-l-W-M. UnterhaltungsbSatt öes VorwärtsSriefe eines /luferftanöenen.Der Genosse Wladimir Medem, ein bekanntes Mit-glied des jüdisch-iozialdcmokratischcn„Bundes",»er-ösfentlicht in der Märznummer der„Süddeutschen Mo-nalshefte", die auch die Erinnerungen zablrcicder andererKriegsgefangener bringt, Aufzeichnungen aus seinemLeben in russischen Gefängnissen. Genosse Medem warbei seiner Rückkehr nach Rußland im Jahre 1913 ver-haftet worden, obwobl man ihm versichert hatte, daß seine„Verbrechen" verjährt seien, und befand sich zur Zeit desdeutschen Vormarsches in einem Warschauer Gefängnis.Seine Erlebnisse in der letzten Zeit seiner Gesangenschastund die Geschickte seiner Befreiung, die wir hier wieder-geben, sind voller dramatischer Spannungen und über-dies mit Meisterschaft erzählt.Der Juli war gekommen. Eine schwere Hitzewelle lagerte überder Stadt und dem Gefängnis. Drückend schwül war es, und desNachts, wenn die Fenster vorschriftsmäßig geschlossen wurden, lagenwir in Schweiß gebadet, nach Atem ringend, angstvoll aufhorchend.Und am Tage— da mußten wir uns wieder Säcke nähen, Vorrätean Zucker sammeln und uns auf den Weg bereit machen: die großeOffensive des Jahres 191ö schwellte heran.Zum drittenmal begann man die Warschauer Gefängnisse zuevakuieren. Anfangs spärlich, gleichsam zögernd. Tann aber ginges wie eine Flut, die über zerstörte Dämme hinausbricht. Frei-lich wurde diese lebendige Massenflut in einen beweglichen Bajo-nettendamm eingefaßt. Täglich erschienen auf dem Hofe die Sol-baten von der Eskorte. Täglich wurden Arrestantenpartien—fünf- bis sechshundert Mann stark— abgefertigt. Wir lagen imFenster und sahen uns immer wieder die grausame Prozedur an,die wir demnächst, vielleicht schon am nächsten Tage, miterlebensollten. Erbost und aufgeregt waren die Soldaten: mutzten siedoch ihren Dienst wochenlang ohne Ablösung Tag und Nacht ver-sehen. Mit Schimpf und Schlag gingen sie vor. Die harm-losesten Gegenstände wurden bei der Revision konfisziert, zer-brachen, zerrissen, hinausgeschleudert....Dann kam eine zweite Partei an die Reihe, immer von neuemging das grausame Spiel los. Wir lagen immer an denFenstern... nein, Du kannst Dir unmöglich vorstellen, wie eseinem bei dem Schauspiel zumute wird, und zwar einem, der sowas bereits miterlebt hat und dem es in den nächsten Tagenwieder bevorsteht. Ich sage Dir: es war rein zum Verzweifeln.Aber damit ist noch nicht alles gesagt. Es kam noch ein Zweitesdazu. Je näher die Lawine der großen Offensive herankam, umso haftiger arbeiteten die Militärgerichte. Um Zeit und Ort zusparen, schlug das Feldgericht seinen Sitz bei uns in der Gefängnis-kanzlet auf. Und so befand sich das schreckliche Todeslaboratoriumin unserer nächsten Nähe. Mit fieberhafter Eile wurde ein Urteilnach dem anderen verfertigt. Täglich wurden Leute aufgerufen,hinausgeführt, und diejenigen unter ihnen, die das Todesurteilzu hören bekamen, kehrten nicht wieder zurück. Wir saßen undwarteten, und es erschien in der Regel spät am Abend irgendeinGefängniswärter, um die Sachen des Betreffenden abzuholen. Undda wußten wir schon: die Gerichtsverhandlung ist zu Ende, derMann sitzt in der Einzelzelle und wartet auf den Tod.So schwanden sie, einer nach dem anderen.... Der Pastorwurde eines Tages aufgerufen und kam nicht mehr zurück: Todes-urteil. Ob er nicht spater begnadigt wurde, weiß ich nicht. TerDienstmann mit dem einen Aufruf wurde zu 29 Jahren Katorga„begnadigt", nachdem er wochenlang nach der Verkündigung desTodesurteils jede Nacht der Hinrichtung entgegenschaute. ZweiBrüder Salzmann wurden verurteilt und hingerichtet. Ein Freundvon mir. der sich zufällig auf dem Flur befand, sah, wie die beidenUnglücklichen nach verlesenem Urteil aus dem Gerichtssaaie her-ausgeführt wurden. Bloß einige Schritte trennten die Kanzleivon der Einzelzelle, wo sie des Todes harren sollten, und dochgingen die beiden unter einer doppelten, verstärkten Eskorte vonGefängniswärtern und Gendarmen;— geistesabwesend, kraftloswankten sie vorbei, und hinterher lief ein Aufseher und schrie zuder Eskorte:„Haltet die Kerle an den Händen!"Und immer neue betraten den furchtbaren Weg. Und anderesaßen und warteten darauf, bis die Reihe an sie kommen wird.Ein furchtbares Bangen war da, eine Spannung sondergleichen,eine unsäglich drückende, unerträglich schwüle Gewitterluft. Eswar zum Verrücktwerden. Ich konnte es nicht länger aushalten...Krank und elend war ich, und so ging ich zum Gefängnisarztund bat ihn. er möge mich ins Spital überführen lassen— msGefängnisfpital, wohlverstanden. Der Arzt war ein liebens-würdiger und intelligenter Mann und gewährte mir die Bitte. Sokam ich ins Spital.sgj Oer Sang öer Sakije.Ein Roman aus dem modernen Aegypten.Von Willi Seidel.Hassan rang nach Luft, dann sah er sich mit seinenblanken schwarzen Augen um und zog die Brauen in dieHöhe. Man hatte also(das erkannte er nun) durchaus davonAbstand genommen, sich mit ihm zu befassen.— Er gab sicheinen Ruck, schnob durch die Rase und ging annähernd in derLuftlinie zu seinem Stuhl zurück. Umständlich dortselbstetabliert, zog er trübe und unerquickliche Schlüsse aus derTatsache, daß man ihm den Rücken gedreht. Zuerst fand eres nur unhöflich, dann mehr als dies, und schließlich erbostees ihn redlich. Er paffte stark und trank sein Ginglas aufeinen Zug leer, worauf er es kräftig auf den Tisch zurück-setzte. Drinnen begann die Musik, und ein Waiter erschienauf der Veranda. Die Gruppen lösten sich auf; man ginghinein.Die Musik gefiel Hassan so, daß er im selben Augenblick,wo er die ersten Töne hörte, alles Vorhergehende spurlosvergaß. Er hatte das Bedürfnis, sich den Tönen zu nähern;aber irgend etwas hielt ihn noch ab. Eine gläserne Dreh-türe fiel ihm ein... Wo war das doch gewesen...?Diese Situation kannte er doch! Er grübelte sich ab,auf einmal ward er ein Eseljunge, der aus dem Dunkel her-aus in ein Leben starrte, das sich auf Korbstühlen abspielte,von gedämpften! Licht umflutet, und durchblitzt von Silber...Und an der Pforte dieses Lebens stand ein weißer Knabeund blickte höhnisch in seiner Unerreichbarkeit auf ihn herab.Wie? Was war das? Wie kam er dazu, daran zudenken?— Ah! Du leidende Wonne!— Du dumpfes Glück!