armen. Frierend und hungernd drängten sich die Leute Personal halten und konnte von dieser Treibjagd jogar Erfolge bei den öffentlichen Brotverteilungen zusammen. Brügge  , das melden. Das Savoy- Hotel und verschiedene andere haben nämlich mittelalterliche Brügge  , legte sich schlafen und überließ es Ant- ihr ganzes deutsches und österreichisches Personal entlassen. Doch werpen, die Renaissancestadt zu sein. leuchtete die Spionagegefahr, wie die Evening News" sie tag= täglich vorzustellen suchte, nicht ganz ein. Den Offizieren sollten Geheimpapiere gestohlen, Gespräche belauscht worden sein. wurde sogar angeführt, daß deutsche Hotels, entgegen der Polizei­verordnung, des Abends erleuchtet sogar bis in leerstehende Zimmer erleuchtet seien! Natürlich sind es Hotels, von denen man nicht weiß, wie sie bestehen können ohne Unterstützung der deutschen   Regierung! Man hat auch bemerkt, daß sie auf allerhand verdächtigen Blägen liegen."

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Doch die Kreuzzüge brachten auch Geld, sehr viel Geld nach Brügge  . Man knüpfte Beziehungen zu Spanien  , zu Italien  , zu Byzanz. So folgte auf die Zeit der feudalen Gewaltherrschaft die Noch heute stehen die meisten Bauten, die einst die Stadt des kommunalen kommerziellen Aufschwunges. Ein schlichtes, schmückten. Gleich der Marktplatz ist ein Festsaal wie die Piazza arbeitsames Bürgertum, ein Volk von Fischern und Tuchwebern di San Marco. Wie eine mittelalterliche Festung liegt die Tuch­übernahm die Geschäfte. Große Kanalbauten wurden angelegt, halle   da mit ihrem Beffroi( hoher, starter Turm), wo einst das die den Ort mit dem Meere verbanden. Und es dauerte nicht Milliardenvermögen der Stadt bewahrt wurde. Auf dem Burg­lange, da war Brügge   das nordische Benedig, eine der bedeutendsten plaze, dicht dabei, ist das Stadthaus, wo die Grafen von Flandern  Handelsstädte der Welt. 150 Schiffe landeten täglich im Hafen. Vene- ihre Proklamationen erließen und die Ratsherren die fremden zianische Gläser und chinesische Webereien, norwegische Pelze und Gesandten empfingen; daneben die Stadtkanzlei, ganz prangend englische Wolle, irisches Kupfer und persische Teppiche, franzö- in Gold. Auch die Börse sieht man, wo die Rothschilds von einst sische Weine und arabische Klingen, Genueser Olivenöl und afri- die Kurse diktierten; man sieht die Residenzen der Kaufherren von tanische Datteln   wurden umgetauscht gegen flandrisches Getreide Genua  , von Spanien   und Smyrna. Viele Straßennamen Place und wallonische Rinder, Brabanter Spigen und flandrisches Tuch. des Biscayens, Place des Orientaur, Rue des Turques 17 Nationen hatten ihre Verkaufshäuser und Konsulate in Brügge.   innern an den alten Glanz. Brügge   ist ein Herenspiegel, der uns Alle Dialekte der Welt wurden auf den Quais gesprochen. 250 000 nach fünf Jahrhunderten ein Bild von der Größe, auch der un­Einwohner enorm für ein Gemeinwesen des Mittelalters beschreiblichen Schönheit der reichen mittelalterlichen Städte gibt. zählte die Stadt. Auch die Monumentalbauten der Stadt ent­Doch das beachtet man kaum. Denn alle diese Bauten, einst standen in jenen Jahren: riesige Kaufhallen und stolze Gerichts- so stolz und trotzig, haben etwas Dornröschenhaftes, Gedrücktes. gebäude, gewaltige Kirchen mit himmelragenden Türmen. Schon Efeu rankt sich an den grauen Mauern empor. Sie stehen im Bius II. Piccolomini schrieb, neben Venedig   und Rom   sei Brügge   Gegensatz zu den leeren Straßen und den armen Menschen. Man die schönste Stadt, und Johanna von Aragonien, von den flan- sieht nicht die Pracht von einst, nur das Leid von jest, hört nicht drischen Damen begrüßt, sagte: Ich glaubte mich die einzige den Atem der großen Stadt, nur das Röcheln von Sterbenden. Königin hier, ich sehe 600." Gleich bei der Ankunft wird man von diesem Herzbeklemmenden Gefühl gepact. Nur Priester entsteigen dem Zug. Der Bahnhof ähnelt einer gothischen Kirche, der Kutscher mit seinem langen, bis oben zugeknöpften schwarzen Rock einem Leichendiener. Von einer patriarchalischen Wirtin, die eine Schwester der Margaretha Wydt des Genter Altarwertes zu sein scheint, wird man im Gasthaus empfangen. Ein alter Kellner humpelt mit seinen Schüsseln wie ein Ministrant mit dem Klingelbeutel daher. Und damit die Note ganz rein fei, fizen an der Tafel keine jungen Leute, feine ge­sprächigen, lebenslustigen Menschen, sondern alte Damen, melan­cholisch und still.

