»<86-1915 Unterhaltungsblatt öes Vorwärts���WvIvW�MWWVMMWWWMWMMWWWWMMMMWWWMWWWMWMWWWWWWWWWWWWWWWMyW�ystfMMM�, m�lter und Keimdrüsen.Bon Dr. Alex. L i p s ch ü tz.Für jeden von uns kommt schließlich die Zeit, wo wir altwerden und sterben. In den Organen und Zellen unseres Körpersmachen sich im itaufe der Jahre Veränderungen bemerkbar, die fürda- Alter charakteristisch sind: Ältersveränderungen. Tie Organeund Zellen werden kleiner, die Zellen sind atrophisch geworden.Das ist der Punkt, um den sich alles im Alter dreht! keine Zelle inunserem Körper, die nicht im Alter einen Schwund erfährt. DieZellen des Gehirns und des Rückenmarks, die Zellen des Herzens,der Leber, der Nieren, sie alle erfahren ihren Altersschwund. Daskann man mit Hilfe des Mikroskops alles sehen.Nun gibt es aber auch im Leben der Zellen eine ganze Menge,was man nicht sehen kann, was nicht Form ist: den Stoff-Wechsel der Zellen, den wir mit Hilfe von allerlei Methoden imLaboratorium zu messen wissen. Das hat man getan, und man hatgefunden, �daß der Stoffwechsel des gealterten Organismus vielgeringer ist als der der Erwachsenen. Im großen ganzen kannman sagen, daß der Stoffwechsel im Alter um etwa 20 Proz.geringer ist als beim Erwachsenen. Die Leistungen der Zellensind geringer geworden: weniger lebendige Substanz ist da, wenigerlebendige Substanz wird verbrannt, verlebt. Und wenn die Zeitgekommen, wo bestimmte Zellen des Körpers, deren Mitarbeit imHaushalte des vielzelligen Organismus nicht entsagt werden kann,ihren Dienst nicht mehr tun wie sonst, dann geht der ganze Zellen-staat in die Brüche: Wenn die Nervenzellen im verlängerten Mark,die der Herzarbeit und der Atmung vorstehen, ihren Dienst nichtmehr richtig versehen, dann ist es zu Ende, dann hat man aus-gelebt.Keine Zelle in unserem Körper bleibt vom Alter verschont—jede für sich geht den Weg zum Tode. Aber noch eins kommt hinzu:im vielzelligen Organismus ist keine Zelle allein, für sich. TieZellen sind allgemein voneinander abhängig. Es ist ein Zu-sa m m en leben vieler Zellen im Zellenstaat. Was da im Zell-gebiet des Herzens, des Gehirns, der Leber oder der Nieren ge-schieht, das ist nicht gleichgültig für die anderen Zellen im Körper.Die Herzmuskelzellen z. B., die den Altersschwund erfahren undnicht mehr so recht ihre Arbeit tun, schaden dem guten Wohlseinaller anderen Zellen im Körper, indem sie nicht mehr das Blutden Zellen so zuzuschanzen vermögen wie früher. Die anderenZellen, etwa die Zellen der Niere oder der Leber, zahlen es demHerzen heim, indem sie die Verarbeitung und Herausschaffungder Schlacken aus unserem Körper nicht mehr so gut besorgen wieehedem.Ein Kapitel für sich in Sachen der allgemeinen Abhängigkeit,die zwischen den Zellen in unserem Körper besteht, bilden dieOrgane mit innerer Sekretion sDrüsenabsonderung).Wir wissen, daß manche kleinen Organe in unserem Körper imgemeinsamen Haushalt mittun, indem sie allerlei chemische Stoffefabrizieren, die sie dann an das Blut abgeben. Zu diesenOrganen, die klein, aber wichtig sind, gehören die Schilddrüse, dieNebennieren, der sogenannte Hirnanhang und andere mehr. Auchsolche Organe haben wir, die die innere Sekretion so etwas wieNebengeschäft bezeichnen: die Bauchspeicheldrüse, die allerhand Ver-dauungssäfte in den Darm ausscheidet und nebenbei noch allerleichemische Stoffe ans Blut abgibt, deren Mangel uns zuckerlrankmachen kann, und dann die Keimdrüsen, die die Fortpflanzungs-gellen oder die Geschlechtszellen liefern und außerdem höchstwichtige Stoffe, die aus den Keimdrüsen ins Blut gelangen, um imKörper zu kreisen und überall in den Zellen ihr Werk zu tun. Undauch die Organe mit innerer Sekretion erfahren einen Alters-schwund; auch