bringt den Gemütskranken in eine Anstalt, aus der er nach einiger Zeit entlassen wird- Während die Zeitungen die Nachricht verbreiten, er sei im Irrenhaus gestorben, schleppt er sich iveiter durchs Leben. Aber seine Geisteskraft ist gebrochen. Er hat noch sein Gesetz, das er schon früher auf dieDynamik des Himmels" ausgedehnt, auch für die Welt des Bewußtseins und der Empfindungen fruchtbar machen wollen. Aber er mußte den Ausbau des von ihm entworfenen Werkes in Naturwissenschaft und Philosophie andern überlassen. Noch drei Jahrzehnte, bis 20. März 1878, hat er nach dem Abschluß seiner Lebensarbeit gelebt, und das siegreiche Durchdringen seiner Ideen, die allgemeine Anerkennung seines Naturgesetzes gesehen. Auf der Londoner   Weltausstellung pries der Engländer Tyndall vor einer Versammlung der ersten Forscher der ganzen Welt den noch wenig bekannten deutschen Arzt aus Heilbronn  , der entfernt vom Kreislauf des gelehrten Lebens eine neue Periode natur- wissenschaftlichen Lebens heraufgeführt habe, und nun häuften sich Ehren und Würden auf dem früh gebleichten Scheitel desschwäbi- schen Newton". Selbst die Pariser Akademie, die sich so gar nicht um ihn gekümmert hatte, ernannte ihn zum Ehrenmitglied. _ Dr. Georg Kuhn.
f\m Suezkanal  . El Kantara die Brücke jene am Ostufer des Suezlanals gelegene Oase, wo die uralte, von der Sinaihalbinsel kommende Karawanenstratze über den Kanal führt und wo in Friedenszeiten ständig schier eirdlose Reihen vollbepackter Kamele stehen, ist von den türkischen Truppen besetzt worden. Schon hier sieht man deutlich. wie der Suezkanal die Einsamkeit verödeter Landstriche mit frischem Leben erfüllt und das ägyptische Kulturbecken nach jahrlausende� langem Schlummer zu neuer EntWickelung gebracht hat. Dort, wo ehemals der«taub des Wüstensandes auf kahlen Felsenplatten lagerte, wo Sümpfe und Moräste heiße Fieberluft ausströmten, entstanden bereits während seines Baues Ansiedlungen, die sich all- mählich zu ansehnlichen Dörfern und Städten entwickelten. Dabei ist ein scharfer Unterschied zwischen dem östlichen und dem west- lichen Ufer zu machen. Hier die nur ab und zu von einer blühen- den Oase wie El Kantara unterbrochene Wüstengegend z dort unter Palmen versteckte Ortschaften, grünende Gärten und kleine Haine. Als Ferdinand von Lcsseps mit dem Bau des neuen Verkehrsweges begann, tvar alles Sandwüste, und die scharfen Weitwinde trieben die wandernden Dünen ständig nach Osten. Zweifler behaupteten. sie würden auch das neugegrabene Kanalbett bald wieder ver- schütten. Um dem vorzubeugen, wurde sein Westufer frühzeitig mit Sträuchern und Bäumen bepflanzt; vernichtete auch anfangs die große Dürre viele der Anpflanzungen, so sprossen doch längs des Süßwasserkanals, der zur Versorgung der Bauarbeiter mit Trinkwasser errichtet worden war, bald Mimosen und Stechpalmen empor. Um die Arbeiterniederlassungen, wie das in der Mitte des Kanals am Timsa-See gelegene Jsmailia, wurden Magnolien- und Gummibäume gepflanzt und heute bilden selbst Nutzbäume, wie der Kaffeebaum, Pflaumen- und