Hr. 165. 1915.
Unterhaltungsblatt des Vorwärts Bonerstag, 2. Juli.
Von Emil Unger.
' s hett mir kein Pläsier gemacht, do han i müesse von vorne an- summten seine Lippen, als er so dahinging, das alte schöne Voltsfange,' s isch mir juschtement nicht licht g'falle." lied:" Straßburg , o Straßburg , du wunderschöne Stadt Sie waren mittlerweile in die Blauwolkengasse gelangt. Beim Rathaus jaßen auf offenem Play alter Bäume Gäste aller Finnel zeigte auf ein Haus. Art und tranken Kaffee. Camille setzte sich ebenfalls hin. Hier
" Do müeß i nin," sagte sie. Dann wurde sie still und ernst. wollte Josephine ihn abholen. Die Sonne meinte es gut. Wenn Im schönen, warmen Mai war's, als ein mittelgroßer, brü- Er sah ihr in die braunen, guten Augen und las seine ganze das Wetter anhielt, mußte die Tour durch die Vogesen genußreich netter Herr über den Kleberplaz schritt. Er trug einen grauen Kindheit darin. Das waren dieselben Augen, in die er schon als werden. Schade, daß das liebe Mädchen nicht mitwandern konnte. Touristenanzug und einen Lodenhut von gleicher Farbe. Auf seinem kleiner Junge so gern geschaut. Es waren gleichsam die Fenster Wie viel schöner wäre das gewesen. Leider war es dem armen runden, frischen Gesicht mit dem kleinen Schnurrbart lag der Ab- zu Finnels Seele. Darin sah es so freundlich und traulich aus, Kind nicht möglich. Soeben kam' s Finnel die Straße herab. Sie glanz stillvergnügter Freude und der Gang war von jener Elastizier hatte sich immer wohl darin gefühlt. Ihre Kindheit war wie hatte sich ganz weiß gekleidet und sah allerliebst aus. Ihr Gesicht tät, die uns sofort durchströmt, wenn wir einmal alle Arbeiten und ein heiterer Frühlingstraum, seine lag von grauen Wolken um- war gerötet, ihre Augen glänzten. Um zehn Jahre schien sie verGepflogenheiten, alle Sorgen und Verdrießlichkeiten des Alltags hüllt hinter ihm, nur spärlich leuchtete hier und da ein rosenroter jüngt. Sie setzte sich atemholend. Ihre Hand lag heiß in der von uns geworfen haben, um hinauszuwandern in die mehr oder Lichtschein auf. meniger weite Ferne. Sicherlich lockten den Fremden die schönen, stillen Wasgautäler und die Kuppen und Firnen mit ihren verwitterten Raubritterneſtern.
Irgendwo verkündete eine Uhr mit schweren, Hallenden Schlägen die achte Morgenstunde. Gilfertig zogen die Menschen vorüber und mehr als einmal geriet der Fremde in ein Rudel junger Mädchen, die dann mutwillig tichernd auseinanderstoben. Lächelnd sah er den nedischen Kobolden nach, wie sie im leichten Tändelschritt dahinglitten. Plötzlich stuzte er. Schräg über den Blazz kam eine schlicht gekleidete schlanke Gestalt. Sie war etwas kleiner als der Fremde und über der Jugend Maienzeit schon hinaus. Ohne hübsch zu sein, zeigte das Gesicht doch angenehme Linien, und das braune Haar, das weich und wellig unter dem hellen Strohhut hervorgudte, sowie der fröhliche Blick der braunen Augen verliehen dem Mädchen einen Liebreiz, daß man nicht ohne Beachtung an ihm vorübergehen konnte. Auch dem Fremden war es so gegangen. Nur daß sein Blid ganz auf dem Mädchen haften blieb. Auch dieses war jetzt aufmerksam geworden und hemmte den Schritt. Einige Sefunden saben sich die beiden forschend an, dann eilten fie freudig überrascht auf einander zu.
"
,, Güd do, d'r Camille!"
,, Gück do,' s Finnel!"
