Nr. 14.- 1915.

Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Avezzano   und Sora.

Die zerstörten Abruzzenstädte. Die unheimlichen unterirdischen Gewalten, die in Italien   schon so unendlich viel Unheil angerichtet, unendlich viel Vienschenwerk zerstört haben, sind diesmal einem Landstrich verhängnisvoll ge= morden, der bisher weniger von Erdbeben heimgesucht worden ist. Es ist das Gebiet der Abruzzen, streng genommen des Sub­apennins, in dem die jüngste Erderschütterung so furchtbare Zer­störungen angerichtet und viele Tausende von Menschen unter den Trümmern ihrer Wohnungen begraben hat. Und unter den hundert und mehr kleinen Ortschaften, die gelitten haben, ist auch ein getverbfleißiges Städtchen, das reizend gelegene Avezzano  . Just dieses aufblühende Gemeinwesen scheint das Schicksal Messinas und Reggios ereilt zu haben: sollen von 11 000 Einwohnern doch nur 800 dem Tode entgangen sein!

Sonntag, 17. Januar.

gebirge ja überhaupt so reich sind. Von sehenswerten Baulichkeiten zeit gewählt. Die kronprinzliche Familie bezieht Versailles  . Ju­Ser neueren Zeit ist nur die Kathedrale zu erwähnen, die sich auf zwischen ist die... Armee unter dem Schutz der neuen 92-3enti­antifen Unterbauten erhebt. In Sora konnte man die ganze meter- Mörser, von deren Eristenz selbst Herr Krupp von Bohlen  [ Buntheit des italienischen Volkslebens kennen lernen; besonders keine Ahnung hatte, in Dover   gelandet und hat London   in Sturm am 27. Mai, dem Fest der heiligen Restituta, feierte Sora ein genommen. Zeppelin- Korso über der Stadt, die alsdann den kgl. lebhaftes, farbiges Volksfest, und die Landleute der Umgebung bayrischen Reserve- Munitionsfolonnen zur Nachbehandlung über­strömten in ihren malerischen Trachten zusammen. Nun ist Un- geben wird. Große Feier in der Westminster- Abtei. König Georg glück und Jammer über das lebhafte Völkchen von Sora gekommen. leistet Abbitte für alles, was sein hochherziger Vater auf dem Ge­wissen hat und übergibt Land und Krone dem Kronprinzen Ruprecht von Bayern  . Kleines Feuilleton.

Regen und Hochwasser.

4 englische Dreadnoughts, welche auf dem Groß­schiffahrtsweg von Stettin   bis in die Havel   gelangt waren, wurden bei Pichelswerder von dem Sterndampfer Prinz Adalbert"( Kapi­tän Lehmann) gerammt und versenkt.

