Nr. 6.- 1915.

Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Kampftage an der Yser.

Luigi Barzini   schreibt im„ Corriere della Sera  ":

Freitag, 8. Januar.

Deutsch  - englische Weihnachtsfeier im Schützengraben.

gewaschen. Hinter Wulpen tauchten eine nach der andern die gemacht habe." Er war mit Kitchener in Aegypten   und hat alle foten Ortschaften auf, zwischen deren Trümmern der Kampf mit neueren englischen Feldzüge begleitet. Natürlich spricht er vom großer Erbitterung sich feftflammert. Nur die Stirchtürme geben journalistischen Gesichtspunkte. Die Sache ist die, es ist nicht noch Kunde von allen diesen Orten. Aber es sind nicht mehr die unser Krieg. Wäre es unser eigener Krieg gewesen, wären wir charakteristischen spizen Türme der nordländischen Kirchen; sie an die Front gefommen. Nun aber müssen wir Rücksichten nehmen „ Der Frührotschein im Osten breitete sich wie blasser Wondes- haben ihr Friedensprofil, das wie ein Sinnbild des Gebets zum auf die Wünsche der Verbündeten und auf die Bestimmungen in glanz über den bewölkten Himmel. Auf den Straßen verzog sich Himmel ragte, verloren; ihre schlanken Formen sind unter ben ihrem Lande. Die französischen   Journalisten dürfen ja überhaupt Das geheimnisvolle Hin und Her von Truppen und Bagagewagen, Granaten zusammengebrochen. In der Schlacht haben die Glocken- nicht mehr der Front nahe kommen, und die Wirksamkeit der eng­das in der Nähe der Stellungen am Abend erwacht und bei Morgen- türme sich in Warttürme gewandelt: sie haben etwas Kriegerisches, lischen Berichterstatter beschränkt sich darauf, hier umherzusißen, die grauen verschwindet. Das Tageslicht findet immer eine herz- Massives, Herausforderndes angenommen und machen den Ein- Berichte der Offiziere entgegenzunehmen und sie journalistisch zu beklemmende Einsamkeit auf der trostlosen Flur. Seit mehreren druck von Ueberresten alter Burgen. Aus den Trümmern eines verarbeiten. Gibbs ist allerdings im Feuer gewesen, aber er war Tagen war das nächtliche Leben auf den Schlachtfeldern lebhafter jeden Dorfes ragt ein solch nadter, einsamer, trußiger Turm empor. mit dem Roten Kreuze geworden. In Poperinghe   sah ich eines Abends, als ich von Ypern   Zwei Türme deuten Nieuport an. Ringsum nichts mehr von den Die Stimmung ist flau. Man spricht über das englische Heer zurüdfehrte, an den Wegrainen lange Reihen von französischen spizzen Giebeln, die das Kennzeichen der Stadt waren, nichts mehr in Frankreich  . Die ersten Truppen, die herüberfamen, ja, das Infanterieregimentern, marschbereit, finster, schweigsam, unbeweg- von Kirchendächern: die ganze Stadt ist zusammengebrochen und waren Kerntruppen, ausgezeichnete Leute, und vom besten Geiste lich, starr, mit aufgerollten Fahnen. Ein General nahm die Parade zu Boden gesunken, aber der Glockenturm( Beffroi) und der erfüllt. Ee waren die Mannschaften, die sich aus bloßer Be­ab, langsam, beim Schein einer Laterne, die ihm ein Unteroffizier Templerturm sind geblieben. Neben dem Beffroi sieht man vom geisterung auf Kitcheners Ruf gemeldet hatten die erste halbe vorantrug. Die Gesichter der Soldaten tauchten einzeln blißartig Feuer geschwärzte zertrümmerte Strebepfeiler und Säulen der Million. Wie viel von dieser ersten halben Million bereits nach aus dem Dunkel auf, bärtig, grimmig, verwildert, und der unsicht eingestürzten Stirche, einen Wald geborstener Stümpfe, die das Belgien   und Frankreich   herübergeschickt worden ist, das wird amt­bare Blick des Generals