Jr. 37.- 1915.
Unterhaltungsblatt des Vorwärts Sonnabend, 13. Sebinar.
Staaten einen Vertrag abschloß, demzufolge beide Mächte niemals Unterhalt eines Menschen 25 Stopelen, der Unterhalt der Gesanit Raperbriefe gegeneinder ausstellen wollten; vergeblich erklärte die bevölkerung also 100 000 Stubel täglich. Dieses Geld fließe aus der
Aus der Geschichte des Seekriegsrechts. gefeßgebende Versammlung Frankreichs 1792 die Abſchaffung der Stadt in der Hauptfache auf das Land, von woher es nicht mehr
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Kaperei; England hielt hartnäckig daran fest, weil es in dieser zurüdkehre: Lodz verliert also unwiederbringlich drei Millionen Rubel Die ganze Entwicklung des Seekriegsrechts ist eine einzige Ber- Stäuberei sein wirkungsvollstes Kriegsmittel fah. Am meisten litten monatlich. Lodz zählte zu den reichen Städten. Stolz gaben wir gewaltigung der anderen Staaten durch England, das das brutale auch damals die Neutralen unter Englands Brutalität, und so kam ihm den Namen Baumwollburg; aber es wird bald der Augenblick Recht des Stärkeren stets rüdsichtslos hervorgefehrt hat. Wenu sich es 1780 zu einent ersten Bund der Neutralen gegen fommen, wo die Mehrzahl der Bewohner über unbarmherzigen heute Großbritannien an feine Verträge und Regeln fehrt, sondern England, wobei Kaiserin Katharina von Nußland den Hunger flagt. Wegen Mangel an Mitteln ist im Stadtteil Baluty nur nach seinem Vorteil handelt, so folgt es nur ben lleber- Begriff der bewaffneten Neutralität" zum Schuße der Schiffahrt heute schon die Fürsorgestelle geschlossen, die hundert Kinder versorgtc. Lieferungen, die es aus allen Zeiten seiner Geschichte besitzt. Der durchführte und alle feefahrenden Staaten beitraten, natürlich mit Die Schließung droht der Feuerwache und der polnischen Schule. Seefrieg läßt sich ja viel leichter durch das Völkerrecht einschränken Ausnahme Englands. Der englische Minister Pitt erklärte offen: Gine Menge anderer nützlicher und unentbehrlicher Einrichtungen als ber Landfrieg, denn das Meer ist überall ein gleichartiges Wir müssen unsere glückliche Lage der Ueberlegenheit ausnutzen, stehen vor dem Untergang; die Bureaus und Fabriken fürzen schon Exement, und die auf ihm Fahrenden und Kämpfenden sind so los- um allein unser Recht auf unzweifelhafte Weise zu begründen", die an ihre Arbeiter bisher ausgezahlten Unterstübungen, einige haben gelöst von der Heimat, daß es wohl möglich schiene, für sie ebenso und Melion nannte den Grundsas Frei Schiff, frei Gut"," unge- fie schon ganz eingestellt. Die Wirksamkeit der Spar- und Darlehnsstrenge und genaue Striegsgeseze herzustellen, wie einst im mittel- heuerlich und beschimpfend für die Rechte Englands auf dem Meere". fassen, soweit sie überhaupt noch in Tätigkeit sind, wird immer unalterlichen Turnier für die in die Schranken reitenden Ritter. So führte denn England die von Napoleon beklagte Verknechtung bedeutender. Die Leute, die ihnen ihr Geld anvertraut hatten, ziehen Sehr früh in der neueren Geschichte, lange bevor man an ein Völker der Meere" ohne jede Rücksicht auf Recht und Gerechtigkeit durch es mehr und mehr zurück und haben das teilweise schon völlig getan. recht des Landkrieges dachte, sind denn auch Ansätze zur Ausbildung und sprach allem Seefriegsrecht Hohn. Erst während des Krim Die Rettungsstationen verzeichnen täglich je drei bis vier Fälle gänz cines Seerechtes gemacht worden; aber einer Verwirklichung und frieges hat es sich auf Drängen Frankreichs zu einigen Zugeständlicher Erschöpfung vor Hunger, Kälte und Krankheit. Früher überAusgestaltung dieser Ideen hat sich immer und immer wieder ein nissen bequemt und auf dem Friedenskongreß von Paris sogar die nahm in vielen Fällen das Publikum die Sorge für diese Aermsten; und dieselbe Macht entgegengesetzt: England. Deklaration" des Seekriegsrechts von 1856 gestattet. Aber auch heute werden sie fast ausnahmslos ins Spital gebracht. Und wie weiterhin hat es sich nie streng an die von ihm anerkannten Ver- lange werden auch in diesem Platz und Lebensmittel reichen? Mit träge gehalten und erkennt legten Endes so wenig ein Seekriegs- einem Wort: Wie lange wird Lodz die heutige Lage noch ertragen fönnen? Möge daran das Bürgerfomitee ernsthaft und unverzüglich recht an wie je. denken, mögen darüber allen nachdenken, die wir mit Recht Stadtväter nennen.
