Ur. 230.- 1914.

Unterhaltungsblatt des Vorwärts Sonnabend, 14. November.

Die Wacht am Rhein.

Mein Freund, ein braver Genosse, der als Reservemann im Westen kämpfte, hatte gleich bei Beginn des Krieges einen schwierigen Auftrag zu erfüllen gehabt, der ihm eine sehr ernste Verwundung und einige Wochen darauf das eiserne Kreuz einbrachte. Jezt, in der Wiedergenesung, hatte er Urlaub. Er machte mir die Freude, einige Tage bei mir zuzubringen.

Ein stiller, versonnener Mensch, liebte er die Musik, ohne dabei ein großer Musikkenner zu sein und sich durch kritischen Geist den Genuß zu verderben. Da er gehört hatte, daß in Berliner Cafés oft sehr gute Streichmufit gemacht würde, beschloß mein Freund eines Tages nach Berlin zu fahren, um dort in Musik zu schwelgen. Ich wußte, daß er dabei gerne allein sei, und blieb daher zu Hause. ihm die besten Ratschläge, und er ging. Viel eher, als ich dachte, tam er, und zwar sehr mißgelaunt, zurück. Er erzählte: Die sind verrückt in Berlin !"

man angesichts unseres Zuges sofort Anstalten getroffen, bei unsc­rer Rückkehr Verwundete mitzugeben. Als wir wieder eintrafen,

Im Krankentransportzug an der Front. lagen sie auf den Tragen schon aufgereiht. Auch hier wieder in

Heute ist wieder Sonntag. Die erste Woche, und schon ist zum ersten Male der Zwed unserer Reise erfüllt. Wir haben Ber­wundete und sind auf der Heimkehr! Welch ein merkwürdiger Tag war dieser gestrige.

großer Ueberzahl. Wir nahmen noch 32 Mann mit und einen großen Bug Leichtverwundeter, die sißen und wenigstens bis Laon mitge­nommen werden konnten. So fuhren wir mit hundertzwanzig Liegenden zurüd.

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R. Ad.

Bon seiner Verwundung her sah er noch sehr bleich aus. Ich gab stauten sich feldpoftwagen und Feldpoftautos in großer Zahl Neue Behandlung eitriger Schußwunden.

Wenn mein Freund so sprach, war ihm sehr unangenehmes passiert. Ich hörte also gespannt zu.

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" Ich bin in das erste Café gegangen, das Du mir gesagt hast in der Friedrichstraße. Bar ganz nett drin. Die Musik machte gerade eine Pause. Die Leute gudten auf mich und mein Bändchen da. Wie die Musik zu spielen anfängt, steigt die Wacht am Rhein". Sie haben sie ganz gut gespielt. Aber die Leute schauen alle auf mich und das war mir genant. Ich schau in meine Kaffeetasse. Als zweites Stüd fommt, Deutschland über alles". Das war ja auch ganz schön gespielt aber Du weißt, ich hör' lieber fo was weiches, was einem ein bißchen ins Herz geht. Als nun ein drittes Stück Ich bin ein Preuße" tommt, da bin ich leise davon gegangen. Ich bin nun die Leipziger Straße nach dem Potsdamer Platz gegangen, und dort in ein anderes Café. Das war auch ein sehr schönes Lokal. Wie ich eintret', spielen sie ein feines Stüd. Jch hab' mich still in eine Ede gesezt. Es war mir nur schenierlich, daß die Leute wieder alle nach mir schauten. Ich bestell' wieder einen Kaffee und sehe, wie der Kellner im Vorbeigehen bei der Mufit dem Kapellmeister etwas zuruft. Und auf einmal, bevor ich noch den Kaffee frieg', geht das Stück ich glaub', es war aus dem Troubadour" zu meinem Schreden in die Wacht am Rhein über. Ich wär' am liebsten davongelaufen. Aber man fann das nicht. Als die Musit zwei Strophen heruntergespielt hatte, ver­beugt sich der Kapellmeister gerade auf mich zu und alles im Café gudt mich an. Ich hab' meinen Kaffee nur halb ausgetrunken und bin schnell gegangen. Jest dent' ich, verzichtst du auf Musik und trinkst ein Glas Bier. Ich gehe also die Potsdamer Straße entlang in das Restaurant ich glaube Altbayern . Es waren gerade nicht zu viele Menschen drin. Natürlich wieder schaut alles auf mich. Und kaum hab' ich eine Ecke gefunden, da geht's los: Die Wacht am Rhein ." Das fann fein gesunder Mensch vertragen, wie also einer, der frant war. Bevor ich noch etwas bestellt habe, bin ich einfach davon ge­Jezt fährst Du in ein Arbeiterviertel da werden die Menschen vernünftiger sein. Ich spring auf eine Elektrische, fahr nach der Frankfurter Straße und steig an der Andreasstraße aus. Die Andreasstraße geb ich hinunter und tret' endlich in einen Schulbeiß­Ausschant. Der Wirt fommit selbst hinter dem Schanktisch hervor und fragt, was ich will. Ich bestelle mein Bier. Er bringt es mir; fragt natürlich, wo ich verwundet wurde, wo ich das eiserne Kreuz gefriegt hätte. Ich geb ihm auch Auskunft. Er hat's mir schön ge­Sankt! Er springt auf, ich schau ihm nach und seh, wie er nach einem Musikwerk geht, das ich zuerst gar nicht gesehen habe. Bevor ich ihn an seinem Verbrechen hindern kann, geht's schon los. Zuerst

