»r Ts-me Unterhaltungsblatt des vorwärts Cm Aprilscherz. Von Thor Hoegdahl. Der Frühling hat seinen Einzug gehalten. Wenn am Tage die Sonne über das Weideland brennl, schmilzt der>L-chnee, daß kleine Bäckie den Abhang hinabflieszen. Nimmt aber das Abendrot Ab« schied von den Tannenwipfeln und schwebt langsam die violette Dämmerung heran, dann breitet der Frost wieder einen dünnen Eispanzer über den Schnee, und die Wasscrtropfcn, die von den knospenden Zweigen der Hängebirken hinabperlen, verwandeln sich wie durch einen Zauberschlag'in tausend klare Kristalle. Der kürz- lich eingetroffene Buckfink schweigt— auch die Ringeltauben werden still. Der Wald bereitet sich zur Nachtruhe. Allmählich bekommen die Scharten einen immer tieferen Farben- ton. Schwere Wollen ziehen über den Himmel, und vereinzelte Schneesterne fallen zwischen den Bäumen herunter. Die Nacht ist da. Aber die Herrsckaft der Dunkelheit auf der Erde währt um diese Jahreszeit nicht lange. Einige Stunden vergehen. Dann beginnen die Schatten wieder lichter zu werden und im Osten ge- wahrt man eine matte Dämmerung, die sich in gleichmäßigen Rhythmen hebt und senkt. Auf dem mit Reisern bedeckten Abbang gen Süden liegt ein großer, rundlicher Stein— sicher der Wurf eines Riesen. Die Erde ringsum ist schneefrei und zertreten, und auf einer Seite gähnt ein schwarzes Loch, das unter den Stein hinunterführt. Es regt sich etwas in dem Loch. Ein Paar Augen leuchten auf. Eine spitze Nase ragt hervor, wird aber rasch wieder zurückgezogen. Das ist Vater Fuchs, der im Begriff steht, auf die Morgenjagd zu gehen. Unten liegt die Füchsin mit fünf blinden kleinen Jungen, deren Fell noch blaugrau ist. nickt rot, wie das ihrer Eltern. Nun steht er vor dem Loch, der rote Jäger. Er blinzelt ein paar Mal im scharfen Lickr des frisck gefallenen Schnees, wittert in der Richtung, aus der der Wind kommt, und tut dann einige Sprünge über die verräterische Sckneckruste, die selbst unter seinen leichten Schritten bricht. Wiederholt bleibt er stehen und sieht sich um. die Nase in die Luft, den buschigen Schwanz hinter sich her ickleppend. nimmt er den Weg über den Kiefcrnabhang hinunter auf das Feld, von dem aus man bereits die pfeifenden Lockröne der Lercke� vernimmt. So lange er im Dunkeln draußen umhergestrichen war. hatte er kaum eine andere Beute gemacht, als ein paar elende Feldmäuse. Die Därme drehten sich ihm im Leibe herum, wenn er daran dachte, mit welcher dürftigen Kost sie sich fast während des ganzen Herbstes und Winters halten begnügen müssen. Nein, dieses Mal sollte seine bessere Halste nicht die Nase rümpfen dürfen über sein Jagdergebnis I Die Hasen, die unten im Moor Generalversammlung abhielten. sind ja nicht zu verachten und ginge er am See hinab, so könnte er am Ende mit Leichtigkeit den Birkbahn überraschen, der dort zu spielen begann. Aber eine größere Tat liegt im Sinne. Ja, es ist wirklich ein sehr gefährliches Wagestück, das er nun zum sechsten Male seit Neujahr zu versuchen gedenkt. Herr du mein Gott, was für ein leckerer Bissen sind auch die schönen Hühner des alten Kätners! Als er auf die Koppel hinauskommt, schlüpft er in einen Graben und richtet es so ein, daß sein Schatten stets auf den Feldzaun fällt. Man kann ja nie vorsichtig genug sein. Wo das Brachfeld aushört und das Kartoffelland beginnt, sieht er etwas auf dem Schnee liegen. Es ist ein alter Hechtkopf, der ranzig rieckt. Er war nickt so dumm, daraus anzubeißen. Kannte er dock die Freigebigkeit der Menschen! War nicht erst im Dezember eins seiner vorjährigen Jungen so einfältig gewesen, ein paar Schweinedärme zu naschen, die es unten am See gelockt hallen. Und wenige Minuten später lag das arme Vieh steif und kalt, die Beine in die Luft. Von den tückischen Menschen ist nie etwas Gutes zu erwarten. Als er den Hügel hinauf eilt, um in das Gebüsch hinter der Scheune zu gelangen, steigt ihm der Mistgeruck vom Dunghaufcn in die Nase, und er ist nahe daran, einen unvorsichtigen Sprung über den Zaun zu machen. Nun kriecht er zwischen den Wacholder- sträuchern weiter und drückt sich hinter einen Stein, um das Gebiet zu durchspähen.