3u gleicher Zeit riefen fie die Begrüßung aus. Mehr als Worte aber sprachen der warme Händedrud und die leuchtenden Augen. Und nun ging ein Fragen los und ein Antworten und um die beiden herum lachte der Maimorgen und die Sonne verschönte mit weichen, flutenden Strahlen das Glück des Wiedersehens. Zwei glüdlichere Leutchen waren an jenem Morgen kaum über den Aleberplatz gekommen, und der alte, mürrische Franzosengeneral jeibst schien für einen Augenblid das Schmunzeln nicht verkneifen zu können, als er so von seinem Postament herunterblinzelte. Hand in Hand, wie im Traum, schritten sie weiter. Ach, sie hatten ja so viel zu„ babble"! Wenn man sich 16 volle Jahre nicht gesehen hat, da gibt es soviel zu erzählen. Wie es in dem kleinen Bogesenstädtchen aussieht, wo sie als Spielfameraden aufgewachsen waren, ob dieser oder jener noch lebte, ob der Herr Bürgermeister mit seinem dicken Bauch noch da sei, ob die verrückte PompierBäwel noch jeden Morgen die Trommel ihres verstorbenen Mannes schlage und dergleichen mehr. Vieles war inzwischen anders geworden, seit er als junger Snedes hinausgezogen war in die weite, fremde Welt. Er hatte niemanden mehr im Heimatsort, sie war auch verwaist und wohnte in Straßburg , wo sie Klavierunterricht erteilte. Ab und zu blickte er ihr ins Gesicht, um alte liebe Erinnerungen zu wecken. Ja, die Jahre waren nicht spurlos an ihr vorübergegangen, aber feinen Zug der Verbitterung fand er in ihrem Gesicht, nein, sie war noch immer der alte liebe Kerl, der sie damals war, als sie beide im Garten ihrer Eltern spielten. Sie mußte sich wohl tapfer durchgeschlagen haben und ledig war sie auch noch. Kein Wunder, eine arme Beamtentochter und dazu noch nicht einmal eine Schönheit! So war sie also ein„ alt's Jümpferli" geworden. Sie sagte es ohne jede Bitterkeit, mit jener gelaffenen Heiterfeit, die sie auch früher ausgezeichnet hatte.
,, De erscht bescht han i nit gewellt und der richti isch nit tomme, jo han i mir halt g'jait: wer weiß, für was es güet isch. ' s müez au solche gen, die nicht hierote, sonscht hätte jo d' Litt nir zu ücze."
Camille mußte laut auflachen, als sie ihm diese drollige Philosophie vortrug.
Und dü?" fragte sie dann und sah ihm gespannt in die Augen, warum hesch du kei Frau genomme?" Er schwieg eine Weile und zog die Stirn in trauſe Falten. „ Erscht han i fei Gristenz und später kei Lüscht mehr g'hett," gab er leichthin zurüd.„ Min Metier han i an de Naujel g'hängt,
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Wann fann ich Dich wieder abholen, Finnel?" Er sprach jetzt hochdeutsch, das ihm nach den langen Jahren in Norddeutschland geläufiger von der Zunge ging als der heimatliche Dialekt. „ Bliesch denn lang in Stroßburri?" fragte sie und ihre Stimme flang rauh vor Erregung.
Morgen früh um sechs geht's weiter!"
Da wurde sie wieder fröhlich. O, do könne mir jo hitt de ganze Tag bisamme bliewe!" Sie flatschte in die Hände wie ein Kind. Plößlich hielt sie ein und blickte erschrocken zu den Fenstern des Hauses empor." Jesses, wenn mi jemand sieht, müesse se denke, ich han e Sparre bekomme. Na, Dicker, um elf Uehr!" Sie reichte ihm die schmale, weiße Hand.
" Du, ich wollte einen Kuß haben," sagte der Jugendgespiele todernst. Sie lachte hell hinaus. Geh' dü Sapperlotskerl, ich kann Dir doch nit in der Blauwolkengass' am helle lichte Tag e Schmutz gen!" ,, Warum denn nicht?".