Laufen.

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Burumbumbum und dann die Wacht am Rhein".

Ich natürlich aufgesprungen und, bevor der Wirt, der mit einem wichtig lächelnden Gesicht auf mich zukommt, mich halten kann, zum Tempel hinaus, die Andreasstraße entlang zum Schlesischen Bahnhof . Ich frieg auch gleich einen Zug und fahr heim und da bin ich nun wieder. Das fag ich Dir: feine zehn Gäul' friegen mich wieder nach Berlin , um da Musik zu hören."

Ich mußte herzlich über das Mißgefchid meines Freundes lachen. Aber ich nahm mir gleich vor, das Erlebnis zu veröffentlichen und bat um seine Zustimmung.

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Die hast Du", sagte er. Denn man foll Mitleid mit uns haben. Man hat Strapazen genug mitgemacht, hat seine Pflicht ge­tan und ist verwundet worden. Da sollen sie einem mit ihrer Neu­gierde und ihrem Angestarr in Ruh lassen und auch mit ihrer Wacht am Rhein". Die Wacht am Rhein" hat eine herrliche Melodie und alle Woche einmal da macht sie Freud '. Aber in anderthalb Stunden viermal das ist eine Strapaz', die hält der feldtüchtigste Mensch nicht aus. Weißt Du, gerade wir, die die Schreden des Krieges gefehen und erlebt haben, wir brauchen etwas recht Mensch liches und Herzliches, was uns über den Strieg hinaushebt und uns

wieder an uniere Menschheit erinnert."

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FC

Menschenopfer.

Von Tadayoshi Sakurai.

So.

In Laon , unter dem fernen Rollen des Kanonendonners, fuhren Rührend war es auch, wenn die begleitenden Regimentsfame­wir ein und wurden, im Bahnhof wartend, gerade beim Morgen- raden zum Abschied die schwachen, hergereichten Hände nahmen. frühstück von einem Franzosen überflogen, dem durch Granatfeuer Oder wenn auf ihren Gruß aus den Verbandsräumen verlorenc heimgesucht wurde. So begann es sehr friegerisch. Der Bahnhofs- Worte kamen:" Deb ' wohl, Kamerad!"" Genesung, Kameraden!" vorplay, an dem die Nachricht von den drei gesunkenen englischen In Laon angekommen, fanden wir auch die andere Hälfte des Panzerfreuzern befannt gegeben war, zeigte ein Kriegs- und Zuges voll beladen. Gleich am Abend noch ging es heimiärts. Lagerleben, wie es in allen Beschreibungen geschildert wird. Die Straßen hinauf biwafierten unsere Truppen, vor dem Plaze selbst zwischen Stapeln von Postfachen. Wagen von Tiek und andere bekannte Namen darunter. An einem anderen Teile des Plates Der Verbandwechsel und die Reinhaltung stark eiternder Wunden Auto auf Auto mit Verwundeten, Militärsanitätern und Rote Kreuzler zwischen den Tragen hin und herlaufend, die auf dem ist schon unter gewöhnlichen Umständen mit Schwierigkeiten_ver­bunden, da der beim Verbinden und Reinigen nicht zu umgehende Blaze stehen. Es kommen und gehen Patrouillen, sprengen er­fundend Offiziere vorüber, sausen Radler und tönen die Hupen Lagewechsel des verlegten Gliedes dem Kranken erhebliche Schmerzen der Autos. Scheu stehen hier und da französische Zivilisten herum. bereitet und außerdem der Wunde die zur Heilung so notwendige Fast nur Frauen, und so wenige, daß sie verschwinden. Alles ist Ruhestellung unmöglich macht. deutsch. Befehle schwirren, Signale werden geblasen. Und über Uebelstand bei infizierten Knochenbrüchen auf, die durch einen allem furren und pattern die Flieger, die hier überall feste Stationen Schuß entstanden sind, den sogenannten Schußfratturen. Das häufige Hantieren mit den schnell durchgeeiterten Verbänden stellt die haben. im Interesse der nicht infizierten Wunden notwendige Keimarmut der Hände des Pflegepersonals und ist somit eine Gefährdung der Batienten mit normal heilenden Wunden. In der feldärztlichen Beilage der Münchener Medizinischen Wochenschrift( 1914, Nr. 42) wird über eine neue Art der Behandlung offener eiternder Schuß­Von einfachsten Ueberlegungen ausgehend, frakturen berichtet. man gu ebenso einfachen Schlüffen und damit und Sicherheit des Erfolges in sich deren Um die bakterienreichen Wundsekrete, An