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PP

Die zweite Januarwoche soll normalerweise die tälteste des Gibraltar   in deutschen   Händen. Durch gemein­ganzen Jahres sein. In dieser Zeit erreichen die langjährigen sames Operieren des Kreuzers" Emden  ", 11. 9, und Helmut Hirth  , Mittelwerte der Temperatur ihren niedrigsten Stand, und im all welche auf drahtlose Verabredung gleichzeitig dort eintrafen, ist cs gemeinen pflegt diese Zeit, wenn natürlich auch nicht immer sirenge gelungen, diesen weltstrategischen Punkt endlich in unsere Hände Avezzano   liegt nicht an der großen Touristenstraße; nur wer Kälte, so doch durchaus winterliche Witterung zu bringen. In zu bringen. Für den Vormarsch des... türkischen Armeekorps nach Suez hef ins Herz Mittelitaliens   einzudringen beflissen war, kam von diesem Jahre, das uns unter den vielen milden Wintern des letzten Rom   die 107 Kilometer landeinwärts mit der Bahn bis an die Jahrzehnts augenscheinlich den mildesten gebracht hat, ist aber in ist aus sämtlichen Spreng- und Wasserwagen der Großstädte Gestade des Fuciner Sees, an dessen Nordende die Stadt Avezzano   fast ganz Mitteleuropa   selbst von gelinden Frösten keine Rede. In- Berlin  , München   und Wien   ein Fuhrpark gebildet, um beim Marsch liegt. Einstmals, im Altertum, hatte der See 60 Kilometer Um- unterbrochen herrschte auch während der letzten acht Tage Regen- durch die syrische Wüste die lästige Staubentwickelung zu verhin Niederschläge haben bereits bern. Die Führung erhält der Direktor der Charlottenburger  fang und eine ansehnliche Tiefe. Ein rechter Binnensee, dem wetter, und die unaufhörlichen Fast alle west- und Wasserwerke mit dem Titel Spreng- Pascha, den eine Anzahl Ko­jeder Abfluß fehlte, war er für die Umwohner eine stete Quelle der starkes Hochwasser zur Folge gehabt. Gefahr. Wenn im Frühjahr der Schnee auf den Gipfeln der mitteldeutschen Flüsse sind gewaltig gestiegen, in erster lonnen Boys aus den edelsten türkischen Familien unterstellt sind. Auch im Elbegebiet Abruzzen schmolz, stiegen seine Wasser hoch empor und über- Linie der Rhein   mit seinen Nebenflüssen. Trösten. fluteten die menschlichen Siedelungen. Um diese Gefahr zu be- und im Gebiet ihrer Nebenflüsse ist starkes Hochwasser eingetreten; jeitigen, begann man schon in der römischen Kaiserzeit, im Jahre bedeutende Ueberschwemmungen sind außerdem in Nordfrankreich zu Peter Rosegger   schreibt in Heimgärtners Tagebuch: Eine 52 n. Chr., unter Kaiser Claudius mit der Trockenlegung des Sees. verzeichnen, wo die Aisne   so hoch gestiegen ist, daß eine Reihe arme Frau. deren zwei Söhne vor der Front stehen, beklagte sich, Der Auslaß, der damals eröffnet wurde, hatte eine Länge von strategischer Brücken fortgerissen wurde. Auch in England hat der daß so wenig Leute trösten können. Sic sci jezt ganz vereinfant mehr als 5600 Meter; er war bis zur Durchstechung des Mont anhaltende Regen zu Ueberschwemmungen geführt, und die Themse   auf der Welt und möchte halt manchmal mit jemandem über Genis der größte von Menschenhänden angelegte unterirdische Bau. ist weithin aus ihren Ufern getreten. Von den Nebenflüssen des ihren Kummer reden. Da komme gewöhnlich ein solcher Trost Aber die mangelhafte Technik dieses, für das Altertum grandiosen Rheins find namentlich Nahe, Mosel  , Lahn  . Wupper   und Ruhr sehr zurüd: Na, nur Mut, jetzt ist halt Krieg. Müssen alle dran. Ingenieurwerkes führte im Laufe der Jahrhunderte zu seinem start angeschwollen; bei Trier   hat das Moselhochwasser den höchsten Den Soldaten geht's ja ganz gut, hört man; manchmal bissel völligen Berfall. Erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts trat Stand seit dem Jahre 1910 fchon überschritten. In der Lahngegend im Wassergraben liegen. Das schadet nix. Für's Vaterland. Wer­man von neuem dem Plan näher, den Fuciner See   troden zu sind weite Strecken überschwemmt und viele steller sind unter den schon wieder zurückkommen. Und wenn nicht gefallen fürs legen, und 1854, fast genau 1800 Jahre nach dem ersten Versuch, Wasser gesetzt. Aehnliche Meldungen liegen aus zahlreichen anderen Vaterland. Ein schöner Tod. Ein