st. 239.- 1915. Unterhaltungsblatt des Vorwärts sm«bn».«!.»».»«.Die große Gffenfive.Die Deutschen erobern Höhe 5 0.Südlich Sperrt, 29. September.Der große Minentrichter, mit dem die Engländer sich amSonnabend in unsere Linie hineingesprengt hatten, war wieder-erobert. Sofort begannen unsere Leute sich von diesem Trichteraus unterirdisch vorwärts zu wühlen. Dabei konnten sie die altenGänge des Gegners zum Teil benuhen.Das Zier dieses Wühlens war die Sprengung vonHöhe 50. Auf Höhe 50 lagen gewöhnlich zwei kriegsstarke eng-tische Kompagnien— jetzt vielleicht noch mehr. Diese Höhe ragtewie eine Beule in unsere Front hinein. Von ihr aus konntenunsere Linien 100 Meter weit nach beiden Seiten flankierend eingesehen werden. Mittwochabend 5 Uhr 30 Min. sollte die Spren-gung stattfinden. Zu gleicher Zeit sollten unsere Truppen gegenden überraschten Gegner vorgehen, zunächst den Trichter, dann dieganze Höhe besetzen, endlich den so eroberten Einsprung in diefeindliche Front�nach links und rechts an unsere alte Linie an-gleichen. Von Sonntag bis Mittwoch wurde Tag und Nacht gc°graben, gehämmert, geschleppt, gesägt. Nicht nur der Stollen mutztebis zur festgesetzten Stunde fertig sein. Die neue Stellung mutztesofort nach dem Sturm ausgebaut werden. Die Drahthindernissemutzten fix und fertig daliegen, datz man sie nur über den erober-ten neuen Grabenrand hinaus zu werfen brauchte. Sandsäcke undBretter, Eisenschilde und Schietzscharten, alle Requisiten des mo-dernen Stellungskrieges muhten parat sein. In den schmalennassen Zugangsgräben, die sich durch den Schloßpark von Hoogeschlängelten, krochen unsere Sachsen und Elsässer bei strömendemRegen hin und her. In diesen dreck- und tehmbespritzten Männern,die hier oben im Upernbogen. die nebenan bei Loos und LenS,die weiter unten in der weitzen Champagne gefaßt und stummihre Arbeit verrichteten, an ihrem Arm, an ihrer unerschütterlichenRuhe hing das Schicksal unseres ganzen Landes. Seit einem Jahr— gewiß—, aber niemals deutlicher, niemals gespannter wie indiesen Tagen. Ueber die alte und neue Welt schlvirren die Funkensprüche von der großen Entscheidungsschlacht hier drautzcn. Millionen Köpfe denken, hoffen, debattieren. Das Schicksal Europassoll hier entschieden werden. Zuletzt hängt es an diesen grauen,groben Gestalten, die hier vorn im Regen hantieren— auch andiesen etwas gebückt schreitenden Chemnitzer Textilarbeitern undErzgebirglern.Am Dienstagabend lief eine Meldung ein, die die Spannungnoch vermehrte. Aus soundsoviel Anzeichen glaubte ein Abschnitts-kommandeur schtietzen zu müssen, daß die Engländer uns mit derSprengung zuvorkommen würden. Das ist eine oft erlebte unddie übelste Ueberraschung im Minenkrieg: kurz vor der Tat fliegtdie eigene Mannschaft, der eigene Graben in die Luft. Die Nachtward unruhig. Höchste Gefechtsbereitschaft überall. Im General-kommando fast kein Schlaf. Der Morgen kam, der Mittag.Gegen 5 Uhr machten wir uns auf den Weg, um von einer Höhezwischen Zandvoorde und Gelmve die Sprengung zu beobachten.Ich hatte es noch nie erlebt, dieses drückende, lastende Gefühl,diese zuerst unfaßbare Vorstellung: in zwei Stunden sollen 500Mann in die Lust gesprengt werden— in zwei Stunden werdendie Erzgebirgler gegen die englischen Maschinengewehre anrennen— in zwei Stunden