9t. 288.- i9i5. Unterhaltungsblatt öes Vorwärts
Das Gesthäft blüht. Welches Geschäft'{ fragen Sie natürlich sofort voller Neugier. Ja, das möchten Sie wohl gern wissen? Das heißt, es gibt viele Geschäfte, die gerade jetzt zur Kriegszeit blühen. Aber die dürsten Sie weniger interessieren als mein Geschäft, das ja auch kein Geschäft in d e m Sinne ist, sondern-- Nun haben Sie es erraten. Die Kartenlegerin meine ich.-- Nachdem mir mein Dienstmädchen, ineine Friseuse, und eine meiner Busenfreundinnen mir unter Eid und Tränen versichert halten, es gäbe nur eine Kartenlegerin, die etwas verstünde, und das wäre Frau B. sSie können auch A. nehmen, aber ich wollte in diesem Fall B. sagen) hielt ich es im Interesse meines guten Rufes und meiner Allgemeinbildung für nötig, die Dame einmal auszusuchen. Nicht daß meine Zukunft mich sonderlich interessierte, im Gegenteil! Doch wollte ich Frau B. und ihr Publikum kennen lernen. Also auf gen Norden! Aber wie kommt man in die J.-Straße? Da ich es an der Hand einer Spezialkarle nicht ergründen konnte und mich genierte, meine Gcwährsfrauen danach zu fragen ses hätte ja fast so ausgesehen, als wollte ich selber Frau B. aufsuchen), so zog ich es vor. mir von irgendeinem Bahnhof irgendwo im Norden eine Droschke zu nehmen. Und ich gebe Ihnen mein Wort, damit fing der Schwindel schon an. Denn natürlich wohnt Frau B. fünf Minuten vom Bahnhof entfernt, und der Kutscher griente übers ganze Gesicht, als ich ihm für diesen Weg siebzig Pfennige zahlen mußte. Ich aber schluckte meinen Aerger tapfer hinunter und trat in ein kleines, schmalbrüstiges Haus, dessen noch nicht selbstschließende Tür so seltsampfuil* machte beim Zufallen. Pfuil!" dachte ich bet mir..Was soll das heißen?" und ärgerte inich schon wieder..Will sie sich etwa über die Besucherinnen der Frau B. lustig machen?" Ptuit! impertinentes Ding, diese Tür!" Dann stieg ich eine schmucklose, ausgetretene Holzstiege hinauf bis zum II. Stock. Denn warnend halte man mir mitgeteilt, daß sich im I. Stock die Konkurrenz eingemietet hätte, eine Frau, die natürlich vom richtigen Kartenlegen nichts verstand, aber immerhin der andern» das Leben und den Broterwerb erschwert. Schaudernd las ich denn auch an ihrer Tür die für einen Nichieingeweihten ge- heimnisvollen Worte: .Hier ist es richtig!" Selbstverständlich huschte ich naserümpfend und geringschätzig lächelnd an dem verlockenden Schildwen vorüber. Wie sagte doch die Tür?.Pfuit!" Auf so einen plumpen Schwindel fallen wir nicht hinein, meine Liebe. Etwas ängstlich schellte ich eine Minute später an dem durchaus nicht gekennzeichneten Türchen der Frau B. Schon durch diese vor- nehme Unauffälligkeit schien sie ihre geistige Höhe andeuten zu wollen..Wir haben solche Mätzchen nicht nötig," sagte das schmuck- lose Schildchen, auf dem nichts als ihr Name stand. Rrrbumm" machte die Klingel, eins jener altmodischen Radauinstrumente, das der zunehmenden Nervosität der Großstadt- menschen zum Opfer fiel. Eine ältere, etwas unwirsche, gar nicht saubere Person öffnete mir. Ich frage klopfenden Herzens nach Frau B., und sie murmelt etwas zwischen den nicht vorhandenen Zähnen. das