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Die Schicksal der Volksbühne. Was feit Wochen gemunkelt wurde und in lancierten Notizen einiger Blätter immer wieder dem Leser eingetrichtert wurde, ist Wirtlichkeit geworden: die Volksbühne Hai kapitulieren müssen. Die Zehntausende der Neuen Freien Volksbühne haben seit Iahren sich Hunderttausende abgespart, um den Traum einer von Kapitalsgnaden und Moderücksichten befreiten Bühne im eigenen Hause zu verwirklichen. Aber ihr Theater, finanziell zu schwach fundiert, zu teuer gebaut und nicht eben glücklich geleitet, hätte vielleicht unter günstigsten Bedingungen sich halten und ent- wickeln können, den Folgen des Krieges war eS nicht gewachsen. Als der Mitgliederbestand auf die Hälfte zurückging, war alle Hoff- itung vorbei, das Konsumententheater, das wesentlich auf die Deckung des eigenen Bedarfs, auf Mitgliedervorstellungen angewiesen war, zu retten. Sie hatten gebaust ein stattliches Haus.... Aber auf zwei Jahre muff nun das zu stattliche Haus der Volksbühnendemo- kratie einem großkapitalistischen Theaterunternehmer ausgeliefert werden. Herr Reinhardt, stets unternehmungslustig und von einem ins andere übergreifend, will hier sein schon lange geplantes, aber immer noch nicht verwirklichtes Theater der 5000 vorbereiten, ge- schärtlich und künstlerisch. Er hat die Massen der Neuen Freien Volksbühne zugeführt, als sie noch bei ihm spielen ließ. Beide Par- teien hoffen, daß er auch dem Äolksbühnentheater die ersehnte Zug- kraft werde. Und mancher fürchtet, daß er die nur Schaulustigen, ivenn seine Zwischenwirtschast erledigt ist, auch seinen weiteren Zielen dienstbar machen wird. Es wird Sache der Volksbühnenmitglieder sein, dafür zu sorgen, daß Herr Reinhardt ihr Haus nicht dauernd den Zwecken entziehe, für die sie eS gebaut haben. Bielleicht ist es überflüssig, jetzt zu untersuchen, warum es zur Krise kam. aber sicher ist es notwendig, für die Zukunft mit verdoppelter Sorgfalt die Vereinsinteressen im Auge zu behalten. Vielleicht ist auch nachzuprüfen, ob diese demokratische Organi­sation genug Demokratie in sich verwirklicht. Eines der Reinhardt-Blätter hatte schon mit unverhohlener Freude die Dittatur des großen Mannes, der schließlich noch zum Retter der Volksbühne avancieren wird, im neuen Hause erklärt. Herr Reinhardt sollte danach von den zwölf Stücken, die die ver- einigten Volksbühnen im neuen Spieljahr für sich spielen werden, zehn bestimmen und schließlich auch noch die zwei ablehnen können, die die Volksbühnen vorschlagen. Davon kann natürlich keine Rede scinl Die Volksbühnen werden wie immer der Vertrag im einzelnen gestaltet wird ihr Repertoire selber im wesentlichen be- stimmen, und ohne ihre Zustimmung wird ihren Mitgliedern kein Stück vorgeführt werden. Auch führende Leute der Neuen Freien Volksbühne sehen den Einzug Reinhardts als vorübergehende Kriegsmaßnahme mit aller gebotenen Reserve an. Gustav Landauer äußert sich imBerliner Börsen-Courier": Wir von der Volksbühne haben nicht Jabre unt Jahre in hin- gegebener Arbeit Träume in eine von der Finanzwelt diskontierte Wirklichkeit verwandelt, um im Augenblick des Beginns abzudanken. Haben wir der Kunst das Volk organisiert, so gehen unsere organisierenden Energien folgerecht weiter: diesem bereitstehenden und gegliederten Volk soll die Kunst werden, die von Mode und Zeitlaunen, von Marktverhältnissen und der Uebersättigung ent- stammenden Aufheiterungsbedürfnissen unabhängig ist. Für all