«It. 60.- 1916.
Unterhaltungsblatt des Vorsväets
Mag, t?. Marz.
?n einem Lazarettzug. wichtiges Kapitel im Kriege bildet das Sanilätstrmisport- weien. Zuerst heißt es, die unmittelbar in und hinter der Ge- iechtslinie liegendaii Verwundeten zum nächsten Verbandplatz zu schaffen. Hier kommen nur menschliche Kräfte in Frage. Auf besonders konstruierten, manchmal auch nur aus Baumästen, tKmzsnschäften usw. zusammengesetzten Tragbahren geht dieser Transport vor sich. Nach Anlegung der ersten Verbände erfolgt dann die Weiterbeförderung der Verletzten in die Feld- und Gar- nisonlazarcttc durch Pferde- und Kraftwagen, wie auch durcb Schlitten und Tragtiere.   Als ideales Transportmittel kommt das Lazarettschiff in Betracht, das sowohl große Mengen Ver- wundster aufnehmen kann, als auch einen ruhigen uird Verhältnis- mäßig schnellen Transport gestattet. Leider aber beschränken zwei Bedingungen seine ausgedehnte Anwendung: das Vorhandensein schiffbarer Wasserläufc und die Temperatur. In strenger Winter- zeit wenn Flüsse und Kanäle mit starker Eisdecke überzogen sind, verbietet sich die Anwendung der Schiffe von selbst. Die Hauptrolle im Sanitätstranöportwesen spielt die Eisen- lxihn. Erschütterungen und Stöße, die bei anderen Gefährten infolge geringer Federung und ungünstiger Wege unausbleiblich sind, verschlimmern die Qualen der Verletzten und können selbst zum Tode führen. Die gut gefederten Eisenbahnwagen, sowie der gleichmäßig ebene Schienenstrang setzen die erwähnten Beschwerlich- leiten auf ein Minimum herab. Wir unterscheiden zwei Arten von Lazarettzügen. Ersten« Hilfslazarettzüge, die vor allem dem Massentransport Leichtverwundeter dienen. Hier finden hauptsächlich PersoneMvagen 4. Klasse sowie gedeckte Güterwagen Verwendung. Die Krankenlager bestehen aus Tragbahren und �Hängematten, die in den großen leeren Wagen aufgestellt und tlßftörmt lirrdV fttrX«rr-
sammenstellung gestattet gleichzeitig die Behandlung der Verletzten während der Fahrt. Ein solcher Lazarettzug führt außer den Krankenwagen, die alle aus breiten und langen, auf Drehgestell ruhenden D-Zug wagen bestehen, noch Operations-, Küchen-, Ver. waltungs-, Wärter-, Maschinen», Desinfektions» und Vorratswagen. Schließen wir uns einer Besichtigung und Führung eines solchen Lazarettzugcs an, der kurz vor seiner Indienststellung in langer Wagenrcibe auf den Gleisen der Eisenbahnwerkstätten außer- halb der Stadt steht. Beim Abschreiten der langen Front zählen wir 32 Wagen, von denen die Hälfte als Krankenwagen dienen. Wir steigen in den ersten ein. llner Führer macht uns auf die technischen und sanitären Einrichtungen aufmerksam, soweit sie nicht ohne weiteres auffallen. Ter Mannschaftskrankenwagen, in dem wir unS jetzt befinden und deren der Zug i« ganzen 16 hat, bietet Raum für 14 Verletzte. An Doppelreihen sieben die Bett- stellen übereinander. Matratzen. Kissen und Decken sind mit schnce. weißem Leinen überzogen. Bei Lcichtkranken wird das obere Bett am Tage entfernt und das untere durch Aufstellen einer Matratze als Rückenlehne in ein praktisches Sofa verwandelt. Seit- lich an den Wagenwänoen sind neben jedem Bett Kästen angebracht, in die der Kranke seine Uhr und Wertsachen unterbringen kann. Auch fanden wir schon Haar, uird Zahnbürste nebst Kamm darin vor. Ein einfacher aber wärmespendender Eiscnofen sorgt für eine behagliche Temperatur im