" O, Dü Knedes, Dü frecher," schmollte sie, während es um ihre Mundwinkel schalthaft zudte, wart', bis hitt owed( Abend), do gehn mir in d'Orangerie , do derfsch mi schmuße( füffen), bis d'r Luft üsgeht." Damit eilte sie leichtfüßig davon. Er sah ihr nach, bis sie im Haus verschwunden war, dann ging er langsam
weiter.
seinen.
,, Aber, Finnel, warum rennst du denn so?" schalt er. " Ich han feini Rüeh g'hett daheim," sprudelte sie glückselig heraus. Sie aß nur etwas Gis, dann brachen sie beide auf. " Du, Finnel, ich wart' aber nicht bis Abend auf den Kuß," Inurrte Camille auf der Straße in komischem Troß.
"
Fangst dü schon wieder an," lachte sie, ich kann dir doch nit vor alle Litt um de Hals falle!"
"
Das brauchst du nicht, aber ich will einen Kuß haben und das bald," beharrte er eigensinnig.
"
Wenn du mich hinführscht, wo uns niemand sieht..
Das werd' ich schon, pas mal auf," sagte er verschmitt. Da überließ sie sich ganz seiner Führung." Ich bin g'spannt, wie e Flizzböje, wo du mich hinlotse wirscht," ficherte sie unterwegs ab und zu. In's Münschter?" fragte sie plöglich und sah erwartungsvoll auf. Er nickte lächelnd:„ Nicht in's, fondern auf's Münster ." Auf die Idee wär ich nit fomme", meinte Josephine bes wundernd. Sie traten gleich darauf in die Pförtnerloge am Fuße des himmelstrebenden Domes und lösten zwei Karten zur Plattform. Dann begannen sie die steile Wendeltreppe hinaufzuklettern. Riemand folgte ihnen. Auch von oben her blieb alles still. Da preßte Camille seine Jugendgespielin heftig an die Brust, und die Lippen fanden sich in stummer, glühender Berührung. Jetzt tamen Punkt 11 Uhr holte er Josephine ab. Er hatte einen Strauß hinter ihnen andere Besucher, auch von oben erflangen Syringen mitgebracht, er erinnerte sich, daß es früher ihre Lieb- Tritte. Die beiden Liebenden schlängelten sich lachend und lingsblumen waren. Sie drückte ihm dankbar die Hand und ver- scherzend die steinerne Spirale hinauf, immer höher und steckte auf eine kleine Weile ihr glührotes Gesicht in den Blüten. höher. Zuweilen gudten sie durch die Luken auf das DächerDie Sonne brannte heiß auf die Stadt. Sie schritten langsam die gewirr, das beängstigend tiefer und tiefer sant. Endlich waren sie Straße hinab. Um die zwölfte Stunde wollten sie im Münster sein, oben, sie hatten die 330 Stufen überwunden und konnten aus einer Camille wünschte wieder einmal die berühmte ühr zu sehen. Eine Höhe von 66 Metern weit ins Land hinaus schauen. Im weißen wundersame Kühle umfing fie im Innern des Domes. Die Luft Sonnenmeer lagen die Vogesen vor ihren Blicken. Blaulich hob sich war geschwängert vom Duft des Weihrauchs und der Kerzen. Weich in der Ferne der Schwarzwald ab, und tief unten, zu Füßen des und dämmerig brach das Tageslicht in die hohen Bogengänge. Auf Domes, breitete sich die Stadt aus. Die Häuser mit ihren spizen dem Fußboden zitterten buntfarbige Kringel. Aus den Nischen und Giebeln und ihren fleinen Fenstern waren gar puzig und niedlich Kapellen drang murmelndes Gebet. anzusehen, gerade so, als habe sie das Burgfräulein von Niedeck einst aus ihrer Schürze genommen und wahllos, im allerliebsten Durcheinander um das Münster gruppiert.
