it»2.-i9t5. Untct�oltungeblatt öes Vorwärts s»«««»s/lbsthieö von Saloniki.Von C. S- Klötzel.,®ffenbt!'— rief der Kellner, nachdem er ohne weitere An-Meldung ins Zimmer gestürzt war—.Effendi. Ihr Hamal ist da!"'Richtig, da war.mein" Hamal. Seit einer Stunde wartete ich schonaus ihn, trotz eines Jahres orientalischer Erziehung. Und nun kamer ganz pünkilich, eine Stunde nach Verabredung, wie es Sitte ist.Und immer noch eine volle Viertelstunde vor der osfiziellen Absahrt-zeit des Dampfers. Mithin hatten wir noch mindestens zweiStunden Zeit zum Zuspätkommen..Mein" Hamal— er hat mir viele mit Piastern gar nicht zubezahlende Dienste geleistet— hieß Meise Mardoch Alüussei. Dasspanisch-jüdische Blut hat in ihm einen der schönsten Menschen ge-schaffen, die mir je vor Augen gekommen sind. Mit dem Motzstabeuropäischer Menschenwertung gemeffen, war Meise zwar ein Bettler.der von der Hand in den Mund lebie. Er trug aber seine Armutund leine Lasten— Lasten, so schwer, wie sie lein HamburgerStauer bebt— mit der natürlichen Würde eines Königs und ge-borenen Herrschers.Meile trug schon die schwere, buntbemalte Truhe einer aus-wandernden italienischen Familie. Er trug sie aus dem Rücken, ineiner Art. die seine Hände nicht behinderte. Die Hamals beseitigenaus ihrem Kreuz ein eigenartiges Tragepolster, aus dem auch dieschwerste Last fest aufliegt. Ein Strick, um Hals oder Stirn ge-knüpft, ficherl sie überdies vor dem Herabfallen. Meise konnte alsobequem noch mein Gepäck mitnehmen und ging mit federndenSchritten vor mir her, wobei seine Füge geschickt den spitzestenSteinen und den gröbsten Verunreinigungen der Straße auswichen.Irgendwelches Schuhzeug trug er nicht.So schritt ich noch einmal über den schönen Kai von Saloniki,der inzwischen— es war noch vor den Balkankriegen— so vielerlebt hat und der vielleicht schon in allernäcvsler Zukunft wiederder Schauplay blutiger Kämpfe werden wird. Mast an Mast lagendie Fischerboote am User veriaul. Bor den zahllosen.Koffaiens"..Brasi'erieS' und.Rislerantes" saßen aus den kleinen Rohrschemeln, dieman im ganzen Orient findet, allerlei Gestalten, die im ergötz-lichsten Gegensatz zu einander standen. Würdige ältere Herren,denen man Wohlsland und Zufriedenheit sofort ansah, trugen emeigenartiges Gewand aus Pelz und Seide, die von Generation zuGeneration überlieferte Tracht der'panischen Juden, die. 14l>2 ausihrer Heimat vertrieben, in den Ländern des Padischahs, besondersaber in Saloniii, eine neue Heimat fanden. Ueber zwei Drinelder Bewohner dieser Stadl sind noch heute.Spaniolen', sprechenihre eigene Sprache, die für Forscher eine Fundgrube des alt«spanischen Dialektes geworden ist, und die ältere Generalion trägtnoch die altspanische Tracht. Außer Jerusalem trägt keine Stadtder Well einen so ausgesprochen jüdischen Charakter wie Saloniki,wenn man von den kleinen Judenstädlen in Polen und Galizienabsehen will. Aber während der Ansiedlungsrayon ein Judentumzeigt, das körperlich stark heruntergekommen ist, stellen dieSaloniler Juden eme Edelrasse in des Wortes kühnster Be-deuiung dar.Ist die ältere Generation der Spaniolen konservativ bis ausdie Kleidung, so ist die Jugend um so moderner gesinnt, lind sosieht man an den Feiertagen