— Jetzt konnte er den aufgeblasenen Wächter, der ihm dieseWelt verstellte, auf die Seite drängen, umständlich niorden,mit Geld, viel klirrendem Geld bewerfen, bis er blutend um-siel und ihm Platz machte! Jetzt konnte er ihm mit demSchuh in den Nacken schlagen und die Drehtür zertrümmern,unaufhaltsam und üppig das Recht sich raubend, das man ihmverweigern wollte!Er machte einen kleinen Lärm. Der französische Kellner,der ihn seit einiger Zeit gedankenvoll betrachtet hatte, nähertesich ihm sehr schnell.Es war ein ziemlich kleiner, aber recht sauber und schön ein-gerichteter Bau, der etwas abseits von den übrigen Gebäuden—aber natürlich innerhalb der Gefängnismauern— lag. Auch hiermar es traurig genug. Tie Tvpbusepidemie wütete; Lungenkrankelagen da in Hülle und Fülle, und fast täglich wurde der eine oderandere rn die Leichcnkanrmer hinausgeschleppt. Auch mit der„Etappe" wurden hier die Leute nicht verschont: mancher wurdebrutal auS dem Bette gerissen, um den weiten Weg nach Rußlandanzutreten. Bleich und schwankend schleppte er sich zur Tür hin-aus— wir lagen in den Fenstern—, und einige Minuten späterverschwand er dort unten im vielhundertröpfigen Schwärm derzum Abmarsch aufgestellten Wanderer.Und doch blitzte mir ein Lichtstrahl auf. Eine frohe Botschaftkenn, mit Zweifel und Bangen aufgenommen. Es wurde erzählt,die Behörden hätten den Beschluß gefaßt, die Schwerkranken mitder Reise zu verschonen und sie in Warschau zurückzulassen. Un-glaublich war es; wer könnte denn den russischen„TschirtowtukS"(Beamten) eine derartige Rücksichtnahine zutrauen? Doch uncr-gründlich sind die Wege der russischen Behörden... Und siehe, dakommt auch wirklich eines Tages unser Arzt, einen großen Papier-bogen in der Hand, besieht sich alle Kranken der Reibe nach undstellt dann ein Verzeichnis auf, eine Liste derjenigen, die zur Reiseunfähig sind. Und mein Name steht auch auf der verheißungsvollenListe!Aufjauchzen will ich. Aber ich kann es noch nicht fassen, nochnicht glauben. Ist es denn wirklich möglich? Steht mir dennwirklich die Erlösung auf solch eine märchenhaft einfache Weisebevor? Ist es denn sicher? Nein, es war durchaus nicht sicher.Auf des Messers Schneide lag mein Schicksal, und es begannennun für mich lange, lange Wochen voll verzehrender Spannung.Kaum war die erste bange Freude vorbei, so kommt schon eineHiobspost: jene verheißende Liste sei in Zweifel gestellt worden.Der Generalgouverneur traue dem Gefängnisarzt nicht. Es werdeeine spezielle Kommission eingesetzt, die uns alle aufs neue unter»suchen soll.Und siehe, kaum haben wir die Nachricht vernommen, so warauch die Kommission schon da. Schritte ertönten aus dem Gang,weit öffnet sich die Tür, und es erscheint das neue Tribunal: zweiAerzte und ein Gefängnisinspektor. Ein paar gleichgültige Blicke,ein paar nichtssagende Worte, und fort sind sie. Und unser Losist entschieden! Wie aber die Würfel gefallen sind, das wissenwir noch nicht. Wir warten. Ein Wärter schaut zu uns herein.Ein alter, gutmütiger Mann. Vielleicht weiß er was?—„Nun.wie ist's, was ist beschlossen?"—„Ja, was soll ich Euch sagen?Niancher wird bleiben, mancher wird gehen."—„Aber wer, umGotteswillen?" Ich richte mich im Bette auf und warte atemlosauf die Antwort.'Noch einige Sekunden, noch einen Augenblickdarf ich hoffen, mutz ich bangen, dann ist die Sicherheit da.«Wiefft's mit mir?"