ruhte einen Augenblick auf jedem Wann. Mitleid der Vorübergehenden anzuflehen scheinen. Der Templer  - lich nicht gesagt, das darf nicht gesagt werden. Aber was sicher ist, Gin Funte zitterte über jedem Stopf: es war das funkelnde, blanke turm aber, der einsam an der Stadtgrenze steht, beobachtet den ist dies, daß der Krieg bereits furchtbare Lücken in diese ersten Bajonett. Später wurde ich in Bergues  , auf der Straße nach Feind. Der graue Turm, ber an zehn Jahrhunderte alt ist, der Reihen gerissen hat. Viele sind tot, verwundet oder kampfunfähig Dünkirchen  , zwischen den alten Basteten eine Stunde lang durch schon da war, als Nieuport noch nicht in seinem Schatten erstanden gemacht. Und nun die Erfagmannschaften, die herüberkommen- einen Aufmarsch von Zuaven und Turkos aufgehalten. Schiffer, war, ist jetzt, wo Nieuport tot ist, noch immer da. Er und der das ist eine andere Klaffe, in mehr als einer Hinsicht. die am Kanalrande vor ihren langen Barken tauerten, sagten Glockenturm scheinen die Grabbenkmäler eines Häuserfriedhofes Melancholisch und bekümmert unterhalten sich die Engländer erklärend: Sie wollen Roulers wiedernehmen!" Seit Monaten zu sein. Nach dem Meere zu, in weiter Ferne, erschien hinter im rauchigen Wirtszimmer des Hotel du Commerce davon, daß hatte die Straße nach Furnes in den langen, eisigen Winternächten dem Schleier eines bläulichen Rauches ein anderer vierschrötiger man in England ebenso wie anderwärts die Anforderungen an die einen so fieberhaften Verkehr nicht mehr gesehen. Auf langen Turm: der Glockenturm von Bombartzyde, dessen Füße im Blute neuen Refruten hat herabseßen müssen. Ueber steife Beine, Wagenburgen tamen bis aus Calais   in der Dunkelheit Balten und stehen. mangelhafte Augen und ähnliche Kleinere Gebrechen mußte man Bretter, Brücken, Flöße und Stege, ein ganzes neues Baumaterial Die Ortschaften der flandrischen Küfte lehnen sich nicht ans hinwegsehen man mußte! Und es fehlt an Offizieren, um diese für den Wasserkrieg an der Vser. Von Zeit zu Zeit blieben die Meer: ste sind an der Vegetationsgrenze, zwei, drei Kilometer vom neuen Mannschaften auszubilden: die Offiziere sind ja zum größten in Nebel gehüllten Wagen, die beim Aufblißen von Scheinwerfern Ufer entfernt, erstanden. Hinter ihnen, bis zu dem von der Flut Teile in Frankreich   gefesselt! Wo soll da eine gute Ausbildung einen gespenstischen Eindruck machten, auf ein Stommandowort von gepeitschten Strande  , erftredt sich eine trodene, sandige, verwilberte herkommen? Die Hoffnung der Engländer, die die Dinge mit Meldereitern, ein: Halt! Play da! Salt!", stehen. Und dann sah Bone, längs welcher die Dünen ihre welligen, launisch gestalteten nüchternen Augen sehen, wie sie find, bildet das Pfadfinderkorps man auf der freigemachten Straße, in dem vom Widerschein der Struppen   erheben. Seit einigen Jahren hat Ostendes Glüd jeben des Generals Baden- Powell  , von dem sie Ersaßmannschaften von Laternen beleuchteten Straßenschmuß, aus dem nebligen Dunkel Ort hier verleitet, fich am Meeresstrande eine fommerliche Billen- echtem militärischem Geiste erwarten., unter dumpfem Getöse etwas Schweres, Blumpes auftauchen. Von und Hotelfiliale einzurichten. Auf der einen Seite der Düne eine einer mächtigen Maschine gezogen, erschien, auf der massiven Reihe alter, ernster flämischer Dertchen, auf der anderen moderne Rafette unter metallischem Klang erzitternd, eine lange Stanone, Vergnügungsstätten. So gehört zu Nieuport Nieuport- Bains, zu