>,<2-1916 Nnterhaltungsblatt öes VorVärts Die Gefangenen. Skizze aus Flandern von Cyriel Buhsse. Mittag. DaS Dörfleiu, das in der Sonnenglut brütet, ist wie verödet. Die grünen Fensterläden vor den niedrigen weißen Hütten sind geschlossen. Die Sonnenstrahlen wimmeln aus den roten Dächern. Das Dorf hat nur eine einzige Straße, die mit großen grauweißen Steinen gepflastert ist; sie dehnt sich in einer langen. krummen Linie aus uud verläuft draußen nach zwei Seiten ins grüne Feld. Links ragt über die Dächer das spitze Kircklürmchen hinaus; ein wenig weiter in der Mitte der Straße, erhebt sich ein Ding, das Aehnlichkeit mit einem Galgen hat: die Zugbrücke des Kanals, der das Dorf in zwei Teile scheidet. *» In der stillen und verlasienen Straße sehe ich von weitem mir nur zwei Männer entgegenkommen. Sie halten sich rechts in dem schmalen Schattenstreifcn an den Häusern. Sie kommen langsam. trägen Schrittes daher, nach rechts und nach links und in die Höhe starrend, als ob sie etwas suckten. Bei ihrem Vorübergehen öffnen fich einzelne Türen zur Hälfte und zeigen sich neugierig-lauernd einzelne Gesichter. MS sie nur noch fünf Schritte von mir entfernt find, scheinen fie unschlüssig zu sein, bleiben einen Augenblick stehen, und nach einem kurzen Gruß fragt mich der ältere von den beiden mit hohler. ein wenig wunderlich klingender Stimme: .Mein Herr, iS hier im Dorf nich Gendarmerie? »Jawohl.' .Wo. bitte?' .Dort, über der Brücke links das gelbe einstöckige Haus.* .Danke, Herr!' Und fie gehen weiter, während ich mich mechanisch und seltsam berührt umkehre, um ihnen nachzusehen. Ich habe kaum ihre Gesichtszüge gesehen. ES hat mir lediglich geschienen, als ob der ältere ein energisches, trauriges Gesicht hätte, ein eckiges, braungebranntes Gesicht mit dunklen Augen und ergrauendem Schnurrbart, und als ob auf den abgezehrten Zügen und in den großen blauen Augen des jüngeren ein Ausdruck großen Kummers und großer Verzeiflung läge. Was ich aber sehr gut gesehen habe, war dies: daß fie beide todmüde und erschöpft waren. Sie kommen beinahe nicht mehr weiter. Ihre zerlumpten Kleider, ihre gebückten Gestalten, ihr wankender Gang zeugen von dem langen, langen Marsch, den sie zurückgelegt haben. Man fühlt, daß sie nicht weiter gehen werden, daß sie nicht weiter gehen können. Wenn es in diesem Dorfe für sie kein Stück Brot, leinen Ruheplatz gibt, werden sie umfallen. Hier ist die Grenze ihrer Kräfte. » In der Straße gehen bei ihren, Vorbeimarsch die Türen zahl- reicher aus. zeigen sich immer mehr neugierige Gesichter. Kleine Gruppen bilden sich. Rufe lassen sich vernehmen; schon rennen ihnen einige Buben nach. Ick) selber kebre auf meinem Wege zurück und folge ihnen langsam, immer stärker von meiner seltsamen Empfindung ergriffen. Plumpen Schrittes schreiten fie über die Holzbrücke, die in ihren Angetn knarrt. Jetzt kommen sie vor das Gendarmeriegebäude. Sie machen Halt, und der ältere legt die zögernde Hand an den GlockenPug. Einige Augenblicke vergehen; dann wird die Türe geöffnet. Mit ihren Mützen in der Hand treten fie ein. »» * Und während sie drinnen bei den Gendarmen sind, werden die Gruppen vor der geschlossenen Türe immer zahlreicher und geräusch« voller. Nach einigen Minuten ist die Hälfte der Dorfbewohner dort versammelt. Alle haben das Mittagschläfchen oder die Arbeit unter- brachen. Frauen mit kleinen Kindern auf den