ganzen Wagen. Der längs den Wagen- wänden angebrachte Wandschmuck ist dazu bestimmt, das Gemüt des Kranken zu erheitern und ihn abzulenken. Reproduktionen guter Gemälde sind es und durchweg lebcnbcjahendc Motive. Air passieren noch eine Reihe solcher Wagen und gelangen dann m den Offizierkrankenwagen. Sieben Bettstellen aus wcitzlackier- lem Eisenrohr haben hier an den Längswänden Aufstellung gefun- den. Vor jedem Bett ist ein Ständer angebracht, der ein verstell. bares Brett trägt, das je nach seiner Stellung als Tisch, Schreib- oder Lesepult dient. In seiner sonstigen Ausstattung gleicht der Wagen dem der Mannschaften. Unser Führer zeigt uns noch daß die Bettstellen durchweg bei Offizieren und Mannschaften auf breiten Blattfedern ruhen, die alle Erschütterungen auffangen. Weiter gelangen wir in den O p c r a t i o n s w ag e n, dessen Einrichtung auch den Laien in Verwunderung setzt. Seine An- ordnung in der Mitte des Zuges gewährleistet geringe« i�chwankcn. Zunächst sehen wir die Apotheke, die in übersichtlich geordneten Flaschen und Kästen in der Hauptsache das enthält, Ivos zur opera- livcn und medikamentösen KriegSkrankenbchandlung notwendig ist. Daran schließen sich Sterilisierräum- für Verbandstoffe und ärzt. lichc Bestecke, und dann folgt der eigentliche OpcrationSraum. Er nimmt reichlich die Hälfte eines an und für sich langen D-Zug. Wagens ein. Die Einrichtung läßt nichts von dem vermissen, waS
man von einem modernen OperationSzimmere einer chirurgischen Klinik verlangt. Da ist der, mit Arm- und Beinstützen versehene, nach allen Richtungen verstellbare Operationsstuhl, ihm zur Seite schwenkbare Tischchen und in den Ecken Schränke mit chirurgi- schen Instrumenten. Wir bestaunen das alles und bekommen Re- fpekt vor der Arbeit, die notwendig war, das alles zu schafftn und zweckmäßig zu verteilen. Nur durch eine Schiebetür davon getrennt ist der Rontgenraum. An den Operationswagen schließt sich der Wärterwagen an(auch hiervon sind mehrere vorhandenj, der in Aussehen und Einrichtung wenig von dem Viannschaftskranken- wagen abweicht. Einen langen Weg haben wir schon zurückgelegt und doch erst die Hälfte der Wagen besichtigt. Unser Führer verspricht uns noch manches Interessante zu zeigen, und führt uns in den Küchen- wagen, der in seiner imponierenden Ausstattung an eine vor- nehme Hotelküche erinnert. Der Herd, der in der Mitte des Wagens freisteht, gestattet ein Hantieren von allen Seiten. Außer vielen Kochstellen auf der Herdplatte sind die Seiten mit Brat- und Backöfen und Wärmspinden versehen. DaS Essen wird in Transportkübcln, die nach dem Prinzip der Kochkiste mit Isolier- wänden und-decke! versehen sind, in die einzelnen Wagen ge- schafft und gelangt hierbrühwarm" zur Verteilung. Alle Ge- brauchsgegenitände der Küche sind aus dauerhaftem, hygienisch ein- wandfreiem Material, hauptsächlich aus Aluminium, Emaille, Glas und Porzellan. Wir verlassen die gastronomisch« Stätte und sind nach ivenigen Schritten im A e r z t e- und B e a m t e n w a g c n. Die einzelnen Abteile des Wagens sind in Kabinen umgebaut, die mit ihren Möbeln, Bett, Schrank, Tisch und Stuhl, einen zwar kleinen, aber praktischen Schlaf- und Wohnraum ergeben. Im darauffolgenden Wagen macht unser Führer auf die Schreib- Maschine aufmerksam, und in der Ecke steht auch ein kleiner Kassen- schrank, der jetzt eine gähnende Leere