-l-Ak-Ms. Unterhaltungsblatt des Vorwärts 5�.1».��--.
Die sihwarze Schicht. Oben im Norden der Stadt liegen die großen düstern Fabriken. Riesige Schlote— einer immer am andern— ragen hoch in die Luft. Der Wind jagt ihren Qualm und Ruß über die Dächer der Stadt in die Straßen, in die Häuser und Fenster. Ueberall bleiben die Spuren davon an Menschen und Wohnungen zurück. Langsam aber sicher überzieht die schwarze Schicht alles. Wind und Wetter wirken ihr entgegen. In den Wohnungen geht ihr die reinliche Hausfrau immer wieder hart zu Leibe mit Scheuerbürste. Seife und Staubtuch. Bei den Menschen legt sich die schwarze Schicht auf die Lungen. Immer eine ganz feine Schicht auf die andere. Hier ist sie sicher. Hier kann man ihr nicht mit Scheuerbürste und Seife bekommen. ♦ Es ist morgens vor Arbeitsbeginn, vor dem Schichtwechsel. Die Maschinen ruhen einige Minuten aus. Die Nachtschichtler haben den Saal schon verlassen. Der erste Arbeiter der neuen Schicht trat eben in den Saal und zwischen die Maschinen. Noch herrscht eine unheimliche Ruhe zwischen ihnen. Nun kommen die Arbeitskollegen und endlich auch die letzten, die immer erst in der letzten Minute erscheinen. » Die Fabriksirene heult. Da werden auch schon die Riemen und Räder wieder ein- gerückt und mit einem langgezogenen Gekreisch beginnt der tolle Lauf. Ein ohrenbetäubender Lärm.— Mächtige Schwungräder an Stanzen und Pressen, an Drehbänken, Bohr-, Stoß- und Hobel- Maschinen machen viele, viele tausende Umdrehungen in der Stunde. Alle die blanken Eisen- und Stahlteile starren uns an, als wollten sie im nächsten Augenblick ihre tollen Bewegungen verzehnfachen,— vertausendfachen, und als wollten sie unsere Gliedmaßen in ihren tollen Lauf hineinziehen und zermalmen. Unzählige Transmissionen und Kammräder greifen inein- ander� und übertragen die gewaltige Kraft bis ins kleinste Rädchen. Schwer und wuchtig stampfen und stöhnen die großen Stanzen und Dampfhämmer, und bei jedem kleinen Hebeldruck des sicher hantierenden Arbeiters ist ein mächtiger Eisenblock geformt, ge- dehnt oder durchlocht. Wehe der Hand, die einen einzigen Moment zu früh oder zu spät in den regelmäßigen geschwinden Lauf hineinlangen will oder der zermalmenden Kraft zu nahe kommt. Aus dem Zischen, Sausen, Stampfen und Klappern des Räder- gewirrs tönt es dem Arbeiter immer jede Sekunde,— jede Minute, jede Stunde, jeden Tag, jedes Jahr und ein ganzes armseliges Leben lang—— unaufhörlich und deutlich heraus:„Einmal werden wir schon Deine Hand, Deinen Arm, Deine Bluse oder Dich ganz erwischen!" So hören und hörten wir es alle— da? Lied vom Schlacht felde der Arbeit— jeden Tag, zehn,— zwölf Stunden lang in dieser mit Schmierölgeruch und Schweiß ge- tränkten, dicken, staubigen Luft, in der nervenerregenden Enge der tollen sausenden Räder und Transmissionen. Und jeden Tag legt sich eine ganz fein« schwarze Schicht auch auf unsere Lungen. Und wenn auch die Maschine die Hand, die Bluse oder den Arm nicht erwischt— Augen, Nerven und Lunge kriegen sicher ihr Teil. » Ist dann die Schicht herum, schleichen wir lebendige Maschinen- teile matt und abgespannt in unser armselig graues Heim, und � die Nachtschichtler treten wieder an unsere Stelle. Hier ist kein Feierabend— kein Abendsriedcn— keine stille ruhige Nacht. Die Hochöfen speien ihren Flammenschein gegen den Nachthimmel. Die Seilbahnen surren und schreien. Die Dampfrosse der Kohlenzüge pfeifen gellend durch die Nacht. Drinnen in den trüben Sälen rattern, sausen, dröhnen, stampfen und schreien die Maschinen jmmerfort das alte, ewig alte Lied— bei Nacht wie bei Tage. !» Drüben ragen die Schlote schwarz, hoch und drohend in die Luft, als wollten sie darüber wachen, daß keiner von uns ihrem Reich entrinne.— Und wenn im Hause, in unserer Mietskaserne, auf einige Stunden alles still geworden, hören wir es immer noch stampfen, schwirren, sausen, pochen, zischen. ES ist die alte Melodie, die uns nimmer verläßt.