diese weitgesteckten Absichten und die organische Fortführung deffen, was in einem Bierteljahrhundert stetig einem sichtbaren Ziele zugewachsen ist. braucht die Volksbühne, wenn erst die Kriegszeil mit ihren Folgen vorbei ist, volle künstlerische Unabhängigkeit und Bewegungs- sreiheit; und was sich jetzt, wo der Krieg dazwischen kam. nicht schnell schaffen ließ, wird in der Frist der zwei Jahre, die gegeben ist, vor- bereitet und aufgebaut werden müssen." Tue Freie Volksbühne , unsere Volksbühnenorganisation, ist mit dem Schickial deS Volksbühnentheaters nicht verwachsen. Sie hat das Theater nicht miterbaut, sie hat keine Verantwortung da- für. Es besteht nur� eine Interessengemeinschaft mit der Neuen Freien in der Beschaffung der Vorstellungen. Dieses Kartell läuft noch zwei Jahre. Und in diesen zwei Jahren wird die Freie Volksbühne wie bisher einen Teil ihrer Vorstellungen von dem Volksbühnentheater beziehen. Der Vorstand der Freien Volksbühne hat seine Stellung in folgender Resolution festgelegt, die bei Er- öffnung der Verhandlungen mit Reinhardt gefaßt wurde: ... Die Vertreter der Freien Volksbühne im Verband erkennen die Zwangslage an. in der sich die Neue Freie Volksbühne als Besitzerin des Theaters am Bülowplatz befindet. Bei Errichtung des Kartells

s-l Ueberfluß. Von Martin Andersen Nexö. oie fand sich darein, daß sie Abend für Abend hierher aeschleppt wurde, und wagte kaum den Kopf zu heben und diese Frauen zu betrachten, die so unbefangen das ver- schacherten, was ihr als etwas so Großes und Heiliges er- schienen war, daß sie alles zerstört hatte, um sich ihm bloß für eine Stunde hinzugeben. Und sie fand sich auch darein, daß e r dasaß und sumpfte und sie nicht für so gut erachtete wie eins dieser herausgeputzten Geschöpfe, denen er fort- während zunickte und zulächelte. Sie hätte ihm jeden Augenblick ins Gesicht speien können; sagte er aber:Komm, nun gehen wir nach Hause, ich sehne mich nach Dir," so ging sie trotzdem miß Und doch war er der einztge, gegen den sie sich empörte, auf ihn sah sie herab, ihn haßte sie. Und trotzdem wollte sie mit ihm gehen. Auch Begierde war es nicht, die gab es für sie nicht mebr, das wußte sie jetzt. Schon in der ersten Nacht hatte dieser gemeine Mensch ihr den größten Abscheu eingeflößt, und sie hatte nur eine Lust verspürt: ihm die Kehle zuzuschnüren. Aber Nacht auf Nacht hatte sie sich ihm hingegeben, weil sie betäubt war, völlig gelähmt durch diese entsetzliche Auslösung zwanzigjährigen verzehrenden Liebesverlangens. Und weil irgendwo in ihr eine wahnsinnige Hoffnung brannte, daß es dennoch kommen werde, jenes Wunderbare, daß es sich aus der Häßlichkeit selbst herauslösen, sich erkämpfen lasse, jeden- falls kommen werde. Nun war die Hoffnung ausgebrannt, unwiderruflich er- starben, und das Verlangen war erloschen, wie ein Fieber erlischt in Kälte._,...... Aber noch wollte sie fortfahren, ihm zu gehören. Es gab ja nur das eine, sich mit geschlossenen Augen fortgleiten zu lassen: versuchte sie, die Augen zu offnen und nachzudenken, dann wälzten Scham und Schmach sich über sie und drückten sie immer tiefer hinab. Immer schwerer und schwerer lasteten sie auf ihr. je länger sie fortfuhr. Aber sie mußte fort- fahren. Zu ihrem Manne konnte sie nie mebr zurückkehren, zu ihm, dem sie so viel Unrecht zugefügt hatte und vor allem jetzt. Und in der Welt draußen, von der sie früher so fest geglaubt hatte, daß sie Platz und Liebe genug zu bieten habe,