wie.bitte" klingt, reibt sich die feuchten Hände noch einmal am äußersten linken Schürzenzipfel und öffnet in dem nur mäßig erleuchteten Korridor eine kleine Tür zu einem kleinen Zimmer, aus dem lebhaftes Stimmengewirr hervordringt, das sich bei meinem Erscheinen aus Minuten legt.... Wenn ich nicht solche Angst gehabt hätte vor der Tür, die ..pfuit' machr, so wäre ich hier schon umgekehrt. Etwa zwanzig Menschen aller Rangklassen und Altersstufen in einem gänzlich un- gelüfteten Raum, der vielleicht den Flächeninhalt eines Aufzugs bei Werlheim hat. Die Fenster fest zu, dicke Portieren soder sagt man jetzt.Hausverwalterinnen?") und ein undurchsichtiger Store swegen der Diskretion). In den Geruch von all diesen verschiedenartigen Menschen mischte sich der Duft der winzigen Oellampe aus dem Flur und der deS noch nicht überwundenen Miltagsbrois. Vielleicht geben Sie lieber einmal hin. wenn Frau B., Vanillensuppe und rote Grütze gegessen hat. Ich aber mußte Kohl-, Bier-, Zwiebel- und Brat« Heringsdüfte über mich ergehen lassen. Die Frau bemerkt mein Zaudern, fürchtet vielleicht, ich könnte fortgehen und der Konkurrenz in die Hände fallen, und so flüstert sie mir zu. mich mit ihren feuchten Händen am Aermel ziehend: Et scheint hier schon'n bisken voll. Komm'n Se man mit in Salong, Madamcden, velleicht kann ick Ihnen denn*
Die Schicksalsmaus. EineErzähIungvonTierenundMenschen. 28j Von Harald Tandrup. Sie haben wirklich von meinem Koffer gehört?" rief Andersen freudig überrascht.Nun ja, er ist auch eine Selten- hcit, wenn ich so sagen darf. Ich habe ihn bei einem Holz- schuhmacher in Varde   gekauft, und falls Sic es wünschen, kann ich Ihnen vielleicht einen ähnlichen verschaf" Jetzt aber fuhr der Schutzmann auf und legte Andersen die Hand aus die Schulter. Bedenken Sie, mit wem Sie sprechen!" rief er mit bebender Stimme.Es gibt wenig Menschen, die mich zum besten zu halten versucht haben, und sie mußten es alle be- reuen. Nehmen Sie die Lampe, Blomberg!" Sein Argwohn war umgesprungen wie der Wind vor einem Gewitter, und wer die Arbeitsmethode der Polizei kennt, der weiß, daß fürs erste keine Aussicht auf eine abermalige Gesinnungsänderung bestand. So gingen sie denn in die kleine Kammer; Andersen und der Beamte voraus, Blomberg mit der Lampe hinter- drein. Seine Hand war so unsicher, daß der wackelige Zylinder gegen den zersprungenen Sturz stieß. Finster deutete der Schutzmann auf den Koffer, der be- scheiden unter Andersens   Bett hervorsah. Vorziehen I" befahl er. Andersen gehorchte. Aufschließen!" Andersen steckte den Schlüssel daran und schloß auf. Sie können ihn ruhig von innen ansehen, Herr Polizei- diener". begann er.Es ist nichts" Ausleeren I" unterbrach ihn der Beamte barsch. Vorsichtig nahm Andersen ein Stück nach dem andern heraus, denn der Koffer enthielt all sein Hab und Gut: Ein Gesangbuch mit Goldschnitt eine Photographie der Familie seines Meisters Strümpfe, Hemden. Kragen ein zersetztes BuchDer singende Däne auf Wasser und Land" genannt ein Bild von der Skröbelever Kirche mit einem gedruckten Vers und den Worten:An dieser Stelle wurde das Gelübde abgelegt, dein Taufpakt erneuert" und darunter in einer erbärmlichen Handschrift:dies wünscht deine Patin Ane Mikkelsen, geborene Andersen." Alle diese Herrlichkeiten wurden eine nach der andern aus das Bett gelegt, bis der Boden der Truhe beinahe erreicht