Armen eilen herbei; Knaben schlüpfen wie Hunde zwischen den Beinen hindurch. Und widersprechende Berichte werdeii laut und vereinigen sich zu einem wilden Lärm:.Es sind Bettler!... Es sind Landstreicher!... ES sind Drebe!... Mörder!...' Etwas Sysiemarisch-Feindliches ist in Gärung begriffen, ein borniert-boshafles Grinsen Ichwebt aus den Gesichtern; aus der gemeinsamen Seele der rauhen Menge er» hebt fich der instinktive Haß gegen den Fremden, der tierische Drang. Böses zu tun an dem. der schon unglücklich ist. « z] Der Sang der Satije. Ein Roman aus dem modernen Aegypten , Von Willi Seidel . Und dein Gesicht, Daud-ibn-Zabal, du kleiner harm- loser Teufel? Es war rund; die Nase war sanft ge- bogen und der Mund, mit breiten, gummiartigen Lippen, stets ein wenig offen... Die becherähnliche Unterlippe trat schlaff hervor, da die obere Lippe dadurch, daß er die Nüstern krauste, in die Höhe ging und schloh- weiße Schneidezähne, wie ein kleines Blinklicht unver- wüftkichen Appetits, entblößte. Eine senkrechte Falte teilte die wie poltert glänzende Kinderstirn, und ein sachter Faltcnkranz stellte sich um die Augen, die hinter gebogenen Wimpern schwarz blitzten, wie versteckte Schätze. Viele Fliegen von der kleinsten Art rannten in den Augengruben umher; und nur ab und zu wischte der schmale Handrücken sie gleichmütig fort. Diese verdrießliche Mimik zeigte Daud, wenn sein Kopf in der Sonne lag... Es ist dies die Maske aller Leute, die viel im Freien sind und deren Gesichtsfeld eitel flammende Sonne ist. Mit frühen Jahren wird ein solches Gesicht alt, und die Falten ätzen sich ein. auch in schattiger Muße; es ist ein böses Ding um diese Falten: sie machen eine arbeitsmüde Fratze aus einem sorglosen Mund, einer ehemals glatten Stirn; sie kriechen auch unter das Kinn und zerreißen die Halshaut älterer Leute in rauhe Wampen, wie die der Stiere; sie machen mißtrauische Mienen und verkehren offene Blicke in Ritzen, aus denen Hinterlist blitzt. Aber Daud war noch sehr jung; und wenn er das Antlitz in den Schatten tat und schlummerte, so entspannten sich seine Züge und wurden weich und lindlich. Er schnob dabei in die eine Achselhöhle hinein, über die sein träger Kopf ruhte, und die Fransen seiner Wimpern bebten tiefschwarz auf dem Elfenbein seiner Wange. Das Amulett, das an der abgezirkelten Haarhecke über seiner Stirne hing, rührte sich leicht im Sommerwind. Er lag jetzt wieder so zusammengekrümmt, daß feine eine Fußsohle in der Handfläche des freien Armes ruhte.-- « Die Sonne glitt langsam ihren absteigenden Pfad. Grillendurchschrillte Stunden, hitzefchwanger, wandelten vorüber wie Frauen, die lechzende Tonkrüge auf starren Häuptern zu dem Brunnen tragen, aus dem sie eitel Sttlle schöpfen. Der Weizen wurde an den Spitzen der nach ungespaltenen Frucht- wiegen traumhaft zart bewegt.... Ein wabernder Schleier wie aus feinstem Wasssrdunst lag auf den ttefgrünen Strecken; und die Memnonskolosse. umzittert von Hitze, flimmerten m Plötzlich geht die Tür wieder auf und erscheinen die Fremden wieder, diesmal zwischen zwei Gendarmen in Uniform mit dem Gewehr über der Schulter. Ein langgedehntes Murmeln wie der Befriedigung erhebt fich aus der zusammengeballten Menge, ein wimmelndes Gedränge entsteht. Alle wollen den beiden Gefangenen nahe sein. Klirrenden Schrittes schreiten die beiden Gendarmen neben ihnen her. Aber fie halten fie