Es war schon bald eins, als Camille und sein Finnel die Kathedrale verließen. Er brachte sie noch bis zu ihrem Pensionat, dann sablenderte er planlos durch die Straßen, bis er eine Weinstube sah, die ihm zusagte. Da nahm er denn sein Mittagessen ein. Er hatte reichlich Zeit, Josephine konnte erst nach drei wieder bei ihm sein. Als er gegeffen hatte, las er noch eine Weile in umberliegenden Zeitungen. Doch das machte ihn bald müde. Da beglich er seine Rechnung und bummelte wieder durch die Stadt. Er erinnerte sich, wie er sich immer gefreut hatte, wenn er int jungen Jahren mal nach Straßburg hatte kommen können. Das war für ihn der Inbegriff aller Seligkeit. Nach der alten, wunderschönen Stadt" richtete sich stets der Sinn der Land- und Kleinstadtbevölkerung. Paris war nur für die Bevorzugteren, Straßburg aber lag auch für die anderen im Bereich des Möglichen. Es war das Paris der kleinen Leute. Als er die Stadt zum ersten Male betrat, war es ihm zu Mute, als ginge er auf heiligem Boden. Er war damals 11 Jahre alt, und eine Wunderwelt eröffnete sich ihm. Sie wunderten sich baß, da fie einen Tramway kommen sahen, in dem breit und behaglich ein Schuhmacher und seine Frau aus der Heimat sagen. Für 10 Pfennig konnte man hier eine weite Strede bequem fahren war das nicht unerhört?
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Camille und Josephine umkreisten den Turmtegel einigemal, dann ließen sie sich in einer Nische auf einer Bank nieder. Sie sahen bald in die Ferne, bald tief einander in die Augen. Ihre Lippen fanden sich so oft nur selten wurde das Pärchen durch Vorübergehende gestört.
" Jetzt brüchsch fei Drangerie mehr," nedte Finnel. " Ich hab' dir aber wenigstens gezeigt, daß es in Straßburg Bläße gibt, wo man auch am hellen, lichten Tag ungeniert füssen fann," erwiderte Camille und strich ihr zärtlich die braunen Haarbüschel aus der Stirn.
Ich bin schon so lang in Stroßburrj, aber das wär' mir nit ing'falle," gestand sie kopfschüttelnd.
Camille amüsierte sich über ihre Miene.„ Du hast auch nicht gewußt, daß man zuweilen an einem schönen Maimorgen bloß über den Kleberplatz zu gehen braucht, um gefüßt zu.
„ Dü bisch e ganz frecher Kaib," schmollte sie, und preßte ihre kleine, weiße Hand auf seinen Mund.
" So lass' mich doch ausreden," bat er prustend. " Ich lauf' glich furt und loß di allei," drohte Josephine und rüdte enger an seine Seite.
Wie fern doch diese Zeit zurücklag, wie fern und doch so nahe, So verging Stunde um Stunde. Sie dachten gar nicht mehr so greifbar deutlich! Jezt, da er auf der Mittagshöhe des Lebens daran, sobald wieder hinab zu steigen. Hier oben war es so frei stand, grüßte ihn wieder die heimatliche Erde, kam ihm alles so und luftig, so föstlich einsam, so heilig still, daß sie gar kein Verlieb, so traut und köstlich vor, und um die Bitternisse der Jugend langen hatten, ihre verschwiegene Nische allzu frühe aufzugeben. woben sich rojige Schleier. Die kleinen Freuden jener Tage traten| Camille bot seinem Finnel noch öfter Ursache, ihm den Mund zuleuchtend wie Morgensonnenglanz vor seinen Geist. linwillkürlich zuhalten und ihn„ frecher Kaib" zu nennen. Als er sie aber gegen Gesinnung herauszulesen. Manchmal weiß ich mich kaum zu Die Erweckung der Maria Carmen. beherrschen; wenn ich einen von den Burschen lachen sehe, möchte ich die Reitpeitsche auf ihn niedersausen lassen; es wäre mir fast eine Wohltat, wenn sie in offene Meuterei ausbrächen, um meine Kraft an der ihrigen zu messen, um mir mit dem Revolver Rache zu holen.
