Nr. 241.- 1914.Unterhaltungsblatt öes vorwärtsAsnnabtnd, 28. Noormber.Sangemachen gilt nicht.Ein Gedicht„Meiner Mutter HauS" von Hanns HeinzEwers erschien am 20, November in der„B. Z. am Mittag". DieRedaklion bemerkte dazu:.Der Berliner Dichrer, der auf einer Amerikareise vom Kriegs«ausbrach überrasibt. drüben in Wort und Swrist sür die deutscheSacke eintritt, sendet uns dieses,.den deutschen Frauen" gewidmeteGedickt. daZ man auch„Brief einer deutschen Muller in Versen" be-titeln könnte."DaS Gedicht enthält u. a. folgende Schilderungen und Be-hmiptungen:New Jork, 1. November.Meine Mutter ist eine alte Frau,fünfundsiebzig wohl, oder mehr noch.sSie sagt es nicht gern.)Meine Mutier ist eme deuischs Frau,ist nur eine von so vielen Millionen——Meiner Mutter Hau? steht am Rhein,ist ein frohes Haus und ein freies Haus,ist ein Künstlerhaus,das von Lachen schollwohl ein halbes Jahrhundert lang.Nun machte die Mutterdaraus ein Krankenhaus--sechzehn Beilen gab sie, und in jedeniliegt ein Soldat.Meine alte Mutter schreibt:„In deinem Arbeitszimmer,mitten in deinen Schätzen,die du herholtest aus aller Welt,zwischen Bronzen auS Chinaund den Südseegötzen,zwischen deinen BuddahS.den Sckiwahs und Krischnasliegt ein blutjunger Burich—frisch vom tymnasium kam er,achtzehn— Aber i..icht nicht« von all deinen Herrlichkeiteu:sie stachen ihm beide Augen au§,in Loucin bei Lüttich...So geht es immer weiter. Z. B.:„Im Ehzimmer liegen drei,ein Pionier und zwei von der Infanterie,so liebe, blonde Burschen.Die zwei kommen auch schon durch,aber der Pioniertvird uns ivohl sterben,weil die Dumdumwundenso sehr schwer heilenMeiner Mutter Haus steht aur Rhein,— ist nun ein Krankenhaus mit sechzehn Krankenbette».und ist doch nur ein solches Haus,von den vielen tausend in Deutschland..."Die Sache schien uns ungeheuerlich, zumal H. H. Ewers alsVerfasser von allerlei Spukgeschichten einen gewissen Ruf besitzt.Darüber hinaus sagten wir uns, daß solche Berichte sicherlich nichtgeeignet sind, den Kampfesmut und die Zuverficht unserer Kriegerzu erhöhen, die danack gewärtigen müßten, al« Verwundete von denFeinden barbarisch mißhandelt zu werden. Wir wandten uns alsoan einen Gewährsmann in Düsseldorf, wo die Mutter des HerrnH. H. EwerS wohnt. Dieser Gewährsmann schreibt uni unterm24. d. Mts.:„Auf Ihre Aufforderung hin habe ich Hanns Heinz EwerS'Mutler persönlich ausgesucht und festgestellt, daß die alte Dame n i eeinen, geschweige mehrere Verwundete zur Pflege in ihrem Haushaltgehabl hat, vollends keinen mit ausgestochenen Augen.Es ist eine alte, freundliche, aber gebrechliche Greisin, EwerS'Mutter, voller mütterlichen Slolz aus ihren Dicktersobn. Sie er-klärte mir, daß sie infolge deS fraglichen Gedichts(ich hatte vondem Gedicht nichts erwähnt, sondern anderen Grund sür meineFrage vorgeschützt) schon sehr viele Anfragen, besonders au? Berlin,erhalten hätte. Es handle sich aber lediglich um �ein Produkt derPhantasie ihres Sohnes. Sie habe wohl ihrem Sohne öfters ge-schrieben von ihren Besuchen bei Verwundeten in den Kranken-Häusern, aber von ausgestochenen Augen kein Wort; sie selbst kenneauch keinen solchen Fall auS eigener Anschauung. Verwundete inihrem Hause zu pflegen, dazu sei sie weder„phyflschkräftig genug, noch pekuniär in der Lage."