hat die Neue Freie Volksbühne die moralische und finanzielle Ver- antwortung für das Volkstheater übernommen, in ihrer Hand lieg auch die schließliche Entscheidung über den Vertrag mit Rein- Hardt. Indessen glauben die Vertreter der Freien Volksbühne , um ein gedeihliches Zusammenarbeiten beider Vereine im Verbands- vorstand euch für die Zukunft zu sichern, es als unbedingte Not- wendigteit bezeichnen zu müssen, daß 1. dem Verbandsvorstand vor Entscheidungen und Publikationelt in der Reinhardtschen Angelegenheit Mitteilung gemacht wird. 2. In dem Vertrage mit Reinhardt entscheidender Einfluß auf das Repertoire den Volksbühnen gesichert wird. 0. Daß die künstlerischen Ausschüsse beider Vereine eine ge- meiniame Kommission schaffen, die dem Verbandsvorstand unter« stellt wird. 4. Daß bei einem Vertragsabschluß mit Reinhardt nach Mög- lichkeit auf die gekündigten Schauspieler des Theaters am Bülow- platz und technischen Angestellten die soziale Rücksicht genommen wird, die eine Organisation von der Art der Volksbühnen zu er- füllen hat." ** * Die Neue Freie Volksbühne versendet eine Dar- stellung, in der sie die vielen(von uns nicht gebrachten) unrichtigen Nachrichten über ihr Unternehmen berichtigt und vor allem darlegt, daß nicht der Bau und Betrieb das Theater unrentabel machten, sondern allein der durch den Krieg hervorgerufene Mitglieder- rückgang. ES wird dann ineiier ausgeführt: Dank genügenden Betriebskapitals und Entgegenkommens der Hypothekengläubiger ist es uns möglich, das laufende Spicljahr ohne Schaden für uns und andere zu überstehen. Ernste Sorgen mußte uns die Weiterführung im nächsten und übernächsten Spiel­jahr machen, in dem mit aller Wahrscheinlichkeit die Verhältnisse kaum anders liegen als setzt. Die Lage verwies uns auf eine stärkere geschäftliche Ausnützung des Theaters; auf solche kann ein soziales Unternehmen wie das unsrige nicht berechnet sein. Wir hätten Spielplan und Art der Vorstellungen ständig nach den An- sprächen des Kasseitpublikum? einrichten müssen. Das würde unfern Vcreinszwecken widersprechen, würde die Ziele unserer Vereine ver- wischt und die Mitglieder in den Hintergrund gedrängt haben. Aus diesem Grunde schloffen wir mit dem Deutschen Theater, Direktion Max Reinhardt , ein Abkommen, das die geschäftliche Ausnutzung unseres Hauses für die nächsten zwei Jahre diesem überläßt, während wir so viel Anteil und Selbständigkeit behalten, daß wir unseren Mitgliedern gute Vorstellungen im Rahmen nnse�er Ver- einsziele gewährleisten können. Es werden, außer Sonntag nach- mittags, ent vier Tagen der Woche abends Vereinsvorstellungen stattfinden, bei denen die Mehrzahl der Plätze in gleichmäßiger Verteilung unseren Mitgliedern in alter Weise zur Verfügung steht. Der aus 12 Stücken bestehende Spielplan dieser Vereins- Vorstellungen wird durch uns festgesetzt, es sind uns zwei Neuein- studierungen garantiert, und die Qualität der Vorstellungen muß den übrigen des Deutschen Theaters gleichwertig sein. Wir können durch dieses Abkommen unseren Mitgliedern Shakespcare-Auf- führungen, Goethes Faust, einen Hauptniann-Zytlus usw. in AuS- ficht stellen. An den übrigen Tagen der Woche steht das Theater der Direktion Max Reinhardt für eigene Vorstellungen zu Kassen- preisen zur Verfügung. Dieses Wkommen wird uns über die Schwierigkeiten der nächsten zwei Jahre hinwogb ringen. Dann werden wir wieder stark genug sein, um den eigenen Theater- betrieb, an dessen gänzlicher Aufgabe wir nicht denken, wieder auf- zunehmen."