Die Gewohnheiten Ser französischen und niederländischen Seefahrer wurden bereits zu Anfang des 12. Jahrhunderts in den berühmten tooles d'Oléron " zusammengefaßt und als. maßgebend hingestellt. Aus diesen„ Rollen" der Insel Oléron entwickelten sich dann anfangs des 14. Jahrhunderts im Norden das„ Seerecht von
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Kleines Feuilleton.
Dom Erhabenen zum Lächerlichen.
zusammengefaßt waren, und im Süden das zu Barcelona aufgeschriebene„ Consolato del Mare", auf das die Briten noch jetzt Gin Stimmungsbild aus dem Lodz von heute gibt der Dziennik nach einem halben Jahrtausend, wenn es ihnen gefällt und nüglich Boznansti: ist, zurückgreifen. Dieses spanische Seerecht, auf dem auch noch die erscheinende Zeitungen. Die Zenjur übt Hauptmann Cleinow, der Durch Zufall erhielten wir alle in Lodz unter deutscher Zensur späteren Rezesse der Hansa beruhen, regelte zum ersten Male die ja auch jetzt wieder in den Vordergrund gerüdte Flaggenfrage. Das Recht Herausgeber der Grenzboten, aus. In Lodz erscheinen gegenwärtig Man schreibt der Wiener Arb.- Big." aus Amsterdam : Wer der Flagge wurde gänzlich von der Ladung getrennt; ein neutrales folgende polnische Blätter: Gazeta Lodzka, herausgegeben von Jan einen Sinn für die Tragikomödie des Lebens hat, Teje jezt die GeSchiff blieb frei, auch wenn es waren des Feindes führte; diefe herausgegeben von St. Asionget, ein fortschrittliches Organ. Den Her hallen durch Erdteile und über die Dzeane. Eiferne Hagelschläge Grodek , ein fortschrittlich- nationales Organ, Nowy Kurher Lodzki, richtssaalberichte der Zeitungen. Die Donner der Weltgeschichte wurden ihm allerdings fortgenommen. Ein feindliches Schiff das gegen war gute Brise", auch wenn es lediglich Güter führte, die ausgeber dieses Blattes haben die Russen, als sie nach dem ersten schmeitern die Aehrenfelder und Gärten reicher Kulturen nieber. Neutralen gehörten und die man sich nicht aneignete. England Rückzug der Deutschen nach Jodz zurückkehrten, verhaftet. Der Nozstimmte, so lange es noch nicht die unbeschränkte Herrschaft auf dem poi des Herrn Czajewski erscheint nicht. Er wurde von der deutschen ringsum lobert Brand, steigt Pesthauch von verwesenden Leibern Meere besaß, diesen Grundsägen zu. Nur in seinen Meeren" ver- Regierung wegen seiner russischen Sympathien gesperrt. Neu er- empor. Der aufgefagte Gesellschaftsvertrag der Völler hat der uralten Herrschaft der unbeschränkten Straft wieder Platz gemacht. fuhr es schon damals willkürlich, denn während noch Königin scheinen Brond( Strömung), ein Morgenblatt, und Gazeta Wieczorna aber in schlechtgelüfteten Sälen, auf prunkvollen oder verschliffenen ( Abendzeitung). In diesen in der Druckerei des früheren Rozwoj Elisabeth eitlärte:„ Die Benutzung des Meeres und der Luft ist allen gemeinsam", hatte doch schon König Edgar zu Ende des gedrudien Blättern lesen wir, daß infolge Verabredung die Abon- Polsterstühlen spielt noch immer Frau Justitia , nicht nur blind, 10. Jahrhunderts die Zugehörigkeit des ,, Mare Anglicanum" nenten des Rozvoj den Prond und die Gazeta Wieczorna erhalten. fondern auch taub, ihr altes Spiel mit der Wage. Welche Gewalt ( englischen Wieeres) zu seiner Strone feierlich ausgesprochen, und und Neue Lodzer Zeitung und das im( jüdischen) Jargon geschriebene Pflanzen den Sturm überbauern läßt, wie unverwüftlich ist die Außerdem erscheinen in Lodz zwei deutsche Zeitungen, Lodzer Zeitung wohnt doch dem Alltäglichen inne, daß es ſeine dürren Albion legte diesen Ausdruck bald den umfassendsten Begriff bei Lodger Tageblatt. Es erscheinen also alle Lodzer Blätter, da die Liebe zur geordneten Kleinigkeit, die menschliche Beschränktheit und criveiterte ihn bedeutend durch Cromwells Navigationsatte Rodger Rundschau schon zu Beginn des Krieges wegen Wangel an und Pedanterie! Der berühmte Arm der Gerechtigkeit fifcht noch von 1651. Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts begann Mitteln und Abonnenten ihr Erscheinen eingestellt hatte. Keines immer nach lebeltätern und freidet getvissenhaft Ber nun England immer brutaler die unbeschränkte Macht auf der Blätter wird auf Rotationsmaschinen gedruckt, da es an dem brechen, Bergehen und lebertretungen an. Und manchmal, wenn dem Meere an sich zu reißen. Ein Beweis dafür waren jene uns entsprechenden Papier fehlt, und deshalb erscheinen die Blätter mit er sich nicht aus der Siviltoga, sondern aus dem Kriegerheute fast fomisch anmutenden Streitigkeiten um das„ Geezeremoniell", erheblicher Verspätung. Sie bringen alle Nachrichten aus amtlichen gewand herausredt, wird die Gebärde besonders feierlich dem aber in jenem großen Jahrhundert der Förmlichkeiten eine hohe deutschen Quellen wie die Mitteilungen der österreichisch- ungarischen finden in Pariser Blättern folgenden Fall aus der Gerichtsreale Bedeutung innewohnte. Zwischen England und Holland kam und deutschen Heeresleitung und fast alle Meldungen des Wolff- chronik: es 1652 wegen des„ Salutes" mitten im Frieden zum Seegefecht bureaus. Die deutschen Blätter bringen auf der ersten Seite die Vor dem Kriege war in einem„ Herrschaftlichen Hause" in Paris und in der Folge zum erbitterten Strieg. 1687 gab England feinen Bekanntmachungen des deutschen Stadtgouverneurs. Wir finden ein Kammerdiener deutscher Staatsangehörigkeit angestellt. Als Kapitänen den Befehl, von jedem fremden Staatsschiff, dem sie in u. a. eine Aufforderung an die Pferdebefizer, bis zum 23. Januar Deutschland mobilisierte, verließ er die Stadt. Der Hausmeister den„ königlich englischen Meeren", d. h. vom Kap Staaten in Nor- eine bestimmte Anzahl von Fuhren zu stellen, ferner die Aufforde- war, wie berichtet wird, so gefällig, ihm beim Hinuntertragen des vegen bis zum Kap Finisterre begegneten, zu verlangen, daß es das rung an alle Fabrikanten und Ladenbesitzer, ihre Vorräte an Lein- Gepäcks zum Automobilfiaker zu helfen. In dem Augenblic aber, Marssegel streiche und die Flagge niederhole; geschehe das nicht gut wand, Baumwoll- und Wollstoffen anzugeben unter Beifügung von da sich der Wagen in Bewegung setzte, steckte der undankbare Mann willig, dann solle man diese Ehrfurchtsbezeigung mit allen Mitteln Proben und Preisangaben. Wer die Angabe nicht mache, babe Strafe den Kopf zum Fenster hinaus und rief: Rieder mit Frankreich !" erzwingen. Der Sonnentönig“ dagegen befahl, daß französische und Konfiszierung der Vorräte zu gewärtigen. Der Gouverneur Es gelang nicht, ihn zu arretieren. Und so tam es, daß vor dem Kriegsschiffe überall den ersten Gruß zu fordern und nötigenfalls hat auch Höchstpreise für Lebensmittel festgesetzt. So beträgt der Zweiten Pariser Kriegsgericht am 29. Januar eine Verhandlung gegen zu erzwingen hätten. den abwesenden Stammerdiener St. wegen aufrührerischer Stufe" durchgeführt wurde. Es wird uns fogar ein Teil der Rede wieder gegeben, die der Regierungskommissar( ein Hauptmann) gehalten hat: Wenn wir nicht die Genugtuung haben, St. in den Händen zu haben, so ist es möglich, daß er eines Tages Kriegsgefangener wird, und dann wird man ihn zwingen, die Strafe abzubüßen, die Sie ohne Zweifel über ihn verhängen werden. Ich fordere die Höchststrafe, die leider nur zu niedrig ist." Und das Kriegsgericht verurteille den Kammerdiener St. dem Antrage gemäß zu cinem Monat Gefängnis und fünfhundert Franken Geldbuje.