zeigt, später jedoch eine wohl- gefüllte Kriegskasse aufnimmt. Die zweite Hälfte dcL Verwal- lungswagenS kann man als Kasüw bezeichnen, in dem Aerzte und Beamte gemeinsam die Mahlzeiten einnehmen und ihre freie Zeit verbringen. Auch hier ist für Innendekoration gesorgt, und ein kleines tragbares Harmonium vermehrt den Eindruck des An- heimelnden. Wir halten kurze Rast, während der gedeckte Tisch einer eingehenden Prüfung auf seine- und trinkbaren Bestände unterzogen wird und ein musikbegabter Begleiter zeigt, daß daS Harmonium auch für ein kritisches Ohr Achtungswertes leistet. Nach dieser Pause gehts in den Maschinenwagen, in dem der mit einem Dynamo gekuppelte Benzinmotor das Hauptinventar bildet. Sin richtiger Automobilmotor ist es mit Kühler, Zylindern und AuSpuff. dessen Mündung selbstverständlich außerhalb des Wa- genS liegt. Die Piaschinenanlage bat den für die Beleuchtung und den.Kraftverbrauch notwendige« Strom zu erzeugen, der dann von der Marmorschalttafel aus in Kabeln und Einzeldrähten weiter- gefiihrt wird. Besonders macht unser Führer noch darauf aufmerk- sam, daß der für den Motor benötigte flüssige Brennstoff aus dem gesondert liegenden Behälter mittels Kohlensäure gehoben wird, um Explosionsgefahren vorzubeugen. Ueber die Plattform hinweg gelangen wir in den Des infcktionswagen, dem. wie unser freundlicher Führer be- merkt, der Titel..Totemoagen" gebührt. Denn hier werden unge- zählte Milliarden Bakterien und Krankcnkeime ahgetötet. Die auf gestellten Geräte und Apparate sorgen dafür, die Arzt- und Kranken. Wäsche bakterienfrei zu machen. Nicht nur Bazillen und Kokken werden vernichtet, ehe sie ihre lebensfeindliche Tätigkeit auftiehmen, sondern auch Ungeziefer mit samt seiner Bvut schrumpft in dem mit erhitzten Formalindämpfen gefüllten Vakuumschrank zu unschäd­lichen Ueberresten zusammen. Ein im Nebenraum eingebautes Brausebad gibt dem DeSinfektionSpcrsonal Gelegenheit zur gründ lichen Korperreinigung. Jetzt bleibt uns nur noch übrig, die Vorratswagen zu besichtigen. Sie beherbergen in praktischen Schränken, Kästen und Regalen alles, was durch Verbrauch und Abnutzung ergänzt werden muß. Riesige Rtengen Wäsche liege» sauber gebunden und wohl- geordnet in großen Schränken. Küchengeräte, Decken, Pantoffeln, Sitz- und Liegestühle, Eßwaren und gefüllte Flaschen, alles ist vor- Händen. Ein rollendes Warenhaus, in dem es allerdings keine Aus- nahmetage gibt. Wir sind am Ende des Zuges angelangt und verlassen den letzten Wagen, nicht ohne vorher unser« freundlichen und diensteifriger Führer für die mit großer Sachkenntnis vorge- tragenen Erklärungen zu danken. Daß alle Wagen sowohl elek­trische und Gasbeleuchtung sowie durchweg Telephon haben, sei nebenbei erwähnt. Besonders zu bemerke» ist, daß die Wagen nicht nur an den Seiten, sondern auch auf dem Dache, auf weißem Grunde ein großes rotes Kreuz tragen. Hierdurch sind auch feind- liche Flieger in der Lage, von oben her den Lazarettzug als solchen zu erkennen und gemäß der Genfer Konvention   zu schonen.
Die Kosten für die Gesamteinrichtung eines solchen modernen Lazarettzuges sind nicht gering; sie erreichen die Höhe von 250 009 Mark. Sowohl Korporationen wie auch vermögende Einzelpersonen baden Gelder für solche Züge teils aus eigenen Mitteln, teils durch Sammlungen aufgebracht, gemäß dem Spruche:Besser Wunden heilen als Wunden schlagen." S.