Der Sieg Ses Geistes. Dr. B r o x, der Leiter der Roten-Kreuz-Station in Maastricht , schreibt demNieuwen Rotterdamschen Eourant": Ich hatte vor einigen Tagen die besondere Vergünstigung, die verwundeten englischen Austauschgefangenen, die auf der Durch- reise nach ihrer Heimat hier durdftamen, zu sehen und zu sprechen. Wenn ich sage Vergünstigung, so meine ich mich weniger damit als Mensch, denn als Arzt, denn der Mensch tut gnt daran, dem Anblick dieser körperlichen Ruinen sich nicht allzusehr auszusetzen. Bei schwerem Regen war der deutsche Rote-Kreuz-Zug in der Nacht nach Holland hereingekommen, aber als es zu tagen begann, war die Luft hell und blau, und die Sonne strahlte fröhliche Wärme auf die Erde. Wieviele derer, die in diesem Zuge unsere Grenze pasfierten, mögen jemals daran gedacht haben, daß sie unter solchen Umständen diese Reise machen würden? Ihr Körper mochte gebrochen, ihre Kraft geschwächt sein/ihr

wenn man nur den festen Boden verließ und sich hinaus- stürzte, gab es nicht einen Fleck für sie, wo sie sein konnte. Von Auswegen gab es nur einen einzigen den Tod. Sie, die Sterbende, hatte sich bereits völlig mit ihm vertraut ge- macht, aber da war wieder ein lebendiges Gefühl in ihr aus- getaucht der Haß. Sie haßte diesen dicken kleinen Mann, der ihr das An- gesicht des Häßlichen enthüllt hatte da, wo sie das Wunder- bare zu finden erwartet hatte. Er hatte ihr die Augen dafür geöffnet, daß ihr Tun daheim verschroben und gekünstelt, daß sie hysterisch gewesen war, und daß das ganze Unrecht ihrem Manne gegenüber auf ihrer Seite gelegen hatte. Die Roheit des Agenten hatte sie erkennen lassen, wie unvernünftig sie früher in ihren Ansprüchen gewesen war, und darum haßte sie ihn. Und ihr Haß nahm wirksame Form cm, als er ihr im Lauf deS Abends vorschlug, wieder nach Hause zu ihrem Manne zu reisen. Nun wollte sie auch nicht sterben; sie wollte mit diesem Menschen zusammenleben, sich zur Strafe selber quälen und ihn quälen, der sie beiseite werfen wollte wie ein Stück schmutzige Leinwand. Ja, nun war sie endlich in das Glücksland der Liebe ge­langt! Nichts wollte sie scheuen, jede Sitte wollte sie mit- machen: sich schminken, sich ausstaffieren und zu Hause im Trikot geben, wenn es verlangt wurde. Aber sie wollte hier- bleiben! Und ihm, der sie hierhergeführt hatte, wollte sie nie untreu werden; sie wollte über seine Tritte wachen und über seine Liebe und allein befugt sein, ihn wahnsinnig vor Glück zu machen, bis sie an Altersschwäche starb. Ja, Wahn- sinnig vor Glück man sagte ja, daß die richtige Liebe so auf die Leute wirke. Und wenn sie alt wurde und ihren Dick- sack nicht auf andere Weise fesseln konnte, wollte sie nackt vor ihm tanzen. Nicht, Du?" rief sie lachend und trat ihn hart aufs Bein. Er verzerrte das Gesicht vor Schmerz.Was ist denn in Dich gefahren?" fragte er zornig. Ach, ich finde bloß, Du könntest mich auf den Schoß nehmen und mich ein bißchen liebkosen wie's die andern machen." Sie setzte sich zu ihm hinüber und sah verli'cht drein, aber in ihren Augen flackerte es seltsam. Für solche Narrenspossen ist unsereins wohl zu alt," murmelte er abweisend. Sie lachte laut und höhnisch;Fühlst Du Dich heut abend alt, Dicker? Soll ich vor Dir tanzen?" Schnell war sie auf