Preis für Weizenmehl erster Sorte 16 Stopefen( die Stopeke zu zwei Zu dieser Zeit war der Grundsak üblich geworden:" Frei Pfennig), für Roggenmehl 11 Koperen das Pfund. Gerstengrüße Schiff, frei Gut", d. b. das ganze Mecht wurde an die Flagge ge- foftet das Pfund 8, Sauerkraut 5, Salz 7, bestes Rindfleisch 23, Stalb bunden, und so entstand eine Unsicherheit und Verwirrung, indem fleisch 25, Hammelfleisch 23, Buder 20 Nopefen, der Zentner Star man sich je nach Belieben an den alten oder neuen Brauch halten toffeln 2½ Rubel oder 5 Marf. Der Verkauf zu höheren Preisen Tonnte. Von dieser Möglichkeit machte England den weitgehendsten wird mit Geldstrafe bis zu 1000 Mart, der Verkauf verdorbener Gebrauch. Es handelte in jedem Falle, wie es feinem Vorteil am Waren bis zu 10 000 Mart bestraft. Die Preise müssen in den besten entspiach, und maßte sich das Recht der Untersuchung aller Läden angeschrieben sein. Große Lebensmittelvorräte wurden konneutralen Schiffe an, dehnte den Begriff der Konterbande im fiziert. 18. Jahrhundert auf alles aus, felbst auf Holz und Teer, weil das In der Stadt herrscht große Not, die das Bürgerfomitee zu zum Schiffbau verwendbar sei. Auch das Kaverwesen, den Brauch, lindern bemüht ist durch Unterhaltung billiger Küchen. Die ansteckenHandelsschiffe fortzunehmen und in Kriegsschiffe umzuwandeln, übte den Krankheiten in der Stadt nehmen zu, Cholera, Typhus und es in der schmachvollsten Weise. Ein englischer Statistifer Boden. Bis zum 20. Januar wurden an 70 Stellen solche Krantbat ausgerechnet, daß in den Jahren bon 1801-1812 beiten festgestellt. Den Soldaten ist der Zutritt zu gefährdeten nicht weniger als 36 867 Schiffe von der britischen Flotte gefapert Gäusern verboten. An den Häusern sind rote Täfelchen an und in ihren Dienst gestellt wurden. Vergeblich erklärten Menschen gebracht, die die Krankheiten anzeigen. Die Gazeta Wieczorna gibt freunde wie Benjamin Franklin die Kaperei für einen der schlimmsten ein düsteres Bild von der Lage der Stadt in einem Artikel: Wie lange Schandslede in der Kriegsgeschichte; vergeblich ging Friedrich der werden wir's aushalten? Sie berechnet die Einwohner der Stadt Große mit gutem: Beispiel voran, indem er mit den Vereinigten jetzt noch auf 400 000. Unter den heutigen Verhältnissen foste der Nähzeug zusammen, brachte es ihr hinein, drehte den Schlüssel unt und machte es sich auf der Chaiselongue bequem.
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21.I
Ueberfluß.