ganz grau, mit verstopftem Mund. Dann kam eine zweite, dritte, Lombartzyde Lombartzyde- Blage. Und die Schlacht tobt in dieser vierte, sechste, achte. Und auf der anderen Seite des Kanals, 3one zwischen dem Alten und dem Neuen, zwischen Flur und Ozean nach den Dünen zu, hörte man von dem durch rote und grüne Licht auf den Sandwogen.... Es ist ganz unmöglich, zwischen diesen signale angedeuteten Bahngleise her das Alechzen der mit Muni weichen Sandhügeln einen Schüßengraben anzulegen. Bei jedem Folgender Feldpostbrief wird uns zur Verfügung gestellt: tion beladenen Eisenbahnzüge. Auf der ganzen Front, von der Schaufelstoß fließt der Sand langsam zurück und füllt das Loch Brüssel  , 29. Dezember 1914. Nordsee   bis zu den Argonnen  , im flandrischen Wiesenland und wieder aus. Die Soldaten beschränken sich darauf, Nischen zu Lieber Freund! in den Ebenen der Picardie, auf den Rebenhügeln der Champagne   graben: hier verfinten sie wie in einem Bade. Nach ein paar Vor allen Dingen die herzlichsten Glückwünsche zum neuen und in den waldreichen Talgründen Lothringens  , deckte die Nacht Stampfftunden verschwindet der ganze Körper, und nur Köpfe und Jahre. Auch unser neues Jahr scheint für uns ganz gut anzu­wochenlang die große Vorbereitung. Die Schlacht sollte von neuem Schultern ragen noch hervor aus dem gelblichen Sande, der das fangen, denn wir, das heißt unsere Brigade, ist nach schwerer Zeit entbrennen. Die Schlacht ist von neuem entbrannt.. Blut der Wunden trinkt, und in dem die Toten bereits begraben aus der Gefechtslinie abgelöst worden. Ich liege feit wer weiß Bei Anbruch des Tages war die große Bewegung an den fer- find, ohne daß man erst lange Gräber zu graben braucht. Das straßen wie verscheucht: fie schien wie ein nächtlicher Sput mit dem Charakteristische dieser Schlachten ist die Inbeweglichkeit. Die wie lange zum erstenmal wieder in einem Bett und kann mich mit Richt zu verschwinden. Jeber Mann und jeder Wagen erreichten Stunden, die Tage verfliegen, und die Stellungen ändern sich schein- bis an die Knie im Wasser, 100 Meter den Engländern gegen­zwei Decken zubecken. Acht Wochen lagen wir im Schüßengraben nach und nach ihre Tagesstation und verkrochen sich in irgendeinem bar nicht im geringsten. Die Gegner kommen einander nur zenti- über. Am Weihnachtsheiligabend erhielten wir die freudige Nach­Winkel. Nur auf der Straße, die von Dost- Dünkirchen nach Nieu- meterweise näher. Die furzen Sturmangriffe beginnt man trie- richt, daß wir längere Zeit nach Brüssel   kämen zur Besabung. Es port führt, sah man noch so etwas wie ein buntes Gewimmel: es chend und schleichend, nach langen Vorbereitungen. Die Eroberung kommt einem ordentlich komisch vor, wenn man mal wieder in ge war eine Kompagnie Guiden zu Rad. Wie ein Schlänglein be- eines Schüßengrabens ist mühsam wie die Einnahme einer Festung. ordnete Verhältnisse kommt. wegte sie sich zwischen den Baumreihen, die rings um Nieuport Ganze Bataillone tönnen auf einer Strede von hundert Metern aufragen, fort. Dann war auch sie verschwunden. Und dann sah niedergemäht werden: die Entfernungen haben hier daher einen man auf dem gelben Rüden einer Düne, nach dem Meere hin, ein ungeheuren Wert. Ein Meter bedeutet so viel wie ein Kilometer rasches Vorüberflizen von schwarzen Pünktchen: im Galopp dahin- in der Feldschlacht. Alles läßt fich auf solche Maße zurückführen. reitende Afrikaner. Diese Söhne der Wüste müssen wohl auf den Das Ziel einer langen kriegerischen