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einen

Besonders fühlbar tritt dieser

Als ich vom Plaze wieder durch den Bahnhof über die Geleise gehe, wird mir schon von weitem der Befehl folportiert:" Lazarett­zug L, Wagen 1-10, sofort fertig halten. Pfleger Effen zur Ab­fahrt an die Front." Himmel, ist es Wahrheit? Mein Wagen als erster soll mit hinaus? Der Gedanke ist so herrlich, daß es mich wie ein Todesurteil trifft, als gegengeordert wird, Wagen 30 bis 40 seien gemeint. In voller Verzweiflung lege ich Staats- gelangte einer Behandlungsmethode, die wiederum Einfachheit, montur an und beschließe nach vorn zu gehen, um Urlaub für den Besuch der weltberühmten Kathedrale au erbitten, die von der Billigkeit, Sauberkeit Höhe Laon überragt. Komme gerade zurecht, als ein Pfleger zum wesenheit den Organismus zur fieberhaften Reaktion nötigt, Ginspringen für Kameraden berlangt wird. man sich der auffaugungsfähigen Gaze­gehe auf Wagen 30 über, stürze noch schnell in den Küchenwagen, abzuleiten, bediente borzeitig Mittag zu essen und bin bereit. Auf jedes Wagens streifen, deren Aufsaugungskraft jedoch erlischt, wenn sie durch­Trittbrett stehen die zugehörigen Pfleger, ein militärischer Gruß, tränkt sind. Von diesem Augenblicke an wirft der Verband ver­dann fahren wir 10 abgehängten Wagen zur Front", beneidet stopfend auf die Wunde, und die dadurch bewirkte Sekretverhaltung bon den Zurüdgebliebenen. Im Augenblick der Abfahrt taucht über bedeutet durch die Zurüdhaltung des giftig wirkenden Wundfelretes der Kathedrale ein Flieger auf, der etwa noch 40 Meter hoch über eine Verschlimmerung des Krankheitszustandes. Die neue Methode der Bahn im Gleitflug zum Flugplaß eilt. Weiße Bäffchenwolfen vermeidet diese Nachteile und läßt, auf Grund der richtigen Erwägung, über der Kathedrale zeigen an, daß er von feindlichen Granaten daß die Luft weniger gefährliche Infektionsfeime enthält als das beschossen wird, und sein knappes Hinkommen über unseren Zug eitrige undsekret, die Bunde offen. Der Gipsverband zeigt an den Wundstelle ein Fenster oder wird, wie an Gelenken, völlig unterbrocher in rasender Gile läßt vermuten, daß er eins abgekriegt hat. Die Fahrt geht nun im Giltempo. Je weiter hinaus, um so unterhalb der Wunde eingegipste Bandeisen verfekt. Der Patient ſelbſt und durch gewölbte, in den übrigen Teil des Verbandes oberhalb und friegsmäßiger die Bilder. Links und rechts bleiben Lagerpläge der wird so gelagert, daß das Wundsekret, dem Gesetz der Schwere ge Bioniere, der Artillerie und anderer Truppengattungen liegen, horchend, ablaufen fann bei Wadenschüssen z. B. liegt er einfach Beltſtädte mit linienweiſe davor aufgefahrenen Bontonwagen, auf dem Rüden, oder es wird eine fünstliche Ausflußöffnung Munitions- und Proviantwagen. Ueber die Chaussee, der Fahrt an der Unterseite des verlegten Gliedes, wohl meist am Arm oder parallel, sausen Autos mit dem roten Kreuze in großer Zahl. Ein Bein, angelegt, aus der das Sekret in ein darunter liegendes Beichen des völlig mangelnden Abtransportes der Verwundeten von Schüffelchen, Giterbeden, tropft. Es zeigte sich, daß Eiterungen, die der Front. In der Tat waren in Baon zwei lange Militärsanitäts­züge geblieben, die dort einluden, und unsere zehn eilenden Wagen auf diese Weise behandelt wurden, sich von Tag zu Tag besserten, daß das Fieber sofort nachließ, die vorher oft unerträglichen wurden von den Streckenposten sehr bestaunt. Außer beren einige schwer beladen am Endpunkt lagen, scheint hier kein Schmerzen aufhörten und die Raschheit der Heilung an die von nicht infizierten Wunden erinnerte. Dabei sparte man noch erhebliche Verkehr zu sein, weil die Kämpfe zu nahe sind. Bunden hinzu, so sind die Heilungsergebnisse direkt überraschend. Mengen Verbandstoffe. Tritt Heißluftbehandlung der offen gehaltenen Wenn auch nicht schematisch für alle Wunden, so eignet sich diese Therapie doch für eine große Zahl, eben die bisher so sehr ge­fürchteten infizierten Schußfrakturen und dürfte somit eine nicht un­wesentliche Bereicherung unseres kriegsarzneikundlichen Wissens fein.