>, Rotes vlamenblut. 1 26] Von Pierre BroodcoorenS . „Aber geWitz... Es war nichts Gescheidtes, vor drei Wochen. Du hättest Unrecht getan, wenn Du die Tiere, die '.man Dir anbot, genommen hättest." „Ist's nicht ein Malheur?" rief der Stuhlmacher, indem er mit der Faust derb auf den Tisch haute.„Ich bin be- reit. 30 Taler zu blechen, und ich wäre nicht mal sicher, s eine trächtige Sau zu bekommen?" „Gut!" sagte die Alte, nachdem sie einen Augenblick über- legt hatte.„Ich habe überall gesucht. Augenblicklich findest Du, was Du wünschst, bei dem ersten Schöffen, der Kirche gerade gegenüber." „Der Preis?" fragte er lakonisch. Sie lavierte. „Ich weiß nicht genau, verstehst Du?" O, Labryn macht's nicht teuer," beeilte sie sich, als der Wilderer eine aus- weichende Geste machte, hinzuzusiigen. Und ihre Gewandtheit als alte Maklerin brachte sie in Eifer. Er würde sehen. Es war eine prächtige Sau. Sie würde allem Anschein nach mindestens ein Dutzend Ferkel werfen. Der Eber, der sie gedeckt hatte, war in der ganzen llnrgegend berühmt. Sie zitierte einen Namen, häufte Einzel- heiten. Und unter diesem Redefluß suchte sie ihn von vom- herein zu gewinnen. Aber er war nicht der, der sich wickeln ließ. „Latz mal sehen." sagte er. Er leerte seinen Schoppen mit einem Zug und erhob sich. „Warte, Lämmchen! Ich stehe zu Diensten, will nur meine Schürze ablegen." Sie verschwand in ihrer Küche. „Geh'n wir nur," schlug Klip vor,„Sie wird unS schon einholen." Langsam schlugen sie die Richtung zum Markt hin ein. Souhe lietz sie voraufgehen. Ihre kleinen Ueberlegungen ließen ihn gleichgültig. Sein Kummer hatte sich seiner wieder be- mächtigt, lebhafter als je fühlte er sich an dem Ort, wo ein anderer und seine Hilla sich geliebt hatten. Sich vorzustellen, daß der Bursche vielleicht eins von den netten Häusern mit ihren Fensterläden und sauberen Ziegeldächem bewohnte, an denen sie mit laut klappernden Holzschuhen hingingen. Vielleicht war er ihm schon begegnet? Aber sicher würde er dann gleich ein Vorgefühl gehabt haben. Er versuchte,
Morgen beginnt für unS die Arbeit wieder von neuem.~ Die Maschinen singen uns morgen dasselbe Lied wie heute und gestern und alle Tage——— bis wir auf dem Schlachtfelde der Arbeit fallen. Es wird uns keine Salve überm Grabhügel grüßen. M. L e 0 p 0 l d t(Gelsenkirchen ).