Doch das bedeutet noch nichts gegenüber dem Glanz, der unter dem burgundischen Regime die Stadt umstrahlte. Auf den Erwerb folgt der Genuß, auf den plebejischen Nüßlichkeitssinn die Zeit des raffinierten Geschmacks, der Delikatesse, der Zierlichkeit, der Grazie. Wohnhäuser entstehen, die in ihrer koketten Ueberfeinerung sich zu den Bauten der älteren Gothik verhalten, wie die Villen des Rokoko zu den Schlössern des Barod. Ganz in Maßwerk sind sie aufgelöst, an Türen, Giebeln und Fenstern mit vergoldeten Statuen überreich geschmüdt. Doch namentlich für die Malerei hob jetzt die Blütezeit an Andachtsbücher, Rittergeschichten und Sagen, von zierlichen Miniaturmalern illustriert, werden in den Das Leben auf der Straße kennt keine Bewegung, kein Hasten. Bibliotheken gesammelt. Bilder, fleine aparte Bilder haben die Alte Männer, glattrasiert, wie aus dem Bild eines alten Meisters, zierlichen Wohnungen zu schmücken. Und all die Perlen und sißen beschaulich in der Sonne. Töpfe werden feilgehalten auf dem Amethysten, Goldstidereien und Smaragde, die auf den Werken Markte, wo einst die Wunderwerke des Orients auslagen. Die des Jan van Eyck   Wamms und Schnabelschuhe der Herren, Cafés haben Heiligennamen: Café Ste. Barbe, Ste. Anne, St. An­Gürtel und Coiffuren der Damen, selbst das Baumzeug der Pferde toine, und auch in den Buchhandlungen gibt es fast nur Religiöses. zieren fie waren nicht Phantasien eines Malers. Ganz Die Glocken des Beffroi  , die einst die Arbeiter zum Tagewerk Brügge   glich damals einem großen Juwelenkasten, einem Märchen riefen, flingen melancholisch wie Grabgeläute. In Trauerkleidern aus Tausend und eine Nacht". Turniere und Bankette, lebende gehen die meisten Damen. Kleine Kreuze, wie sie die Nonnen Bilder und Festzüge folgten in buntem Wechsel. Mit persischen tragen. Trauerhüte und Florschleier, Totenfränze aus schwarzen Teppichen waren die Häuser behängt. Wein sprudelte aus und lila Perlen werden in den Geschäften verkauft. Aus den Fontänen. Triumphbögen mit Hippogryphen, mit Greifen, Fenstern der Häuser schauen, die Brille auf der Nase, müde, Sphingen, antiken Göttinnen erhoben sich. Stuber in strahlender berhuzelte alte Frauen heraus. Fragt man jemandem, so er­Rüstung, Pagen wie Cherubine, schlanke, blasse, goldübersäte schridt er und antwortet leise, ohne eine Handbewegung, im Frauen, Prinzen aus dem Morgenland und nordische Pelzjäger Grabeston. bewegten sich über rosenbestreute Straßen. Hugo van der Goes  besonders war für Karl den Kühnen dasselbe, was der große Leonardo für seinen Mailänder Fürsten bedeutete. Er ordnete die Hoffestlichkeiten und Ballette, zeichnete die Kostüme für die Maitressen seines Fürsten, entwarf die Theaterdekorationen und goldgestickten Standarten. Brügge  , das arbeitssame, geldver­dienende Brügge   glich einer schönen ausgelassenen Frau, die atem­Tos, bebend von einem Ballfest, von einem Vergnügen zum andern eilt.