„Sie fahren!"Ich lasse mich ganz sachte auf mein Lager sinken und wendedaS Gesicht zur Wand— ich will nicht, daß man mir ansieht, wiemir zumute ist. Aber es schmerzt. Hätte ich nur vorher keineHoffnung gehabt! Gewöhnen kann man sich an alles. Wenn mansich rechtzeitig auch mit dem schrecklichsten Gedanken vertraut ge-macht hat, so kann man nachher auch das Schlimmste ruhig tragen.Nur mutz man sich im voraus in das Unabwendbare hineinleben,dann ist alles gut. Aber eine Hoffnung hegen— sei sie noch soschwach, so brüchig— und dann wieder sich vor das schreckliche Torgestellt sehen, aus dem es vielleicht kein Zurück mehr geben wird.ja, was kann es denn noch Schlimmeres auf der Welt geben?...Und so liege ich wie ein betäubtes Tier in einem Schlachthause,unsäglich müde, abgespannt, ohne Gedanken, ohne Wünsche, dumpfvor mich hinbrütend.Wieder wird die Tür aufgemacht. Unser Gefängnisarzt istda. Ein Gespräch entsteht, Stimmen erschallen.... Ich liege teilnahmslos. Da höre ich, wie jemand meinen Namen erwähnt.„Der bleibt." Wer sagt das? ES ist ja die Stimme deS Arztes.Ich bin aufgesprungen.„Doktor, um Gotteswillen l..."—„AberSie natürlich, Sie sind ja zu den Schwerkranken gezählt. Siebleiben: jawohl, Sie bleiben."Und wieder blüht die Hoffnung auf, und wieder straffen sichdie zerrütteten Nerven; ich bin wieder am Leben! Bis zur nächstenHiobspost.Die Evakuierung dauert indessen fort. Das Gefängnis istzu einer richtigen Etappenzentrale geworden: es werden von aus»wärts neue Leute gebracht, in große Partien mit den anderenzusammengeballt, abgefertigt. Manche von meinen Freunden seheich tm Gefängnistor verschwinden... i Auch das Spital entleertsich allmähliche Nur Schwerkranke und Sterbend« bleiben nochübrig. Täglich fährt der ärmliche Leichenwagen vor. Und immerwieder bekommt man den Trostwitz deS Arrestanten zu hören:„Man hat dort drinnen eine kleine Festlichkeit?"„Ja..." erwiderte der Mensch.„Geburtstag desKönigs. Alle Welt ist jetzt bei dem Tattoo im Kaserncnhof.Ich würde Ihnen empfehlen, hinzufahren; es ist sehens-wert..."„Aber es gefällt mir besser hier", erwiderte Haffaneigensinnig.Der Kellner sann nach und blickte ihn schief an.„Aber es gibt hübsche Weiber dort..."„Man will mich entfernen", dachte Haffan und erwiderteden Blick des Kellners mit jener Stumpfheit im Ausdruck, hinterder ein Aegypter seine Empfindungen undurchdringlich verkapselt.Er beschloß zu bleiben und sich vorläufig nicht wegtreiben zulassen; man werde ja sehen, daß das nicht so einfach wäre...Immerhin war die Anspielung des Franzosen nicht ganz zuüberhören. So sagte er denn:„Weiber?— Eh dien! Weibergibt es überall. Auch hier."„Ganz gut", sagte der Kellner und kämpfte mit einemLächeln.„Aber diese hier sind nichts für Monsieur. Sielieben gewiß ein anderes Genre."„Ich liebe jedes Genre, zu dem mich gerade die Launetreibt", war die halsstarrige Antwort. Haffan drehte sichsamt seinem Stuhl herum und sandte seinen trägen Blickdurch die Glastür. In dieser Haltung war er eine peinlichisolierte Einzelerscheinung im Rahmen der Tür. und dieprimitive Kontrolle, die er an den Herrschaften da drinnenübte, war zweifellos nicht gehörig. Der Kellner wurde rat-loser, trotzdem versuchte er es weiter mit einschmeichelnderLiebenswürdigkeit. Denn das erschien ihm als daS besteMittel, den offenbar stark betrunkenen Herrn zu zügeln undabzulenken.„Verzeihung, Monsieur", sagte er leise.