kleines Ieuilleton. Humor im Ielöe. Im»Töpfer" finden wir folgenden launigen Feldpostbrief: Im Westen, 21. 8. 1915. Werte Kollegen I Mit Interesse verfolge ich die Kriegsbriefe im„Töpfer" und freue mich stets aufs neue, wenn ich auf diese Weise von diesem oder jenem Freunde Nachricht erhalte. Nunmehr fühle auch ich mich veranlaßt, von meinem teils ersprießlichen, teils uncrsprieß- lichen Tun und Treiben Kenntnis zu geben. Beklagen will ich mich nicht. Abgesehen von den ziemlich häufigen Fliegervisiten hat man uns bisher so ziemlich in Ruhe gelassen. Ich fungiere seit Monaten als rechte(meinetwegen auch als linke) Hand eines Pionierkommandeurs eines großen Abschnitts und habe nach Kräften dafür zu sorgen, daß die täglich einlausenden Material- und Werkzeugmassen für sämtliche Truppen des Abschnitts an der möglichst geeigneten oder ungeeigneten Stelle entnommen oder angefahren werden, lieber Arbeitsmangel kann ich mich nicht beklagen, allerdings: Täglich sich von früh 5 bis abends 19 Uhr mit falsch abgeladenem Zement, in die Straßen- grüben gekippten Kiesfuhren, geplatzten Autoreifen, verlorenen Fracbtbriefen und dergleichen herumzuschlagen, ist eine mit 63 Pf. pro Tag herzlich schlechtbezahlle Arbeit. Wahrscheinlich werden sich noch nach Jahrzehnten die Leute hier oben von einem gcheimnis- vollen, allmächtig erscheinenden Geist zuraunen, der mit einem riesigen Aktenbündel unterm Arm nach 319 verlorenen Klammern suchte oder bestrebt war, 5 000 000 Zemenlsäcke nach 27 Firmen auszuscheiden oder zurückzusenden.... Im Nebenamt bin ich noch Kompagnieschreiber und als solcher dafür verantwortlich, daß alle Aktennummern möglichst verkehrt ge- bucht werden und alle Tage gewissenhaft verrechnet wird, wie viel Pfund Hafer 17 Pferden in 7 Tagen zustehen, wenn ein Mann pro Tag 600 Gramm Brot erhält. So manche halbe Nacht habe ich auch schon in Gemeinschaft mit meinem Feldwebel über 11 Pf. zu viel verrechnetes Brotgeld studiert oder mit ähnlichen wichtigen Problemen meinen Hirnkasten gefoltert. Zusammengefaßt erkläre ich feierlichst, daß die Anforderungen, die als Jourhabendem der Filiale Nürnberg seinerzeit an mich gestellt wurden, im Vergleich mit meiner jetzigen Tätigkeit geradezu fürstlich entlohnt wurden. Meine wenigen freien Stunden benutze ich dazu, mein ange- fangeneS Werk„Brieffteller für erfolgversprechende Urlaubs« gesuche" der Vollendung zu nähern. Ich gebe mich der beseligenden Hoffnung hin, daß sich die hierauf verwandte Mühe im nächsten Kriege reichlich bezahlt machen wird. Um einen Verleger habe ich keine Bange. Einzelauszüge auS dem Werk gebe ich jetzt schon an die Kompagniemitglieder ab, allerdings nur zu festen Tarif- preisen, die bis jetzt auch immer gewissenhaft hochgehalten wurden, den sieben Zehntel der Kompagniemitglieder sind organisierte Leute. Für ein einfaches, nahe an die Wahrheit grenzendes Gesuch lasse ich mir in der Regel ein Hemd waschen, bei Todesfällen von der Schwiegermutter aufwärts tritt zur obligaten Hemdwäsche noch das Reinigen von Socken und Unterhosen, je nach der Größe des Objekts. Jedenfalls werdet Ihr diese eigennützige Handlungsweise nicht als einen Verstoß gegen unseren Ausschlußparagraphen auf- fassen. In meinem Geldbeutel befinden sich heute noch meine beiden letzten Verbandsbeitragsmarken vom Juli vergangenen Jahres. Sie erinnern mich recht häufig an die vergnügten, aber oft auch ernster Arbeit gewidmeten Abende in unserem so liebgewohnten Kreise der gewerkschaftlichen Friedensarbeit. Allerdings, ich weiß es: Unser gestrenger Filialkassierer Kollege.... wird mir der- einst wegen Nichteinkleben der Marken eine kräftige Rüge erteilen. Hierzu wünsche ich nur, daß diese Stunde recht bald kommen und uns alle wieder möglichst vollzählig und gesund zu fernerem er- sprießlichem Wirken im Verbände vereint finden möge! ES grüßt herzlichst Euer.....