weder am Kragen noch am Arme fest, wie sie es mit gefährlichen Uebeltätern machen würden; fie gehen ein» fach mit ihnen, vollkommen sicher, daß fie ihnen nicht entweichen werden. Johlend, immer lärmender und aufgeregter, fich nach rechts und links ausbreitend wie die Flügel einer kleinen Armee, folgt die Menge. Knaben laufen unter gellenden Rufen und mit grotesken Sprüngen und Gebärden dem traurigen Zuge voraus, andere Bengel gesellen fich zu ihnen. Und plötzlich erhebt sich ein wildeS und langgerecktes Geichrei; die rohe, durch den eigenen Trieb aufgehetzte Menge verhöhnt die beiden Elenden aus purem Instinkt der Grauiankeit und ohne zu wisien, wer fie sind oder was sie verbrochen haben. Diese stellen fich, alS ob fie nichts hörte». Den müden Blick starrend geradeaus gerichtet, den Rücken gebeugt, schreiten sie schneller fort. ES scheint tatfäiblich, alS ob sie die wilden Rufe nicht hörten und die gehässigen, beschimpfenden Gebärden nicht sähen; harwäckig bleibt der dumpfe Blick geradeaus gerichtet, harwäckig schiebt ihr ermatteter Gang ihre schief überhängenden Körper nach dem er- warteten Ziele fort. ES ist, als hätten fie fich unter diese feind« selige Menge verirrt oder als wären sie in einen bedrückenden Traum versunken. Der dichte Scknurrbart des älteren durchschneidet sein eckiges braungebranntes Geficht und gibt ihm einen Zug, der absolute Fügung unter alles ausdrückt; das blaffe, fleischlose Ge- ficht des jüngeren verliert fast jeden Ausdruck des Lebens, als wollte es sich versteinern in ein Bild deS Schmerzes und der Ber- zweiflung. Sie gehen weiter und passieren die Holzbrücke, die unter ihren Tritten dröhnt. Die johlende Menge, durch die Enge der Brücke einen Augenblick zurückgebalten, strömt wieder nach vorn, überflügelt aufs neue den Zug, angeführt von der schreienden Bande der Gassen- jungen, fortwährend durch neu heransttömende Gruppen verstärkt Und nun erschallt mitten durch das Gejohle ein ringsum wieder- Holter Ruf des HaffeS:»ES find Diebe, auf frischer Tat ertappte Diebe, die die Gendarmen nach dem Dorfgefängnis bringen!' Dahin wendet sich tatsächlich der Zug. Dort steht eS, das lange baufällige Gebäude, der.Kotter', wie die Dörflinge eS nennen, schmutzigweiß gestrichen, besudelt, mit grauem Ziegelvach, nebenan ein Kirchhof, ein Dutzend Meter vom Kirchlem entfernt Es wird Hall gemacht Ewer der Gendarmen, der Brigadier, steckt einen schweren Schlüffel in das verrostetete Schloß und öffnet die plumpe Türe, die in ihren Angeln knirscht Den Kopf beugend, verschwinden die Elenden unter einem letzten,»och wilderen Hohn- geheul des Volkes, in dem düsteren Käfig. Die Tür ist wieder geschloffen, die johlende Menge geht lang- sam auseinander, noch immer über das törichte Vergnügen lachend. Nur eine Bande von Gasienbuben balgt sich noch eine Weile mit ousgelaffenen Sprüngen und unter kreischenden Rufen im Sande . «» « Da steigt eS mir wie Ekel der Verachtung und de« Abschen« in die Kehle. Ich bole die wieder abziehenden Gendarmen ein. und sehr leiie und sehr traurig frage ich den Brigadier, den ich kenne: .Was find denn daS für Glend« und was haben fie ver- brachen?' In gleichgültigem Tone antwortet er: .Es sind zwei Arbeiter, die auS Frankreich kommen und kein Geld mehr haben. Vergebens, sagen sie. hätten sie sich überall nach Arbeit umgesehen. Nirgends konnte man sie gebrauchen. Endlich. als fie