Freilich, die Müdigkeit kam. Das Herz schlug langsamer. Nur noch eine schöne leuchtende Abendröte hatte den Himmel ver­goldet. Mit 1470 beginnen die Jahre des Niederganges. Das große burgundische Reich, das den Schwerpunkt der Weltpolitik nach dem Norden verlegte, brach zusammen. König Maximilian, der Gemahl der burgundischen Maria und eine Zeitlang von den

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Menschenopfer.

Von Tadayoshi Saturai.

Am Morgen des 27. fam ein Soldat zum Verbandplatz mit verstörten Mienen und erkünftelter Fassung. Was ist Ihnen?" fragt ein Arzt, der ihn betrachtet, verwundet?" Es fam feine Antwort, seine Lippen bewegten sich umsonst. Der Arzt fragt nochmals: Was ist Ihnen? Ich kann nicht helfen, wenn Sie es nicht sagen." Es kam noch keine Ant­wort. Dem Arzt fiel dies auf, und wie er des Mannes Ge­sicht sorgfältig betrachtet, sieht er ein bißchen Blut an ihm. Bei näherer Untersuchung fand er, daß der Mann von rechts nach links durch die Schläfen geschossen war, so daß er sowohl Gehör als Gesicht verloren hatte. Sobald der Arzt dies ent­deckte, begann er ihm Hilfe zu leisten, aber als er des Mannes Hand zärtlich ergriff, knirschte der Mann mit den. Zähnen und murmelte: Rache." Sein Körper wurde rasch steif und er hauchte den legten Atemzug aus. Armer, tapferer Sterl! Er wußte nicht, daß er im Sterben war, und seine letzte einzige Begierde war, wieder zu fechten.

Hier ein anderer Fall: Ein Verwundeter kam in die Station gerannt, beide Arme schwingend, als ob er in großer Eile sei. Es ist ein heißes Gefecht, außerordentlich inter­essant. Wir werden den Platz bald genommen haben." Der Arzt frug ihn: Sind Sie verwundet?"" Ein bißchen auf der Brust," war die Antwort. Da der Arzt begierig war, etwas vom Ausgang des Tages zu erfahren, frug er den Mann: Habt Ihr viele Feinde getötet? Welche Seite hat mehr Ver­Inste?" Der Mann erhob seine Stimme und sagte: Aber­mals waren mehr Verluste auf der japanischen Seite."" Nun untersuchte der Arzt seine kleine Wunde" an der Brust und war erstaunt über die Schwere des Falles. Das Fleisch auf den rechten Rippen war durch eine Granate ganz weggerissen. Er war ſtol auf seine Tapferkeit in der Schlacht und Treue in der Erfüllung seiner Pflicht und wußte nicht, daß sein Leben Tropfen für Tropfen hinwegschwand. Er sprach in erregter Weise über die Schlacht und war in bester Stinimung. Es ist gut, Ihr Verband ist fertig, Sie können gehen." Bei

( Schluß folgt.)

Die Deutschenheze in England.

Das Treiben einiger Londoner   Blätter, die sich die systematische Verhebung des englischen Volkes zur Aufgabe gemacht haben, be­leuchtet sehr scharf der Brief eines Holländers, des Londoner Be­richterstattters vom Nieuwe Rotterdamsche Courant". Der Brief ist bereits am 16. Oktober abgesandt worden, aber die englische Zensur hat 14 Tage der Ueberlegung gebraucht, ehe sie ihn zur Beförderung freigab. Man begreift es, daß der englische   Zensor nicht angenehm berührt war, als er die folgenden Ausführungen las: Das Ansehen der Times" ist durch den Krieg noch gestiegen. Mit seinen Satelliten Daily Mail" und" Evening News" bildet Niemand kann be­das Blatt eine gewaltige Macht im Lande.