... ES war wirk«lick rührend, wie die alle Dame mir das Gedicht vorlas, mit einemio innigen, vertrauenden Ausdruck, wie ihn nur eine Mutter habenkann, die ihren Sohn über alles liebt. Es würde mir deshalb michsehr leid um das alte Mütterchen tun. lvenn der Sohn für feineunverantwortlichen Greuelgefchichlen in der Leffentlichkeit so ge-züchtigt würde, wie er es eigentlich verdiente...Wir begnügen uns damit, zur Ergänzung dieser Gegenüber-stellung von Gedicht und Brief ein paar Sätze zu zitieren, dieProfeflor Arndt in einem Artikel des„Berl. Tagebl." über das französische Urteil gegen die deutschen Aerzte äußert:„DaS Urteil ist gefällt auf Grund der Aussage von französischenJeugen und Verwundeten. Nun ist eS eine bekannte Tatsache, daßin Kriegs« und anderen aufgereaten Zeiten Zeugenaussagen mit großerVorsicht auszunehmen find. Es ist bekannt, und die« gilt selbst fürruhigere Nationen als die französische, daß sich im Kriege und namentlichwährend und nach Schlachten geradezu Wahnvorstellungenbilden. Nicht selten treten förmliche Geisteskrankheiten ein.Man geht nicht fehl, wenn man Sö Prozent von dem, was in solchenFällen namentlich von Verwundeten erzählt wird, alS Ucbertreibungenund Unrichtigkeiten aufsaßt. So ist z, B, festgestellt, daß Verwundet«haarklein erzählen, daß und wie ihnen die Augen ausgestochensind und doch hatten sie das Augenlicht lange vorher durch eineKriegsverletzung verloren."Ewers hat allerdings nicht die mildernden Umstände desKombattanten für sich, denn er„dichtete" ja von New Jork auß.veutfthe Kriegsgefangene in Vologöa.Ein nach Berlin zurückgekehrter bisher in Petersburg an-sässiger Deutscher schreibt dem„Berl. Tagebl.":Bierzehn Tage nach. Ausbruch des Krieges wurde in Peters-bürg ein Erlaß des Stadthauptmanns bekanntgegeben, nach demdie militärpflichtigen Deutschen im Alter von 18 bis 45 JahrenPetersburg zu verlassen und sich in Kriegsgefangenschaftzu begeben hätten. Es wurde ihnen die Wahl zwischen Wologda,Wjatka und Orenburg freigestellt. Sie konnten innerhalb einerdreitägigen Frist die Fahrt auf eigene Kosten in völliger Freiheitantreten. Vor ihrer Abreise hatte man ihnen die Pässe abge-nommen und sie durch ein polizeiliches Ausweispapier ersetzt, mitdem sie sich sofort nach ihrer Ankunft beim Gouverneur zu meldenhatte». Wer sich nach Ablauf der Frist noch in Petersburg auf-halten würde, sollte durch die„Etappe" abgeschoben werden. Natür-sich haben c« sehr wenige Deutsche, da sie wohl wissen, was eine„russische Etappe" bedeutet, darauf ankommen lassen. JedenAbend zeigte sich nun um die siebente Stunde auf dem Nikolai-Bahnhof ein lebhaftes Bild. Frauen begleiteten ihre Männer,Eltern ihre Söhne.Auch ich hatte einen zwanzigjährigen Sohn dabei, der Wologdaals Aufenthaltsort wählte. Er war mit allem Notwendigen ver-sehen und gut ausgestattet; denn daß ich nicht morgen oder über-morgen seine Rückkehr zu gewärtigen hatte, war mir klar. BeimAbschied sagte er:„Auf Wiedersehen in Berlin!" Denn auchdarüber bestand bei uns kein Zweifel, daß wir ZurückgebliebenenPetersburg über kurz oder lang fteiwillig oder unfreiwillig ver-lassen würden.Zuvor aber wollte ich mich doch persönlich von dem Befindenmeine» Sohnes überzeugen; denn die Nachrichten, die er mir gab,und die natürlich einer militärischen Zensur unterlagen, genügtenmir nicht. So beschloß ich, daß Kreuz einer a ch t z e h n st ü n d i g e nBahnfahrt auf mich zu nehmen....Wologda ist