Operation fann eine auf Ruf Sandhügeln der flandrischen Küste ein wenig an ihre ferne Heimat erinnert werden und so etwas wie ein in Gis erstarrtes Afrika   weite liegende Verschanzung sein. Es gehört oft wahres Helden erinnert werden und so etwas wie ein in Gis erstarrtes Afrika tum   zur Groberung eines Wiesenstückes oder eines Grabenrandes. wiederfinden. Und dann sind auch die arabischen Reiter ver­schwunden, und allüberall herrschte tieffte Einsamkeit. Plötzlich für das Auge eines fernen Beobachters find die Truppenverfchie aber brang durch das beklemmende Schweigen der einförmigen bungen gar nicht wahrzunehmen. Für die Gefechte ist die Hand­aber brang durch das beklemmende Schweigen der einförmigen fläche bie Maßeinheit und der Tag das Beitmaß. Es ist der Kampf berüberfamen. Sie pflanzten dann auf ihrer ganzen Dedung Kleine Die Engländer haben sich sehr darüber gewundert, daß wir nicht Ebene ein dumpfes Rollen und Grollen. Die Schlacht war er- fläche wacht! Die ersten Schüsse wirkten wie ein Signal. Bald darauf der Giganten mit der Taftit von Liliputanern. weiße Fähnchen auf, doch kamen auch sie nicht mehr aus ihren Löchern. herrschte, so weit der Horizont reichte, ein betäubendes Toben und denn am Nachmittag fing unsere Artillerie an, das Gelände ab­Tojen. Der Saum des parlartigen Waldes von Nieuport war zusuchen, sonst hätten wir uns die letzten drei Tage im Schüßen­mit bläulichen Flämmchen gefprentelt, und es ging wie ein Wetter­graben sehr erträglich machen können. Aber solange ich lebe, werde ich Teuchten darüber hin. Unsichtbare Geschüße gaben ihre Anwesenheit diesen Tag nicht vergessen. Wer das nicht selbst erlebt hat, kann sich nur durch solche Lichtscheine kund. Den aus der Nähe kommenden 4 Uhr des Morgens im Hotel du Commerce" in Boulogne.   feinen Begriff machen, wie einem da zu Mute ist. Schon am Vor­furzen Schüssen antwortete ein Summen und Schwirren und Die Räume des Hotels sind von Tabaksrauch und Lärm erfüllt. mittag fonnten wir des dichten Nebels wegen spazieren gehen wohin Brausen, ein unaufhörliches Donnern und Knallen zwischen den Ein paar schottische Stavalleristen tangen ihren Hornpipe"; im wir wollten, und ich sagte zu meinem Kameraden Schläger, mit dem Dünen. In der großen Ginöde offenbarte sich die Schlachtfront Zimmer singt die Wirtin, deren Mann irgendwo an der Front ich nach Meffines ging, wir fönnen beute die schönste Fruhpromenade nur auf diese Weise, durch ihre Stimme. Eine phantastische Riesen- steht, zusammen mit einem Krankenwärter, der der glückliche Be- machen, ohne von den Engländern befunkt zu werden. schlacht, von der wir nur ein winziges Zipfelchen zu sehen be fiber eines Schmalztenors ist, Long, long ago"( Lang, lang, ist's Grüße alle Kameraden und Kollegen von mir, wenn Du Gelegen­famen. Ein Schnellzug, der längs dieser ganzen Kampffront her)... Gin paar englische Zeitungsberichterstatter figen mit einem heit haben solltest, nach Berlin   zu kommen und auch Du sei gegrüßt Dahinsausen würde, würde an zehn Stunden durch den Sturm von Dänen, dem Vertreter von" Politiken", zusammen und unterhalten von Deinem Freunde Rudolf. Feuer und Stahl jagen müssen.. sich. Die Stimmung ist flau. Der älteste der englischen   Kriegs- In einem anderen uns zugesandten Feldpostbriefe wird der hier Der Horizont war finster, aber flar, wie vom Regen rein- berichterstatter sagt:„ Das ist der elendste Krieg, den ich je mit- geschilderte Vorgang in ähnlicher Weise dargestellt. Auch von eng­