Geist war lebendig und regsam. Als wir sie in ihrer eigenen Sprache anredeten und sie wußten, daß ihnen jemand in dieser Sprache atntworteie. leuchteten ihre Augen vor Freude. Und wie dankbar waren sie für die Leckereien, die ihnen das deutsche Roie Kreuz noch mit auf den Weg gegeben hatte. Sie ranchien ver- gnügt ihre Pfeifen, sangen ihr Tipperary und in nichts war er- sichtlich, in und mit welchen Gefühlen sie nach der Heimat zurück- kehrten. Ein Minder spielte mit Innigkeit und Wehmut auf seiner Violine, ein anderer, der händelos war, seine Biskuits und rauchte seine Pfeife, als ob er das allezeit so gewohnt wäre. Ein Jndier, mit seinem hohen Turban auf dem Kopf, dezeiigte�«ruf Französisch seine Dankbarkeit für einige Leckerbissen mit einem fröhlichen Lächeln, als ob er die warme Sonne seines Heimai- landes in der eisigen Kälte des Nordens gar nicht vermißte. Tre Amputierten hüpften auf einem Bein und auf den Krücken, alo seien sie an diesen Zustand schon seit Jahren gewöhnt. Kurz, alle waren bereits so mit ihrem verkrüppelten Dasein vertraut(ans- genommen einige ganz schwer Verstümmelte), daß ich darüber er- staunt und verwundert war. Was mich jedoch entsetzte, war ihre Geistes- und Gemüts- Verfassung. Deshalb fcug ich meine deutschen Kollegen: Das ist wohl die Freude darüber, daß sie nun in ihr Vaterland zurück- können? Man antwortete mir, daß diese Tatsache gewiß nicht obne Ein- fluß sei, ihre Stimmung wäre jedoch schon seit langem so._ Ich war betroffen über diese Geisteskraft und Elastizität von Mut und Willen. Ja, ich stand vor einem Rätsel, wie schnell sich der Geist die Oberherrschaft über körperliche Leiden zu erobern ver- mag und mit welcher Heiterkeit man die Last einer verlorenen Zu- kunft zu tragen imstande ist.... Wenn ich mich erkühnen wollte, die Eindrücke wiederzugeben, die seit dem t. August von nah und fern ans mich eingestürmt sind, so würden die Bilder einander folgen gleich einer herunter- gekurbelten Filmrolle und nichts hinterlassen, als einen Gesamt- cindruck von Jammer und Elend. Run aber wurden meine Sinne vor ein Problem gestellt, das ich nicht abschütteln kann, das mich nie wieder verläßt. Ich kann mir vorstellen, daß man durch seinen Glauben, durch intensives Pflichtgefühl, durch längs Grübeln und Denken seine- Geist in ein gewisses Gleichgewicht mit körperlichen Gebrechen dringen kann; daß man sich dem Schicksal ergeben lernt und mit ruhiger Fröhlichkeit wieder ein Verhältnis zu dem vielen Schönen erlangt, das die Welt bietet, und daß man soviel Freiheit an Bc- loegung sich aneignet, als eben noch möglich ist. Aber, daß man nach dem Durchleben mehrerer Kriegsmonate, mit all ihren Schrecken, nach monatelanger, todesnaher Krankheit inmitten der Feinde seines Landes, verpflegt durch Menschen gleicher Rasse, aber nicht gleicher Sprache, Menschen, die ihre Wünsche und Schmerzen sozusagen von ihren Gesichtszüge» ablesen müssen, zurückkehri als ein körperlich gebrochener Mensch, und dennoch-- so wie ich es sah fröhlich und regsam, ja obne jeden Haß ist, das ist ein Rätsel für mich. Das ist etwas, was ich nie zu träumen gelvagt hätte. Und diese Tatsache, die mir schier unlösbare Rätsel aufgibt, scheint mir eine gute Hoffnung für die Zukunft der nun kämpfenden Völker.