die Hauptstadt des gleichnamigen Gouvernement?mit etwa 30 000 Einwohnern. Es liegt ungefähr 600 Kilometeröstlich von Petersburg zn hügeliger Landschaft, Das Klima istkälter als in Petersburg, aber gesund. Bon Wologda führt dieBahn in schnurgerader Richtung östlich nach Wjatka, nördlich nachArchltngclsk am Weißen Meer. Auf dem Bahnhof in Wologda sabich mich nach meinem Sohn um, konnte ihn aber nicht entdecken.Erst in der Stadt traf ich ihn und crflchr, daß es den Kriegs-gefangenen nicht erlaubt fei, den Bahnhof zu betreten. Ich wurdeauch gleich mit den anderen Bestimmungen bekannt gemacht. Esist verboten, deutsch zu sprechen, öffentliche Lokale undGärten zu besuchen, nach 0 Uhr abends außerhalb seiner Wohnung sich aufzuhalten und in größerer Zahl als zu dreien durch dieStraßen zu gehen.Die Bewohner von Wologda, die anfangs über die„deutscheInvasion" wenig erbaut zu sein schienen, haben sich mittlerweilemit den ungebetenen Gästen abgefunden. Ja, sie werden sie sogar.falls ein Weitertransport stattfinden sollte, vermissen. Denn dicDeutschen sind ein kaufkräftiges Element dort geworden.Si« haben entweder einzeln oder in kleinen Gruppen die leerstehen-den Zimmer und Wohnungen gemietet und sich für einen längerenAufenthalt häuslich eingerichtet. Handwerker haben gutbezahlteArbeit, Kleinkrämer guten Absatz. Mehrere junge Leute bewohnenzusammen eine Wohnung, deren einzige Ausstattung die auf demBoden liegenden Matratzen sind, auf denen sie schlafen, und einigeKisten als Tische. Einer von ihnen wird zum Koch ernannl.Lebensmittel sind billig: Eier kosten zwei Kopeken das Stück, einPfund Fleisch l? bis 20 Kopeken. Ein Deutscher kann mit 25 bis30 Rubel für den Monat ganz gut auskommen.Hier trifft mancher Freunde und Bekannte, die ihm in PcterS-bürg lange nicht zu Gesicht gekommen waren. Mein Sohn trafeinen Freund aus Dresden und diesen und jenen. Chefs sind mitihren Angestellten hier zusammen, und bisweilen ist die ganze Firmavollzählig versammelt. Gegenseitige Einladungen erfolgen zu Schtschi mit Kascha(Kohlsuppe mit Buchweizen), Borschtsck(rote Rübensuppe) und anderen russischen Gerichten, die an dieKochkünste der Männer keine zu hohen Anforderungen stellen.Kaffee- und Teeklatsche sind an der Tagesordnung und bringenAbwechselung in das eintönige Dasein.Nur an Arbeit fehlt es diesen Leuten, die an Tätigkeitgewöhnt sind. Dieser Umstand zeitigt zuweilen ganz sonderbareBlüten. So kann man einen reichen deutschen Großkaufmann ausPetersburg Heu pressen sehen. Für diese Tätigkeit wird er mit30 Kopeken pro Tag fürstlich bezahlt. TaSselbc Honorar beziehteiner meiner Bekannten, der Eintrirtskarten für ein Kinotheatcrverkauft. Da der Krieg auch in Wologda Männer gebraucht hat.so fehlt es in manchen Betrieben an Arbeitskräften. Ein Deutscherversieht in einer Druckerei den Posten eines Setzer« und beziehtpro Tag einen Rubel Lohn, so daß er von seinen Verwandten keinenZuschuß braucht....Man sieht, bis jetzt ist es für unsere Landsleute in Wologda zumAushalten. Hoffen wir. daß es so bleibt, und daß keine Verschärfung ihrer Lage nach irgendeiner Richtung eintritt.Ist Zucker Genuß- oöer NahrungsmittelsViele halten den Zucker ftir ein bloßes Gcnußinittel, weil ersüß ist und die Kinder zum Naschen anlockt. Aber neben der keineswcgs unangenehmen Eigeiischast der Süßigkeit hat der Zucker auckdie,«in ganz