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Mont Martin Andersen Nera . Louis, lieber Rouis, hörte er sie bald darauf sagen. Nun?" Er drehte sich mit einem Stud nach ihr um. ch bin doch gut genug für Dich, nicht?" * 08
" Ja, das bist Du."
Bin ich nicht auch vernünftig geworden?" Gewiß, eine wirklich vernünftige Frau." Er flopfte fie im Vorbeigehen auf den Rücken. Ich hätte wohl einen Wunsch, aber Du darfst nicht
böse werden!"
Und das wäre?"
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Rönnt ich am Sonntag nicht den Ausflug mitmachen? Ich will auf dem Schiff bleiben, während Ihr an Land geht, und will Dir gar nicht zur Last fallen. Ich möchte so gern wieder einmal mit dem Dampfer fahren,-Dann werd ich Dich auch nie wieder quälen."
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15.
Lieber Karl!
Raß mich mit der Erklärung beginnen, daß alle Deine Beobachtungen mit Bezug auf die Frau richtig sind Du mißt ihnen nur zu viel Tragweife bei. Dabei verfällt man leicht in Einseitigkeit. Uebrigens frent es mich, daß Du Dich icht ebensosehr mit dem Problem Weib beschäftigst wie jene Sechszehnjährigen, von denen Du in Deinem ersten Briefe schriebst, mit dem Problem Mann. Sollte das bedeuten, daß Du wieder im Aufstieg begriffen bist?
Bon hier ist Gutes und Erfreuliches zu melden. Es hat endlich Frucht getragen, daß Deine Mutter so viele Jahre hindurch ihre kleinen Seize gehegt und gepflegt hat. Sie hat sich einen Anbeter zugelegt. Bisher haben sich die Liebhaber nicht so recht melden wollen, aber jekt muß die Arbeit sie geadelt und ihr den rechten Duft gegeben haben. Ich gönne cs ihres stimmt traurig, wenn man sieht, wie ein Mensch alles für eine größere Affäre vorbereitet und dann des Profits verlustig geht.
Liebes Aind, was ist das für eine Unvernunft? Ich möchte ja nichts lieber, aber Du weißt recht gut, wie unmöglich es ist in all dem Wirrwarr, unter den vielen Menschen." Wenn eine bunte, duftende Blume die Insekten nicht Nachgiebig beugte sie den Kopf:„ Willst Du mich dann nicht einmal mit an den Hafen nemen? Ich möchte so gern das Meet und die Schiffe sehen."
Gern, wenn es Dir Spaß macht. Offen gestanden, begreise ich nur nicht, was da zu sehen ist. Aber, wie gesagt, macht es Dir Spaß, so wollen wir sagen, an einem Tag in der nächsten Woche, zum Beispiel Dienstag? Vorher kann ich nicht gut."
Aber dann hast Du ja in der Schule wieder angefangen." Ja, aber ich finde schon einen Vorwand, zu Hause zu bleiben."
Dann also bestimmt, nicht wahr?" Natürlich, wenn ich es gesagt habe, so aber nun geh in Dein Zimmer; ich habe das Bedürfnis, allein zu sein." Könnte ich heut abend nicht bei Dir bleiben? Dann fönnten wir's uns gemütlich machen; und wenn Du nicht zu müde bist, könntest Du ein wenig mit mir reden."
Ein andermal, liebes Kind, aber jetzt geh. Ich brauche unbedingte Ruhe, un etivas zu erledigen."
Sie humpelte ins andere Zimmer. Und er raffte all ihr
anzieht, hat sie vergebens gestrahlt, und unwillkürlich, schließt mon daraus, daß etwas Modriges an ihr sei. Aber derselbe Maßstab niuß auch bei den Menschen angelegt werden. Du darfst also nichts von Scheidung oder etwas Wehn. liches erwarten, dann müßte die Situation schon. sehr fritisch werden. Ich würde es ebenso machen, wenn ich den Drang verspürte. So stark ist die Liebe nun mal nicht; warum sollte Deine Mutter sich also verpflichtet fühlen? Und denke. Dir, welche Freude es für sie sein muß, etwas wachsen zu sehen und eine Ernte nach so viel Pflege erwarten zu können!