Birnbäume in der Nähe dieser Städte Alleen und Plantagen. Am Ufer sprießen Schilf und Rohr, die das Abschwemmen des Ufersandes durch den Wellenschlag der auf- und absteigenden Flut verhindern. Und als man 1893 unter dem Sande auf einer dünnen Lehmschicht Süßwasser entdeckte, wurden gegen 100 000 Stecklinge des TamarixbaumeS so tief in den Boden gesteckt, daß sie die Süßtvasserschicht erreichten. Heute sind es über 3 Meter hohe, kräftig entwickelte Bäume, die auf weite Strecken den Kanal begleiten. So ist auf dem Westuser in den letzten Jahrzehnten ein Kulturland erwachsen, während sich im Osten des Kanals noch die Site Sandwüste dehnt. Hier hat man auf eine Bepflanzung des fers verzichtet, denn einmal ist dieses nicht durch den Westwind gefährdet und dann wird durch ständige Baggerung auf dieser Seite das Bett vertieft und verbreitert. Ter Kanal beginnt bei dem 53 Meter hohen Leuchtturm von Port Said   und durchquert das Land bis Suez in einer Länge von 160 Kilometern, wovon allerdings nur 122 Kilometer auf das ein- gegrabene Kanalbett, die übrigen 38 auf die Binnenseen der Land- enge entfallen. Ursprünglich auf der Sohle 22 Meter breit, ist es im Laufe der Jahre wiederholt vergrößert worden, so daß die ur- sprünglich auf 41 Stunden berechnete Durchfahrt heute für Passa- gierdampser nur noch 16 Stunden dauert. Breit und sandig zieht sich der mit Häusern europäischen   Stils bebaute Strand, der nach dem Khediven Said benannten Stadt vom Leuchtturm bis zum Bafenbassin, während die arabischen Stadtteile weiter zurückliegen. Bor Hotels, Restaurants und Kaffeehäusern bilden Griechen, türkische Juden, Armenier, Aegypter und Araber in buntem Gc- triebe ein echt orientalisches Gemisch. Bon Port Said fahren die Schiffe an den geräumigen Gebäuden der Kanalgesellschast und am Denkmal von Lesseps   vorbei in den zur llcberschwemmungszeit von plumpen Pelikanen und langbeinigen roten Flamingos bevölkerten Menzale-See. Hinter El Kantara durchschneidet der Kanal den Dattel-See und nähert sich dann Jsmailia am See Timsa, zu deutsch  Krokodilsee". Weiter geht die Fahrt an den Stationen Tussum und Serapeum vorbei in den großen und kleinen Bittersee, wo sich am IS. August 1869 zum ersten Male die Wasser des Roten mit denen des Mittelländischen Meeres mischten. Am Ende des Kanals liegt dann, wie die anderen Orte ebenfalls aus dem West- ufer, Port Tewfik; keine eigentliche Stadt, sondern nur das unter Palmen versteckte Durcheinander von Beamten- und Arbeiter- Häusern. Es ist die jüngste Vorstadt des alten, westlich davon ge- legenen Suez, mit dem es durch eine Allee verbunden ist. Suez selbst war vor 50 Jahren ein elendes Arabernest. Das Dorf ver- schwand angesichts der modernen Bauten mit weitausladenden Ziegeldächern und luftigen Veranden, die Hütten machten Speichern und Magazinen Platz und deutschem Fleiß ist es zu danken, wenn ein aus Baden gebürtiger Botaniker den unfruchtbaren Wüsten- boden vor der Stadt in ertragreichen Boden verwandelte, auf dem heute zahlreiche Arznei- und Nutzpflanzen gedeihen.