Von Ludwig Brinkmann. Marina sicht bleich aus; ihre sonst so frischen, bräun. lichen Wangen find heute fast grau, und ihre Augen sind verweint. Doch ich herrsche sie rauh an, überhöre den freundlichen Morgengruß.
alles in bester Ordnung, aber unter der glatten Oberfläche Ein so schönes, so großes Werk! Aeußerlich erscheint tobt das Chaos!
Meinen Mut mag ich wiedergefunden haben, aber mein Vertrauen zum Werke ist erschüttert, ist unwiederbringlich dahin. Ich ertappte mich dabei, daß ich nur für meinen Nachfolger dachte. Briefe meldeten mir, daß die Wafferturbinen und die elektrischen Maschinen demnächst von den europäischen Werken abgingen. In sechs bis acht alledem kommen sie nicht zu früh; in zwei Tagen liegen die Wochen können sie hier im Gebirge ankommen. Und troz Röhren, und der größte Teil meiner Leute wird frei, um das Maschinenhaus fertig zu stellen, von dem jetzt erst die Fundamente stehen. Ich übergab Porfirio die Pläne und erklärte ihm alles ausführlich gerade so, als wäre ich bald nicht mehr da Wirklich es ist mir bitterer Ernst damit
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mir
Sie nimmt mir die vom Blute starr gewordenen Binden ab und wäscht mir die Wunde zwei- bis dreimal aus. Es Ich fühlte, daß ich müde wurde. Die Sonne begann macht mich vor Schmerz stöhnen; sie schlucht aber spricht rasch zu finken. Nur nicht in der Nacht heimkehren, nur fein Wort. Fast erscheint es uns beiden jo, als hätte Marina das nicht! Hinter jedem Busche, hinter jedem Steine fann selbst mich verwundet. Ich lasse sie neue Binden umlegen der feige Mörder lauern! So kam ich vor Einbruch der Dunkelheit heim. Ich und ganz, ganz fest wickeln. „ Sie müssen einen ganzen Tag halten," sage ich dem ließ mir von Marina die Wunde wieder verbinden und lag wäre wohler, ich schlummerte oben im Gebirge; das VerMädchen. Ich will nicht, daß irgend iemand etwas davon dann die Nacht angekleidet auf meinem Bette. Ich fliehe brechen dieses Schurken hat alle meine Hoffnungen zerstört, erfährt. Daß Du fein Wort zu Deinem Vater sagst! Und ich mich schämen möchte. Was hat mein Bleiben hier für zwanzig oder dreißig Jahre hier Silber zu graben und sich vor meinem eigenen Werke; ich bin so feige geworden, daß begraben. Mir erscheint es so lächerlich, so unwürdig: nun geh und laß ihn mein Pferd satteln!" ,, Euer Gnaden wollen fortreiten?" einen Zweck? Ich will zurück, ich will heim; mögen andere dann erst einscharren zu lassen. Warum nicht gleich? hier in diesen Bergen Silber graben was geht es Ich bin weit durchs Gebirge gestreift, habe zwischen mich an! den granitenen Säulen der Ewigkeit über die Ewigkeit nachgedacht. Und sah vom Grunde meines Schlosses- meines Grabes, ist es nicht dasselbe? die Unendlichkeit der Welt fich zu meinen Füßen erstrecken, und eine seltsame Versuchung kam mich an
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,, Freilich!" Ich nehme meinen Revolver aus dem messingbeschlagenen hölzernen Koffer, auf dessen tiefſtem Grunde er seit einem Jahre unberührt gelegen hatte. Während ich ihn ein wenig ostentativ lade, bricht Marina wieder in Tränen aus.
bemerkt hat.