wird einiges tot und kalt sein, was jetzt nochlebenswarm in der Sonne plaudert. Und als wir durch den auf.geweichten Lehmboden stampften, um die Höhe zu erreichen, vonder aus das Kampsseld zu übersehen war, überkam mich ein leisesSchamgefühl: nun standen wir hier oben mit dem Fernglas inder Hand, einige ungeduldig die Uhr musternd, und warteten.Worauf? Auf einen dumpfen Knall, auf eine Riesenwolke, aufden Höllenlärm des Angriffs. Worauf? Auf die Wolke desTodes, auf die Musik des Todes, auf den Tod von vielen hundertMenschen....Die Landschaft ist wellig hier oben, viel Wald, viel Wasser—ein Land für Landsitze. Der Rittmeister, der uns begleitet, zeigtuns den Schloßpark der Vaughan, den Schloßpark des Baron deVinkh. Der Park von Hoove, der vor uns liegt, ist zerschossen,sein Wald gelichtet. Mit den Sümpfen und Seen, mit den sonsthier seltenen Kiefern erinnert die Landschaft an die Mark. Aberüberall auf den Wiesen und Aeckern, an den Straßen und Feld-wegen stehen verstreut die weitzen Kreuze.„Ein Engländer."„Eindeutscher Soldat."„Zwei tapfere Elsässer." An eines der Kreuzeist ein Flugzeug-Propeller genagelt:„Zwei englische Flieger."Plötzlich wird die Luft erschüttert durch einen dumpfen langenTon, der uns alle beben macht. Die Erde selber scheint zu zittern,die Luft, der Himmel. Noch einmal. Die ganze Erde brüllt,stöhnt auf und speit eine ekelerregende gelbe Riesenwolke aus sichRotes vlamenblut.Von Pierre Broodcoorens.Aryn sagte sich, indem er mit verzogenem Gesicht einenverstohlenen Blick zu Flohil hinschickte:„O weh! O weh!"Dann aber entfernte er mit seinen dicken Fingern die Aschevom Feuer, blähte die Backen und blies die Glut an.Hierauf nahm er mit beiden Händen einen dicken Block Kohleaus dem alten, zerbeulten Eimer, der umterm Kamin stand,und zerschlug ihn mit dem Schürhaken. Ein Strohwisch inden Ofenschacht hinein diente zu dessen summarischer Reini-gung. Der Wilderer brachte nachher braune Waffeln herbei,holte aus dem Wandschrank zwei Tassen, Zucker, Brot undButter hervor, und stellte alles vor Souhe auf den Tisch.Die braunen Augen Flohils, die in tiefen Höhlen glühten,schweiften langsam in dem alten Loch umher. Nichts hattesich geändert. Die Dinge sind nicht so veränderlich wie dieLebewesen. Die blaue, abgeblätterte Tünche! die gelbenWurmlinien, die den schwarzen Anstrich des Kaminmantelsmusterten; die groben Messerschnitzereien an den verräuchertenEichenbalken der Decke; der graue, ungleiche, an einigenStellen mit roten Ziegeln ausgebesserte Fußboden: es warnoch dieselbe düstere, flandrische Küche, in der er die sorg-losen Stunden seines Junggesellenlebens zugebracht hatte,zwischen Aryn Klip und seiner Frau. Ein roter Tuch-knäuel, der mit einen: Band von der gleichenFarbe an der spanischen Wand befestigt war, diezwischen der Windfangwand und den niedrigen Fensternaufgestellt war, fesselte die Aufmerksamkeit des Mannes.Der Knäuel hatte Herzform und, voll gelber Messingnadelngesteckt, glich er dem strahlenden Herzen in der Purpur- undGoldtunika des Christ über dem Hauptaltar der Kirchen.Pfeile stachen auch Souhe Flohils Herz, und er fühlte aufseinem Leibe das laue Rieseln eines Saftes.„Iß!" lud Klip ihn ein, der dem gefürchteten Augenblickder vertraulichen Mitteliungen entgegensah.