Eine Krankheitsformel. Manche Leute meinen, streng wissenschaftlich sei nur, was in mathematischer Form ausgedrückt ist, und so wendet man die mathe  - malische Beweismethode und Schreibweise auf Dinge an. tür die sie absolut nicht passen. Ein mit großem Aufwand von Scharssinn durch- getührles Beispiel hierfür ist die berühmte Ethik Spinozas, in der ver große Denker es unternimmt, die menschlichen Leidenschaften in mathematischer Weise zu behandeln, als ob es sich um eine Unter- suchung von Linien, Flächen und Raumgebilden handelt. Auch die Schwere einer Krankheit hat man durch eine mathematische Formel darzustellen versucht und kommt sich sehr gelehrt vor, wenn man schreibt K---- M V 2: W. wobei M die Mikroben(Bakterien), V ihre Virulenz(Giftigkeit), 2 ihre Anzahl und W schließlich die Widerstandskraft des OrganiS- muS bedeuten fall. Die Formel sagt alio, X. da» ist die Größe der Krankheit, ist gleich dem Produkt aus den Bakterien, ihrer Giftigkeit und ihrer Anzahl, geteilt durch die Widerstandskraft des Organismus. DaS würde bedeuten, daß die Krankheit um so heftiger auftritt, je größer die Anzahl der KianlheitSerreger und je stärker ihre Giftig- keil ist, wozu noch der eine besondere Art der betreffenden Krankheitserreger ausdrückende Faktor M_ tritt, während die Krankheit um so geringer sein soll, je stärker die im Divisor (Teiler) der Formel stehende Widerstandskraft deS Organismus ist. DaS sind recht landläufige Dinge, zu deren Ausdruck man wahrlich leine mathematische Formel gebraucht. Daß diese Borinel unS aber in der Erkenntnis des Wesens und Verlaufs einer ranlheit auch nur einen Schritt weiter bringt oder gar dazu ver- helfeu kann, irgevdwie heilend in den Verlauf der Krankheit einzu- greifen, indem wir Schädlichkeiten abhalten, das wird wohl im Ernst niemand behaupten wolle». Die Formel erweckt auch die Bor- stellung, als ob jede Krankheit durch Mikroben hervorgerufen sein �Lttantwortlicher Redakteur: Alfred PZielepp, Neukölln. Für de?
muß, was sicherlich nicht immer zutrifft man denke nur an die durch äußere Verletzungen entstandenen Leiden, die uns jetzt im Kriege in so großer Zahl entgegentreten. Aber auch für die durch Mikroben hervorgerufenen oder durch Mikroben begleiteten Krankeitszustände würde die Formel ei» durchaus falsches Bild entwerfen, wenn sie als einziges die Krank- beii hinderndes Moment die Widerstandskraft des Körpers kennt. Es drückt das die banale Wahrbeil aus, daß eine kräftige Konstitu- tian die Krankheit überstehen wird, der eine weniger kräftige ertiegt, läßt aber ganz uilberncksichtigt. daß wir auf den Verlauf der Krank  « heil einen Einfluß ausüben können, indem wir die Natur bei ihrem Bestreben, die Krankheitszusiände zu überwinden und ihre Erreger abzutöten, unter stützen. Diese Unterstützung kann man, wie es in einer medizinischen Zeilichrist bei Besprechung der Formel geschieht, dadurch zum Ausdruck bringen, daß man den Einfluß des Arztes hinzufügt. Da er den KrankheiiSerregern entgegenarbeitet, muß die feinen Einfluß ausdrückende Zahl A in den Divisor gesetzt werden, so daß die Formel dann die Gestalt annimmt L=-llV2:'W-fL. Der Divisor besagt jetzt, daß die Krankheit durch die Widerstands- kraft des Körpers und durch einen guten Arzt bekämpft werden kann. In dieser Form bat die Formel einen gewissen Wert, denn wie es Leute gibt, die von der guten Natur des menichlichen Körpers allein alles erwarten und von Aerzten gar niwis wissen wollen, so gibt es auch Leute, die den Arzt für einen Hexenmeister halten. der imstande fein muß. jede Krankheit"durch seine Hrlfsmitlel zu heilen. Die Formel sagt aber, daß selbst der geichickreste Arzt der Krankheit ahnmachrig gegen- übersteht, wenn das andere Glied des Teiles zu gering ist, wenn die Widerstandskräfte des Organismus zu iehr geschwächt sind. Nur durch sie kann der Arzt wirken und wenn sie ihn im Stiche lassen, ist er auch bei der größren Geschicklichkeit in seiner Kunst ohnmächtig. Wenn man sich hierüber klar wird, so wird man aufhören, van Aerzten das Unmögliche zu erwarten. Das falsche Urteil über die Machtvollkommenheit der Aerzte ist ja schließlich auch die Onelle des Mißtrauens gegen sie und gleichzeitig auch der mächtigste Hebel zum Aberglaube», der die Leute dann scharenweise in die Hände der Kur- pfuscher und Gesundbeter tieibt.