aügen,

Der Kanonendonner wird immer lauter und heftiger, die große Nähe der Artillerie verraten zwei Fesselballons, die bekannten Würste", die dicht an der Bahn aufgelassen sind. Um den der Front offenbar näheren pufft ein Wöllchen nach dem anderen auf: feindliche Granaten, immer näher, immer sicherer, bis er herabge­nommen wird. Um einige hundert Meter voran wird dann bald die etliche Kilometer entfernte Feuerlinie sichtbar. Weiße Wolfen, wie aus Sunderten von Lokomotiven fahrender Büge, durch das ganze Tal hin, deutlich vor dem dunklen Hintergrund ferner Höhen auf­steigend, das ist die Linie der unausgesetzt feuernden Artillerie. Um weniges weiter ist unser Ziel. Eine kleine, offensichtlich improvi­fierte Station: auf den aufgeworfenen Bahnsteigen ausgeladene Munition, zwischen der wir unsere Truppen aufreihen. Nicht lange, so fährt vor den Wällen, auf denen einige Truppen biwakieren, Wagen um Wagen auf, aus denen die Militärsanitäter die geschickt eingebauten beladenen Tragen heranbringen. Zugleich ist der Platz übersät mit Verwundeten, die vorsichtig auf unsere Tragbahren um­gelegt werden. Das Einheben beginnt, und nach einer knappen Stunde fahren wir nach Laon zurüd.

Aber welche Bilder boten sich beim Einladen! Auf die Nach­richt, daß ein Zug so weit vorgezogen würde, hatten auch solche Lazarette ihre Schwerverleßten geschickt, die nicht beauftragt waren. Sunderte mußten wir zurüdlassen, und während wir schon wieder fuhren, kamen noch immer die fleinen behenden Wagen über die Chaussee herangeeilt. Auch auf der vorliegenden Station hatte hin! Zerschmettert den Kerl!" Er sagte, seine Arme in äußerster Sorglosigkeit verschränkend: Ich fühle mich wie eine junge Braut! Einem so hellen Lichtstrahl ausgesetzt, bin ich schrecklich schüchtern und schäme mich."

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Kleines Feuilleton.

Aus einer Soldatenzeitung.