„Nein, wahrhaftig, ich kann nicht," sagte Souhe plötzlich,indem er sich lebhaft erhob.Er begann mit seinen schweren Schuhen auf dem Fuß-boden hin und her zu laufen wie ein wildes Tier, wobei erauf. Drüben hinterm Berg— keine Wolke mehr— � eineschwelende Wand, ein Wald von gelbem Schmutz, der wächst in dieHöhe und Breide. Ich sehe auf das gelbe Ungetüm und kann angar nichts denken, nicht an die Grabenstücke, nicht an die 500 Eng-länder, die jetzt da drüben in der Luft umherfliegen— ich habevor dieser gelben Wolke nur das Gefüht eines unbestimmten Ekelsund eines eisigen Grauens.Einen Augenblick ist alles starr. Wie wenn nachts der Blitzdie Räder eines fahrenden Wagens beleuchtet— alle stehen still,nichts rührt sich. So hält Erde und Himmer für einen Augenblickden Atem an. Aber dann bricht es los. Die englischen Batterien— überrascht, wütend, toll— beginnen wie sinnlos zu schießen.Sperrfeuer nach hinten! Feuer in die Gräben! Feuer auf denSprengtrichter! Wie das Bellen und Kläffen einer Meute vonHunden— heiser, dumpf, hell— erfüllt ein Höllengezänk die Luft.Kurz, ratternd, abgehackt, stoßen die Einschläge in das orgelndeGebrüll der pflügenden Geschosse. Endlich die lange Marine-batterie— ihr Abschuß klingt wie eine stürzende Stadt, ihr Ein-schlag wie ein Donncrknall bei Hochgewitter und Blitz im Nachbar-haus— ihre mewdisch brüllende Geschoßbahn verfolgst Du se-kundenlang durch die aufgehetzten Lüste. Dies alles schreit durch-einander— unregelmäßig, verwirrt, nervös gemacht durch dieplötzliche Sprengung— nicht wie das vorbereitete, trommelndeGrabenseuer, das sich am Sonnabend stundenlang auf unsereGräben ergoß.Zuerst hörten wir nichts als dieses laute Brüllen der Kanonen.Aber das Ohr gewöhnte sich. Nun traten allmählich aus dem rollen-den Lärm die kleinen hackenden Geräusche der Infanterie hervor.Manchmal in knarrenden Salven. Meistens allein, kurz, spitz, fasttonlos. Und das tak-tak der Maschinengewehre, dieses monotoneaufpeitschende Rattern. Und das abgerissene Husten der platzendenHandgranaten. Alle leeren Räume fiillten sich mit starken unvschwachen Geräuschen. Es brüllte aus den Büschen, die rings umuns standen, aus den Wiesen, aus der Erde, es brüllte und ratterteüberall— unsere Körper lösten sich wie auf in diesem Tumult—jawohl— wir waren schließlich selber ein Teil dieser stöhnendenbrüllenden Atmosphäre.Aber dann ordnete es sich— das Schietzen wurde regelmäßiger,der Jnfanterieangriff schien beendet. Es wurde nicht ruhig. Aberman konnte nun unser eigenes von dem fremden Feuer genauunterscheiden. Es ward ein gewöhnliches Artillerieduell.Wir wanderten auf die Chaussee zurück, um von da den Ge-fechtsstand der Division aufzusuchen, in deren Bereich sich das ebenbeendete Gefecht abgespielt hatte. Wir redeten über den Erfolg.War die Besetzung des Trichters geglückt? War die Sprengungüberhaupt gelungen? Denn wir selber hatten natürlich nichts vomAusgang des Kampfes gesehen. Wir hatten überhaupt nichts vomKampf gesehen— außer jener gelben Säule und ein paar weißenSchrapnellwölkchen und vielen schmutzigen Rauchfäden, die vomEinschlag der Granaten herrührten.Auf der Chaussee trafen wir einen Feldgrauen mit frisch der-bundenem Finger. Er hatte am Sonnabend den englischen Durch-bruchsversuch bei Hooge mit abwehren helfen und erzählte in gleich-gültigem