— Aber was war das! Der Strohwisch, der in der Scheunenluke zu stecken pstegle, war fort, und mit den Mist- dünsten vermischte sich der verhängnisvolle Geruch von Eisen und Pulver. Dort drinnen sitzt sicher ein Mensch mit seiner Büchse, bereit ihn zu töten! Hier gilt es. Geduld zu üben und zu warten, bis der Gegner des Spiels müde wird und seiner Wege geht. Ein blutroter Streifen steht bereits über dem Walde im Osten, und unten am See beginnt der Birkhahn seine jodelnden Läufe. Eine Stunde vergebt, aber Vater Fuchs liegt noch immer un- beweglich hinter dem Stein. Da sieht er plötzlich jemand aus der Hütte kommen und nach der Scheune gehen. Eine Weile später kommt jemand aus der Scheune zurück, und gleichzeitig hört der esj Der Sang öer Satije. Ein Roman aus dem modernen Aegypten. Von Willi Seidel . Sieh da! Die Adjutanten des Khediven, phantastisch uniformiert! Berittene Polizei: cselhaft eitle Berberiner in prallem Khakistoff! Lanciers der ägyptischen Kavallerie: sechs- spännige Feldhaubitzen! Ulanen mit grünroten Fähnchen! Seltsame Rhythmik intelligenter Pferdeköpfe, nickender, schnau- bender Köpfe... Ha, jetzt noch ein Schub Artillerie... Aufgepaßt, jetzt kommt das Wunder! Ua! Das Wunder! O Sidi! Du stehst mir auf den Zehen, es schmerzt! Recke den Hals, du träumerisch geblendetes Volk! O, ihr Fellachen, o, ihr Schweine, blinzelt mit euren entzündeten Augen, euren zer- knitterten, unreinen Lidern; denn jetzt kommt die Offen- barung des höheren Lebens; ja, die sieben Himmel schwanken heran I Sais mit weißen Röckchen, nackten Sohlen und Stäben in den Händen tanzen verzückt durch den Staub; die Kapelle vorn am Garten schmettert die Nationalhymne... O Hymne des trunkenen Volkes, o Tusch des reichen Landes! Sie kriecht heran, die Galakutsche, sechsspännig kriecht sie heran, wie ein Berg von Pomp. Die vergoldeten Speichen werfen träge, eitle Blitze. Starrer, roter Damast umhüllt die Fenster. Militär, mit gezogenem Säbel, schreitet ihr feierlich zur Seite. Da drinnen sitzt die Mutter des5Hediven mit der Mutter der Braut; man sieht nicht das geringste von ihnen; sie sind abgesondert, sind behütet, wie Idole abgesondert und ganz und gar versteckt. Wer kann sich rühmen, sie zu sehen?... Das Volk träumt. Eine zweite Galakutsche folgt, und in dieser sitzt die Braut selber. Ach, wie es da drinnen wohl schimmert!... Ha, eine Braut! So eine schöne glatte Braut, eine undurchlochte Perle, ein Meisterstück, und ein Schrein von unbezahlbarem Vergnügen... Hassan entzückte sich.„Welch eine Pracht!" murmelte er; und sein Freund, der Kaufmann, sagte ebenfalls:„Welch eine Pracht!" Es war vorbei. Es war ganz vorbei... Der Kordon gefährliche Eisen- und Pulvergeruch auf. Nun ist«S Zeit zu handeln, denkt Vater Fuchs, der' trotz seiner Schlauheit ein wenig schwach ist in der Malhematik und nicht berechnet, daß zwei Menschen in der Scheune waren, aber nur einer herauskam. In der Scheune sitzt der alte Ola< Peter auf dem Melkschemel, den Schießprügel aus den Knien, und blickt durch die Luke in die Dämmerung hinaus. .Komm nur, Du roter Racker," murmelt er vor sich hin,.und Du sollst schon das Deine kriegen für meine fünf prächtigen Hühner, die Du mir weggeschnappt hast, das gelob ich Dir." Aber schließlich beginnt der