„Dieser Platzwar nicht in Berechnung gezogen... Sie inkommodierensich selbst... Denn gesetzt den Fall, man promeniert späterund geht hier aus und ein, so würde inan die ausdrücklicheBitte an Monsieur richten müssen, sich abseits zu setzen..."Es erfolgte keine Antwort.Der Kellner, nun aufrichtig nervös, tanzte umher.Er zerknitterte seine Serviette; in seiner Schürze sah er auswie ein weißer, gepeinigter Geist, der ruhelos an derPeripherie eines Bannkreises irrt, den ein anderer um sichgezogen. Seine Stimme nahm eine Fistelfärbung an.»Monsieur!" stieß er hervor und rang seine dünnen, un«„Ja, ja, ewig bleibt hier keiner stecken; einmal kommt man sicherhinaus,— ob lebend oder tot, das ist Nebensacke."...Dann kommt man eines Tages zu uns, heißt uns aufstehenund führt uns auf den Hos hinaus— die Sterbenden werden auchhinausgetragen—; dann fahren die schwarzen Arrestantenwagenvor, wir werden hineingeschoben und... in ein anderes Gefängnisgebracht.(.Schluß folgt.)kleines Feuilleton.Das erste Veingartner-Konzert.Einst war Felix Weingartner wohlbestallter Kapellmeisterdes Königlichen Opernhauses, das Hans von Bülow„ZirluZHülsen" genannt. Als er dann jenen„Kunstgeist", der ja aucheinem Richard Wagner in Dresden auf die Nerven gefallen war,satt hatte und nach Wien ging, wurde ihm wegen angeblichenKontraktbruchs jedes öffentliche Konzertieren in und um Berlinauf Jabre hinaus verboten. Die Klage half nichts. Es blieb beiseiner Bohkottierung. Endlich, seit Anfang März, ist dieser Boykottabgelaufen und der ausgezeichnete Musikstratege wieder demBerliner Kunstleben zurückgewonnen.Gleich nacheinander verschaffte sich der Komponist Gehör imDeutschen Opernhause und jetzt auch im Konzertsaal der Phil-harmoniker. Hier auch als Dirigent. Dabei machte er uns bekanntmit einer bierorts neuen Sinfonie in E-Dur, seiner dritten, dieerst vor einigen Jahren unter Einwirkung einer glückhaftenLebenswende geschaffen wurde. Sie bildete das Mittelstück deSProgramms, das durch Mendelssohns hochromantische„Hebriden"»Ouvertüre eingeleitet, durch Beethovens Achte Sinfonie geschlossenwurde. Wenn man von der herben Schönheit und Einheitlichkeitder Ausdrucksformen dieses klassischen Werkes eine Verbindungs-linie zu Weingartner suchen wollte, würde man in Verlegenheitgeraten. Dort jeder Satz auf die innere Melodie gestellt; hccr dasheiße Bemühen eines Menschen unserer Gegenwart, all sein kom-plizierteZ Denken und Empfinden zu einem tönenden Abbild derUmwelt zu machen. Von geschlossener Melodie im klassischenSinne wird da schwerlich mehr gesprochen werden dürfen. DaStonale Gewebe der modernen Musik ist total verändert. Und Wein-gartner, das spürt man deutlich, ist mehr über Berlioz, Liszt undWagner zu den instrumentalen Ausdrucksformen des letzten Jahr»zehnts gekommen. Sie finden ihre souveräne Anwendung indieser umfänglich an Strauß' Alpensinfonie heranreichenden, nurfreilich im ersten und dritten Satze, meinem Gefühl nach, etwas zubreit geratenen Neuschöpfung, Von sprühender Lebendigkeitist der zweite und der Schlußsatz erfüllt. Wie hier ein Walzer-inotiv aus Johann Strauß'„Fledermaus" verwendet und miteinem eigenen selbständig einhergehendem Thema verwoben wurde,das ist nebstbei auch ein iontrapunktisches Meisterstück. Man be.gegnet große Feinheiten satztechnischer und melodischer Art. Siewie die Haupt- und Nebenthemen zeugen von glücklicher Erftn-duitg. Was der Komponist darstellen wollte, gelang ihm. Jeden-falls aber wird man erst nach mehrmaligem Anhören dem Werk«völlig gerecht zu werden vermögen— zumal dann, wenn es Wein-gartner selbst dirigiert.Denn als Dirigent ist er bedeutend. Er beherrscht seinOrchester, daß es erklingt als wie ein einziges Rieseninstrument,mit einer manchmal fast unmerklichen Hand- und Fingevbewegung.Seine Pose ist vornehm. Er fasziniert durch das, was er demHörer von den Schätzen der Musik offenbart und was er für sichselber als Künstler ist._«k.Notize».