Mittelalterliche hanögranaten. In verschiedenen Museen und Privatsammlungen, unier an- derem auch im Berliner   Zeughaus, befinden sich eigenartig geformte Tongefäße mit konisch zugespitztem Bodenstück und einem ain oberen Ende gelegenen, mit einer Einschnürung versehenen HalSanfatz. Das Marcrial ist Ton in allen Farbenabstufungen, teils mit glatter, teils mit mehr oder minder reich ornamentierter Oberfläche. Blanche vcn diesen Tongefätzen sind glasiert, andere weisen vor dem Brande eingedrückte Zeichen oder nach dem Brande eingeritzte Buchstaben und Hausmarken auf. Di« Fundstück« stammen durchweg aus dem Orient. Lange Zeit war man darüber im Zweifel,.welchem Zwecke diese Gefäße gedient haben könnten. Einige Forscher erklärten sie für Lampen, durch deren obere Oeffnung der Docht hindurchgesteckt worden sein sollte. Das spitze Bodenstück wurde so erklärt, daß es in die eigens dazu hergerichtete Vertiefung eines besonderen Fußes oder in eine Gesims- oder Bodenöffnung gesteckt werden sollte. Nach anderen wiederum wurden diese Gefäße zum Transport von Luecksilber verwendet. Diese letzte Ansicht, dte noch von namhaften Gelehrten auf diesem Gebiete geteilt wird, dürfte aber hinfällig sein, da viel mehr Tongefäße gefunden worden sind, als jemals die Menge deS in früheren Zeiten im Handel befindlichen Quecksilbers betrug. Auch sind derartige Gefäße nie in Orten gefunden worden, die als Handels- oder Ausfuhrplätze für Quecksilber im Mittelalter in Betracht kommen. Die Tatsache, daß man in diesen Gefäßen Zieste von Quecksilber fand, läßt sich sehr leicht aus der Gewohnheit der Feuerwerker früherer Zeiten erklären, dieses flüssige Metall als Bestandteil ihrer Feuerwcrkssätze zu gebrauchen. Stand doch überhaupt das Quecksilber während des ganzen Mittelalters in dem Ruf, geheim- nisvolle Kräfte zu besitzen, die allerdings nur in der Einbildung der Alchymisten jener Zeit vorhanden waren. Eine große Anzahl einschlägiger Rezepte aus der mittelalterlichen Lust- und Kriegs- feuerwerkerei gibt dafür unwiderlegliche Beweise. Vor der Mitte des dreizehnten Jahrhunderts war der Gebrauch des Salpeters als Zusatz zu explosiblen Gemengen noch nicht bekannt, selbst bei den Chinesen nicht, die doch in der Feuerwerkerei schon damals erstaun- licheS leisteten. Die Tongranaten konnten also vorerst nicht dazu gedient haben, beim Explodieren durch die Splitterwirkung sich zer- störend zu betätigen, sondern sie wurden mit Naphtha(Petroleum) gefüllt, daS man zu jener Zeit schon in allen möglichen Destillations- formen kannte. Eine Lunte ragte durch den Hals heraus und wurde mehrfach um das Gefäß gewickelt. Vor dem Abwurf der Bombe wurde sie angezündet, durch das Aufschlagen auf den Boden barst das Gefäß, das herausfließende Petroleum entflammte an der brennenden Lunte, und die Umstehenden erlitten Brandwunden. Es war gar nicht nötig, gelernte Feuerwerker mit dem Werfen zu betrauen: denn häufig wurden die Gefäße unangezündet geworfen und der ausfließende Inhalt hinterher