diesen Worten des Arztes stand der Mann auf seine Beine,| fonnte aber nicht einen Schritt gehen. Das Fieber der Schlacht macht es den Leuten möglich, zu gehen und zu rennen, selbst in einem solchen Zustand. Aber wenn sie einmal durch die Träger hereingebracht sind, erschlaffen die Nerven und fie beginnen den Schmerz plötzlich zu fühlen. Solcher Opfer gab es viele und ich selbst war eines von ihnen. Ich spürte feinen Schmerz während der zwei Tage, die ich auf dem Felde lag, aber ach, welche Schmerzen setten dann ein, als ich die erste Hilfe bekam und verbunden wurde! Die Schmerzen, die ich da erlitt, waren so groß, daß ich wünschte, ich wäre auf dem Schlachtfelde gestorben. Vom Tod zum Leben zu er­wachen, war gewiß bei mir der Fall, aber ich konnte damals mein gutes Glück gar nicht schätzen. Ich dachte, daß es vom Himmel grausam sei, mich nicht getötet zu haben, statt mich solche Leiden durchmachen zu lassen, die härter sind als Tod, in einem Zustand, in dem man halb tot und halb lebendig ist. Während die Schlacht noch im Gange ist, winkt die Rote­Kreuz- Flagge hier und dort denen zu, die verwundet auf dem Schlachtfelde liegen. Die tapferen Leute, die auf dem Fleck sterben, haben feinen Vorteil von der großen Barmherzigkeit, aber die Verwundeten erhalten und beanspruchen ihre Wohl­taten und haben hie und da das Gefühl, als ob sie den würdigen Toten etwas stehlen. Sobald die Schlacht beginnt, gehen die Träger mit den Tragbahren über das Feld, heben die Verwundeten auf und bringen sie wieder zurück auf den Verbandvlak. Diese Seuli oder Träger müssen ebenso tapfer und ernst sein, wie ein wirklicher Kämpfer, sonst können sie ihr Wert auf außerordentlichen Plätzen und in gefährlichen Momenten nicht erfüllen. Ihnen ist das menschenfreundliche und gefährliche Geschäft anvertraut, Schwert und Schuß zu troßen, die Verwundeten herauszusuchen und sie an einen sicheren Ort zu tragen. Sie müssen ihre magere Nahrung und ihr wertvolles Wasser mit ihren Patienten teilen und müssen sie trösten und aufmuntern mit liebendem Herzen. Des Krankenträgers harte Arbeit und vornehme Aufgabe ber­dienen unsere unbegrenzte Dankbarkeit.

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Wenn man liest,

Wenn sich das Volk zunächst auch noch ziemlich frei von diesen Einflüsterungen hielt und eine Anzahl großer englischer Blätter es vermied, die in England lebenden Deutschen   zu beschimpfen, sogar mit Nachdruck mehr zurückhaltung empfahl, so zeigt ein weiterer Brief desselben Berichterstatters vom 29. Oktober, daß in letzter Zeit ein entschiedener Umschwung eingetreten ist. Die Blätter rühmen jetzt ihren Erfolg," so schreibt der Holländer, unv es ist in der Tat merkwürdig, welchen Einfluß sie neuerdings auf einen Teil des Publikums zu haben scheinen. was ſeine Boltsblätter ihm als tägliche Kost vorſeßen dürfen, dann wundert man sich eher darüber, daß es noch so viel faltes Blut bewahrt. Das tollste Vorbild bilden die großen Plakate, die die Daily Mail" überall angeschlagen hat und von denen jeder angespornt wird, sich gewissenhaft zu fragen, ob er unter seinen Bekannten jemand hat, der ein verkappter Deutscher   sein könnte, und diesen, selbst wenn es sein bester Freund sei, uner­bittlich anzugeben."

Erfreulich ist, daß sowohl von der linksliberalen Presse als den Organen der Arbeiterpartei dieser nationilistischen Hebe mit gebührender Schärfe entgegengetreten wird.

Deutschlands   Seefischversorgung.