sich seine Art und Weise vorzustellen, seinen Wuchs und sein Gesicht. War er blond oder braun? Aber was tat's, was er für Haare hatte? Jung mutzte er sein, kräftig und von guter Haltung. Von neuem versank Flohil in sein Herzeleid. Und wie ein verirrtes Tier ließ er sich gehen, am Faden seiner Niedergeschlagenheit. Es war ein gutes Leben hier, und die Leute mußten ein ausgezeichnetes Einkommen haben. Sicher arbeitete der Zigarrenmacher in einer von den Grammonter Fabriken und hatte seine 4 Frank den Tag. Flohil verglich diesen außer- ordentlichen Lohn mit dem lächerlichen Gewinn, den er als Wanderarbeiter hatte. Gern wohl hätte er wie sein Reben- buhler eine dauernde Arbeit gehabt und alle 14 Tage 48 Frank verdient, um Hilla Annehmlichkeiten zu erweisen und ihr am Kirchweihfcst eine Brosche oder irgend ein anderes mit kostbaren Steinen verziertes Brimborium zu kaufen. Denn davor durfte er nicht zurückschrecken. Um das Mädchen zu gewinnen, mutzte er Moneten springen lassen, und zwar gehörig. Unter diesen Gedanken kam er auf die beiden Ringe zurück, die Hilla ihm im„Lustigen Aufenthalt" so wohlgefällig gezeigt hatte. Bah! Wer wußte, ob sie ihr der Zigarren- macher geschenkt hatte? Konnte sie nicht schon vorher ein unbedeutenderes, vorübergehenderes Verhältnis gehabt haben? Hatte er, Flohil, bevor er sich von ihr bestricken lietz, nicht auch schon andere Weiber gehabt? Doch die Auffassung, daß sie eine schändliche Komödie mit ihm getrieben hatte, ivollte nicht bestehen. Noch hatte er den schmeichlerischen Klang ihrer Stimme im Ohr. Eines Abends, als sie ihm ihre Hände gelassen hatte, hatte sie ihm endlich, von seinen Fragen be- drängt, das Geständnis ihrer Liebe gemacht. Hinter einer Hecke war es gewesen, angesichts der Felder, die sich bis zum Horizont hin in einem violetten Dunsthauch gedehnt hatten. Rings um sie her hatte eine grenzenlose, hehre Stille ge- herrscht, beim bleichen Schimmer der ersten Sterne. Und in der ernsten Schönheit dieser Stunde war, kaum vernehmbar, und dennoch endgültig bindend, dies Wort gefallen, während in weiter Ferne das Getön einer Glocke erstarb. Von einer so großen Glückseligkeit war Flohils Herz über- strömt gewesen, daß er unter ihr taumlig geworden war wie unter einer wundersamen Last. Nein, es war unmöglich, daß der Viehhändler die Wahrheit gesagt hatte! Offenbar hatte er es in seiner Betrunkenheit nur so herausgesprochen. Und doch, trotz aller Vernunftgründe, die er häufte, blieb beunruhigend die verfängliche Stimme seines Zweifels. Bei dem öffentlichen Brunnen warteten Klip und die „Stute". Seinen Grübeleien hingegeben, hatten sie einen be-
Nachschrift. Ein seinerzeit kriegsfreiwillig ans Nürnberg mitgegangener Maßkrug, der seit Wochen nur noch als Erinnerung an früher begangene Sünden dient, sucht, weil dieser ungewohnt trockenen Beschäftigung überdrüssig, andere Stellung. Näheres zu erfragen im Westen.