Die 8. Rompagnie eines in Frankreich liegenden sächsischen Landsturmbataillons, in dem sich eine Anzahl Buchbrucker befinden, hat, wie fürzlich bekannt wurde, eine regelrechte Soldatenzeitung Der Landsturm" herausgegeben. Das wöchentlich einmal er­fcheinende einzige deutsche Militärwochenblatt auf Frankreichs Fluren" wird auf den Breffen eines franzöfifchen Zeitungsverlegers in Bouziers gedruckt, der seine Besizung bei Ankunft der Deutschen im Stich gelassen hat. Das Blatt scheint sich außerordentlicher Be liebtheit zu erfreuen, und feit feiner vierten Nummer verfügt es bereits über einen Inseratenteil, der ein sehr interessantes Gesicht zeigt und fogar Familienanzeigen enthält. Besonders originell mutet die Geburtsanzeige eines französischen Sol­einer Feldschlacht. Napoleon sagte: Ein Geschoß fann auf Dich gezielt sein, aber es fann Dich nicht verfolgen. Aber wenn es Dich überhaupt berfolgen fönnte, so würde es Dich einholen, felbst wenn Du nach den entferntesten Teilen der Welt fliehen würdest." Ja, ein Geschoß ist wie eine überirdische Erscheinung ein unheimliches Ding. Wir fönnen mit unserem menschlichen Wissen nicht sagen, ob es treffen wird oder nicht. Es hängt ganz von dem Glück des Menschen ab. An einen anderen Vorfall, der im Zusammenhang mit diesem steht, erinnere ich mich: Nach der Schlacht bei Taipo- shan gingen fünf oder sechs der sich zurück­ziehenden Ruffen ganz gemütlich fort, ohne sich zu eilen, und schwangen ihre Waffen dabei. Wir hielten dieses Verhalten für sehr frech, und jeder von uns zielte auf sie sorgfältig wie auf dem Scheibenstand und feuerte auf sie mit aufgelegtem Gewehr; aber alles vergebens. Ein Offizier behauptete iteif und fest, er würde sie treffen, aber auch er schoß vorbei, und die Russen gingen langsam von dannen und kamen allmählich außer Sicht. Nach dieser Erfahrung probierten wir unsere Schießkunst ver­schiedene Male an einem Russen, der auf einem Fort stand und mit dem Taschentuch winkte, um uns herauszufordern, oder an irgendeinem verwegenen Kerl, der sich aus den Brustwehren heraus und uns zu verhöhnen traute. Troß unserer Geschick­Warum auf dem Schlachtfeld der eine erschoffen wird, der lichkeit, verbunden mit Born und Neugier, entkamen diese un­andere nicht, das ist ein unerforschliches Rätsel. Da sind einige, verschämten Kerls oft. Da dies öfters geschah, so wurden die­die in einem schweren Gefecht nach dem anderen feinen einzigen jenigen, die bereits mehrere Schlachten mitgemacht hatten, natür­Krazer bekommen; andere scheinen förmlich von Rugeln verfolgt licherweise sorg- und furchtlos. Im Anfang ducten wir uns zu werden oder sie auf sich zu ziehen. Einige fallen bald nach unwillkürlich beim Pfeifen eines kleinen Geschoffes. Sogar der der Landung und ohne zu wissen, wie es tut, wenn auf einen Offizier, welcher seine Leute mit den Worten ausschilt: Mer geschossen wird. Wenn man einmal zur Zielscheibe für Schüsse verbeugt sich da vor einer feindlichen Kugel?" fann sich nicht geworden ist, mögen 40 oder 50 auf einen gefeuert werden, wie enthalten, dem Feinde zuerst zuzunicen. Natürlich beweist dieses auf jenen Mann in der Schlacht von Taipo- shan, von welchem Riden keine Furcht, es scheint vielmehr das Ergebnis einer Art ich bereits erzählte. Ist das Vorbestimmung oder ist es mehr von Reflerbewegung der Nerven zu sein. Aber wenn die Ge­Bufall? Als am 19. August das Hauptquartier der Division an fchoffe anfangen, wie ein Regenschauer auf uns niederzupraffeln, den nördlichen Hang von Taku- shan verlegt wurde, beobachtete dann können wir uns nicht vor jeder einzelnen Stugel verbeugen der Divisionskommandeur den Feind. Zu beiden Seiten des und werden auf einmal fühn. Das Dröhnen und Krachen von Generals ftanden Generalstabsoffiziere. Da fam ein Geschoß schweren Geschossen erzeugt in uns feine besondere Bewegung. und tötete beide Stabsoffiziere auf der Stelle, während der in Wenn wir wissen, daß in dem Moment, wo wir diese schrecklichen der Mitte stehende General nicht einmal leicht verwundet wurde. Töne hören, die Projektile selbst längst über uns hinweg­Bei einem Sturm auf eine Festung haben naturgemäß die vorn geflogen find, wird unser Mut gestärkt, und anstatt uns vor marschierenden Leute die größte Aussicht, getroffen zu werden, einem leeren Schall zu büden, denfen wir daran, uns auf die aber auch die hinten Gehenden erleiden mehr Verluste als in Brustwehr zu stellen und Reiskügelchen zu kauen, um sich vor