Heldentod. Nur nicht verzagt übernahm der Fürst Torlonia die Austrocknung des Secs, unter Flußgebieten vor, und noch ist kein Ende der unaufhörlichen Regen- sein. So trösten sic. Daß das bange Herz nach solchen Trost der Bedingung, das den Fluten abgerungene Zand als Eigentum flut abzusehen. zu behalten. Französische   Ingenieure vollendeten in einund- Es sind die ununterbrochen einander folgenden tiefen atlantischen gar nicht verlangt, weil es sich den selber sagt, daß es sich nur sie denken nicht nach ein wenig Teilnahme und Mitleid sehnt zwanzigjähriger Arbeit das große Werk, dessen Gesamtkosten über Depressionen, die Mitteleuropa   so außerordentlich viel Regen zu daran. Die schwer bekümmerte Mutter ging zu meiner Frau, unt 34 Millionen Mark betrugen. Aber trotz der hohen Kosten ren- führen. Verhältnismäßig am trodensten war es im Küstengebiet ihr Herz auszuschütten. Meine Frau sagte gar nichts- sie weinte tierte sich die Trockenlegung. Fürst Torlonia aus dem Geschlecht der Ostsee  ; aber auch hier hatten imanche Orte sehr bedeutende mit ihr. Und dieses gemeinsame Weinen hat der verlassenen der Barberini siedelte auf dem gewonnenen Neuland die Bauern Niederschlagsmengen. Außerordentlich groß waren diese vor allem Wutter wohler getan als die hochklingenden Trostworte," von seinen großen Gütern an; fie bauten Gemüse, Kartoffeln, in Westdeutschland. Nach dem Bericht des föniglich preußischen Zuderrüben, und der fette Boden brachte ihnen reichlichen Ertrag. Meteorologischen Instituts sind beispielsweise in der Woche vom 3. Der Fuciner See   ist heute der größte fünstlich entwässerte Binnen- bis zum 9. Januar zu Herford   nicht weniger als 73 Millimeter see, und der Abfluß, der die Stelle des alten Abflusses aus der Regen gefallen. Kleve   hatte 48, Roburg 46, Hügel bei Essen  ( Ruhr  ) römischen Kaiserzeit einnimmt, ist jest 6300 ter lang. 42, Trier   40, Staffel 38 Millimeter Niederschlag. Aus Ostdeutschland Avezzano, das 698 Meter hoch liegt, zeigte in seinem Stadtbild meldete Köslin   45, Grünberg   i. Schl. 34 Millimeter Regenhöhe. In nichts von der schläfrigen Ruhe, der Lethargie der kleinen, höher folge der andauernd wehenden milden Winde aus Südwest lagen in gelegen Abruzzennester. Freundliche, moderne Wohnhäuser, alle der genannten Woche die mittleren Temperaturen allgemein, und zwar freilich im italienischen Provinzstil, eingebettet in das blühende meist sehr erheblich über den normalen Werten, in Frankfurt   a. M. um 5%, und fruchtbare Land, gaben dem Ort eine moderne Note, so in Breslau   um 5,2, in Trier   und Erfurt   um 4,4 Grad Celsius. Nur malerisch auch das Gesamtbild Avezzanos war. Schöne Prome- Memel war um ein wenig, 0,6 Grad, zu falt. Ganz ähnlich lagen naden durchziehen das Städtchen, und am Stadtgarten erhob sich die Verhältnisse während der letzten acht Tage, und in der zweiten ein stolzer, prächtiger Bau: der Palazzo des Fürsten Torlonia, Hälfte der Woche stiegen die Temperaturen jogar für die Jahreszeit des ungekrönten Königs von Avezzano  . Den Barberini gehört wieder einmal ganz außerordentlich hoch empor; am Donnerstag auch das alte Schloß der Stadt, das im Jahre 1490 die Grafen und Freitag wurden in weiten Teilen des Landes 10 Grad Wärme Orsini   erbaut hatten. Seltsam kontrastiert mit diesem alten erreicht oder etwas überschritten. Lediglich nordöstlich der Weichsel  , Zeugen einer fernen Vergangenheit das moderne Avezzano, zwischen besonders in Ostpreußen  , war der Witterungscharafter winterlich. dessen hellen und lichten Wohnhäusern Fabrikgebäude den Geist hier fielen die Niederschläge fast durchweg in Form von Schnee, unserer Tage atmen und in schwarzen Rauchfahnen über die und die Temperaturen hielten sich stets in nächster Nähe des Gefrier­Landschaft senden. Im Osten und Norden wie im Südwesten punktes. Stärkerer Frost, der in der Vorwoche in Ostpreußen   bis der Stadt aber ragen die mächtigen Abruzzenzipfel empor, die von zu 8 Grad unter Null verzeichnet wurde, blieb während der letzten Oftober bis tief in den April hinein ihre weiße Schneedede zum acht Tage dort aber ebenfalls aus. blauen Himmel Mittelitaliens   hinaufreden.