vorzügliches Nahrungsmittel zu sein, dem nur wenigeandere gleichkommen dürfte». Der Zucker wird fast ganz vommenschlichen Körper ausgenutzt, es ist ivohl nicht zu viel gesagt, dasiin einem Pfund Zucker noch nicht ein Gramm unverdaulicher Sub-stanz steckt. Eine sehr nützliche Eigenschaft ist die Löslichkeit dec.Zuckers. Er erhöht dadurch die Annehmlichkeit beim Genuß vielerGetränk« und Speisen, woher dir Auslassung stamm«n mag, daßer im wesentlichen als Genußmittel in Frage kommt. AVer dieLöslichkeit steht auch im Zusammenhang mit seiner schnellen Oxi-dation oder Verbrennung, zufolge deren er vom Organismus i»recht kurzer Zeit vollständig ausgenommen wird. Er wird daherim Körper viel schneller in Energie umgewandelt als di« meistenanderen Nahrungsmittel; ein durch Anstrengung und Mangel voll3] Zehn Wochen Sanitätsdienst.Alle Augenblicke hört man:„Zwei Krankenträger!" So tragenauch wir einen neu Verbundenen in ein HauS.In den Reitstiefeln, den weihen Kittel über der Uniform, anden Händen Gummihandschuhe, arbeiten beim Ncetylenlicht Aerzteund das ganze Sanitätspersonal.—Die Nacht verbringen wir in einer Scheune. Beim Antretenmuß ein Krankenträger, der gestern betrunken auf dem Schlacht-seid war, eine Strafpredigt über sich ergehen lassen. Mehr Ostrombraucht er nicht, denn was der von seinen Kameraden hat börenmüssen, war genug.Wir kommen nochmals zum Verbandplatz. Jemand ruft michbeim Namen. Da stebt, den Mantel umgehängt, im Scheunenwrein Berusskollege aus Berlin. Wir haben ihn gestern aufgelesen.Einen leichten Fleischschuß im Oberarm, lacht er. und wie erfragen kann. Bald sind meine beiden anderen Berufskollegen zurStelle, und nun war die Freude groß. Hast Du schon Kaffee ge-trunken? Nicht?! Da wird ihm nun gebracht, Iva« jeder nochbat. Kafiee. Zucker. Zigarren. Tabak. Zigarettenpapier, auchSchmalz für sein Stück Brot findet sich.„Adieu, grüß uns dieHeimat, und falls Tu bis B. zurückkommst, geh zum Bureau.grüß uns die Kollegen." Weiter geht es.Am 30. 8. sind wir Ist« 5 Kilometer vor Roge. Weiter überNoyon südwärts, lange Märsche. biS gegen tO Uhr abend« undnett heiß. So machen wir am 1. 0. gegen 40 Ktlometer b,s V,ev,«r.wo wir abend 6 Uhr in einem schönen Landhaus das Gepäckablegen und mit einigen Wagen vorgehen. Unterdessen wird alleszur Aufnahme der Verwundeten eingerichtet.Vor dem Ort dehnt sich der Wald. Schöne Buchen, hoheBrombeeren, viel Unterholz. Hier mutz es schön sein, wenn wirals Touristen hier durchkämen. Aber so! Mit den Tragen m derHand durch die Brombeeren. Wie die Dinger reihen. er storchbraucht die Beine nicht so hoch zu nehmen. Dabet den Marschhinter uns. So gehen wir und gehen; endlich finden wir amWege zwei Engländer. Verbunden sind sie. Am Bauin schlagenwir die Rinde ab, um im Dunkeln den Platz wiederzufinden, wirwollen erst weiter. Da liegt an der Siratze ein Engländer. Offt«zier. Noch im Tode den Revolver in der Hand, Sein tchone»Pferd neben ihm.Und nun werden wieder lvie sonst alle zusammengetragen, derArzt sieht nach, und fort geht es im Wagen.