Alte zu nicken, legt das Kinn auf die Brust und schlummert ein. Er erwacht erst, als ihn jemand an den Arm packt. Es ist seine Frau. .Auf mit Dir. Alter," sagt sie,.Du wirst mir hier noch wo- möglich erfrieren wegen dieses erbärmlichen Viehs. Pack Dich, da- mit ich die Kuh melken kann." .Donnerwetter, bist Du's Anna-Maja?" sagt der Alte und fährt schlaftrunken auf..Es lohnt wohl auch nicht, daß ich hier noch länger sitze und aufpasse." Und er nimmt seine Büchse unter den Arm und trollt sich frierend und brummend davon, um sich in der Hütte bei einem Schluck Kaffee zu erwärmen. Die Frau geht in den Stand nebenan zu der weißen Färse, schiebt den Schemel zureckt, nimmt die Bülte zwischen die Beine und will gerade zu melken beginnen, als sie hört, daß etwas von der Luke her direkt in das offene HühnerhauS getanzt kommt, wo ein schreckliches Leben und Gackern entsteht. Sie dreht sich um und sieht einen großen Fuchs, der die prächtige weiße Henne am Halse packt und im Begriff ist. mit ihr davonzuschlüpfen. Aber husch! ist Anna-Maja auf den Füßen, wirst den Melk- schemel vor die Luke und greift nach einem dicken Besenstiel, mit dem sie auf den Dieb losgeht. .Ich will dich lehren, Hühner zu stehlen, du sakramentscher Racker, du!" Nun war guter Rat teuer für Vater Fuchs. Er ließ die Henne los und tat ein paar wilde Sprünge, um wieder auf den Heuboden zu kommen. Aber es gelang ihm nicht. Da versuchte er, der Allen mit sich sträubenden Borsten zu begegnen und die Zähne zu fletschen, doch auch das half nichts. Mutter Anna-Maja war hinter ihm her und hieb mit dein Besenstiel auf ihn ein. Schließlich blieb Vater Fuchs in einer Ecke liegen, die Zunge hing ihm aus dem Rachen, die Augen waren verdreht. Da triumphiert Anna-Maja aber! Sie lief aus der Scheune und stürzte in die Hütte zurück mit lautem Lachen und Rufen. .Hahahaha! Hast Du je so was gehört, Alterl Hier siehst Du ein Weib, das MannS genug ist, um einen Fuchs mit einem Besen- stiel zu erschießen.... Hahaha! Vom Misthaufen auS war das Untier in den Heuboden gesprungen und kam durch die Luke herein- getanzt. Er packle die weiße Henne, aber er kriegte sie nicht. Denn jetzt liegt er draußen, alle Viere von sich gestreckt." .Wer Z fragte Ola-Peter, der gerade im Begriff war, sich wieder hinzulegen. .Der FuchS natürlich! rief seine Fran. .Das muß ich sehen, ehe ich's glaube," meinte der Alte, und sie liefen beide zur Scheune. Aber da geschah etwaS, was Mutter Anna-Maja sich nie hätte träumen lassen. Aus der offenen Sckeunentür kam der FuchS herausgestürmt, den zottigen Schwanz in der Luft und— die weiße Henne im Maul. Er streckte sich, daß er fast auf der Erde lag, und im Nu war er weit draußen auf der Koppel. Anna-Maja bekam fast den Schlag vor Staunen. Mit gefalteten Händen stand sie da und mußte nur immer gucken. .Ach, ach," jainmerte der Alte,.und ich Hab meine Büchse nicht hier I Ja, das hast Du wirklich sehr gut gemacht. Du bist mir der rechte Fuchsfänger!" „Und Du erst! Fünf Nächte hintereinander hast Du hier ge- seffen und auf ihn gepaßt und noch nicht mal das Ende von seinem Schwanz hast Du zu sehen bekommen. Ich Hab ihn wenigstens fast erschlagen. Daß er noch mal aufftehen wird, konnte ich wirklich nicht wissen!" Und eigentlich hatte sie ja recht mit dem, was sie sagte. Denn n»ch nie war ihr Mann oder sie so gründlich zum ersten April genarrt worden wie heute durch den Schlauberger FuchS. Im Walde aber unter dem Riesenstein ging eS eine Stunde später lustig zu. Die kleinen grauen Füchse hatten gerade Augen bekommen und spielten nun nach Herzenslust mit den weißen Hühnerfedern. Die Fuchsmama knabberte vergnügt an einem Knochen, und Vater Fuchs machte das Spiel ab und zu mit, obwohl sein Rücken noch sehr steif war von der Bekanntschaft mit Mutter Anna-Majas Stock. Doch ein wenig Massage an einem Stein kurierte ihn bald. löste sich, die Straße wimmelte von festlich gestimmtem Gesindel.