Humor an der Front.

Aus der Reichshauptstadt.

Notizen.

-In die Vogesen   und ihre Kampfstätten fübrie ein aufs reichste mit Lichtbildern ausgestatteter Vortrag, den Herr Adrian Maher aus Straßburg   am Freitag in der Urania hielt. Als guter Kenner von Land und Leuten wußte er uns mit dem Wasgenwald, dem seit altersher umtämpften Grenzwall zwischen Franzosen und Alemannen, mit seinen landschaftlichen Schönheiten, feinen tiefeingeschnittenen Tälern, seinen steilabfallenden, fast alpinen Stämmen im Süden und den allmählich sich verlierenden niederen Bergen des Nordens, vertraut zu machen. Die den Vogesen vor­gelagerten Städte( Straßburg  , Kolmar  , Mühlhausen  ), die vielen malerischen Ruinen von Burgen an ihren Hängen zeugen auch int Lichtbilde von der alten hohen kultur. So ist eine Vogesenwande­rung landschaftlich wie fulturhistorisch höchst ergiebig. Aber diese schöne Landschaft hat der Schrecken des Krieges nun zum Teil in fein Bereich gezogen: was aus der Umgebung von Saarburg   und Mühlhausen   an Werken der Zerstörung gezeigt wurde, ließ genug erkennen, was der moderne Krieg bedeutet.

Als Nachfolger A. v. Werners hat Professor Artur Kampf vorläufig vertretungsweise die Leitung der Hochschule für die bildenden Künste übernommen. Aus der Vertretung dürfte wohl eine dauernde Nachfolge werden.

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Mit der Bahn gelangt man südwärts nach Sora, das jetzt gleichfalls in Trümern liegt. Es ist ein Städtchen von vielleicht - Konzertchronif. Ein Richard Strauß Koazert findet 6000 bis 7000 Einwohnern; der Liris umfließt das enge und In einer Handschriftlich vervielfältigten Schüßengrabenzeitung, in der Philharmonie unter Zeitung des Komponisten zum Besten der winklige Gemeinwesen im Halbkreise, das sich, in der Ebene ge- die am 27. Oftober 1914 unter dem Titel Die Granate" erschien, deutschen   Flüchtlinge aus Belgien   in Groß- Berlin am 20. Februar, Iegen, noch die ganze Ursprünglichkeit eines italienischen   Land- lesen wir: abends 8 Uhr, statt. städtchens gewahrt hat. Auf eine mehr als 2000jährige Geschichte Kunstabend. Im Schillersaal, Charlottenburg  , blidt Sora zurüd. Der Ort, von den Volskern gegründet, wurde Der Gang der kommenden Ereignisse ist nunmehr durch den wird diesen Sonntag 8 1hr ein Heine- Abend veranstaltet. später von den Römern erobert, die hier schon im Jahre 303 v. Chr. cinzig dazu berufenen Geheimratsstammtisch bei S...( 2. Zimmer Vorträge. Im Institut für Meereskunde spricht eine starke Solonie gründeten. Mancher berühmte Römer hatte lints) wie folgt endgültig festgelegt: 1. November gleichzeitige Ein- Dienstag, den 19. Januar, Prof. Rühl über Antwerpen  ", Freitag, in Sora seine Heimat. Die Decier stammten von dort, Attilus nahme von Calais, Reims   und Verdun  . Die französische   Regie- den 22. Januar, Regierungsrat Reuberg über Das Seekriegsrecht Regulus, der berühmte Redner Quintus Valerius, Lucius rung flüchtet nach Monaco   unter dem Vorwand, dort die Kriegs- und feine Behandlung im jetzigen Kriege"..- Prof. Franz v. Liszt Mummius sie alle kamen von Sora nach Rom  , um sich in der anleihe aufbringen zu wollen. 15. November Einzug des Kron- spricht am Mittwoch in der Irania über" Den Krieg als Er Weltstadt des. Altertums Unsterblichkeit zu erringen. Auf dem die prinzen in Paris  . Die Pariser sind bezaubert durch seine be- zieher". In der Technischen Hochschule   in Charlottenburg  Stadt überragenden steilen Felsen erheben sich Ruinen mittel- strickende Persönlichkeit, Poincaré   dankt ab. Der Kronprinz wird wird am Donnerstag, den 21. Januar, Prof. Schubring über Deir alterlicher Burgen, an denen die Abruzzen und das Sabiner durch Volks abstimmung zum Präsidenten der Republik   auf Lebens- Strieger in der bildenden Kunst sprechen.