— Der Leutnantkommt und fragt, ob der Wald nach allen Seiten abgesucht ist.Sind Sie dort... gewesen? Jawohl. Na. dann zwei Tragendurch den Wald bis an den Rand, da liegen noch zwei Engländer,einer mit einem Lungenschuh, der andere mit einem Schutz imOderschenkel. Dic Laterne in der Hand, geht es durch den Wald.Da? Mondlicht dringt nicht bis unten durch, so dicht stehen dieBäume. Wir suchen nach den beiden, die Kauze schreien undkönnen uns leicht täuschen, wie ein Mensch klagen sie. Auf jede«Geräusch wird geachtet. Oftmals gehen wir den Lauten nach inden Wald, aber nichts ist zu finden. Weiter den Weg, di« Laternebald hier, bald da ihren Schein werfend. Schon sehen wir dasfreie Feld. Da klagt etwas, und schon sind wir bei ihm. Einer?Das kann nicht richtig sein. Kvei, sagte man uns. Also durchZeichen nach seinem Kameraden gefragt. Er guckt, spricht— wirverstehen uns nicht. Der Wald in der Nähe wird abgesucht,vielleicht hat er sich ins Gebüsch verkrochen. So suchen wir hinund her, bald ist eine Stunde um, gesunden haben wir ihn nicht.Also den anderen verbinden. Lungenschuh, zum Rücken her-aus ist das Geschotz. Aufgetrennt und geschnitten, bis die Lumpenherunterfallen, und nun Verbandzeug heraus, und bald geht eszurück mit ihm. Am Sammelplatz angekommen, wird ncich eineTrage hinuntergcschickt, vielleicht findet sie den anderen Engländer.Leer kommt sie zurück. Gegen Mitternacht sind wir wieder beiunserem Gepäck. Auf dem Rasen sollen wir liegen?! Da wollenwir doch erst einmal suchen, und bald finden wir, nur durch eineTür vom Garten getrennt, mehrere offene Löcher, Ställe, aucheinen Boden darüber. Wir nehmen Strohdecken und legen unsin das Treibhaus. Ein halber Zug hätte hier Platz gehabt.Drei Tage später sind wir in Viels-Maison. wo wir wiederArbeit haben. Der Verbandplatz ist in einem Hanse aufgeschlagen.Als ziveiter Zug waren wir draußen bei dem Aufladen der Per-wundeteii beschäftigt gewesen. Nun erhielt unsere PatrouilleLazarettdicnst. Das ist, Häuser zur Aufnahme Verwundeier her-richten, die ankommenden Wagen entladen, die Kranken in dasOperationszimmer tragen, dort helfen und dann die frisch Verbundenen auf ihr Lager bringen.Da wird ein verschlossenes Haus erbrochen, die Betten kommenan die Erde; so werden nebeneinander auf Bettstellen. Matratzen.den Betten eine Anzahl Plätze hergerichtet. Die Möbel sind ineinem Zimmer zusammengepfercht worden, wobei wir noch einStückchen Speck erwischten. So geht es von einem HauS zumanderen. Derweil sind die ersten Höuser schon belegt, denn einWagen nach dem anderen kommt beladen an. So wird es Abend.Nebenbei haben wir in einem zerstörten Laden noch Stoff zuFußlappen, dünne Filzsocken und einige wollene Jacken gefunden.die verteilt werden, und beim Abendbrot, fein im Garten, beimTalglicht, steht neben Speck. Marmelade auch Rotwein genügendauf dem Tisch. Als wir schon an das Ende unserer Arbeit ftirheute glauben, kommt noch ein Banernkarren. ein Husar alsKutscher, und bilft uns einen jungen Hufarenoffizier abladen,einen Franzosen. In der linken oberen Brusthälfte hat er einenTckrapnellschuß, die Mairatze ist durchgeblutet. Als wir ihnunten haben, sagt er in gutem Deutsch:...Husar verbunden Schrap-nell, viel Blut verloren, muß gewaschen werden, im Bett schlafen."Wir sehen uns den armen Kerl an. Jung, schmächtig, klein, mitgut gepflegtem Bart, daS Monokel im Auge, als ob er auf denPariser Boulevards spazieren gehen wollte. Nun wird er eben-sowenig gewaschen wie unsere anderen Verwundeten, und ein Betthat er auch nicht, seine Matratze ist ebenso gut wie die der an-deren. Nachts liegen wir auf dem Boden und schlafen vor Müdigkeit mit wenig Stroh wie