Auch ohne daß Du gefochten hast, find Deine Wunden ehrenboll. Werde bald gesund und komme wieder!"

Unser Detachement marschierte in dieser Nacht bis Yangchia­Dieser Tag sollte lediglich mit Beschießung ausgefüllt wer- fon bor . Bald nach unserer Ankunft dort kam mit schrecklichem den. Es war unser Plan, am ersten und zweiten Tage den Feind Getöse eine Granate in unsere Nähe. Wir sagten zueinander: mit Artillerie zu beschießen und dann den Infanterieangriff an Es müssen welche getötet worden sein. Wer ist es? Wer?" zusetzen. An jenem Abend ging ich in dienstlichem Auftrag nach Als der Rauch sich verzog, fanden wir bier oder fünf Mann tot dem Stabsquartier unserer Division, welches sich bei der Ar- oder verwundet liegen, von denen zwei Refruten waren, welche tillerieſtellung befand. Es war eine dunkle Nacht, und als am erst vor einigen Tagen aus der Heimat eingetroffen waren. Einer Firmament entlang bläulichweiße Feuerstriche zwischen den der beiden war auf scheußliche Weise getötet worden, indem näm­fämpfenden Parteien hin und her flogen, fam es mir so vor, als lich von der Hüfte ab die untere Körperhälfte gänglich abgeriffen ob ich auf der Straße zur Hölle wäre. Fortwährend wurden die war. Die Beine des anderen waren zerschmettert und das Blut russischen Scheinwerfer von Chikuan- shan und Bainin- shan auf stürzte wie Wasser heraus. Sein Hauptmann ging zu ihm und unsere Artillerieſtellung gerichtet. Ab und zu wendeten sich diese sprach ihm Mut zu, indem er sagte: Fürchte Dich nicht, sei schredlichen Lichter auch gegen unsere, Schritt auf Schritt sich dem tapfer!" Herr Hauptmann, es tut mir leid, so verstümmelt zu Feinde nähernde Infanterie. Auch wir benutten Scheinwerfer, sein, ohne selbst gefochten zu haben. Ich will so schnell als mög. die wir dem Gegner abgenommen hatten, und versuchten, der lich geheilt zurüdfommen. Bitte, laffen Sie mich dann wieder Kraft der feinigen entgegenzuwirken und auch die russischen Ge- in Ihrer Kompagnie sein!" schüße sichtbar zu machen. Allein sie erwiesen sich als bei weitem schwächer als die noch in feindlichem Befiz befindlichen Apparate. Von Zeit zu Zeit schoß der Feind Leuchtraketen ab, welche den Himmel weit besser erleuchteten, als das an Festtagen alljährlich abgebrannte Feuerwerf. Sie waren wie große in der Luft hängende elektrische Lampen, welche den ganzen Raum taghell erleuchteten, so daß sogar die Bewegung einer Ameise leicht ent­dect werden konnte. Sie famen dem Vormarsch unserer An­griffskolonnen so außerordentlich in die Quere, weil jede Be­wegung des Detachements durch dieses Licht hell beleuchtet wurde und vom Feinde genau zu sehen war. Das übliche Ma­schinengewehrfeuer überschüttete todsicher die Eindringlinge mit einem Hagel schrecklicher Geschosse. Sobald wir daher die Leucht­rafete in der Luft zerspringen sahen, pflegten wir uns gegen seitig mit den Worten: Bewegt euch nicht! Bewegt euch nicht!" zur Vorsicht zu mahnen. Als ich das Hauptquartier des Divisionskommandeurs er­reichte, stand er mit seinem Stabe bei unserer Artillerieſtellung und beobachtete dieses ohne den Schutz der Dunkelheit durchge­führte Nachtgefecht. Sobald in einem ruffischen Fort ein Schein­werfer beobachtet wurde, befahl unser Stabschef: Schießt dort