ein merkwürdiges Bild: die allspanischenEltern rn Begleitung ihrer Kinder, die ganz nach Wien und Parisgekleidet gehen. Dazwischen aber wimmelt es von allen National-trachten deS Balkans und Kleinasiens, von Uniformen und Amts-roben, dazu alle Priestergewänder, vom seidenen Rock des Chacham-Bafchi sGroßrabbiner). der schwarzen Soutane, des griechischenMetropoliten und dem grünen Turban des Hodjq bis zu den Kultender Karmeliter und den Schasfellröcken'der mohammedanischenDerwische. Der Schiffsverkehr in Saloniki ist sehr lebhaft.Die deutsche Levante-Linie, der österreichische Lloyd und dieMeffagerieS Maritimes haben ihre festen Anlegeplätze undwöchentlichen Dienst nach Konstantinopel und den westlichenMittelmeerhäfen. Dazu kommen die griechischen Linien, diekleinasiatischen. endlich eine russische Linie aus dem Schwarzen Meer.In das Stroßenbild mischte sich darum auch stets das Seemanns«element. In der europäischen Kolonie bestand zwischen Deutschenund Oesterreichern auf der einen Seite und den Franzosen aus deranderen stet» ein« gewifie Rivalität. Die Ankunft der großenDampfer wurde stet» zu einer kleinen Demonstration der zugehörigenKolonie benutzt und man achtete eisersüchtig darauf, wieviel Schiffederselben Nauon gleichzeitig im Hafen lagen.Aber an all das dachte ich damals nicht. Ich folgte meinemMeile und sah mir das Treiben ringsumher mit den Augen bestenan, der Abschied nehmen soll von Dingen, die ihm lieb geworden.Dazu gehörten auch die kleinen Eselkarawanen, die an mir vorbei-zogen. Die zähen, munteren Tiere verschwanden fast unter ihrerBürde, den großen Säcken mft Holzkohle, die dort die Steinkohle er-setzen muß.Der, K a l l h p s e', ei» kleiner griechischer Dampfer, den ichbenutzen wollte, lag eingeklemmt zwischen zwei Riefen, einem Dampferder Deutschen Levante-Linie und einem des österreichischen Lloyd.Die beiden Bundesgenossen hatten den Griechen in die Mitte ge-nommen, und angesichts der schmucken Schiffe kostete es einige Ueber-Windung, einmal gefaßten Beschlüsten fest zu bleiben und auf.daskleine Schinakel', wie ein Wiener Mitreisender es später nannte, zugehen. Aber die Ozeanricsen konnten nicht durch den Kanal vonKorinth hindurch, sondern fuhren um Kap Matapan herum. DenKanal von Korinth aber wollte ich unbedingt sehen.Die.Kallypse' lag gerade soweit vom Kai ab. daß eS auchdem besten Turner nicht mehr gelingen konnte, sie durch einen kühnenSprung zu erreichen. Sie hätte sich bequem am Kai längsseitslegen können, ober das wäre nicht im Jnleresie eines Standes gewesen, der in allen Mittelmeerhäfen besondere Vorrechte genießt,wenigstens im östlichen Teil. Das sind die Boolsführer, denen manoft auf Gnade und Ungnade überliefert ist. Da die orientalischeVolksseele noch kein Verständnis dafür hat, daß man einen jähr-bunderle alten Stand einfach vernichtet, indem man dem technischenFortschritt die Tür öffnet, so sind die Boolsführer auch dort ge-blieben, wo moderne Hasenbauien ihre Dienste eigentlich überflüssiggemacht haben.Die.Fergen' von Saloniki stehen im Rufe besonderer geschäst-sicher Vornehmheit. Sie haben unbedingt.feste Preise'. Sagt derFährmann:.Die Fahrt kostet einen Frank!', so wird er nie, wieman es an anderen Orten erleben