Sie macht eine nicht mißzuverstehende Handbewegung. Velleicht seh ick mal zu, det Se'n bißken aus de Reih dran- kommen." Die hat mich in einer Droschke anfahren sehen! denke ich seufzend bei mir und opfere dieser Erkenntnis ein Fünfzigerl. ImSalong" fast dasselbe Bild. Etliche Menschen weniger und die Stube einen Quadratmeter größer. Die Gesellschaft gewählter, d. h. mehr Federhüle und weniger weiße Schürzen. Mobiliar: Muschel. Ebenfalls dicke Vorhänge, aber, soweit man das durch den Store sehen kann, ein Blick insGrüne". Jedenfalls war es hier bei weitem ruhiger, was schon die Nähe derAuserwählten" zu verraten schien. Meine Frau mit dem wiesen Gesicht, in deren Augen ich nach dem Fünfzigerl um mehrere Etagen gestiegen war, flüsterte mir noch zu, Frau B. hätte eine schlechte Nacht gehabt, sei spät ausgestanden und darum solch Andrang. Aber nach etwa einer Viertelstunde sollte ich so tun, als sei mir schlecht geworden und auf dem Korridor raus- kommen. Sie würde dann sehen hihi I und der zahnlose Mund verzerrte sich zum Lacken. Pfuit!" dachte ich bei mir.Es wird dich noch ein Fünfzigerl kosten." Mittlerweile sah ich mir meine Leidensgefährtinnen etwas näher an, d. h. nachdem sie mich lange genug angestarrt hatten. Jeder Neuhinzukommende schien wie in jeder Wartestube auch hier Unwillen zu erregen. Aber bald nahmen sie die meinetwegen unter- brockene Unterhaltung im Flüsterton wieder auf. Nach einiger Zeit wurde mir jedoch klar, daß überhaupt nur die Uninteressanten, die geistig Armen sich an diesem feierlichen Ort zu unierhallen wagten. Die gekommen waren mit einem Herzen voll Sorge und banger Scheu, saßen wie ich still in einer Ecke und zerrten nervös an ihrem Taschentuch, bissen die Zähne zusammen, rollten die Augen unruhig zur Tür--- Jene kleine blonde Frau mit dem unschuldigen Gesichtchen, ob sicher will sie eriabren, ob ihr der ferne Galle auchtreu und hold verblieb". Vielleicht hat eine Nachbarin gestern ihr ver- trauendes Herz mit der Nachricht erschreckt, daß aus das Militär da draußen kein Verlaß sei, weil sie so viele Gelegenheiten hätten Und jene dunkle, reife Mädchenerscheinung, deren Blick wild über uns hingeht, als seien wir alle Nebenbuhlerinnen, du lieber Himmel! sie hat es sicher nicht nötig, denn wenn man so aussieht! Oder will sie gar nicht wissen, ob ihr Schatz bald heimkehrt und sie heiratet? Hat sie irgendwo einen reichen altenHerrn", den die Kartenlegerin sterben lassen soll, damit sie ihren schneidigen Liebhaber heiraten kann? Alle sprechen vom Krieg. Alle bangen um einen, der dabei ist, um den Sohn, den Gatten, denSchatz". Ein altes Mütterchen mit wippender, schwarzer Feder auf dem unwahrscheinlich kleinen Kapott- Hut sagt weinend: Zwei Söhne haben sie mir schon totgeschossen da draußen. Zwei gingen jetzt wieder fort. Muß man denn wirklich all seine Lieben für das Vaterland opfern? Ich will doch nun wenigstens wissen, ob was Gutes für sie in den Karten steht." Armes Mutterherz, ahnst Du denn nicht, wieviel bester es sich leben läßt, ohne zu wissen?