gewiegt.Am 5 0. geht es um 6 Uhr ab, bis abends ll Uhr. Die Zeltewerden aufgebaut. Um 5 Uhr früh wieder raus bis St. Martin,wo abends im Dunkeln wieder Zelte aufgebaut werden. Eineschöne, sternenklare Nacht. In der Nähe liegen«ine UnmengeTruppen. Morgens wird bei den Truppen, auch bei uns, bekannt-gegeben:„Der Feind vor»nv ist erledigt, das... Korps ltiiMarschrichtung Paris." Aber wie kam es nachher. Geaen Mittagrücken wir ab und halten bald auf einem Stoppelfeld, kurz hintereiner Höhe, auf der vor uns einige Strohmieten stehen. EinigeArtillerieoffiziere beobachten von dort oben. Rechts vor uns steh:eine Batterie, die stark feuert. Nach und nach komnft mehrArtillerie hinzu, aber der Gegner scheint stark Artillerie zu habe,':vor der Höhe, an, einem kleinen Dorf, sehen wir die Schrapnell:bemerkbar, ein feindlicher. In aller Ruhe fliegt er die Stellungenab, und kaum ist er verschwunden, als auch die weißen Wölkchenimmer näher kommen. Zurück geht es. etwa 300 Meter� Wir liegenund beobachten das Feilern der Artillerie. Die Sache scheintschwer zu sein. Gegen Abend gehen wir auf den alten Biwakplatzzurück. Auck einige Batterien gehen zurück. Im Dunkeln marschieren wir wieder vor, bald sind wir am Dorf, wo nachmittags-die Schrapnells platzten. Das Torf vor uns ist wieder vom Feindbesetzt, es brennt. Dic Laternen brenne» auf den Wagen, undvor ihnen marschieren wir auS dem Dorf hinaus. Da, ein Schnellfeuer. wie es nicht besser sein kann. Wie ein Blitz liegt alles ander Erde. Dann aber, als das Feuer nachläßt, marsch, marsch.zurück. Im Dorf sammeln wir uns. Ilnser Unterossizier fehlt.aber verwundet ist der nicht, das ist unsere feste Ansicht. Er gingerst neben mir. am linken Flügel der Marschkolonnen, dann ginger auf den rechten hinüber, weil der vom Feind abgekehrt war. undwie sich später herausstellte, haben sie ihn beim Hinwerfen ansden Arm getreten.NackHem wir Stroh aus der Scheune gebolt hatten, legten wicuns auf die Strahe. Noch einmal gingen wir.Dic Tragen in der Hand gebt es über den letzten Schützengraben hinweg, den die Infanterie tiefer buddelt, auf unsere vorPosten zu. Das Gelände fällt etwas ab. bor uns brennt das Dorf.das die Franzosen besetzt halten, und im Mondschein müssen wir gutzn sehen sei». So sind wir etwa 200 Meter vor dem Schützengraben, da gibt es wieder Feuer. Da liegen wir, neben uns, abermeistens über uns zischen die Dinger. Wir überlegen erst undkriechen dann mit der Bahre zurück. Es geht nicht, die Eisenfützeschneiden z»?chr ein. Das Feuern hört aus. Also einen Sprungrückwärts. Wieder werden wir beschlossen und iverfen uns hin.Ganz deutlich sehen wir vorn die Schüsse ansblitzcn, hören das Er-zähle,, und auch das Kommando zinn Feucreinstellen. Also noch,ein Sprung. Das alte Lied, wieder Feuer. Verflucht, es sind nock100 Meter zum Schützengraben. Ein bihchen verpusten. Dann gebte» langsam zurück zum Dorf. Hinten im Rnbcnfeld haben sie unsbeobachtet. und dabei Hai einer einen Schutz quer durch die Raseerhalten. Ilnser erster Verwundeter. Nim legen wir uns auftStroh und schlafen ein. Bald gehen wir zurück, und irnwei!unseres alten BiwakplaycS im Schloßgarten legt sich alles aus denRasen. Mein Kollege und ich finden eine geschlossene Scheune undschlafen noch einige Stunden. Morgens geht unser Zug nochmal-vor. Wir treffen kleine Gruppen Infanterie, die von vorn