durch Branopfeile zur Ent­zündung gebracht. Bei der Belagerung von Akkon im Jahre 1190 verwandte der Sultan Saladin Naphthawerfer, die ihm der Kalif von Bagdad   zur Verfügung gestellt hatte. Hier war es auch, wo mit Hilfe der an zweiter Stelle genannten Methode ein Holzturm des christlichen Heeres so schnell und gründlich mit Petroleum durchtränkt und in Brand gesteckt wurde, daß die ganze Besatzung in den Flammen umkam. Meistens trugen die Bombenwerfer mehrere dieser Ge- schösse am Gürtel; die Einschnürungssurche um den Hals des Ge- fäßcs diente dabei wahrscheinlich zur Befestigung an einer Schnur. Man warf mit der Hand oder mit Abwurfstangen. Daß noch im späten Mittelalter diese Art Granaten Verwendung fand, bestätigt eine Anleitung von 1565 aus Fröndsbergers Kriegsbuch. Explo­dierende Handgranaten kamen erst im 17. Jahrhundert auf; damals übernahmen die heute zu Infanteristen gewordenen Grenadiere das Erbe der einstigen Naphthaseuerwerker. Auch im modernen Kriege spielen die seit dem rusfisch-japanischen Kriege wieder in Gebrauch gekommenen Handgranaten eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Muflk. Sinfonie- K o n ze rt e des P h i l b a r m o n i s ch e» Orchesters. Obgleicv jetzt das ausländilcke Publikum, zumal das englisckie. das oft recht zahlreich zu erscheinen pflegte, gänzlich fehlt, war am Montag der riesige Musikiaal der Philbarmonie doch beinah Platz für Platz besetzt mit zum Teil kunstsinnigen, zum Teil auch neugierigen Hörern. Diese letztere Kategorie kommt meist auf ihre Rechnung; denn ihr Hauptinteresse richtet sich weniger auf die zur Ausführung aelangcnden Werke der Musik, als auf einige Kanonen", die. fei es als Dirigenten, fei eS als Sänger oder Jnstrumentalfolisten mitwirken. Für die OmoII-Ioncue von BrahmS  , die anfänglich auf nur wenige empfängliche Obren stieß, bat sich ja seinerzeit Hans von Bütow erfolgreich einpesetzt. Heute darf man wohl sagen. daß eS auch im Publikum verstanden wird Allerdings scheint Generalmusikdirektor Bruno Walter   auS München   der rechte Interpret BrahmSfcher. aber auch Schubertscher Werke zu sein. Bon Schubert erschien die unvollendete H- rnoll- Sinionie. Daß das ausgezeichnete Orchester solchem Wollen und Bestreben mit vollster Hingabe entgegenkommt, erübrigt sich eigentlich zu sagen. Kammersänger Leo Slezak   hieß der andere Magnet. Zur Arie de« Flarestan aus BeethovensFidelio* im Konzertsaal wird man sich wohl die Situation im Kerker zu vergegenwärtigen haben. Die Hüan-Arie auS WebersOberou" schien dem Sänger vorteilhafter zuliegen". Sein schmetternd glanzvoller Tenor, dem auch ein Inseratenteil verantw.: Th-Glocke.BerUn. Druck«.Berlag: Vorwärts
zart hingehauchtes Pianissimo im Falsett gelingt, trat hier wahrhast siegessicher in die Erscheinung. Der gewaltige, immer wieder her- vorbrechende Applaus des Publikums vermochte dem Sänger doch nickt eine Zugabe abzunötigen. Ach wie schade: Und man bemühte doch so krampfhaft die Lungen. Füße und Handschuhe.... eil.