-- Plötzlich fiel mir ein. daß ich ja unwohl werden und hinaus- gehen sollte. Ein kritischer Blick in meine Börse gab mir die Ge- wißheit, daß ich nur zwischen Fünfzigpfennigstücken und noch größerem Geld zu wählen halte. Da wurde ich ehrlich bleich, strich über meine Stirn, auf der längst der Angstschweiß stand, weil ich schlechte Luft wirklich nicht vertrage, und huschte stöhnend hinaus. Meine Alte empfängt mich grinsend, wischt die feuchten Hände wieder am äußersten linken Schürzenzipfel ab und streckt sie mir dann wie selbstverständlich entgegen. El macht sich jrade," schmunzelt sie, ihre leichte Beute schnell in Sicherheit bringend.Die Jnädje hat ebend Kaffeepause, denn könn'n Se rin." Kaffeepause? Die Auserwählte? Und mittags Bier, Kohl und Bratheringe? Ja, lebt denn soetwas ganz wie unsereiner? Nicht von Luft und Geist? Pfuit--", sagte die Tür---- Dann öffneten sich für mich die Himmelspforten. Ein noch dufterer, noch verhängterer, poch luftloserer Raum, aber stimmungs- voll eingerichtet. Gute Bilder an den Wänden, von Böcklm Toten« insel, Selbstporträt, Sascha Schneidersche Radierungen, die Be­leuchtung hinter grünen Schleiern, die Möbel nicht beunruhigend originell, aber auch nicht so trivial wie die Vorstuben, zusammen« gesucht und doch gemütlich, keine Eule, keine Katze, nicht mal ein Kakadu. Eine zierliche Frau mit wirrem Blondhaar und irr strahlenden
war. Plötzlich sprang der Schutzmann hinzu, wühlte in dem Inhalt und griff nach einem dunkeln Zipfel, der zwischen den andern Sachen hervorschaute. Und was ist das?" Fragend hielt er Anderseil etwas Mes, Zerriffenes unter die Nase. Aber um des Gegenstandes willen brauchte er das nicht zu tun, denn er hatte auf den ersten Blick ge- sehen, daß es ein abgenutzter Lederbeutel mit rot eingesticktem L. L. war. Ja. was mag das sein", sagte Andersen verwundert. Ich kenne es nicht." Aber ich", erwiderte der Polizeidiener,Es ist Lars Larsens Geldbeutel sehen Sie, hier liegen noch zwei Goldstücke. Wissen Sie, was mir dieser Beutel verrät? Daß Sie, mein guter Andersen, ein ganz elender Spitz- bube sind!" Ich!"�rief Andersen zurückweichend.Ich, der nie auch nur eine Stecknadel genommen hat, sollte ein Spitzbube sein?" Jedoch der S>chutzmann legte feierlich seine Hand auf Andersens   Schulter und sagte: Ich erkläre Sie hiermit im Namen des Gesetzes für verhaftet. Begleiten Sie mich zur Wache!" Andersen sank wie ein Häuflein Elend auf einen Stuhl. In seine Augen schössen Tränen. Lieber Gott!" stammelte er verzweifelt.Wirst du das wirklich zulassen?" Verstellen Sie sich nicht so," sagte der Beamte, indem er ihn in die Höhe riß.Sie sind, wie man sagt, auf frischer Tat ertappt!" Pfui Teufel", murmelte Blomberg.Das hätte ich Ihnen nicht zugetraut, Andersen nein, weiß Gott  nicht." Verschwörungen zwischen Tieren und Menschen. Andersen war fort, war mit dem fremden Mann fort- gegangen. Möns hatte ihn gehen sehen und auf seine Rück- kehr gewartet; aber er war nicht heimgekehrt. Endlich wurde es wieder Tag. Das spärliche Licht, das in den engen Hof hmeindrang, fiel durch die herabgelassenen, vergilbten Gardinen ins Zimmer. Der Zitronenschneider richtete sich im Bett auf, gähnte und murmelte: So steht man denn in Gottes Namen wieder auf. Ja. das ist wirklich ein Hundeleben das hier." Der arme Möns war untröstlich. Er schlich mit hängendem Schwanz umher, konnte keine Ruhe in seinem