Als zu Beginn des Krieges der Preis für Seefische mit einem Schlage in noch nie vorgekommener Weise in die Höhe ging kostete doch ein Pfund des sonst so billigen Schellfisches, wenn er überhaupt zu haben war, 80 Pfennige da wurde vielfach die Meinung ausgesprochen, diese hohen Preise würden während der ganzen Dauer des Krieges bleiben, denn Deutschland   wäre durch die englische Flotte von der Zufuhr von Seefischen abgeschnitten. Diese Ansicht war aber, wie sich nach den Tagen der Mobilmachung herausstellte, zum Glück eine irrige, denn allmählich erschienen die Seefische wieder auf dem Markt; sie waren nicht Englands wegen ausgeblieben, sondern weil alle verfügbaren Eisenbahnen aus. schließlich für den Transport unserer Truppen in Anspruch ge­nommen waren. Trotzdem hat der Krieg Einfluß auf den Fischa markt, denn die von Jahr zu Jahr zahlreicher werdenden deutschen  Fischdampfer, die im Skagerrak   und auf den weiten Gründen um Island   dem Fischfang oblagen und allwöchentlich Tausende von Zentnern Fische, besonders Schellfische und Kabeljaus, nach unseren Häfen brachten, haben alle ihren Dienst einstellen müssen, la fie sonst auf hoher See von den englischen Schiffen gefapert würden. Der Preis der Schellfische wird daher während der Tauer des Krieges ein ziemlich hoher bleiben. Der Fang des Herings, des wichtigsten aller Seefische für die Voltsernährung, ist den frieg­führenden Staaten in der Nordsee   auch unmöglich, aber dafür liegen Holländer, Dänen, Schweden  , Noriveger um so eifriger dem Fang ob, und sie sind imstande, unserern deutschen   Markt zur Genüge zu versorgen, führt doch Norwegen   allein 800 000 Tonnen Heringe jährlich aus.

Neben dieser gewaltigen Menge von Heringen   kommt Nor­denen, der ihre Sorge erfuhr und hatte Tränen der Dankbar­feit für sie. In einem Hospital zu Hause ist alles Freundlich­feit und Teilnahme, aber wie ist es in der Front? Im Sommer, als ich an den Schlachten teilnahm, griffen ganze Schwärme von Fliegen die unglücklichen Kranken an. Wür­mer bildeten sich in Mund oder Nase und einige von ihnen fonnten dies Ungeziefer nicht einmal vertreiben, weil ihre Die Krankenwärter würden gerne Arme kraftlos waren. helfen, aber ihre Anzahl ist so klein, daß immer nur einer auf 100 Verwundete kommt, und die letzteren sind der bren­nenden Sonne bei Tag und dem Regen oder Tau in der Nacht ohne jede Bedeckung ausgesetzt. Einige, welche lange auf dem Schlachtfelde gelegen hatten, waren in einer unbe­schreiblichen Verfassung und es war notwendig, sie in einent Strom oder Bach aufzuweichen und mit einer Bürste den Schmutz abzureiben, bevor man ihre Wunden verband. Die Ursache dieser Schrecken war die unerwartet große Anzahl der Verwundeten, hervorgerufen durch die unvorhergesehene Heftigkeit des Gefechts. Diejenigen, die in den Händen der Feldärzte waren, wünschten so rasch als möglich behandelt und nach rückwärts gesandt zu werden, um geheilt und so rasch als möglich wieder in die Reihe der Kämpfer einzu rüden, aber man mußte mehr als 1000 Patienten in ein Feldlazarett zusammendrängen, welches für 200 bestimmt war, und so war man außerstande, den Leidenden eine bessere Hilfe angedeihen zu lassen.

Nach dem Sieg.

Als die Forts des Taipo- shan, die von Natur aus be nahe uneinnehmbar waren, zuletzt von den japanischen Strei mächten dennoch überwältigt wurden, müssen die stolze Russen eingesehen haben, daß sie an uns keinen zu verachtes den Gegner haben. Aber da sie die Hauptverteidigungslini welche die starke Festung umgibt, hinter sich hatten, verlore sie nach einer oder zwei Niederlagen den Mut noch nicht. S 3ogen sich nun auf die Santa- shan- Söben zurüd, um do eine neue, die dritte Stellung einzurichten. Da sie sich m ihren Verteidigungsarbeiten beeilten, war dies auch für u Die Kranken und Verwundeten, die in die Hospitäler zu feren Angriff nötig. Ein Tag Verzug auf unserer Sei Hause zurückgebracht werden, werden ganz in Weiß gekleidet würde ihnen einen Tag Vorteil auf ihrer Seite verscafe Deshalb begannen wir, ohne zu warten, bis m und haben freundliche und sorgfältige Pflege und den Trost haben. der Aerzte und der Krankenwärter. Ich selbst bin einer von unsere müden Knochen und Glieder vom letzten Sturm e