kleines Zenilleton. Eine Lebensretter-Uniform. Der Untergang mehrerer englischer Kreuzer, deren Mannschaft zum größten Teil den Tod in den Wellen fand, hat das englische Publikum tief erschüttert, und man hat es unter allen Tragödien des Krieges für die furchtbarste erklärt, wenn Hunderte van Menschen, wie bei der Vernichtung derGood Hope" undMonmoulh", wehrlos ertrinken müssen. Wenn eS möglich wäre, die Matrosen mit einem Apparat auszustalten, der sie sogleich über Wosser hält, io würde dadurch viel gewonnen sein. Desbalb erwägt man in den Kreisen der englischen   Marine die Eintührung einerLebensreiler- Uniform", die ein Mr. I. W. Gleve erfunden bat. Es handelt sich dabei um einen Schwimmgürlel, der in die Weste jeder Marine» uniform eingenäht werden ioll und der durch eine kleine Röhre, die an ihm bescstigl ist, in weniger als 20 Sekunden aufgeblasen werden kann. Tie Erfindung ist in Weymouth   von mehreren höheren Marineosfizieren geprüft worden, und es hat sich gezeigt, daß sie nickt nur den Träger über Wasser hielt, sondern auch noch zwei andere Männer, die sich an dem mit der LebrnSretleruniform be­kleideten festhielten. Bei den letzten Katastrophen, die die englische  Marine beirossen, erwies sich das Umlegen der vorhandenen Rettung?- gürtel als viel zu umständlich und nicht wirksam genug. Beim Untergang desHermeS" retteten sich verschiedene Matrosen dadurch, daß sie leere Peiroleumkannen dazu benutzten, um sich über Wasser zu ballen. Em mit der Kleidung jedes Matroken fest verbundener Schwimmgünel würde die bene und schnellste Hilfe leisten, und so lännie durch Einführung der Erfindung manch wertvolle? Leben gr» rettet werden.
kartoffelgraben zwischen Schützengräben. Daß auch auf dem österreichisch  - russischen Kriegsschauplatz jener friedlich-private Verkehr zwischen den gegnerischen Linien herrschen kann, wie man ihn aus fo� mancher Schilderung vom westlichen Kriegsschauplatz kennt, lehrt ein Feldpostbrief, den ein ungarischer Fähnrich nach Hause geschrieben hat. In dem Brief, den dieFrank- furter Zeitung" einem ungarischen Blatt entnimmt, heißt es: ..... Unsere Honveds hatten, als sie in den Schützengräben lagen, Hunger nach gebratenen Kartoffeln bekommen. Vor den Schützen- gräbcn und jenen des Feindes zog sich ein langgestrecktes, noch nicht ausgeackertes Kartoffelfeld hin. Da sagte plötzlich ein Unteroffizier zu den Jungens:Kinder, heut abend würden aber gebratene Kar- toffel schmecken!" Kaum hatte er die Worte gesprochen, als sich da und dort Soldaten meldeten. Einer sagte:Herr Zugsführer, wird ein Rucksack voll genügen?" Kurz und gut, abends krochen zwei Honveds auf das Kartoffelfeld. Bald folgten noch drei, dann fünf und schließlich noch zehn. Ihre ganze Bewaffnung bestand nur aus dem Jnfanteriespaten. Auf allen Bieren krochen sie dahin und mit angehaltenem Atem warteten die übrigen im Schützengraben zu- rückgebliebenen Kameraden, was geschehen werde. Alle waren be- reit, wenn eS sein mußte, die Kameraden mit einem Sturmangriff auf den Feind zu retten. Angstvolle Minuten verstrichen, da be- merkte man plötzlich, daß auch aus der russischen Deckung acht bis zehn Mann mit Spaten bervorkrochen. WaS würde jetzt geschehen? Die Russen krochen gleichfalls gegen den Kartoffelacker. Vorsichtig, achtsam, furchtsam! Auf der einen Seite scharrten die Honveds, auf der anderen Seite die Russen Kartoffeln au» dem Acker. Tu kannst Dir die aufgeregte Neugierde der Unsrigen vorstellen, mit der sie die Weiterentwicklung erwarteten. Langsam kamen die Leute näher. Da sahen wir. wie sie sich höflich grüßten, und Honveds und Russen zogen ruhig mit ihren Kartoffeln zurück in die Deckungen. ES verging keine halbe Stunde, und das heftigste Gewehrfeuer ent­wickelte sich wieder zwischen den beiden Schwarmlinien..."