Krieg unö Theater. DieLeipziger Abendzeiiung" hat eine Rundftage bei Bühnen leitern, Künstlern, Schriftstellern usw. über denEinfluß deL Krieges auf die deutsche Theaterwelt" veranstaltet, deren Resultat sie in einem Sonderdruck mitteilt. Unter den zahlreichen Anl- wort enden vermißt man viele der bekanntesten Namen, aber o- denen, die vertreten sind, bietet doch mancher ein« interessante Aeußerung. Wir greifen einige heraus, die uns typisch erscheinen, und bemerken dabei, daß auf die Erfahrungen der Hofbühnen, der städtischen Theater und anderer vom großen Pulikum relativ iZn- abhängigen Unternehmungen wenig Gewicht zu legen ist. Sympto- maiisch sind vielmehr gerade die mittleren Bühnen der Provinz- städtc. Wir beginnen mit der Aeußerung des Direktors Grützner (D a n z i g): Es wird mir sehr schwer, Ihre Anfrage zu beantworten, der» mein Standpunkt war im September, als die Russen schon bis Königsverg und Allenstein gekommen waren, der, daß jetzt über- Haupt keine Zeit zum Theaterspielen sei. Am 15. November wurde aber doch im Interesse der Schauspieler begonnen. Wir machten ein ganz anständiges Repertoire, wie es in den Zeitungen immer verlangt wurde. Aber wir hatten die Rechnung ohne

den Beinen und nahin ihr Kleid auf. sich in den Hüsten wiegend. Rings begann man zu klatschen und Bravo zu rufen, und die Zurufe erhitzten sie; sie bog den einen Ann überm Kopfe und begann, sich im Kreise zu winden. Jochumsen hatte im Verkehr mit Frauen bedeutende Er- fahrung, und er erfaßte die Situation sofort. Gleich am ersten Tage stellte er fest, daß Frau Sörensendurch und durch hysterisch" sei, und eS wunderte ihn eigentlich, daß es noch zu keinem Ausbruch gekommen war. Schnell stand rr auf und flüsterte:Wenn Du nicht ordentlich bist, siehst Du mich niemals wieder." Sic wurde auf der Stelle still und ließ sich von ihm beim Anziehen des Jacketts helfen. Auf dem Heimweg war sie nervös-lebhaft, sprach von der freien Liebe und flatterhaftem SchinetterlingSdasein und lachte forciert. Jeden Augenblick wollte sie in ein Caf6 und etwasRichtiges" genießen. Sie machte sich über ihren Mann lustig und brach plötzlich in Tränen aus. Der Agent ging schweigend und unangefochten neben ihr und entwarf allerlei Pläne; nur als sie zu weinen be­gann, hielt er einen Augenblick inne, weil ihm das ein gutes, Vorzeichen zu sein schien. «ie hatte kein Geld mehr, und er war nicht der Mann dazu, von der Luft leben zu können; also mußte er wieder. seine Zuflucht zum Kognakgeschäst nehmen. Zur Versorgung einer Frau fühlte er sich auch nicht berufen, und da sie nicht. im guten verduften wollte, beschloß er, selbst vom Platze zu weichen. Als sie an der Haustür anlängten, bat er sie sanft, vorauszugehen In dieser Nacht hatte Frau Sörensen einen heftigen hysterischen Anfall. Sie weinte und klagte, kratzte sich im Gesicht, um sich zu entstellen, rief in einem Atemzug nach ihrem Mann und dem Agenten und wiederholte stundenlang den Satz:Ich will nach Hause, ich will nach Hause!" Mehr- malS waren die Hotelangestellten vor ihrer Tür und lauschten, gingen aber nicht hinein. Am Vormittag kam der Hausknecht zu ihr in? Zimmer und teilte ihr mit, der Agent fei für längere Zeit fortgereist und wünsche, daß seine Zimmer während der Zeit vermietet: würden; darum stelle man ihr anheim, sick) ein anderes Logis zu suchen. Frau Sörensen gab ihm. keine Antwort; eS war nickst ganz klar, ob sie ihn verstanden hatte. Aber sie stand dock auf und kleidete sich an, dann wankte.sie in. eine Ecke des Zimmers und ließ sich auf einen Lehnstuhl fallen. Da saß