keinerlei Existenzmittel mehr hatten und buchstäblich dem Hungertode verfielen hätten sie beschloflen, fich der Gendarmerie zu stellen. Sie werden im Gefängnis versorgt werden, und morgen wird der BezirkSrichier das Urteil sprechen, durch das sie für einige Monate im Arbeitshaus eingeschloffen werden.... Aber daS wird ihnen nichts ausmache»... solche Sorte von Menschen hat kein Ehrgefühl mehr...' (Berechtigte Uebersetzung von G. Gärtner.) ihren ragenden Konturen am Rand deS Gesichtsfelds, kaum erkennbar auf dem ockergelben Hintergrund den ruhig hin- gelagerten Hügel. Das ganze Tal dampfte von trockener Hitze und verstohlener Fruchtbarkeit, die ihr unerschöpfliches Leben aus den Tiefen des hartgesprungenen Schlammes saugte. Unter regungslosen Palmbcständen, grau und geduckt, wie Zufluchten lichtscheuer Tiere, lagen die Dörfer Naga-el- Kam und el-Bairat, und westlich, wie Abfälle der Hügel, die zerfallenen Quadermaffen der Tempel von Kurna und Medinet- Habu. Der NU, der wie eine schweratmende riesige Schlange satt in der Sonne lag. schleppte seine graugrüne Waffermengc unmerkbar dahin, überblintt von der hellen Strandhäuserreihe Luksors. Die Sttlle war zeitlos; die Lust gleichsam gebändigt von der unverrückbaren Zeit, die wie mit Steinquadern auf ihr lastete; und der Himmel schwelte in weißlicher Farbe gleich flüssig siedendem Metall. Und an den schlummernden Daud traten allerlei Traum- geister heran, die von allen Seiten aus dem Weizenfeld auf- tauchten und es mit ruckweisem Schritt durchmaßen, bis sie mit erstarrtem Lächeln vor ihm standen und ihre verzückten Blicke über ihn spielen ließen, traumekstatisch heiter, Gebilde seines knabenhaften Geistes. Denn in dem schmalen, birnen- förmigen Schädel Dauds hausten, ihm selbst unbewußt, Schemen, die zur paffenden Stunde ein buntes Leben außer- halft der Wirklichkeit führten, Gestalt annahmen, Kleider trugen, Hände und Kniee rührten und unendliche, murmelnde Reden führten, ohne Anfang und Ende, Grillensangreden, die nur Sinn hatten, wenn man ihnen nicht lauschte, sondern ihrem sanften bedeutungslosen Tonfall eigene Gedanken unter- schob. Die Schemen kamen zutraulich und schmiegsam heran; sie setzten sich in dem gestampften Umkreis der Sakije nieder und trieben Mittagsphilosophie.... Manchmal war es ein Atter, manchmal waren es schmale Knaben, die mit hochgezogencn Brauen kreischenden Lärm um ein Nichts vollführten, manchmal Weiber, die aus schwarzer Abaja heraus mit schweren Silberspangen geschmückte Arme streckten und sich in die Haare gerieten, wobei ihre blau- tätoivierten Kinne bebten, wie die von Kindern, die an Fieber leiden. Daud hatte die Empfindung, daß heute ein besonderes Ding seinen Umgang halte, irgendeine Festesfreude, eine Trunkenheit, und daß man es ganz besonders gut mtt ihm meine. Der das alles mit süßem Erschrecken empfand, war der träumende Daud, das Seelchen in der irdischen Kapsel. Der Körper spürte nichts, er war nur da wie eine Weizen- grane und h«tte nichts mtt dem allen zu tun, was die Seele sah.... Er besorgte nur seine behagliche Porenarbeit, sein brünstiges Aufschlucken aller Wärme; er streckte sich nur in Der Lovcen. Mit der Erstürmung deS Lovcen(sprich Lowschen) dürfte das Schicksal Montenegros besiegelt sein. Der Lovcen ist der heilige Berg der Montenegriner. Auf ihm fanden die tapferen Söhne der schwarzen Berge ihre letzte und sicherste