Der Lichtfinn öer NeeresbeVshner. Die wissenschaftliche Erforschung der Meeresflora und Meeres- fauna, die namentlich seit der Gründung der biologischen Station zu Neapel   aufgeblüht ist, hat naturgemäß mit vielen vorgcfaßlen Meinungen aufgeräumt. Bei den Pflanzen fehlt ja zwischen einem äußeren Reiz und der Art, wie eine Pflanze sich auf ihn verhält, ein psychisches Zwischenglied: wir sind hier geneigt, ein zwang-- mäßiges, maschinenartiges Reagieren auf den Reiz anzunehmen. Bei den Tieren aber sind Ivir ebenso geneigt, ihnen Empfindungen nach Art unserer eigenen zuzuschreiben, ja, selbst bei sehr tief stehenden Tieren, z. B. bei den Staaten bildenden Insekten, wird die Analogie oft so weit getrieben, daß ihre Handlungen direkt mit denen der Menschen verglichen und ihnen menschenähnliche Beweg- gründe zugesprochen werden. Auch bei den Bewohnern der Meere und Flüsse hat die naive Auffassung den mensch- lichen Empfindungen entsprechende ohne weiteres vorausgesetzt. Wo Augen vorhanden sind, wird ohne nähere Prüfung nicht nur Licht-, sondern auch Farbenempfindung nach 8Ivt_ der menschlichen angenommen, was bei den Wassertieren uin so näher lag, als sehr viele zur Zeit der Paarung ein sarbenprächligeö Aussehen annehmen, ein sogenanntes Hochzeitskleid anziehen. Der Bitterling z. B., eine Karpfenarl, erglänzt in den herrlichsten Regenbogenfarben, der un- scheinbare Stichling erstrahlt in schönen dunkelgrünen und roten Farben, als ob er von innerem Feuer erglühte. Unwilllürlich meint man, diese Farbenpracht sollte das Weibchen anlocken. Die nüchtern forschende Wissenschaft aber ist zu ganz anderen Resultaten gelangt. DaS menschliche Auge ist ein sehr kompliziertes Organ, in dem die Lichtreize von zwei Systemen verschiedenartig gebauter Nerven- cndungen aufgenommen werden, den sog. Stäbchen und Zapfen, die über der nervösen Ausbreitung deS SehnervcS, der Netz­haut. verbreitet sind. Nun hat sich herausgestellt, daß die «Stäbchen schon sehr schwaches Dämmerlicht wahrnehmen, hierbei aber nur eine allgemeine Helligkeit ohne Farben- unterschiede empfinden, wäbrend die Farben erst bei etwas stärkerem Licht, und zwar durch die Zapfen wahrgenommen werden. Es gibt auch total farbenblinde Menschen, in deren Augen die Zapfeu fehlen und die deshalb nur Abstufungen der Helligkeit unterscheiden. Auck bei den im Wasser lebenden Tieren zeigte sich namentlich dur Untersuchungen des Münchener Forscher? v. Hetz, daß sie auf O reize genau ebenso reagieren, wie ein total farbenbttud-r oder wie das sarbentüchtige menschliche Auge in schtoas- rung. Aus dieser Tatsache zog Heß den Sch?«'- sie? tiere von den Fischen herab bis zu den r.. Farbenempfindung nicht haben. Das... en Farben der Hochzeitskleider von ihren Trägern nicht sollen wahrgenommen werden, wird zu c' um, großen i schwinden, wenn wir berücksichtigen, daß das' v'' ettTr.i Lichtarten gar nicht gleichmäßig« daß-.wr bei mätziger Dicke der Wasserschich' i-.n und gelben Farben merklich nachlassen; die in der L sehen durch ein grünblaues GlaS betrach?,' dicken Wasserschicht entspricht, doch wesentlich Freilich soll nicht verschwiegen werden, Di ß-* S'w nicht allgemein angenommen und unwidersprochen gerne' ha Fröhlich festgestellt, daß in den Augen der Tinten'- u ähn­lich Tintenfisch genannt) rot und blau bei gleicher Lichistärke ver- schiedenartige Erregungen hervorbringen, nachgewiesen durch ver- schieden starke AltionSströme, daS sind feinste elektrische Ströme, die bei der Tätigkeit eines lebendigen Organs entstehen. Er schließt hieraus aus eine Farbenunterscheidung, die nicht in einer bloßen Unlerscheidung von Helligkeilsunterschieden besteht. Die Frage der Farbenwahrnehmung der Meeresbewohner ist also keineswegs schon endgültig und eindeutig entschieden. Mttfik. MähulZJoseph" im Deutschen Opernhaus  . Seit mehr als hunder: Jahren hält sich diese biblische Oper vor- nebmlich auf deutschen Bühnen. Die Gründe hierfür sind historischer und musikalischer Natur. Mühul, ein um ein Lebensalter jüngerer
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Ueberfluß.