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Wang Ueberfluß.

Von Martin Andersen Nerö. Endlich regte sich der Kopenhagner. Er hob den Kopf cin wenig zu den Umſtehenden und schric jammernd:", zieh an dem Bein, zieh an dem Bein!" Einer faßte den Fuß und 30g, der Kopenhagner ließ einen Naturlaut fahren. So, das gibt Luft," rief er und sprang auf. Alle lachten, außer dem unglücklichen Geburtshelfer; dieser murmelte zaghaft, Ver­fluchtes Schwein!" und drückte sich.

Dann wurde drinnen im Saal wieder zum Tanz auf­gespielt, und der Hof wurde menschenleer. Aber Karl fonnte nicht einschlafen, er war zu sehr erregt, und die Musik und das Fegen der Tritte drangen deutlich und stark zu ihm herein. Die jungen Leute da drüben drehten sich wohl die ganze Nacht und dabei hatten sie gestern gearbeitet, und morgen sollten sie wieder zur Arbeit. Sie drehten sich, daß ihnen der Schweiß herabtroff, preßten die Mädchen an sich, tranfen und prügelten sich und das alles zu einer Zeit, wo sie der Ruhe bedurft hätten. Das nannten sie leben.

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Und was er selbst betrauerte, war nicht so sehr der Um­stand, daß er nichts Nützliches ausrichten konnte, das hatte ihn nie sonderlich bedrückt; aber er entbehrte es, daß er nicht verschwenden konnte, er sehnte sich danach, mit königlicher Freigebigkeit, absichtslos, Kräfte nach rechts und links zu streuen wie jene Menschenkinder.

Das war also wahres Menschenglüd: sein Leben, sein einziges Leben, Stüd für Stüd, in den großen grauen Rachen des Todes zu werfen! Und in diesem Punkt waren die Menschen groß, sie opferten stets die Erstlinge.

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Aber die Sache war die: das Leben war gar nicht ewig; es war eine Lüge, von Moralisten erfunden, aber eine Lüge, die sich nie der Menschen bemächtigt hatte; sie empfanden ihr Leben, ein jeder für sich, als etwas Beginnendes und Ab­schließendes, und danach lebten sie.

Aber der Tod war ewig und beherrschte alles, darum wurde er zum Gotte der Menschen, um ihn drehte sich all ihre Religion, ihm opferten sie.

Wie beherrschte der Tod doch alles und alle! Millionen Sommer hatten ihre Fülle in diesen gierigen Schlund ge­worfen, der den ganzen Ueberschuß des Lebens und das Leben

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ungleichmäßigen Gang:

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selbst verschlang, ohne leiblichen Vorteil davon zu haben. entlang zogen. Frauenstimmen sangen wiegend im Taft zu Und die Menschen... immer arbeiteten sie dem Tode in die dem Hände, in ihrem fröhlichen Verschwenden wie im tiefsten " Seemann   zu sein das ist ein mühsam Leben! Ernst. Er hatte Frauen gesehen mit Farben wie die Sonne Seemann   zu sein das ist ein mühsam Reben! selbst und mit dem reichsten Segen des Lebens in ihren Wenn andre schlafen, dann muß ich wachen, Dann muß ich einsam auf Deck stehn." Gliedern; sie kehrten dem Leben den Rücken und erwählten Dann schrie cine Männerstimme: Juchit, Karoline!" den Tod zum Bräutigam. Und da waren Männer mit ge­waltigen Fähigkeiten und gewaltiger Energie, die jekten und die Frauen freischten im Chor. Man stockte und schwatzte das alles für tote Lehren und tote Dinge ein. Die Größten durcheinander. Unten am Hafen, wo die Straßen nach allen fonnten ein Lied vom Tode schaffen und alle Herrlichkeit des Richtungen auseinandergingen, löfte sich der Lärm in kleine Lebens in seine Grauheit hineindichten, aber das Leben Partien auf und schwand hin. Weit drüben von der Kai­selbst sahen sie nicht. Und war ciner unter ihnen groß seite hörte man noch eine Männer und eine Frauenstimme genug, das Leben wirklich zu sehen, so verwandte er fein liebesfranf vibrieren und zarter und zarter werden, je weiter Genie dazu, es, kürzend und beschneidend, nach einem toten sie sich entfernten. Gesetz umzuformen, wie es sein sollte. Und in jeden Schnitt drang der Tod ein. Jeder und alles stand in des Todes Sold.