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Ueberfluß.

Von Martin Andersen Nerö. Ein Plätschern und Nieseln von Tropfen an der Mole weckte ihn. Ein kräftiger Arm hob sich über das Bollwert dicht neben ihm, als langte die Tiefe nach ihm herauf. Da durchkroch ihn plötzliches Entsetzen. Doch dann schwang ein nacter, aufrechter Körper sich aufs Pflaster, und der Schwim­mer, den er ganz vergessen hatte, stand einen Augenblick vor ihm, groß und muskulös, und sprang dann an ihm vorbei zu einem Verschlag hin.

Der. Schrecken faß Bauder noch in den Gliedern, als er Tandeinwärts ging- Ohnmacht! Und die Furcht vor dem Dunkel, von der er sich nicht immer durch Ueberlegung be­freien fonnte- Ohnmacht!

Die Engländer in Frankreich  .

modischen Büfett mit einer fleinen Schranke davor bestand. Gleich an der Tür hatte ein Tabaktisch mit zwei Behältern seinen Play, von denen der eine Tabak, der andere Pfeifen­asche enthielt. Die Wirtsstube nahm die ganze Breite des Hauses ein, und unter den Fenstern zu beiden Seiten standen fleine Tische, auf deren Platten Bierlachen glänzten und Beitungen mit dunkelbraunen Flecken herumlagen. Auf den Tischen standen halb- und ganzgeleerte Gläser und Flaschen, immer umgeben von einem Ring von Nässe; auf dem äußer­sten Tisch in der Ecke stand gebrauchtes Kaffeegeschirr, und um die Zuckerschale zanften sich unzählige Fliegen. Ueberall sah man Fliegen: auf den Tischen, im Sande auf dem schmutzigen Fußboden und in den hölzernen Spucknäpfen, die an jedem Tisch standen und von braunen Strahlen umringt waren. Die Fliegen füllten die Luft mit dumpfem Geſumm. An den Fenstern nach der Straße hin faßen mehrere Ar­beiter, die Domino um Bier spielten.

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Gine faum glaubliche Episode muß ich Dir noch mitteilen. auch der Bescherung rüten wir am ersten Geiertag frith un in der Dedung häuslich niedergelassen haben, fängt ein Kamerad 2 Uhr nach dem Schüßengraben auf drei Tage aus. Als uns auf der Harmonika an zu spielen Stille Nacht, heilige Nacht". Alles singt dazu. Als wir nach der dritten Strophe über die Dedung nach den Engländern sehen, bemerken wir, daß dieselben anbächtig berüberlauschen. andächtig herüberlauſchen.

Soso, das meinten Sie?" entgegnete der Wirt gekränkt. Wie sieht es denn aus, wenn ich fragen darf? Steht's etwa nicht schon überm Tor geschrieben? Oder wollen Sie mir eine andere Wirtschaft nennen, wo man keine alkoholhaltigen Ge­tränke führt, um ein anderes Beispiel zu nehmen? Und hier friegt man schwedisches Sodawasser für fünfzehn Dere, wäh rend alle anderen zwanzig dafür nehmen sind das nicht Beweise genug? Wenn Sie aber hier in der Stadt etwas entdecken können, das mehr einem Abstinenzlerheim gleicht, mir soll's recht sein." Er machte Miene zu gehen, doch Karl hielt ihn zurück.

Es tat ihm leid, daß er den Mann ohne gültigen Grund verletzt hatte, und er sagte:

" Sie müssen wirklich entschuldigen, wenn ich Sie ge­kränkt haben sollte. Es ist sehr gegen meinen Willen geschehen und beruht ausschließlich auf meiner Unwissenheit." Bitte, bitte!" brummte der Wirt und begann, die Billardtafel abzuwischen.