sie tun ihren Dienst nicht mehr wie einst. Wer alldie Veränderungen kennt, die das Fehlen der Schilddrüse, derNebennieren oder der Keimdrüse in unserem Körper auslöst, derwird verstehen, daß das mangelhafte Mittun der Organe mitinnerer Sekretion im alternden Organismus ein wichtiger Postenin der Rechnung ist, die das Alter uns darreicht. Und man wirdauch verstehen, daß manche Gelehrte sogar auf den Gedankenkommen konnten, das Versagen der Organe mit innerer«ekretionsei allein am Altern und am Tode schuld. Zuerst sollte es dieSchilddrüse sein, dann wieder die Keimdrüse, die die Schuld amAltern tragen mußten. Heute wissen wir allerdings aus zahlreichenBeobachtungen, daß die Zellen unseres Körpers jede für sich Alters-Veränderungen eingehen. Aber auf der anderen Seite hat jedeseinzelne Organ und jede einzelne Zelle im Zellenstaat doch gleich-geilig auch darunter zu leiden, daß die anderen Organe und Zellenden Dienst nicht mehr tun wie einst im Mai. Und wir wollenheute von Versuchen erzählen, die einen wichtigen Vorstoß bildenin dieser Frage: über Versuche, die darauf gerichtet waren, die Be-Ziehungen zwischen den Keimdrüsen und dem Alter näher zu er-fassenDie Versuche, von denen hier die Rede sein soll, hat der Mar-burger Zoologe W. HarmS ausgeführt. Harms besaß ein Meer-schweinchen, das im Laufe von 2lA Jahren so manchmal Vater-dienste im Laboratorium zu tun hatte und stets auch seine Pflichtzu voller Zufriedenheit erfüllt hatte. Aber so ein Meerschweinchenwird nach-i oder 5 Jahren alt und, wie das so ist. das Meer-schweinchen konnte nicht mehr Vater sein. Der Geschlechtstrieb wargeschwunden. Die Augen hatten den Glanz verloren, das Tierwurde mager und schwach und auch zu brünstigen Weibchen zeigtees keine Neigung mehr. Die Hoden erwiesen sich bei der Unter-suchung als degeneriert. Es war daran zu denken, daß die Ab»nähme des Geschlechtstriebes und der geschlechtlichen Betätigungbeim gealterten Meerschweinchen darauf zurückzuführen sei, daß die5ieimdrüsen, die auch alt geworden waren, nun nicht mehr ihrePflicht zu tun wußten. Harms verpflanzte nun in das gealterteMeerschweinchen ein Stück Hoden von einem ü Wochen alten Sohnedes Meerschweinchengreises. Diese Verpflanzung von Hoden inden Organismus des alten Meerschweinchens hatte schon nach einerWoche zu sehr interessanten Folgen geführt. Das Meerschweinchenwar jetzt viel munterer und bekam glänzende Augen. EinigeWochen später wurde das Tier zu einem Weibchen in den Käfiggesetzt. Das gealterte Meerschweinchen, da« das Vatersein jaschon verlernt hatte, machte sofort lebhafte Versuche, da? nichtbrünstige Weibchen zu begatten. Setzte man es mit anderenMännchen zusammen, so nahm es sofort den Kampf umS Weibchenmit ihnen auf. Allerdings, viel Erfolg hatte es dabei nicht; dennes wurde stets von den jüngeren, kräftigeren Männchen in dieFlucht geschlagen. Aber es wußte jetzt wieder zu drohen, wie inden früheren glücklichen Tagen, mit den Zähnen zu klappern, inangrifflustiger Stellung zu stehen und jeneS typische Meckern er-tönen zu lassen, daS der Streitruf der Meerschweinchen im Liebes.kämpf ist.Nun muß man nach alledem nicht glauben, daß das gealterteMeerschweinchen, das den Hoden seines jungen Sohnes im Körperherumtrug, nun auch das Vatersein so ganz wieder gelernt hatte.Das nicht. Denn Samenzellen konnte es ja nicht mehr liefern.Aber die innere Sekretion des verpflanzten Hodens tat seinenDienst im Körper des gealterten Tieres!Als nach einiger Zeit in das gealterte Meerschweinchen einzweites Mal ein Stück Hoden von seinem Sohne verpflanzt wurde,da nahm die geschlechtliche Erregung des alten Tieres noch zu. ESwar jetzt so erregt, daß es versuchte, jedes ihm in den Weg