kann, zwischen Schiff und Ufers-rand plötzlich die Ruder einziehen und durch passiven Widerstandgegen die Wünsche des Reisenden einen weiteren Frank zu erpressensuchen. Wehe aber, wenn ein Reisender, der vorher Erfahrungengemacht hatte, Zweifel über die Unabänderlichkeit des Angeboteslaut werden ließ. Der beleidigte Steuerer wandte sofort, kehrte anLand zurück und forderte mit unnachahmlicher Handbewegung denZweifler auf, sich aus seinem Kahn zu scheren..Denn ich bin keinGrieche, Effendi!' pflegte er früher hinzuzusetzen. Was er heutesagt, nachdem seine Vaterstadt selbst griechisch geworden ist, weißich nicht.Dank der Talsache, daß Meise auf der Zollstation als Ver-irauensperfon galt, ging die Prüfung meines Gepäcks schnell vonstallen. In einem Fährboot wartet schon die kopfstarke italienischeFamilie, deren erregtes Oberhaupt den Hamal mit einem wahrenPlatzregen von Vorwürfen überhäufte. Em einziges Wort war dieAntwort, allerdings ein Wort, das im Orient Zauberkraft ha»:.Jawafch.'.Man immer langsam!' so würde eS der Berliner in diesemFalle übersetzen. Denn.Jawasch' ist der Ausdruck für hundert ver-wandle, aber sehr differenzierte Empfindungen.Als sich unser Boot der.Kallypso' näherte, Pfiff diese ausheiserem Ventil gerade zum drillen und unwiderruflich letzten Male.Daraus beeilte sich ein bis über die Ladelinie im Wasser steckenderLeichter mit Stückgütern, noch vor uns am Schiff festzumachen.Als wir an Bord stiegen, schwebte am Mastkran auch gerade dieerste Kiste aus dem Leichter in die Luke. Wir waren also noch sehrfrüh gekommen.Wer Saloniki mit dem Schiff verläßt, weiß nicht, ob er nachvorne schauen soll, oder rückwärts. Nach beiden Richtungen hin istder Anblick gleich zauberhaft. Sieht man nach vorn, so erhebt sichaus dem tiefblauen Meer ein steiles, unwirtliches Gebirge vonwunderbaren Formen. Ist das Wetter klar, so kann das Auge vonGipfel zu Gipfel steigen, um endlich zu einer höchsten, in blendendemSchtiee leuchtenden Spitze zu gelangen.Das ist der Götlerberg, ist der Olymp,.von dem uns dieFreude kam I' Aber nur wenige dürfen ihn schauen, meistens ver-hüllen Wolkenschleier sein Antlitz.Umso herzerquickender ist fast stet? der Blick auf das langsamzurückweichende User und die weiße Stadt. Die einzelnen Häuser,die Slratzen. die Gärten und Bäume verschwimmen allmählichin den Umriffen, und Iber die Siadt hinaus wächst daskahle, majestätische Gebirge Mazedoniens. Nur zwei Ge-bäude bleiben auf weite Strecke hin deutlich erkennbar,zwei Bauwerke, die zu Wahrzeichen der jüngsten Geschichte der Stadtnicht nur. sondern auch der ganzen Türkei geworden sind. Das istder.Weiße Turm' am Kai und die.Villa Allatini' draußen imeuropäischen Viertel. Vom.Weißen Turm' zog liX)4 Enver Beyan der Spitze der Garnison von Saloniki gegen Konstantiiiopel,um mit dem jungtürkischen Regime.Einheit und Fortschritt' demOsmanentum zu bringen. In der.Villa Allatini' saß dannJahre hindurch der letzte unumschränkte Padischah Abdul Hamid alsGefangener.Auch ein drittes Bauwert bleibt eine Zeitlang deutlich erkenn-bar, ein antiker Triumphbogen mit verwaschenen Reliefs. Er er-innert an den. dem Mazedonien zu klein war und der eine Welt sichunterwarf. Der Name Alexander ist noch heute