Tone von den wilden Handyranatenkämpfen, durch die siedie Engländer von der Höhe 55 verjagt hatten. Er erzählte voneinem jungen Schotten, den er durch eine Handgranate getötet hatte.Er zog dessen Soldatenbuch aus seiner Tasche, das er sich zum An-denken mitgenommen hatte. Wir blätterten in dem Büchlein. Dawaren Postkarten von der Front, von Hause, von Schwester undBraut. Photographien aus dem Felde, stramme Soldatenbilder undPhotographien aus der Heimat. Da war eine kleine quadratischeAmateurphotographie, schlecht und recht gemacht, ein. kleines Tipp-mädel, das vor seiner Schreibmaschine saß. Sie hatte blondesHaar und auf der Rückseite der Photographie hatte sie geschrieben:„Ooolc at the waves ol my hair and note also how how verydiligent I am!"(Sieh hier mein welliges Haar und beachte auch,wie fleißig ich bin.) Einer von uns bat den Soldaten um diesePhotographie. Er sagte:„Sie können das ganze Buch und allePhotographien und Karten bekommen. Nur ein Bild will ich vonmeinem Freund behalten." Unter dem Freund verstand er jenenSchotten, den seine Handgranate getötet hatte.Als wir auf dem Gefechtsstand ankamen, erhielten wir folgendeNachricht. Die Sprengung war glänzend gelungen. Die beidenKompagnien des Gegners mutzten restlos vernichtet sein. Zehnunverwundete Gefangene aus der vordersten Linie, die durch denLuftdruck zu uns herüber geschleudert waren, befanden sich bereitsauf dem Wege zu uns. Der Trichter war mit ganz geringen Per-lüften unsererseits besetzt worden. Ein paar eroberte Maschinen-gewehre feuerten schon kräftig auf ihre früheren Eigentümer. DieVerbindungen des Trichters mit unserer Linie waren genau in dergeplanten Richtung hergestellt. Drahthindernisse, Schießlöcher,Schutzeiscn— alles war eingebaut. Die früher so lästige Stütz-und Beobachtungshöhe 50 war fest in unserer Hand.Gefahr lief, jeden Augenblick mit dem Schädel gegen einenBalken zu stoßen.„Was gibts denn, Brüderchen, he, sag' doch?" fragte Klip,um sein Gewissen zu beruhigen.Man konnte indessen seinem bleichen, listigen Gesicht ohneMühe ablesen, daß er mit der Pein seines Freundes nur zugut Bescheid wußte.„Tränen sollen fließen, das schwör' ich Dir!" schrie Flohilaußer sich.Er blieb jäh stehen.„Aber was denn?" fragte Klip aufrichtig erstaunt.„Eh', was? Alles, was ich sagen könnte, würde nicht im-stände sein..."Er fing an, fieberhaft in den Rocktaschen herumzuwühlen.„Hier", sagte er feindselig, indem er dem Wilderer denanonymen Brief reichte.„Nicht so laut!" flüsterte dieser mit einem Blick nach demSchlafranm.Er nahm den Brief, holte sein Brillenfutteral hinter demkleinen Bartspiegcl hervor, der zwischen den beiden Fensternhing und machte sich dann beim Licht zurecht,'stim den Bratenzu beriechcn. Sein bartloses Gesicht blieb unbewegt, währender den Brief mit einem kirchlichen Summen seiner schmalen,blassen Lippen las.„So mußte es kommen. Was sag' ich ihm? Lang-weilige Geschichte! Hier wird's was geben. Aber was geht'smich an?"Und mit Ueberlegung nahm er sich Zeit.Flohil schleppte inzwischen seine Pein, vor sich hin mur-melnd, von der Bank aus blauen und roten Klinkern, wobunt durcheinander die Tasse, Teller und Kannen standen,zum skamin hin, über dem ein geschnitztes Holzkruzifix stand,eine Weckeruhr aus Nickel und ein schwerer Knpferlcuchterzwischen armseligen Photographien auf vergilbtem Grund.