Oder

Also lebten alle Menschen ihr Leben verkehrt! lebten sie es vielleicht alle richtig? Waren der Verbrecher und der Schmaroßer vielleicht ebenso wichtige Elemente in der großen Mischung wie der strebsame Bürger und der humane Moralist? Es war wohl bei tieferer Betrachtung weder ver­kehrt noch richtig, sondern nur eine Selbstverständlichkeit.

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Auf mich zu warten brauchst du wohl nicht! Auf mich zu warten brauchst du wohl nicht! Im Totenacker erivarte ich dich,

Im Totenacker, im Würmerreich."

So ruhig und weich wurden die Worte in die stille Luft getragen und wiegten sich mit der einschmeichelnden Melodie über den Dächern. Dann hörte man nichts mehr.

Karl sant hin, erwachte aber wieder völlig bei einem Rascheln draußen auf dem Flur. Es schlich jemand auf Auch seine Resignation war richtig, d. h. natürlich, und Soden vorbei, stieß hier und da an und lachte gedämpft; cine fein gelegentliches Sträuben; es war richtig, daß er sein Männerstimme suchte zu beschwichtigen. Die beiden blieben Leben am Rande des Grabes hinschleppte, aber es war auch vor seiner Türe stehen; er konnte ihre Atemzüge, dos richtig, daß er diejenige haßte, die ihn als Schwächling in verhaltene Lachen und jedes Wort hören, das geflüstert wurde; die Welt gesetzt hatte ebenso richtig, wie es von ihr war, sie hatten wohl nicht daran gedacht, daß das Haus so leicht ihn so zur Welt zu bringen. Denn alles war richtig gebaut war. alles!--

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Bst, komm her er fönnte es hören." ,, Ach, red nicht, er schläft sicher. Schläfft Du?" wurde durch das Schlüsselloch gehaucht.

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Karl Bauder," las die Frauenstimme gedämpft. Ein Der Kopf wirbelte ihm, und er glitt in einen Halbschlafsonderbarer Name  .- Ist er schön?" hinüber, der ihm jedoch keine Ruhe brachte, weil der Lärm und die Schlägerei beständig in ihm widerhallten. Hier und da unterschied er Rufe wie:" Haltet ihn!" Nein, mögen fie sich doch prügeln!"- Komm hierher, Anders, dann will ich Dich streicheln!"- sowie klagende Frauenstimmen, die fich ins Mittel legten. Einmal fuhr er auf bei einem durch dringenden Schrei und dem Ruf: Polizei! He, Bolizei!" Aber er verknüpfte keine Vorstellungen mit den Rufen, empfand nur peinliches Unbehagen bei dem starken Lärm.

Gegen Morgen erwachte er, es war ganz hell. Drüben im Saal war es still, und vom Hof tönten einzelne schnelle Fußtritte von Nachzüglern herauf, die sich einem Schwarm im Torweg anschlossen und in lärmenden Trupps die Straße

,, Nun kommt aber, Anna!" ericholl es ungeduldig und recht laut vom anderen Ende des Ganges   her; es war Aage Sörensens Stimme. Es wurde ein paarmal fast unhörbar gegen die Tür gepidt, ein gedämpftes Stichern war zu hören, und dann schleichende Tritte, die sich hastig entfernten.

Karl lag eine Weile da und starrte zur Decke, die Arme unterm Kopf und mit eigentümlich träumerischem Blick. Dann glitten seine Augenlider langsam zu, er schlummerte ein und schlief ruhig bis spät in den Vormittag hinein. ( Forts. folgt.)