auf dem ganzenBalkan zu finden.An Kap Karaburu, wo jetzt die Transportschiffe der Ententesiegen, dampft das Schiff ins offene Meer. Aber nie entschwindendie User unserem Blick, oft schieben sie sich auch vor und hinter unszusammen, daß man glaubt, auf einem schönen, tiefen Bergsec zufahren._kleines Feuilleton.,Mtter öengt's Gattin� von Strinöbergim Charlotteuburger SchiUertheater.Daß dieses Stück in Berlin, wo man doch sonst so viele ckuchmanch' herzlich schwachen Srrindbergdramen ausgesühtt hat, bishernoch nicht gespielt worden, war nicht geeignet, große Erwartungenwachzurufen. Aber auch so enttäuschte es noch. Die ohne alleintimere Charakterisierung und Molivierung zusammengestöppeltenSzenen mit ihrer am Schluffe frömmelnd zugespitzten Bekehrungs-tendenz stehen aus demselben niedrigen Niveau wie das viel spätereunter der Nachwirkung schwerer seelischer Zerrüttung entstandeneMysterium.Ostern'. Hier wie dort schwebt ein Gedanke der Ver-söhnung dem Dichter vor, doch ohne Kraft zu plastischer Ausgestaltung.Nur biographisch kann das Werk interessieren, sosern es zeigt, wieschon damals in dem Dreißigjährigen die Elemente seines Wesens:aus betrogener Sehnsucht quellender Frauenhaß und mystisch wunder-gläubige Erlöi'ungsboffnungen sich kreuzen. Auch einige polemischeAnspielungen aus Ibsens damals heiß umstrittene.Nora' fallen auf.Die Deklamationen der im Kloster aufgezogenen, überschwenglicheSeligkeilen von ihrem Ritter erträumenden Heldin, die sich alsMärtyrerin und unverstandene Frauenseele aufspielt, klingen wieeine höhnende Parodie auf Jbsenworle. Aber dieS Motiv tauchtwie die anderen nur auf, um in der eisigen Gedankenflucht desGanzen rasch wieder zu verschwinden.Als Nebengestallen figurieren ein schurkischer Vogt, der Margitnack-stelll, der richtige Kulissenböiewicht und eizr frommer, von gewaltiger Fleischeslust geplagter, jedoch sie siegreich überwindenderBeichtvater, der jederzeit, wenn es etwas zu raten gibt, sich pünkt-sich einstellt. Länger als Jahresfrist hat die junge Frau kaum be-merkt, wie schwer ihr Mann auf Feld und Acker um seine Existenzzu ringen hat. Dann aber, als sie krank vom Kindbett aufgestanden,davon hört, platzt sie in ihrem Adelsstolz verletzt, mit hämischschnöden Worten los. Der Ritter ballt die Kauft. Sie schreit, erhabe sie schlagen wollen und erzwingt die Scheidung. Ihre Nora-rolle hat sie so vergessen, daß sie die eben erst gewonnene Freiheitschnurstracks in einerEhe mit demreichenVogt los werden möchte. Indesder Bube ist bereits verlobt und krönt sein falsches Werben mit einemVergewaltigungsversuch, der nur an der Dazwischenkunsl des Palersscheitert. Margit nimmt in der Verzweiflung Gift. Der frommeMann läuft in den Wald und braut aus Kräutern einen heilendenWunderlrank. Inzwischen kommt der wackere Gatte. Im Angesichtdes Todes schwört ihm Margit, bereits geläutert, ewige Liebe zuund nimmt aus seiner Hand den Kelch des Prieshers, der ihr dieRettung bringt. Fortan wird man bei aller Armut in Liebe sichvertragen!An die Ausstatwng wie an die Aufführung war viel Sorgfaltgewandt. EiNe'ganz hervorragende Leistung, die die wechselndenRegungen uNd Affekte zu stark lebendigem Ausdruck brachte, botElse W a s a in der Hauptfigur. Es gelang ihr in der ganzenSkala der Abscheulichkeilen noch einen Schein von Anmut zu be-wahren. Und gut war auch ihr Portner Herr P a e s ch k e, deffenbäuerlicher Rittersmann das Gepräge schlicht einprägsamer Erden-schwere trug._ dtNotize».