Lon Martin Andersen Nexö.
Doch sie hatte soeben Gewißheit darüber erlangt, daß Grund zu Befürchtungen vorhanden war, und schüttelte lächelnd den Kopf:Wir sind zu alt, Peter das heißt, ich wenigstens." Er atmete erleichtert auf und widmete sich von nun an ruhig seinen Interessen. Eines Tages brachte er ihr ein kleines Buch:Entsinnst Du. ich, was für ein Tag heut ist, Laura? Zweiundzwanzig �ahre ifts her, seitdem wir geheiratet haben, und fast elf Jahre, seidem ich ein ordentlicher Mensch wurde Und hier sollst Du bloß sehen was die elf Jahre gebracht haben- drelßigtaufend Ueberschuß, genau dasselbe, was die elf ersten Jahre verschlungen haben. Ist das nicht wunderbar? Es gibt wahrhaftig eine Gerechtigkeit! Aber ich Hab mich auch auf die Hosen gesetzt, um das zu erreichen. Tu! Und Dich Hab ich wieder, wie cim ersten Tage unserer Ehe, und daS Glück des Hauses. Es hält sich genau das Gleichgewicht. Ich Hab in den elf Jahren auch an nichts anderes gedacht, Nacht und Tag, das kann ich wohl sagen. Und das Glück ist ge- kommen! Mit dem ist's nicht so einfach. Du, denn man hat nicht selbst darüber zu befehlen. Aber gekommen ist es. Wie Hiob  , so ist's mir ergangen genau so! Das heißt, e r bekam ja das Seine mehrfach wieder, natürlich. Aber wenn wir mit meinen Delikata nur bald ein Resultat er­zielen. dann sollst Du mal sehen. Es zieht sich ein bißchen lange hin, aber sie werden durchschlagen sie werden durch. schlagen!" Sicher," erwiderte sie tröstend und legte den Arm um seine Schulter, um mit in die Geschäftsbücher zu sehen.Du ~ ja. es ist fast ein Unrecht, Dich zu vlundern, aber ich mächt so gern eine Flasche von Deinem Likör haben; ich Hab keinen mehr." -.Zwei! Zwei sollst Du kriegen!" rief er und stürmte vergnügt aus der Stube.Sieh, wie er leuchtet!" sagte er strahlend, als er mit zwei kleinen Flaschen zurückkam.Er ist wirklich gut. das richtige Damengetränk. Aber daß Du die erste sein solltest, die sich ineincn Fabrikaten leidenschaft- lich ergibt, das hätte ich mir doch nie träumen lassen. DaS ist eine glückliche Vorbedeutung."--
Im Wohnzimmer saß Frau Sörensen und flickte. Sie saß auf einer kleinen Erhöhung am Fenster, und auf dem Schoß hatte sie ein Paar von Aages Beinkleidern, die am Knie zerrissen waren; sie war im Begriff, einen Flicken ein- zusetzen. Auf einem Stuhl neben ihr lag ein Haufe gc- wascnener Strümpfe, und über der Stuhllehne hingen ein Hemd ein ein paar abgenutzte Wolljacken. Aber sie arbeitete nicht, sondern blickte starr in die Stube, mit einem eigen- tümlichen Blick, der zu brechen drohte, und in ihren Schläfen pulste es. Ihr Mann kam herein:Ja, wahrhaftig! Ich glaube, Du hast recht. Und ich dachte, sie litte an Winden. Es muß ja schon weit mit ihr sein." Frau Sörensen stieß die Lust ein paannal von sich, als hätte sich ihr ein Fädchen in die Nase gesetzt; es schauderte sie. Wer kann es sein?" fragte sie endlich; sie versuchte, sich beim Sprechen zu beherrschen. Ja, das mag Gott   wissen," erwiderte Sörensen lachend, sie ist ja mannstoll. Man denke nur. wie sie sich an den Kandidaten herangemacht hat. Und wo es Sahne gibt, da sind auch bald die Katzen da." Aber so sprich doch nicht so, Sörensen! Du weißt recht gut. daß nur ein Tier sich mit so einem