ge-kommen« Weibchen zu begatten, und mit allen Männchen, indenen es seine Konkurrenten wähnen durfte, nahm eS den Kampfauf. In den nächsten Wochen begann die geschlechtliche Erregbar-keit des Tieres wieder zu sinken, und nach einigen Monaten warsie vollständig verschwunden. Das Tier hatte jetzt wieder allesInteresse für die Weibchen verloren, es kümmerte sich überhauptnicht mehr um sie.Die Versuche von HarmS sagen uns, daß die Abnahme dergeschlechtlichen Erregbarkeit im Alter zum Teil darauf zurück-zuführen ist, daß die Leistungen der Keimdrüsen geringer gewordensind: die Keimdrüsen sind, wie alle anderen Organe des Körpersauch, a l t geworden. Diesen Ausfall an Leistungen können wirgut machen, indem wir in den gealterten Organismus Keim-drüsen eines jugendlichen Organismus verpflanzen. Aber gleich-zeitig sagt uns der Versuch von Harms auch noch etwas anderesund zwar etwas sehr wichtiges: daß man durch die Verpflanzungvon Keimdrüsen m den gealterten Organismus wohl den Aus-fall an den inneren Sekreten der Keimdrüsen wieder gut machenkann, daß man aber den gealterten Organismusdadurch nicht wieder jung machen kann. Als Harmsdas Tier, das einige Monate später den Alterstod starb, sezierte,da fand er an dem Tiere all die Alterserscheinungen in den Mus-kein und in den Knochen, die man auch sonst bei alten Tieren zufinden pflegt. Der Tod kommt seines Weges auch dann, wennman den Ausfall an Leistungen des einen oder des anderenOrganes im gealterten Körper wieder gut zu machen weiß.Wenn man die großen Zusammenhänge im Stoffwechsel derZellen des vielseitigen Organismus nicht überblickt, kann man leichtin den Fehler verfallen, das eine oder das andere Organ für dasAltern verantwortlich zu machen. Di« einen glaubten, daß Gifte,die aus dem Darm in den Kreislauf des Körpers hineingelangen,mit daran schuld sind, daß wir sterben, wenn 70 Jahre vergangen.Die anderen behaupteten, daß ein Versagen der Schilddrüse oderder Keimdrüsen uns die Grube gräbt. Das alles sind aber falscheAuffassungen. Gewiß, es ist richtig, daß man den Aussall des einenoder des anderen Organs im Alter gutmachen kann. Aber mankanndamitdenTodnichtbannenl...Wer hätte den Mut, den Menschen die Hoffnung zu nehmen,daß es der Wissenschast einmal gelingen werde, manchen Schaden gutzu machen, den das unerbittliche Alter in unserem Körper setzt,und somit unser Leben zu verlängern? Aber die Kunst der Wissen-schaft müßte gar groß werden, wenn es uns möglich werden sollte,unser Leben weit über das jetzige Maß zu verlängern. Gar sehrmüßten wir lernen, Mutter Natur ins Handwerk zu pfuschen, wennuns das gelingen sollte!Aber hoffen— das dürfen wir. Denn wenn auch mancheHoffnung täuscht, die man gehegt, so ist doch auch schon manches,was man auch nicht hätte hoffen dürfen, in Erfüllung gegangen.Wer hätte im dunkeln Mittelalter geglaubt, daß es der Kunst derWissenschaft einst gelingen werde, den„schwarzen Tod" oder die„französische Krankheit" zu bannen? Und wenn wir auch heutenoch von den Geißeln der Infektionskrankheiten heimgesucht wer-den, wir haben doch die Mittel in der Hand, uns dieser Geißelnzu erwehren. Werden wir einst noch in der Lage sein, unserLeben zu verlängern oder werden wir einst uns gar der Geißeldes Todes ganz zu erwehren wissen?...Die Große berliner Kunstausstellung.