„Das... Was willst Du? Das ist Mist, Mist."Es blieb ungewiß, ob Klip den Brief meinte oder nurdie Tatsache, von der er berichtete.Flohil, der sich vor ihm hingestellt hatte, legte ihm seinebeiden Hände auf die Schultern.„Ich vertraue Dir, Klip I Du bist mein Bruder, nicht?Sag, daß es Lügen sind, daß Hilla geblieben ist, was siewar, eine brave, anständige Frau." �Seine Stimme zitterte in seinen hängenden SchnurrbartAm Abend im Generalkommando sprachen wir über das Grau-same dieses Sprengungskrieges. Einer von uns machte ein paarEinwendungen.„Da kann ich Ihnen eine interessante Mitteilungmachen," mischte sich der Nachrichtenoffizier ins Gespräch,„nachden Aussagen der Gefangenen, die ich eben vernommen habe, wardie Abquetschung unseres Stollens durch die Engländer für morgenfrüh 5 Uhr 30 Minuten in Aussicht genommen. Wir sind ihnen alsolediglich um 12 Stunden zuvorgekommen."Dr. A d o l f K ö st e r, Kriegsberichterstatter.kleines ßeuiUeton.kriegsanüenten.Gegen unangebrachte Kriegsandenken wendet sich Walter Klugein einem Feldpostbriefe der jüngsten Nummer des„Vortrupp"(Ham>bürg. Alfred Janssen). Er unterscheidet Andenken, gegen deren Auf-bewahrung Wesentliches nicht einzuwenden ist, und solche, derenBenutzung als Schmuck ein Mißbrauch sei. Er macht u. a. diefolgenden Ausführungen:Ein Geschoß als Anhängsel an der Uhrkette. Vielleicht gar nochvon einem getragen, der niemals eine Kugel pfeifen hörte. Aberauch von den anderen. Habt ihr denn vergessen, was diese Dingerbrauten, diese kleinen Dinger, die euch euren Kameraden, eurenFreund von der Seite rissen oder wenigstens reißen sollten, die dirselber galten als Ewigkeitsgruß? Ist das etwas, womit man sichschmücken muß?Die Ausbläser als Aschenbecher! Sie sehen dann so harmlosaus. Ich weiß dennoch nicht recht, ob man'S nicht besser lassensollte.Aber nun gar Granatenringe als Armbänder für Frauen undMädchen. Wißt ihr. deutsche Frauen, daß die Granaten, von denendiese Ringe stammen, euren Männern und Brüdern, euren Väternund Verlobten den Tod bringen sollten? Daß Blut an ihnen klebt,Menschenblut, das nicht abgeht, wenn ihr's auch wohl nicht seht.Brennt es euch nicht auf der Haut? Fühlt ihr nicht, daß es euerunwürdig ist, sich damit zu schmücken? Denkt einmal daran, wasgerade die Granate, deren Ring ihr tragt, vielleicht angerichtet bat.Denkt an Leichen und zuckende Leiber. Graut euch nicht? Ist's bloßGedankenlosigkeit, daß man solche Schmucksachen anfängt zu tragen?Ist es Sensation? Ist's Mode? Ist's Barbarei?Sicher ist's eine Unsitte. Und jedes echte deutsche Weib solltesich dagegen wehren.Es ist unserer nicht würdig, solchen Schmuck zu tragen. DeutscheMänner, und noch mehr deutiwe Frauen, sollten sich auch nach dieserSeite nicht als Barbaren zeigen.Notizen.— Tbeaterchronik. In der Volksbühne wird amMontag. F a u st I" gegeben. Eduard von Winterstein spielt denFaust. Werner Krauß den Mephisto und Camilla Eibenschütz dasGretchen.— B o r t r ä g e.. S ü d s e e- K u n st"(vom Rohmaterial biszum Kunstwerk) ist das Thema des ersten wissenschaftlichen Abendsder Humboldt-Akademie, das Dr. Eichhorn am Sonnabend, den16. Oktober, abends 8 Uhr,(Aula des allen DorothecnstädtischenRealgymnasiums, Georgeustr. 