— Ach wie süß! In der Friedrichstraße in Berlin verkauftein Zuckerbäckerladen Granatsplitter aus— Marzipan. Wer wünschteda nicht, einen solchen Granatsplitter im Leibe zu haben. Mgnmuß dem sinnigen Konditor noch Dank für sein Zartgefühl wiffen,daß er bei der Nachahmungsfähigkeit der Marzipankunst darauf ver-zichtet hat, seine Granatsplitter durch Blutflecken noch.natürlicher'zu machen.Die Schictsalsmaus.Eine Erzählung von Tieren und Menschen.S2j Von Harald Tandrup.„Nicht so, wie die Jungfer meint," gab Blombergzur Antwort und machte sich vorsichtig los.„Er hatPech gehabt, soviel ist sicher; aber es ist gerade kein gewöhn-licher Fall. Nehmen Sie es mir nicht übel— er wurdearretiert.'„Von der Polizei?' schrie Maren auf.„Ja, von der Polizei', bestätigte Blomberg.„Gestohlenhat er, dieser Diensch— er und kein anderer hat zweihundertKronen gestohlen--*„Meine zweihundert Kronen?' unterbrach ihn LarsLarfen überrascht.Blomberg nickte.Lars Larsen wollte es nicht glauben. Er kannte Andersendoch, hatte immer so viel von ihm gehalten.„Sollte das möglich sein?' fragte er zweifelnd.„Das gibt's nicht", sagte Maren bestimmt.„Andersen istgut und ehrlich.— Nein, Blomberg, das glauben wir nichtvon ibm."„Genau dasselbe habe ich auch gedacht." erwiderte derSchneider.„So. wie Andersen hier immer war— gutmütig,einfältig, nicht gerade klug. Wer hätte ahnen können, daß erje stehlen würde?— Aber dann kam die Polizei, Jungfer,und die hat scharfe Augen, liest in den Seelen. Nachdem derBeamte Andersen eine Weile beobachtet hatte, zog er mich ineine Ecke und sagte, Andersen habe etwas Hinterlistiges ansich. Ich schwor bei meiner Ehre, er müsse unschuldig sein;aber der Polizist ging zu Andersens Koffer und fand LarsensGeldbeutel."„VaterS—?"„Meinen—?" erklang e« wie aus einemMunde.„Einen kleinen Beutel mit Larsens Namen," wiederholteBlomberg, während er zur Bekräftigung bei jedem Wort mitder einen Hand auf die Innenfläche der andern schlug. Dar-auf schaute er Vater und Tochter an, als wolle er sagen:Was sagt ihr nun?„War in dem Beutel Geld?" fragte Larsen eifrig.„Nein, bedaure, das Geld war nicht darin, Nur zweikleine Goldstücke fanden sich noch."„Barmherziger!" Larsen rang die Hände.„Wo istdenn dann daS andere? Kann er eS schon verbrauchthaben?"„Was weiß ich, Herr Larsen? So geriebene Burschenverstehen ihre Beute wohl beizeiten fortzuschaffen."„Der Schlingel," knurrte Lars Larsen, während er wütenddie Hände ballte.„Das soll er mir büßen!"„Sag das nicht. Vater," bat Maren.„Wir dürfen soetwas nicht von Andersen glauben."„Dummes Zeug." erwiderte Larsen heftig.„Ich meine,es ist klar genug, daß er gestohlen hat. wenn von derPolizei das Geld und mein Beutel bei ihm gefundenworden sind—"„Der Schein ist gegen ihn," warf Maren ein.„Aber ichbin überzeugt, der Beutel wurde von einem bösen Menschenin seine Truhe gelegt."Als Blomberg das hörte, wurde er noch gelber alsvorher. Er nahm es als ein böses Omen, daß dieses ein-fälttge, junge Ding aus ein bloßes Gefühl hin seine plumpeList durchschaute.