Die Sepflanzung üer Eisenbahnüämme. Der Tübinger Botaniker Prof. E. Lehmann schreibt im «Kunstwart": Um zu erkennen, wie sich unsere Eisenbahndämme zugleich wirt- schaftlich ausnützen und landschaftlich anziehend gestalten lassen, müssen wir unsere heimische Pflanzenwelt mit derjenigen vor fünfzig oder hundert Jahren vergleichen. Wie manche Pflanze, die damals in Massen zu finden war, ist hente viel weniger häufig, ja selten geworden. Die Ursachen sind bekannt: Oedländereien wurden immer mehr besiedelt, die Wälder rationell aufgeforstet und nirgends blieb Platz für so manche Pflanzen, die für uns nicht nur botanisch interessant, sondern auch wertvoll als Heil- und Nutzpflanzen sind. So kam es, daß unsere Kräutersantniler den Bedarf auch an heimischen Arzneipflanzen bei weitem nicht mehr im eigenen Lande zu decken imstande waren; massenhaft mußten Arzneipflanzen von jenseits der Grenze, in erster Linie aus Rußland und vom Balkan , aber auch aus Italien usw. eingesührt werden. Große Geldmengen wandern so jährlich aus Deutschland hinaus. Viele von diesen Pflanzen aber, die von Natur an steilen Hängen usw. zu wachsen pflegen, würden an Bahn- dämmen gedeihen. Und nicht nur bei uns ursprünglich beimische, sondern auch eingeführte Pflanzen. Manche würden den Bahndamm zugleich prächtig schmücken. Gewiß, nicht jede Stelle wäre dazu geeignet, aber sicher sehr viele. Man sieht ja heute auch, daß an vielen Stellen Gemüse gedeiht, wo eS früher niemand geglaubt hätte. Würden schon im Frieden durch eine solche BePflanzung der Eisenbahndämme große Summen gespart werden, so wäre jetzt im Kriege noch weiter die Möglichkeit geboten, dort derzeit knappe Stoffe zu gewinnen. Man hat in letzter Zeit darauf hingewiesen, daß der Samen der Sonnenblume wegen seines hohen Fettgehalts heute besonders wichtig ist. Also pflanze man Sonnenblumen. Hie und da würde sich auch Mohn zur Opiumgcwinnung anbauen lassen. An anderen Stellen würden Jnsektenpulverblüten, Chrysanthemum cinerariifolium gedeihen; Wollblumen, nicht weniger wichtig. würden ebenfalls oftmals ihre Daseinsbedingungen finden. Vielleicht wäre hie und da auch Süßholz am Platze. Man denke nur an die leuchtenden Bänder der von blühendem Mohn eingefaßten Eisenbahndämme, oder an die mit Sonnenblumen bestandenen Böschungen, man male sich dunkelpurpurne oder rosen- rote Eibischblüten längs der Bahn aus oder Hänge, dicht bestanden von Wollblumenstauden! Zweifellos würde eine Schädigung der Dämme durch die Be- Pflanzung durchaus zu vermeiden sein. Man sollte nur einmal mit einer kleinen Strecke den Versuch machen. Vielleicht rücken die praktischen Erwägungen diesen Wunsch seiner Verwirklichung näher als rein ästhetische Begründungen.