Zuflucht, wenn sie von ihren Todfeinden, den Türken, aus ihren Wohnftätten nach hartnäckigem Kampfe verjagt worden waren, und von ihm stiegen sie wieder herab, wenn die Feinde das kahle, unfruchtbare Land, in dem sie nur geringe Lebensmittel fanden, wieder hatten verlassen müssen, um nicht Hungers zu sterben... Schon wenn man mit dem Schiffe sich der Bocche di Cattaro nähert, erblickt man weithin in grauweißer Farbe leuchtend und aus der hohen Felsenkette, der man zusteuert, sich stolz und gebieterisch erhebend, einen massigen breiten Fellenbuckel, deffen Gestalt wegen seiner oberen geraden Fläche und seinen nach allen Seiten schräg herabfallenden Wänden Aehnlichkeit mit einem Sargdeckel besitzt. Das ist der Lovcen. Er beherrscht infolge seiner Höhe(3240 Fuß! nicht nur die österreichische Bocche. sondern auch den ganzen westlichen Teil Montenegros . Fährt man auf der schönen Serpentinenstraße von Cattaro hinauf in das Felsenchaos, das man statt der landes- üblichen Bezeichnung Cernagora seltsam genug mit der italienischen Uebertragung Montenegro(Schwarzer Berg) nennt, und weiter hin- ein bis nach Cetinje , ja noch weiter bis Rjeka oder Mrbazar an» Skutarisee, so bleibt der Lovcen unser stetiger Begleiter, einem trutzigen Wächter seines Landes gleichend. Mit schroffen, nur in ihren unteren Teilen spärlich bewaldeten Lehnen fallt der Lovcen auf das unter ihm sich ausbreitende Karstgebirge herab. Hier, an den Ab- hängen des Lovcen und in den zerklüfteten Schluchten des ihn in halber Höhe umgebenden Gebirges sammeln die Montenegriner den Schnee, der sich dort oft bis Mitte des Sommers, und»venu er in geschützten Gruben aufbewahrt wird, noch länger erhält, und bringen ihn in Säcken in mühseliger Wanderung nach Cetinje . Von Cetinje aus erblickt man auf dem glatten Gipfel deS Lovcen einen winzigen weißen Punkt. Das ist eine kleine, einfache Kapelle, die die Monte- negriner dem Gedächtnis ihres großen Dichters und Staatsmannes Vladika(diesen Titel führten stüher die Fürsten des Landes) Peter II. errichteten. Schon seit vielen Jahren hatten die Montenegriner den Berg mit einigen schweren Geschützen bewehrt, deren Mündungen drohend auf die Bocche herabblickten. Seil der AnnexionSkrisis wurde der Lovcen noch weiter bewehrt, insbesondere auf ihm und an seinen Zugängen starke Befestigungen errichtet Nach Beginn des Welt- trieges wurden auch einige schwere stanzöfische Geschütze hinauf- geschafft und französische Artilleristen bedienten sie. Während des verflossenen Sommers hielt sich auch der französische Gesandte in Cetinje statt in der montenegrinischen Hauptstadt ständig auf dem Lovcen auf, um die Tätigkeil der dort aufgestelltenArtillerie zu überwachen. Nun haben die Oesterreicher das schier unmöglich erscheinende Kunst- stück fertig gebracht, haben mitten im Winter den hohen, jetzt mit tiefem Schnee bedeckten Berg ersnegen und ihn mlt allem,»vas darauf ist, in ihre Gewalt gebracht. Nun vermögen sie von dort aus alle Wege und Saumpfade des westlichen Montenegro mit ihren weitiragenden Geschützen zu beherrschen. Damit schließt sich der Kreis um Montenegro immer enger und immer drohender wird das wirtschaftliche Elend im Innern. Rotize». AkkohokiSmuSundTuberkulose. In der Berliner Akademie der Wiffenschaften machte Prof. Orth Mitteilungen über die Beziehungen des Alloholismus zur Tuberkulose. Ein Vergleich der