„Das wird alleS die Polizei aufklären," sagte er, indemer sich nach seiner Türe zurückzog. aber müffen Siemich entschuldigen, ich verttage die Kälte nicht." Und erschüttelte sich zum Zeichen, daß er friere.Aber Lars Larsen wollte ihn nicht loslaffen.„Wo kann nur um Himmelswillen daS Geld fein,Blomberg?"„Gehen Sie auf die Polizei, Herr Larsen. Dort werdenSie alles erfahren, was Sie wünschen."„Das werde ich sofort tun," erwiderte Larsen und machteein paar Schritte auf den Durchgang nach der Straße zu.Maren hielt ihn zurück.„Du darfst nichts Schlechtes von Andersen glauben,Vater."„Natürlich tue ich das—'„Nein, Vater, das darfst Du nicht. Andersen ist soehrlich—"„Ja, danke, das ist eine schöne Ehrlichkeit, die—*„Du mußt es auf der Polizei ferttg bringen, daß sie ihnwieder loslassen."„Erst soll er sagen, wo das Geld ist," erklärte LarsLarsen unerbittlich.„Ehe ich mein Geld nicht habe, lasse ichihn nicht. Finden Sie das nicht auch, Blomberg?"Damit wendete er sich noch einmal nach dem Hinterhaus,um die Meinung des Schneiders zu hören; aber dieser hatteden Wortwechsel zwischen Vater und Tochter benützt und warganz still in seine Höhle entflohen.Höchst erregt und erbittert ging LarS Larsen auf dieWache. Er blieb eine Stunde fort, und als er zurückkehrte, warseine Laune nicht gerade besser geworden.Man hörte es bis zu Blomberg hinunter, daß im erstenStock etwas in der Luft lag. Ein leises Hin- und Herplänkeln.das dazwischen zu einem lauten Wortwechsel anschwoll,klang ivie ein ununterbrochenes, verdrießliches Gemurmel herab.Dann wurde eine Tür heftig zugeworfen. Lars Larsen kamdie Treppe herunter und ging mit wuchtigen Schritten überden Hof. Und dann wurde es still.Kurz darauf kam Christensen denselben Weg in entgegen-gesetzter Richtung. Er wollte heim.Die Kälte hatte zugenommen und seiner scharfen Naseeine brennende Röte verliehen, so daß sie ganz unheimlichaus dem wachsbleichen Gesicht hervorleuchtete. Selbst seineOhren hatten ihren TeU von dieser Röte abbekommen.Es war ein böser Tag für dünngekleidete Menschen.Christensen hatte die Bindfäden in seinen Knopflöchern zuHilfe genommen, so daß ihn fein Winterrock wie ein Schnür-leib umschloß. Ms er durch den langen Torweg ging, fuhrder Wind in seine weiten Beinkleider und spielte mit ihnen.Sie schlugen um seine dünnen Beine und blähten sich wieSegel in voller Fahrt.Unbekümmert um Kälte und Sturm schritt er vorwärts.Sein Hut war ein paar Nummern zu groß, was sich indiesem Fall als Vorteil erwies, weil er dadurch fest auf demKopfe saß. Aber auch der Frost hatte sein Angenehmes fürihn, denn er hielt die Wege trocken, und Christcnscn hättegroße Löcher auf den Sohlen seiner ausgetretenen Zugstiefel.Als er die Treppe des Hinterhauses hinaufging, öffnetesich LarS Larscns Tür und Maren zeigte ihr verweintesGesicht.„Haben Sie es schon gehört, Christensen?" fragte sie.„Was?" Der Philosoph wendete sich auf der unterstenStufe zur Mansarde um.„Sie haben Andersen festgenommen!"„Wer?"„Die Polizei!"Maren führte das Taschentuch an die Augen und weinte.Christensen räusperte sich; es war ihm unbehaglich, und erwollte weitergehen. Mit weinenden Menschen wußte er nichtsanzufangen.(Forts, folgt)