Augen begrüßt mich angemeffen(d. h. dem Trinkgeld angemessen, das ich ihrer Dienerin gab. Auch sie weiß bereits von der Droschke I) Dann greift sie ohne zu fragen nach den Karten, ich muß sie mischen. Natürlich stelle ich mich, wie stets bei feierlichen Gelegen- heften, maßlos dumm an, lasse links und rechts welche fallen, lache dämlich über meine eigne Ungeschicklichkeit und ziehe mir eine Rüge der Auserwählten zu. Sie müssen mehr bei der Sache sein, sonst geht«S nicht", sagt sie mit weicher, sympathischer Stimme, die ans Herz greift. Und nun legen wir die Karten gemeinsam auf, mischen wieder, ziehen, heben ab dreimal mit der rechten Hand zu mir. Frau B. wirft den Kopf mit den unfrisierten Haaren etwa? zu- rück und beginnt: Sie haben keinen Grund zur Eifersucht," O nein da mein lieber, guter Mann schon beinah zehn Jahre auf dem Friedhof ruht Ihr Mann ist Ihnen treu, wenn er Ihnen auch jetzt fern sein muß" Das will ich glauben Ihre Kinder" Ich habe zwar nur eins werden Ihnen wenig Kummer bereiten. Jetzt haben Sie drei, aber nach dem Krieg werden Sie noch ein Töcklerchen bekommen* Großer Gott I Ich unbescholtene Frau l Woher denn? Ihre Unternehmungen sind stets von Erfolg gekrönt* Sicher. Meine Romane will niemand drucken, und heute bekam ich erst drei Skizzen alssiir unser Blatt nicht geeignet" zurück. Sie brauchen sich daher keine Sorgen machen über Ihre Zu- kunft, wenngleich" und sie dämpft die süße Stimme noch ein wenig, düster irren ihre Augen über die Kartenwenngleich Ihr lieber Mann aus dem Krieg nicht wiederkehren dürfte" Der Arme! Nein, das tut er nicht. Meine Ruhe und Fassung scheinen Frau B. zu verwirren. Ge- wiß muß man an dieser Stelle vorschriftsmäßig weinen, und dann kommt der Trost. Aber Sie brauchen deshalb nicht verzagen. Eine große Erb« schaft steht Ihnen zu, und Sie werden noch einmal recht, recht glücklich sein" Ich kann mich nicht länger beherrschen. Das stimmt alles nicht, Frau B.," werfe ich bescheiden ein, denn". Die blauen Augen öffnen sich erschreckend weit. Stimmt nicht?" entgegnete sie, und das feine Stimmchen schnappt fast über.Sehen Sie, das liegt an Ihrem Mischen. Ich sagte es ja gleich, wenn eine nicht den rechten Ernst zur Sache hat. Also fangen wir noch einmal an." Aber sie tut mir leid. Und die da draußen warten, auch. Nein, wirklich, wenn man nicht den rechten Erftst zur Sache hat, soll man keine Kartenlegerin aufsuchen. Darum stand ich auf, drückte ihr das schon vorbereitete Markstück in die Hand und sagte versöhnlich: Ich komme ein andermal wieder, wenn Sie nicht soviel zu tun haben. Frau B. Für heute meinen wärmsten Dank I" Sprach's, huschte schnell hinaus, an der Allen vorüber, die Holz« stiege hinunter, gab der Tür einen solchen Fußtritt, daß sie ihr Pfuit" darüber vergaß, und atmete draußen erleichtert auf. Es riecht in der I... straße auch nicht gerade nach Grunewald  , aber gegen diese Hölle da oben--- Ebenso erleichtert wie ich, war mein Geldbeutel. 