Sterbeverhältniffe bei den Todesfällen an Säuferwahnsinn und an Tuberkulose ergab danach, daß ein Beweis für eine Förderung der Tuberkulose durch chronischen AltoholiSmuS nicht erbracht ist. Viel mehr spricht dafür, daß der Alkohol der Tuberkulose entgegen­wirkt. Ein Jubiläum der deutschen Briefmarke. Der.Internationale Volkswirt' erinnert daran, daß demnächst Zweidrittel-Jahrhunderl verfloffen sein werden, seit Bayern als erster deutscher Staat die Briefmarke einführte. England war schon im Jahr« 1840. Brasilien ..Genf ,.Zürich 1843. Finnland , Bafel 184S, Nordamerika 1846 und Rußland 1848 mit dieser Neuerung voran» gegangen. Den Anstoß dazu gab in Bayern die Einführung eines neuen vereinfachten Briefposttarif« für den inneren bayerischen Ver- kehr im Jahre 1843. unbewußter Sehnsucht und war ein Sinnbild wunschlosen Lebens. Doch was sah der innere Daud? Das erste war, daß er seinen Vater erblickte, den alten Fellachen Zabal-abu- Dabbus, und der Vater machte Feiertag, er freute sich und johlte; und hinter ihm, wie eine Rotte toller Hunde, stürmten seine Freunde heran, Abu-Afra und Abu-Damum, jeder ein frischblutendes Vierteil von einem jährigen Zicklein unter dem Arm. Sie sprangen zu dritt in Hechtsprüngen geradewegs auf Daud zu; sie sprangen über den Weizen, daß es eine Art hatte, und waren um zwanzig Jahre verjüngt, was den Knaben nur flüchttg erstaunte. Und als sie vor Daud standen, sagte Zabal:»Friede über dir, mein Sohn, verlaß die Sakije und komm mit; wir gehen zu Umm-Dabbus, deiner Mutter, und machen miteinander eine große Schmauserei!' Daud war einverstanden, denn es war ja sein jugendlicher Vater, der das sprach; doch zuerst wollte er mancherlei wissen. Er sagte:.Gott sei mit dir, mein Vater! Wo hast du das Zick- lein ergattert?' Sprach Zabal:.Wir trafen einen Bauern auf dem Weg zu dem Dorfe Naga-el-Bairat, und da sprach ich zu ihm:Beim Leben der Umm-Dabbus, du Kuppler, wenn du heute mir, dem Schesch des Dorfes, nicht Ehr- erbietung erweisest, so sollst du in deinem Dasein nicht einmal mehr einen Hund in deiner Hütte schlachten!" Da schrie und heulte er, wir aber nahmen ihm das Zicklein, Gott ist groß! Wir sind ganz blutbespritzt, sieh uns an! Und wir werden eine Mahlzeit halten, eine herrliche Schmauscrei, und was dich anlangt, so komm ohne Verzug, denn mich dauert es, daß du da sitzest und Fliegen fängst, anstatt mit deinem Vater und seinen Genossen vergnügt zu sein!' Wahrhaftig, Dauds Vater hatte Ziegenblutspritzer auf den schlotternden Aermeln seines halbseidenen, offenbar neuen Hemdes; doch achtete er dessen nicht, sondern tat sich mächtig hervor im Reden und Pläneschmieden--- o wie tüchtig und jung war er geworden! Die Falten seines sonst verdrossenen Ant- litzes waren wie durch Zauberhauch gcttlgt; seine Gestalt war gestreckt wie die eines Fuchses, der in den Wind schnuppert, beutegierig und nach Erwerb guten Fraßes lüstern. Und nun kam er mit seinen Freunden, um seinen Sohn mit freund- lichem Wort von der Fronarbeit zu befreien, wie trunken taumelte er heran, Honig auf der Zunge uud Gesang im Herzen...Wen aber," fragte Daud,lassen wir bei der Sakije zurück, Vater? Der Büffel feiert, wenn ich ihn nicht prügele!" Allah!" schrie Zabal,du hast einen Bruder I Ein kleines Trogschwein, gerade reif für den Acker I" Und siehe, nun tauchte Dauds älterer Bruder widerwillig aus dem Grün hervor. Worts, folgt)