unglücklichen Wesen einlassen würde." Sie ging heftig im Zimmer auf und ab. »Ja, sie ist natürlich ein Idiot," erwiderte Sörensen gut- inütig,aber die Leute stagen wahrhaftig nicht nach dem Kopfe, wenn sie so aufgelegt sind." Pfui! Pfui!" Sie stampfte empört auf den Fuß- boden. Dann wandte sie sich ihm zu und fragte ihn heiser: Es wird doch nicht Äage sein?" Sie starrte ihn an, als wollte sie die Antwort mit den Augen einsaugen. Ja nein ja das weiß ich nicht. Du. Er hat sich ja auch mit ihr verlustiert, er wie die andern. Und ein Draufgänger ist er gewiß." Sie starrte ihn an, während ihre Augen sich füllten: Aber dann glaubst Du es ja?" Ja, das heißt ganz unmöglich ist es wohl nicht. Aber wir fragen ihn, und eS wird sich wohl ein Ausweg finden lassen." Ach, aber dann ist er es ja," rief sie weinend.Und ich Hab es gar nicht geglaubt, sondern wollte bloß sicher darin gehen, daß ich mich irrte. Und mit so einer armen Blöd- sinnigen ach nein, nein! Und da soll man auf die Art Großmutter werden vielleicht auch von einem armen
Idioten. Eia popeia bsch, bsch," sie wiegte den Ober- körperweine nur nicht, kleiner Idiot von Fremden hast Du's ja nicht." Sie ließ die Stirn auf den Nähtisch fallen und lachte unheimlich wild, ein gackerndes Lachen._ Mütterchen, Mütterchen," sagte Sörensen verzweifelt und hielt ihren Kopf; er verstand bloß so viel, daß es jetzt wieder wie früher war.So sei doch ruhig, so sei doch ver- nünflig!" bat er. Ach ja, ack ja," stöhnte sie und suchte ihr Lachen zu be- kämpfen.Und wenn dann die Polizei kommt... denn cS steht Strafe auf so etwas!" Sic lachte wieder, ganz still, fast innerlich. Du sollst sehen, wir richten's so ein, daß es ganz im- bemerkt abläuft," sagte er beruhigend. Ach, schweig doch!" rief sie schroff.Hat er sie ge- braucht, so soll er sie auch anerkennen. Denn er ist es doch wohl?" Sie faßte ihren Mann an und starrte mit ver- wirrtem, bittendem Blick auf ihn. Wir wissen es ja nicht mit Bestimmtheit, Liebe." Nicht mit Bestimmtheit? Nein, denn es waren ivobl mehrere Raben bei dem Aas in gutem Einverständnis vielleicht. Aber er soll die Folgen auf sich nehmen, wenn er es ist. Ist sie gut genug, ihm Kinder zu gebären, so ist sie auch gut genug, seine Frau zu werden." Sie brach plötzlich zusammen und wurde ganz klein; sie erinnerte sich, daß sie jetzt kein Recht mehr hatte, zornig oder ärgerlich zu sein. Still ging sie an ibrc Arbeit. Aber Sörensen benutzte die Gelegenheit dazu, sich aus dem Staube zu machen.Ach, wie lange war der Adam im Paradiese!" murmelte er. Aber, Gott sei Dank, noch war man nicht ganz aus der Uebung. Und er ging an seinen Schenktisch. Kurz daraus kani Aage in die Stube, die Bücher unterm Arm.Tag, Mutter!" Ein Räuspern war die einzige Antwort. Erstaunt sah er sie an:Gefüllter Weißkohllopf, Süße Suppe und ein einstündiges ischläfchen und zum Teufel mit allen seinen heiligen Engeln mit der Navigation!" Er rieb sich kräftig die Hände, ging in der Stube umher und faßte verschiedene Gegenstände an, während er zur Mutter hinüberschielte, die mit grimmigem Blick dasaß und sich zu polemischem Denken aufzuraffen schien.Woran denkst Dn denn, Mutter?" O. ich denke daran, daß Du Dich schämen sollst," sagte sie schließlich.(Forts, folgt.)