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Ich fühle es, das Verderben lauert hier auf mich, wenn ich noch länger verweile. Wenn sich der Schurke Tozo doch nur stellen wollte! Er oder ich dann wäre ich doch wenigstens aus dieser Qual der Ungewißheit heraus. Aber er wird sich hüten; er Es war dieselbe Empfindung, die ich damals auf dem brütet in den Schluchten des Gebirges, in der Finsternis der schneebedeckten Gipfel des Popocatepetl gehabt habe, die Nacht seine schwarzen Pläne, ist unangreifbar für mich. Wie Sehnsucht, ein Glied im Bunde der Ewigfeiten zu werden, oft habe ich früher über die wilde Sitte des Zweikampfes indem ich, fern über der Erde und dem azurblauen Himmel gelächelt; nun sehe ich den Zweck ein: besser int offenen so nabe, die granitenen Felsen über mich bette und das Kampfe durch den Zufall hinweggerafft zu werden als seine Grabmal mir baue, mit dem verglichen alle Pyramiden nur Tage im Elend zu verbringen, cine verräterische, tüdische winzige Schneckenhäuser sind. Wolfe über dem Haupte!
"
" Ich wollte, Euer Gnaden blieben heute hier!" " Zue sofort, wie ich gesagt habe! Ich habe keine Lust, meine Zeit zu verschwaßen!" Dann bin ich wieder in die Berge hinausgeritten. Mein Arm war ein wenig steif; ich hoffe aber, daß es niemand Draußen fand ich die braunen Arbeiter sämtlich bei der Arbeit, die munter fortschreitet. In wenigen Tagen werden die Rohre liegen. Die Leute geben sich alle Mühe, den Ertralohn zu verdienen. Wenn nichts Störendes eintritt, Als mir Marina mein Huhn brachte, fragte ich sie: werden sie zur verabredeten Zeit fertig werden. ,, Hast Du nicht vergessen, das Gift hineinzutun, das Porfirio kommt auf mich zu und hat tausend Fragen zu Dir Tozo gab?" ſtellen. Ich gebe ihm meine Anweisungen, die er augen- Das Mädchen stürzte aus dem Zimmer. scheinlich versteht. Und dann eilt er wieder zu seiner Arbeit. Alle meine Empfindungen sind vergiftet. Welch ein selt. Ich bin fast überflüssig. Ich reite rastlos auf dem Ab- fames Vergnügen bereitet es mir, das Kind so zu quälen! hange hin und her und blicke auf das Werk, das hier geleistet und doch werde ich meines Argwohnes nicht Herr. Da ist morden ist. Ich sehe deutlich, wie es hätte werden können, etwas von der ewigen Feindschaft zwischen Rasse und wie es hätte werden müssen, wenn alles nach Wunsch Rasse.... gegangen, geglückt wäre. So viel Schwieriges ist über. wunden worden; das Größte war getan, schier vollendet, und nun soll mir nicht vergönnt sein, den Rest auszuführen? Der Haß focht in mir... und der ist kein tüchtiger Baumeister und Brotherr. Wenn ich an irgendeine Gruppe der Zente herantrete. blide ich fie argwöhnisch an. Ich suche aus den Mienen ihre
Und es folgte eine bange, elende Nacht.
In solchen Gedanken war mir alles andere gleichgültig: ich sah gemächlich dem Sonnenuntergange zu, und erst nachdem der Glutball die Rosengärten des Himmels verlassen und rote Feuergarben aufsprißend in den dunklen Fluten des Stillen Meeres versunken war, machte ich mich auf den Heimweg. In das Tal hatten sich bereits die schwarzen Schatten der Nacht hineingewälzt; doch ich ritt langsam immer weiter. Mir war es gleich mochte der Bube nur hinter dem Baume hervorfeuern.
Und doch, als ich zur Stelle gelangte, wo vor zwei Tagen der mörderische Schuß gefallen, ergriff mich ein falter Doch endlich fand ich mich selbst wieder. Der Schmerz Schauer. Aber ich ritt nicht schneller; ich zog nur meinen der Wunde ließ nach; ich fühlte etwas von Heilung. Und Revolver und ließ das Pferd ganz langsam Schritt für mit der Genesung kehrte auch ein wenig Zuversicht zurück. Schritt seinen Weg finden. Endlich gelangte ich zum AusVielleicht lag es auch an dem schönen, sonnigen und doch gange des Tales und schlug auf dem besseren Gelände einen fühlen Oftobertage. Das Licht macht uns starf; aber in der leichten Trab an, nicht aus Furcht Nacht werden wir alle Feiglinge.
( Forts. folgt.)