Er war zu müde, seine Wunden aufzureißen; das eine Karl blieb verwirrt an der Türe stehen. Er mußte ver­Wort Ohnmacht barg alles in sich. Und er ließ sich in den kehrt gegangen sein. Das war ja eine richtige Kellerkneipe" Das große Büfett hat mich verwirrt," fuhr Karl fort. Schlaffheitszustand gleiten, der sein einziger Schutz gegen mit vollgespucktem Fußboden, Bierresten allerorten und dicker Ich glaubte, Abstinenzler tränken nur Sodawasser und Gram und Bitterkeit war. Er dachte nicht mehr, sondern Luft von fummenden Insekten und alten Bierdünsten- ein Malzbier." ging weiter und summte das Wort Ohnmacht dumpf und ein- richtiges Interieur für Trinker von Fach. Am Büfett hing Hab ich's mir doch gleich gedacht, daß es daran lag," tönig vor sich hin. eine große Tafel, auf der der Schenkwirt aufschrieb, was sagte der Wirt mit verschmitztem Lächeln, das Büfett da Aus einem Badehäuschen kam ihm ein üppiges junges nicht bar bezahlt wurde; und durch eine offenstehende Tür hat schon mehr Leute irregeführt... hähähä! Ich will Ihnen Weib entgegen. Sie glühte vom Bade und warf ihm einen im Hintergrunde konnte er in eine etwas nettere Stube fagen, auf einer Auktion hab ich es gekauft aus dem Nachlaß feurigen Blick zu, der ihn weckte. Da wurde er böse, und sein sehen, wo ein Billard und ein paar gepolsterte Stühle mit eines Restaurateurs, als ich diese Stellung hier übernahm. Gesicht nahm den abstoßendsten Ausdruck an. Was für arm- zerrissenem Bezug standen. Wahrscheinlich für das bessere Im übrigen gehören Gebäude, Einrichtung und alles dem selige Wesen die Weiber doch waren, daß sie das begehrten, Publikum!" dachte er und schritt mit starkem Unbehagen Verein, aber ein Büfett wollte man nicht anschaffen; man was selbst Wanzen und anderes Ungeziefer verschmähten! vorwärts. Troß dem Schild draußen über dem Tor deutete meinte genau wie Sie, daß es in einem Abstinenzlerheim War das wirklich ein Punkt, in dem ihm das Leben seine alles darauf, daß er sich in einer gewöhnlichen Kneipe befand; überflüssig set. Da faufte ich es für mein eigenes Geld, Gunst noch nicht entzogen hatte, oder hatte nur sein Ge- und die Illusion wurde vollständig, als der Wirt nach Ver- und ich muß fagen, es hat mir meine Auslagen mit Zinses­ich I echt sie erglühen lassen? Der Frauen waren wohl lauf von einigen Minuten vom Hof hereinkam; er hatte eine zinjen wieder eingebracht. schlecht -Soso, nur Sodawasser so viele, daß sie vorliebnehmen mußten, und vielleicht hatten weiße Leinenschürze vor, der Korfzieher hing ihm an einem und Malabier?" rief er nach einem Weilchen lachend aus. fie sogar eine kleine perverse Neigung zum Schwachen, Lebens- Bande um den Hals, und mitten im Gesicht prangte eine Ich will Ihnen was sagen, Herr, Sie haben merkwürdige untüchtigen. Vielleicht liebkosten sie es und erhielten es am große rote Nase. Vorstellungen von uns Abstinenzlern. Ich dachte übrigens, Leben aus dem gleichen Grunde, aus dem sie aus dem Sie selber wären einer, da Sie hierher gekommen find." Starken Mark und Kraft fogen... in der unbewußten Er fenntnis, daß sie sich dadurch selber in die erste Reihe schwangen.

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3.

Das Abstinenzlerheim war ein verfallener roter Fach­werkbau mit offenem Tor nach einem Hof bin, wo Bauern wagen hielten. Von dem Torweg führte eine Tür in die niedrige Schenkstube, deren eine Endwand aus einem alt­

Ah, Sie sind vielleicht der Herr, dessen Sachen vorhin gekommen find?" fragte er zuvorkommend.

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Ja- aber ich glaube, es ist ein Irrtum." " Ein Irrtum äb- wie beliebt?" Ja, ich wollte nämlich ins Abstinenzlerheim." „ Aber da sind Sie ja ganz richtig," meinte der Wirt ver­wundert. " Dann bin ich der Dumme. Ich meinte bloß, es fähe hier nicht recht aus wie in einem Abstinenzlerheim."

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Das bin ich in der Praxis auch, denn ich trinke nur Wasser. Aber Mitglied irgendeines Vereins bin ich nicht." Wasser das ist ein bißchen dünn. Und wer zum Kudud möchte wohl Abstinenzlerwirt sein, wenn alle Ab­ftinenzler wären wie Sie! Sehen Sie, manche sind es, manche sind es nicht, aber alle wollen einen Ort wissen, wohin sie gehen können, um einen hinter die Binde zu gießen, denn das liegt nun einmal so in der menschlichen Natur. Und wenn