Notize». — M u s i k ch r o n i k. Zum Besten bedürftiger Angehöriger unserer Krieger veranstaltet Organist Arnold D r e y e r auch in diesem Jahre regelmäßige Orgelkonzerte in der St. Gcorgenkirche am Alexanderplatz jeden Mittwochabend 8—9 Uhr. Eintritt 20 Pf. — Unterrichtskurfe in türkischer und polnischer Sprache beabsichtigt die H u m b o I d t- A k a d e m i e demnächst einzurichten. Interessenten wollen sich möglichst umgehend im Hauptbureau, Kurfiirstcnstr. 166 I, Lützow 8794, schriftlich oder telephonisch mit genauer Adressenangabe melden. — Ankauf der Charlottenburger Kunstdepu- t a t i o n. Die Charlottenburger städtische Deputation für Kunst- zwecke hat das in der Großen Berliner Kunstausstellung aus- gestellte Gipsmodell„Herr Geheimrat" des Bildhauers Gomanskn für den Preis von 1500 M. anzukaufen beschlossen. Das Kunstwerk stellt einen Marabu dar und soll später in Bronze ausgeführt werden. — Das deutsche Theater in Lodz , das infolge des Krieges eingegangen war, soll am 1. Oktober wieder eröffnet werden.
ttächtlichen Vorsprung gewonnen. Als er mit ihnen zusammen- traf, nahm er eine heitere Miene an. „Du hast sicher schon Deine Erkundigungen eingezogen," rief ihm der Sttiiflmacher zu. Dann, ohne eine Antwort abzuwarten, die ihn im Grunde nicht interessierte: „Teufel noch mal! Mittter nimmt sich Zeit! Es scheint Feuer bei ihr ausgebrochen zu sein." „Da ist sie!" rief Mcnffe. Sie kam wirklich, lebhaft die Arme schwenkend, noch immer in der Weißen Haube. Die Nagelköpfe ihrer Schuhe erregten auf dem Stratzenpflaster ein lautes Klappern. „He, entschuldigt!" rief sie eilig, als sie bei ihnen an- langte. /,Jch konnte die Bude doch nicht so ganz allein lassen. Ich mutzte erst eine Nachbarin bttten, einen Augenblick auf- zu Possen." Zwischen ihren zahllosen Runzeln hörten ihre Augen nicht auf zu lachen. „Leute, um Euch gefällig zu sein," fügte sie unterstrichen hinzu. „Wir wiffen's," sagte Arhn ungeduldig. Sein Blick suchte über den Platz hin. „Na, und tvo ist der erste Schöffe?" „Kommt," sagte sie. Es war der„Brüsseler Hof", Herberge und Restaurant, Besitzer Karel Labryn. Neben einem offenstehenden Vorhof, dem von den Ställen her ein Geruch von Heu, trockenen! Stroh und Pferdcmist entströmte, führten drei Stufen aus blauem Stein zu einer Tür hinauf. Das Gasthausschild über ihr bot sich frisch angestrichen mit chokoladcnfarbenen Buchstaben auf einem eidottcrgelben Untergrund. Die Maklerin, die vorausgegangen war, öffnete eine andere Tür, die auf den Hausflur hinausführte, und sie traten in das Gastzimmer ein. Hinter dem Schanktisch füllte ein junges Weib kleine Gläser. Zwei Männer stützten sich mit den Ellbogen auf die Marmorplatte. Der eine stämmig und beleibt, in bürgerlicher Kleidung, mit massiv goldenen Ringen an seinen rosigen Wurstfingern; der andere ausnehmend hager, hohen Wuchses, den Glanztederschirm seiner flachen Mütze über die rote messerscharfe Nase gezogen. Aus den tief umschatteten Augenhöhlen zwinkerten seine wimperlosen, stumpfen Augen. Zu lang für seine Spindel- deine, fielen die elefantenmätzigcn Schläuche eines grauen Beinkleides, das schwarze Scitenstreifen hatte, lang über seine mit Radfahrergamaschen bedeckten Füße herab. (Forts, folgt.)