— Vorträge. Im«Verein von Freunden der Treptow-Sternwarte" hält Mittwoch, den 22. März, abends 8 Uhr, DirektorArchen bold einen Lickibildervortrag über«Die Fortschritteder Astronomie".— Musikckronik. Am Geburtstage von Joh, Seb, Bach,Dienstag, 21, März, wird Prof, Bernb. Jrrgang abends 8 Uhr einBach-Konzert im Dom veranstalten unter Mitwirkung vonSigne Nören(Sopran). Else Otten(Alt), Jan Trip(Tenor) und Gerh.Warburg(Violine). Programm 20 Pf.— August StrindbergS Traumspiel ist in der be-rechtigten Uebersetzung von Emil Schering bei Georg Müller inMünchen erschienen.— Die Jnsel-Bücherei— die wohlbekannten schmuckenBändchen im bunten Pappkleide— hat in einem Zeitraum vonetwas über drei Jahren einen Absatz von zwei Millionen Bändchenerzielt. Die Sammlung umfaßt bisher 187 Bände.persönlichen Kellncrhände.„Belieben Sie sich abseits zusetzen... Man bemerkt Sie da drinnen bereits... Esist nur Ihretwegen... Dies ist eine geschlossene Ge-sellschaft..."Hassan rührte sich nicht. Auf einmal zischte es auS ihmhervor:„Laß... mich... in Ruh... dklls ommakll"Der weiße Geist taumelte zurück, machte einige völlig ver-zweifelte Bewegungen und begann gerade darüber ins Reinezu kommen, daß es das beste sei, den Manager herbeizu-rufen, alS er mit Entsetzen bemerkte, daß der Eingeborenedort Anstalten machte, sich zu erheben und auf das Vestibülzuzuschreiten.... Drinnen kam man soeben vom Dinnerzurück und gruppierte sich zwanglos, teils stehend, teils inKorbstühle gebettet.Man spürte einen Luftzug, der eine kurze Bresche inden Rauch der Importen riß; man empfand es fatal, dennman war erhitzt, und draußen war es immerhin etwas kühlgeworden. Die Glastür hatte sich geöffnet, und während mansich anschickte, einen Nachzügler zu begrüßen, und die Köpfewandte, ward man mit Erstaunen inne, daß ein Herr imTarbusch, in hellgrauem Tagesanzug erschien. Man nahm an,daß er von einem der jungen Offiziere geladen sei, wiewohldies als Sttllosigkeit empfunden wurde.Niemand begrüßte ihn. Er hingegen begrüßte die ganzeGesellschaft. Er ließ ein verschmitztes Augenlächeln im Kreisumherwandern und setzte sich dann unmotiviert plötzlich miteinem leisen Krach auf einen Korbstuhl, an das Tischchenebendesjenigen wcißbärttgen Herrn, den er vorhin um Feuer ge-beten hatte.Eine Stille entstand. Man suchte sich offenbar im ganzenSaal für einen Augenblick darüber klar zu werden, welcherZufall das fremde Element hereingeweht habe, das sich soheiter und selbstgefällig der geschlossenen Gesellschaft an-gliederte. Diese Stille hatte den Zweck, in Haffan das Ge-fühl zu erregen, als werde ihm der Boden ostentativ miteinem Ruck unter den Füßen weggezogen. Der alte Herrlächelte mit einer gewissen Beharrlichkeit und sah mit seinenblauen Augen umher, gleichsam um für stummes, humoristischablehnendes Uebereinkommen in diesem Fall zu plädieren.Hassan fühlte nicht, wie rapid er die Bahn herabglitt, auf di»man ihn mit diesem Blick setzte.(Forts, folgt)