Notizen. Weitere Schneefälle in Sicht. Der seit einige« Tagen in Deutschland   herrsibende Frost hat inzwischen an Stärke fast überall zugenommen. Memel  , Breslau   und Grünberg   i. Schlef. hatten Sonntag früh 7, München  . Mülbaufen i. Eli. und Friedrichs- Hafen batlen 6 Grad Kälte. Auch Montag meldeten zablreiche Orte nach 5 Grad unter Rull. Die Verschärfung des Frostes ist vor« wiegend auf die mittlerweile in den meisten Gegenden eingetrelene Aufheiterung-zurückzufübren. Zurzeit dringt von Frankreich au« eine Depression in das Innere Deutschlands   ein. und ihre An- näbernng läßt den baldigen Eintritt von weiteren Schneefällen er« warten. Der poetische Funkspruch, der am 6. Novembec von Nauen a» den Eiffelturm gesandt wurde, und den wir am 21. nach demTemps  " und derFranks. Ztg." wiedergaben, ist nicht vollständig. Einer, der bei der Weitergabe dabei war. teilt unS mit, daß die zweite und die dritte Zeile fehlen, wie schon der Rnm zeigt: Wo Wicken Deutsche vor Euch ouS? Wo konntet Ihr die Front erweitern?" Vermutlich hat die französische   Zensur diese Zellen gestrichen. M u s i kch r o n i k. Lamonds Beethovenabend fällt auS, da der Künstler plötzlich erkrankt ist. Die Karten werden bei den Ver- kaufsstellen, bei denen sie entnommen worden sind, zurückgenommen. T h e a t e r ch r o n i k. DaS Trianon-Theaier ist bis zum 31. Mai 1915 an den Direktor Hans Arnim vom Lust- spielhaus in Düffeldorf verpachtet worden. ES will seinen bisher ausschließlich französischen(und zwar nicht im besten Sinne fran- zösischen) Spielplan verdeutschen. Vorträge. Fr. Naumann am Donnerstag, den 26. November, im Plenarsitzungssaale des Abgeordnetenhauses über daS Thema:Die sozialen Rückwirkungen deS Krieges." UnterrichtSkursefürKun st geWerbezeichner. Von der Unterrichtsanstalt am Berliner   Kunstgewerbemuseum sind auf Anregung des Verbandes der Kunstgewerdczeichner unentgelt- liche Unterrichtskurse für Kunstgewerbezecchner eingerichtet worden. Soldatendecken aus Zeitungspapier. Unter lebhafter Forderung durch die Wiener   Kliniker v. Eiselsberg. A. Frankel und R. Paltauf ist zurzeit in Oesterreich   eine aus- gedehnte Aktion im Gange, die die Herstellung sogenannt«: Däni- scher Decken aus Zeitungspapier für militärische Zwecke betreibt. Diese Decken kosten nur einen Bruchteil des Preises von Wolldecken und eignen sich nach dem Gutachten der genannten Aerzte vor» züglich für Spitäler und Verwundetentransporte. Die Speisekarte als KriegSdokument. Sie derHannover  , che Courier mitteilt, erhielt der Oberkellner eine? Speifehauces in Hannover   dieser Tage folgenden Brief aus Balti- 2!or.V«',S*e werden fieft des Amerikaners erinnern, dem Sie eine Speisekarte gaben mit der Bitte, bei seiner Heimkehr Ihnen ei« paar Zeilen zukommen zu lassen. Die Karte hat für das Vater- land gute Dienste getan. Als ich heimkam, erzählte man hier aus Grund von Londoner   Berichten, daß man in Deutschland   nichts mehr zu essen habe. Die größte Zeitung dieser Stadt von 600 000 Einwohnern hat nun Ihre Speisekarte abgedruckt und damit diese Luge totgemacht, denn das Essen, das Sie mir für 1.50 Mark(nach unserem Gelde 37)4 Cent) gegeben, hätte hier bei unS wenigstens 1,25 Dollar oder 5 Mark gestiftet..." Zuchdruckerei u. VerlagsänftaU Paul Singer& So, Berlin   SW.