Es ist übrigens der Kommis. Ich habe beobachtet, wie fich das Ganze von Anfang an entwidelte. Er wurde plöglich so besorgt ums Geschäft und schlug mir vor, er wolle in der Familie effen, und ich sollte ihm das fleine Zimmer hinterm Lager einrichten. Das war ja schon vor Deiner Abreise, aber Du hast wohl kaum darauf geachtet. Ich sah es gleich und amüsierte mich im stillen, tat aber so, als wäre ich ihin ungeheuer dankbar. Er macht seine Arbeit auch wirklich nicht schlecht, das muß man ihm lassen, aber ich fürchte, das
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Daß der herrschaftliche Hausmeister in seinem Patriotismus bes friedigt war, läßt sich begreifen. Sollte aber den Herren vom Striegsgericht nicht das Lächerliche der Situation zum Bewußtsein gekommen sein? Daß fie da in düsterer Strenge thronen mußten wegen eines urdummen Zwischenfalls, in einer unerquicklichen Lafaiensphäre, zwischen einem ungezogenen Kammerdiener und einem wichtigtuerischen Portier? Wie feltsam ist doch die menschliche Natur, daß Männer, die zweifellos bereit sind, ihr Blut für ihr Land und Volk herzugeben, und sich morgen in der Tragödie der | Snobtum hat an seiner Leidenschaft ebenso großen Anteil wie die Neize von Madame. Die Frau seines eigenen Beinzipals! Und schon fühlt er sich als Stompagnon.
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Du siehst, ich bewahre meine Ruhe bei der Sache und trage das jedem guten Ehemann beschiedene Emblem mit Anstand. Ungleich schwerer fällt es mir, die Liebfofimgen zu er tragen, die jetzt mit vermehrter Stärke auf nich herabregnen, als überflüssigster Beweis für den unerschöpflichen Neichtum des weiblichen Herzens. Ich lasse sie hingehen als das, was sie sind: Sand in die Augen! und spiele mit großem Erfolg Blindefuh. Nur in der Hauptsache bin ich auf meinem Posten. Ich möchte nämlich nicht, daß sich in vorkommenden Fällen Zweifel an der Vaterschaft ergeben. Meint der Bursche cs ernst, so kann er vielleicht das Verdienst erringen, daß ich ihm eines schönen Tages das Ganze gegen eine paffende Entschädigung übertrage, und in diesem Falle kommt es darauf an, daß die Verhältnisse möglichst wenig verwickelt sind.
Es lohnt sich, Blindekuh zu spielen, man bekommt so mancherlei zu sehen. Aber eine ältere Frau, die die Heimlichberliebte spielt, hat etwas Silflos- Komisches. Es nukt nichts, daß sie ihr Aeußeres und ihr Temperament jung erbalten hat; für einen wie mich, der sie in derselben Rolle vor dreißig Jahren hat auftreten sehen, besteht ein unheimlicher unterschied. Aber sie gibt sich Wilhe; und es ist rührend, Mühe; ihre unverhältnismäßigen Bestrebungen mit anzusehen. lebrigens schnürt sie sich wieder ganz wild. Gestern habe ich sie buchstäblich dabei überrascht, als sie die Korsettschnur am Bettpfosten befestigte, während sie sich mit Händen und Füßen dagegen stemmite. Schlank wie eine Ameise!
Na, aber genug davon. Nach Deinen Schilderungen der Gegend und der Menschen da drüben bekomme ich die größte Lust, Dich gelegentlich zu besuchen. Du hast wohl Dein Bater. nichts dagegen?
Karl Jas diesen Brief zusammengefauert und mit einem Ausdruck der Verwunderung. Er las ihn vieder und froch noch mehr zusammen; gedankenleer, erstaunt starrte er auf das Papier, sah diesen und jenen Sak, fühlte ein stechendes Juden in den Augen, das ihn an Tränen erinnerte, und spürte plößlich eine unbegreifliche Lust zu weinen. Aber das fonnte er nicht, es war ja auch ein Anlaß notwendig, ant liebsten ein großer, jedenfalls ein Anlaß! Er war doch ein Mann, der nicht ohne Grund zu flennen anfangen konnte, aus dem bloßen Drang, die Tränen rinnen zu fühlen! ( Bortf. folgt)