(Zweite Serie.)Da die Räume der Akademie(Pariser Platz 4) nicht ausreichen,auch nur einen Teil der andrängenden Maler aufzunehmen, so hatman sich entschlossen, diesmal in zwei Serien vor das Publikum zutreten; von der ersten Reihe haben wir neulich als gerechte Treu-händer berichtet, von der zweiten, die seit heule zu sehen ist, meldenwir das Nachstehende. Da auch diesmal charakterisierende Linien,die Gruppen zusammenfassen, nicht zu ersehen sind, begnügen wiruns abermals mit einer Notizenwanderung von Saal zu Saal.Gleich am Eingang stellt man fest, daß Hindenburg von denMalern und Bildhauern noch immer sehr begehrt wird. Die Ge»fahren der Porträtmalerei werden nie deutlicher als in solchenFällen. Man hat sich eine gewisse Vorstellung von dem Russentötergemacht: man sieht ihn in einer Wolke von monumentaler Myüik,mehr als Begriff des Kricgssiegers als in uniformierter Natürlichkeit.Es wirkt nun sehr abkühlend, wenn man dann plötzlich langweiliggemalt, bunt und ölig, einen Offizier, der wie tausend andere aus-sieht, vor sich hat. Der Maler sollte stets von der geistigen Größeseine- Modells wenigstens einen Hauch haben; nur dann wird eingerechte- Porträt entstehen können. Von den Hindenburgbildern derGroßen Berliner läßt sich das nicht sagen.Im ersten großen Saal steht ein Trommler, etwas doppelteLebensgröße, aus Bronze. Der Bildhauer Schmarje, der sonstornamentale Bauplastik macht und dabei viel Geschick zeigt,bat auch bei dieser ihm ungewohnte» Aufgabe die ornamenmlenStellen, die Haare und die Falten der Kleidung, besonders betont.Einige Stilleben sind zu beachten, weil sie kennzeichnend sind füreine ganze Gruppe der gegenwärtigen Malerei: sie wollen geschmack-voll sein, indem sie geschmackvolle Gegenstände, KopenhagenerPorzellan, zarte Gläser oder sonst irgendeine Rarität, benutzen. Manweiß nur nie, ob die dargestellten Gegenstände, die an sich gepflegteKunstwerke sind, in Wirklichkeit nicht stärkeren Eindruck machenwürden, als ihnen dies auf der Leinwand gelingt. Nummer 28,eine Prozession, die Wilhelm Blanke malte, ist ganz lustig anzu-sehen; rote Chorjungen und Priester mit Fahnen und Baldachintrollen vorüber. Das Bild leidet nur unter seinem Format; manglaubt ihm nicht recht, daß es so hoch sein muß.Im nächsten Saal hängen einige Bilder, die die Stadt Berlinangekauft hat; sie tat das anscheinend der Motive wegen: BerlinerStraßen und Plätze. Die Bilder sind aber sehr mäßig; besondersdas von Gentzel(137), da« den neuen Schöneberger Park zeigen soll,ist kleinlich und ängstlich gemalt. Es ist merkwürdig, daß die Ber-liner Maler diese Stadt, die so reich an Eindrücken ist, nicht zumalen vermögen. Einen Ansatz zu einem wirklich berlinischen Bildmacht vielleicht Hartmann-Drewitz. Er zeigt Hinterhäuser unddavor gelagerte Laubenkolonien. Man empfängt etwas vonder sehnsüchngen Armseligkeit und der Grammophonromantiksolcher Landschaft. Eine wenig kluge Arbeit ist das großeStilleben von Karl Hentze: man siehr darauf ein Kind, Früchle,Blumen im Gefäß, ausgebreitete Tücher, eine Ente, Bilder an denWänden, eine geblümte Tapete; das ist zuviel, und dies um somehr, als der Maler nicht überzeugend darzustellen vermag.Oekonomie ist eine Kunst, die unsere Maler nur selten beherrschen.Eichborst ist einer von diesen wenigen. Er hat hier und in demnächsten großen Saal je ein Bildnis hängen; diese Bilder zeigen,an Leibi geschult, die Größe der Selbstbeschränlung. die Unter-ordnung unter das Sachlich» und unter den Zwang einer klaren Auf-gäbe. In diesem großen Saal hängt ein Bild von Paul Plontle(420), gleichfalls von der Stadt Berlin angetauft, einesehr tüchtige und mit gepflegtem Gefühl zusammengestellteMalerei; eine Dame mit vier Kindern um einen Tischsitzend. Die Dame bat ein schwarz und weiß kariertes Kleidan, zärtlich gemalt; Grün, Rol und Grau beherrschen dasBild, sie schweben über der Leinwand wie ein ganz zarter, wolligerPuder. Trotz aller solcher Vorzüge muß dem Bilde irgend etwasmangeln, ein Schuß Blut, ein Nervenstrang.Im eisten Saal hängt ein kleines Bildchen von Hans Bremer,einige Häuschen, mit Sonnenflecken