80 Pf. Stadt» bahn hin fvornehm II. Klasse I). 70 Pf. Droichke, 2 mal b« Pf. Trink­geld, 1 M. Gebühren, das sind 3 M., um zu erfahren, daß ich nun bald keine anständige Frau mehr sein würde. Wütend lief ich nach dem Bahnhos und fuhr Hl. Klaffe heim. Viel Vergnügen, falls Sie etwa morgen auch zu Frau B. gehen sollten!---- H. Wega. Notize«. Die große Berliner   Kunstausstellung wird im Sommer 1916 wieder im LandeS-Ausstellungsgebäude veranstaltet werden. Vorträge. Im Zentralinstitut für Erziehung und Unter- richt �Potsdamer Straße   ILO) spricht am 16. Dezember Professor Dragendorff über Das Antiquarium im Alten Museum  . Eintritt frei. UeberDie Sexualprobleme in der dra- malischen Literatur" spricht im Bund für Mutterschutz am Donnerstag, den 16. Dezember, im Ebenholzsaal des Weinhauses .Rheingold", Potsdamer Straße 3, Dr. Heinrich Slümcke. Gäste 66 Pf. an der Abendkasse.
Korb finden; Blomberg stellte ihm Milch hin, aber er rührt sie nicht an. Er hatte schon einmal etwas AehnlicheS erlebt, als er ganz jung gewesen war und Andersens Meister ein Hühn- chen gestohlen hatte. Da war er ebenso umhergeirrt, bis er gemerkt hatte, daß man den Fuchs für den Uebeltäter hielt. Immer wieder schlich er zu Andersens   leerem Stuhl und rieb sich an ihm. Aber sonst saß er die ganze Zeit über mitten im Zimmer und stierte Blomberg unverwandt an, so daß es dem Schneider angesichts seiner wie Phosphor leuch- tcnden, gelbgrünen Augen förmlich unheimlich wurde. Aus diesen Katzenaugen schaut der leibhaftige Teufel heraus," sagte er. Als Blomberg seinen Morgenkaffee getrunken hatte, fuhr er in die Kleider und ging in den ersten Stock hinauf, denn er wollte Lars Larsen und Maren auf den Kirchhof be- gleiten. 'n Morgen," begann er.'n Morgen, Herr Larsen, 'n Morgen, Jungfer. Wie geht's? Haben Sie gut geschlafen, Larsen?" Gott   bewahre. Ich habe kein Auge zugetan, weil ich immerzu an das Geld denken mußte," entgegnete Larsen. Das ist sehr begreiflich, lieber Herr Larsen," sagte der Schneider.Wenn ich mir vorstelle so ein Kummer. Ich vergäße das nie. Aber ein armer Schneider kommt nicht in die Verlegenheit, so viel Geld zu haben, geschweige denn zu verlieren." Wo ist denn Andersen?" fragte Maren. Andersen?" wiederholre Blomberg etwas unsicher.Ich glaube, auf den brauchen wir nicht zu warten." Wie merkivürdig," sagte Maren enttäuscht. Blomberg verging fast vor llugeduld, über diese unbehag- liche Frage hinwegzukommen. Er wollte nicht gern erzählen, daß Andersen verhaftet sei, denn er hörte im Geist schon das Frauenzimmer aufkreischen und Andersens   Unschuld beteuern. Und diese Vorstellung war ihm unbehaglich. Nun, wenn er nicht kommt, dann läßt er es eben bleiben," sagte Larsen entschieden, setzte seinen roten, hohen Hut auf und erklärte, sie könnten jetzt seinetwegen gehen. Und so gingen sie I Kurz darauf krachte die Treppe unter dem blinden Spiel- mann, der sich mit dem Stock ganz verblüffend schnell heruntertastete. Er hatte einige Weihnachtslieder eingeübt und erwartete eine reiche Ernte. Es war ja der Vorabend von Weihnachten  . Gortj.>5