30/31) in einem Lichtbildervortrag be-handelt. Der Emtritt ist frei.— M u s i k ch r o n i k. Das zweite Konzert des Verbandes derFreien Volksbühnen findet Sonntag, den l7. Oktober, mittags 12 Uhr,im Theater am Bülowplatz statt. Frau Tilla Durieux wird beidiesem Konzert mit.Herrn Leo Kestenberg am Flügel Melodramenvon Liszt(Bürgers Leonore) und Richard Strauß(Tennysons EnochArden) zum Vortrag bringen.— Das Lessingmuscum, das seit dem Abbruch desLessinghauses am 5iönigsgra'ben eine Stätte im Nicolaihause in derBrüderstraße gefunden, beging am Donnerstag die Feier seineszehnjährigen Bestehens. Es wurde das Lustspiel„Der junge Ge-lehrte" aufgeführt, in dem der junge Lessing mit der Schulgelehr-samkeit abrechnet.— Preisausschreiben für einen Armersatz.Der Verein deutscher Ingenieure bat 15 000 M. an Preisen(ersterPreis 10 000 M.) für einen Armersatz ausgeschrieben, der es ermög-licht, viele Tätigkeilen innerhalb der mechanischen Industrie auSzu-üben. Zur Beteiligung an dem Ausschreiben sind alle Kreise ein-geladen. Auch schon'vorhandene Konstruktionen sind vom Weit-bewcrb nicht ausgeschlossen. Die gebrauchsfähige Konstruktion—Modell oder Zeichnung genügt nicht— ist bis zum I.Februar 1916an den Verein deutscher Ingenieure, Berlin I7V/. 7, Sommerstr. 4a,zu senden. Von dieser Stelle können auch die näheren Bedingungenkostenlos eingefordert werden.hinein, der gleichfalls zitterte. Seine Brauen zogen sich zurWurzel seiner spitzen Nase hin zusammen, die sehr rot inseinem ganz weiß gewordenen Gesicht stand. Seine Augenwaren gekniffen; an dem Zucken seiner Gesichtsfalten er-kannte man, daß er nahe daran war, zu weinen.Klip blickte beiseite.„Du kennst meinen Grundsah: Ich bekümmere mich nieum die Frauen anderer. Ich überwache die meine, das ge-nügt mir. Sapperlot, man würde schön ankommen!"Er dachte:„Dn sollst nichts von mir erfahren. Man kann wohleinen Esel ins Wasser werfen, aber man kann ihn nichtzwingen zu schwimmen, wenn er nicht will."Flohils Arme sanken an seinem Körper hernieder. Erempfand einen heftigen Schmerz.„'S ist gut. Ich persteh," stieß er heiser hervor.Klip zuckte die Achseln und zog eine Grimasse, die be-sagte:„Dtt mußt meinen Wunsch, strikte Neutralität zu be-wahren, billigen. Du bist in einer schlimmen Lage, ich kannaber nichts dabei machen. Jeder trage sein Kreuz."Souhe hatte einen Ausbruch.„Es ist natürlich, und Du hast recht," sagte er, indem errasend beide Fäuste ins Leere warf und sie auf die Schenkelniederfallen ließ. Weshalb sollst Du Dich in meine An-gelcgenheiten mischen? Jeder für sich, so ist es."(Kliphörte ihm zu, den Kopf gesenkt, in einer Haltung, die nach-denklich schien. In Wahrheit dachte er an gar nichts.Er fixierte eine Brotkruste, die am Boden lag, schließlich hober sie auf und steckte sie in die Tasche, für die Kaninchen.)Souhe fuhr fort:„Für mich steht das alles jetzt fest wie eins und eins istzwei. Ich muß zugeben, daß ihr zu einem Menschen, derHahnrcich ist, nicht gradheraus sprechen wollt, das ist in derTat auch nicht angenehm."„Nun, nun," wandte Klip sanft ein.Souhe schwieg, einen bitteren Zug um die Lippen. Vonneuem geriet er in Raserei.„Ihr verhehltet mir die Wahrheit, selbst wenn sie klarwäre wie die Sonne," sagte er wild.Er nahm Klip den Brief aus den Händen und steckte ihnwieder in die Rocktasche.Gortfl folgt)