überrieselt; der Einfluß Lieber-manns ist unverkennbar, und man schmunzelt, daß auf solche Weisezwar nicht der Meister, aber der Lehrling in die Große Berlinergekommen ist. Im Saal 10 trifft man ein Motiv gleich dreimal:einen engbegrenzlen Zimmerausschnitt, ein Fenster mit Gardine,gegen das Licht gesehen. Solche Erscheinungen sind typisch undzeugen immerhin für eine gewisse Gesundheit der Malerei. Inden besten Zeiten dieser Kunst sind stets die gleichen Themen, diegleichen Motive, ja die gleichen Einzelheiten gemall undrastlos wiederholt worden. Der Vater dieser Stubenwinkel istMenzel; das berühmte Bild, das Fenster mit der wehenden Gardine,hängt in der Nationalgalerie. Es käme nun darauf an, daß dieNachfolger über Menzel hinauswüchsen; von den Bildern deszehnten Saales läßt sich das freilich noch nicht behaupten. Derneunte Saal birgt Kriegerisches, Aquarelle und Zeichnungen vonKarl Oenike; diese Arbeilen bestätigen unsere Anschauung, daß derKrieg nicht so im Handumdrehen malerisch zu bewältigen ist. � T.cnüchsten Säle bieten wenig, erst im Saal 6 hängen wieder einigegute Arbeiten, graphische Blätter. B. Br.kleines Feuilleton.Körpergröße unö soziale Lage.Der heutige Krieg, der mit wahllos treffenden Massen-verniÄlungsmaschinen arbeitet, kann nicht auslesend im Sinne desDarwinschen Kampfes ums Dasein, der den Tüchtigsten überlebenläßt, wirken. Er muß vielmehr bei allen beteiligten Völkern einenunheilvollen Einfluß auf die Qualität der kommenden Generationausüben, indem er die männliche Blüte der Nation, die gesündesten,kräftigsten, leistungsfähigsten jungen Männer dahinrafft, währenddie älteren und von den jungen die schwächlichen und krankendaheimbleibcn. Dazu kommt die voraussichtliche Einschränkung derGeburten überhaupt als Folge des Unverheiratetbleibens � vielerFrauen. Um so mehr ist es ein Gebot der Selbsterhaltung für jededurch den Krieg geschädigte Nation, alles zu tun, was die Oualüätder heranwachsenden Nation verbessern kann. In wie hohem Maßedie Umwelt die körperliche Qualität zu beeinflussen vermag, darüberliegen eine ganze Reihe von Untersuchungen vor. Einige neuenResultate veröffentlicht Prof. Dr. Rud. Martin in der„Umschau".Er hat dorr die Körpergröße von Studierenden, die doch meistden besser situierten Gesellschaftskreisen angehören, und Arbeiterngegenübergestellt und gelangr zu folgenden Ergebnissen:Italien Frankreich England SpanienKörpergröße cm cm cm cmStudierende 166,9 168,7 172,4 163,9Arbeiter. 164,4 164,4 169,8 159,8(Tagelöhner)(Tagelöhner)(Minenarb.)(Fabrikarb,)Die Unterschiede betragen 2'/z— 4'/z Zentimeter, Auch für Deutsch-land und Holland wurde statistisch nackgewiesen, daß unter denWehrpflichtigen die Angehörigen der sozial besser gestellten Kreisegrößer sind als die der ärmeren Bevölkerutgsschichien. Ein ver-mehrter Schutz der werdenden Mutter, eine verbesserte Säuglings-sürsorge und eine großzügige Sozialpolitik werden in der Lage sei»,den Schaden, den unser Volkstum durch den Krieg erlitten Hai,wenigstens zum Teil wieder gut zu machen.käseöramen.Man schreibt uns aus St. Gallen:Ein Hauptmann in Uniform kam nach Saanen zu einem Käse-Händler, verlangte 50 Zentner Käse für die Armee und gab Befehl,daß die duftende Ware sofort zum Bahnhof geschafft und verladenwerde.„Den schuldigen Betrag wird die Militärverwaltung sofortnach Empfang der Ware senden T Der Käsehändler� dienerte hocherfreut, und der Herr Hauptmann reiste„zum Empfang der Ware"nach Bern. Ein Korporal aber, der den Verhandlungen in Saanenzufällig beigewohnt hatte, telephonierte an das Berner Kommando,vernahm, daß die Sache Schwindel war, und der Käsehändler konnteden„Köpenicker" in Bern festnehmen lassen. Der Herr„Haupt-mann" kann»un im Gefängnis darüber nachdenken, daß es auf derAlm doch„a Sünd" gibt.— Der Käsehändler in Saanen aberseufzte, weil er nur.beinah" Armeelieferant geworden war.*Das Divisionsgcricht verurteilte zwei Händler und einen Archi-tekien wegen Käseschmuggels zu je 3 bzw. 6 Wochen Gefängnis undje 150 bzw. 200 Frank Geldstrafe. Die zwei Händler und derArchitekt hallen 1600 Pfund Käse über die Schlveizer Grenze nachEtsaß geschafft, ohne im Besitz einer Ausfuhrbewilligung zu sein.Die wleöergefunöene Riesenschlange.In Kriegszeiten sollte für Tiergeschichten kein Raum in denZeitungen sein und selbst so merkwürdige Fundobjekte wie lebendigeRiesenschlangen haben kein Anrecht auf Beachtung. Die aus demrömischen Zoologischen Garten abhanden gekommene Riesenschlangewar aber gewissermaßen ein„politisches Ereignis": hatte man dochihr Verschwinden dem deutschen Direktor de» Gartens zur Last gelegi,der ganz im Ernst von gewissen Blättern verdächtigt wurde, gefähr-liche Tiere auf die Bürger Roms loszulassen. Der Direktor antworteledamals, vor eiwa sechs Wochen, daß die verschwundene Schlangealler Wahrscheinlichkeit nach sich noch in einer Felsspalte ihresReviers befände, daß sie aber, wenn sie wirklich ausgebrochen wäre,keinem Menschen gefährlich werden könnte. Mit dieser letzten Be-hauptung hat er denn auch recht behalten: das Riesenvieh, dasseit zwei Monaten der Schrecken aller Bonnen war, die Kinder inder Villa Borghese spazieren führten, hat sich sehr gutmütig ein-fangen und in Säcken in sein Gefängnis zurückbringen lassen. Manfand die Schlange am frühen Morgen in der Villa belle Tre Madonne,an der Nordseite der Villa Borghese, dicht neben der Mauer desZoologischen Gartens. In der Morgenfrjsche war das Tier halberstarrt, so daß es einem Aste glich, der quer über den Weg gefallenwäre. Im Zoologischen Garten wurde der AuSreiher nach zweimonatiger Abwesenheit mit Freuden aufgenommen und zunächsteinmal tüchtig gefüttert, was er sehr nötig zu haben schien.Notizen.— Die Theaier,-die spielen. Trotz des Kriegeshaben, wie das demnächst erscheinende Deutsche Theaicradreßbuch1915/10 mitteilt, über 150 deutsche Sommerbühnen ihre Spielzeitbegonnen. Auch scheinen nach der bisherigen Umfrage die ständigenWinterbühnen mit wenigen Ausnahmen zu eröffnen.— Knoch ende rpflanzun gen bei Kriegsverletzten. Ein interessanter Fall wurde kürzlich im Stuttgarterärztlichen Verein vorgestellt. Ein Soldat hatte durch ein Infanterie-geschoß einen Rinnenschuß durch den Schädel mit Verletzungen derHirnhaut und des Gehirns erhalten; es traten Geh- und Sprech-störungen auf. Der Patient war bereits im Feldlazarett operiertworden und es war noch ein großer Defekt im knöchernen Schädelvorhanden. Zur Deckung wurde ein Stück des Brustbeins ver-wendet. Nachdem es entsprechend der Schädelwölbung gebogenwar, paßte es sich sehr schön in den Defekt ein. Die Einheilungerfolgte glatt, und das Knochenslück war nach zehn Wochen so festeingewachsen, daß kaum mehr die Grenze zwischen ihm und demSchädel zu fühlen war.— Russenverehrung von ein st. Zahlreiche Höfe sindsind seit langem mit der Zarenfamilie versippt und verschwägert.Das hat manchmal zu absonderlichen Huldigungen und Schweif-wedeleien geführt. Als im Jahre 1818 die Zarin Maria Fea-dorowna in Weimar zu Besuch war, wo die russische GroßfürstinMaria PZaulowna mit Karl Friedrich von Weimar verheiratet war,fand eine Festfeier im Gymnasium statt. Einer der Redner hatteden„Beweis des Satzes, daß Rußland zu allen Zeiten ein Boll-werk gegen Völkertyrannei und Weltuntergang gewesen sei" zu er-bringen.Die Zeitungen, die diese Kuriosität widergeben, hätten sogarviel jüngere Pcispiele der Knutenverherrlichung beibringen können.