„Es ist Zeit, daß ich gehe!" sagte Hassan. „Saida!" Als er sich langsam an der Terrasse vorbeidrängte, half ihm sein Vorsatz nichts, er mußte hinaufsehen. Für kurze Zeit eingekeilt, konnte er sich nicht rühren. Und einen Meter über ihm, knapp über seinem Kopf, an einem Tisch an der Balustrade neben dem Treppengeländer saß Jane. Es war ihr helles, schmales Gesicht. Sie erkannte ihn. Sie rümpfte angewidert die Lippen. Das helle Gesicht wandte sich ab. Hassans Blicke glühten aus der Tiefe heraus. Droben lachte man leise. Ein Einglas wanderte in ein kaltes Auge, und dies Auge sah herab. Eine bekannte Stimme sagte: „Ein Irrtum ist ausgeschlossen. DaS ist er." Und loieder lachte es dort droben, flüchtig, kurz und harrt. O Stunde der Heimkehr, o bunte Gruft, in die man das Fieber trägt und erdrosselt, o schiefergrauer Qualm, der die Welt zunichte macht, der alles erstickt mit süßer, lügnerischer Lähmung! Tappen kleiner Hände. Erregtes Geflüster. „Sie sind verdrossen, Bey?" „Ich habe Aerger; ach, ich habe Aerger." Eine glatte Hüfte streift seine Hand. „Ihr Mißmut wird nicht von Dauer sein.." Sie war da. Wo gibt es weißeres als diesen Leib? „Sie sind ein Weib! Was berechtigt Sie, mich zu der- achten...?" Hohnvoll geschürzte Lippen... „Was berechtigt Sie..." Ein Krampf von Wut. Er erhebt sich schwer. Seine Hände krümmen sich. Er stürzt sich aus diesen leuchtenden Leib wie ein schweres Gewicht: er martert diesen Körper, er mißhandelt, zertrümmert, würgt und vernichtet ihn... Hohnvoll geschürzte Lippen... Die Sonne machte die Schneewehen wieder Bäche schwitzen, der Buchfink sang, und der erste Schmetterling schwebte auf unsichere» Flügeln daher. sBerecht. Uebersetzung von R. Stcrnberg.) kleines ßeuilleton. Gartenbau-'Literatur. „Gemüsebau während des Krieges" nennt sich eine kleine, im Verlag von P. Parey erschienene Schrift des bekannten Heraus- gebcrs der»Gartenwelt" Max Hesdörffer. Der Verfasser ist nicht nur ein fruchtbarer Fachschriflsteller, sondern auch ein erfolgreicher Praktiker, und wer einmal Gelegenheit hatte, sein auf einstigem Oedland gezogenes prachtvolles Tafelobst zu bewundern, wird sich ohne Bedenken seiner Führung im Gartenbau anvertrauen.— Da es während des Krieges darauf ankommt, auf kleinster Fläche eine mög- lichst große Ernte zu erzielen, wird in dem Hcftchen auf die Bc- schreibung aller schwierigen Kulturen verzichtet und nur daS berück- sichtigt, was auch dem Unerfahrenen Nutzen bringt und Freude machen kann.— Eine früher von demselben Versaffer erschienene Anleitung: »Der Kleingarten" erfreut sich schon lange der Anerkennung der Laubenkolonisten und Gartenliebhaber und ist allen denen zu empfehlen, die nicht nur„KriegSgärtner" zu sein wünschen.— Wer Freude an guten Abbildungen, einer praktischen Anordnung deS Stoffes und Zeil für eine etwas eingehendere Beschäftigung mit seinem Garten hat, sei auf ein im Verlage des»Praktischen Weg» Weilers" in Würzburg erschienenes Buch von Artur Janson:»Auf 3<X> Quadratmeter Gemüseland den Bedarf eines Haushaltes zu ziehen" hingewiesen. Bei dieser Gelegenheit mag allen, die während des Krieges ein Stück Land bebauen wollen und leine Gelegenheit haben, eins der erwähnten kleinen Bücher zu lesen, in Erinnerung gebracht werden, daß die Deutsche Garlenbaugeiellschaft sJnvaliden- straße 42) praktische kurze»Leitsätze für den Anfänger in der Gemüse- zucht" veröffentlicht hat, die gegen Einsendung des Portos bezogen werden können. W. <kin Sprung aus 3500 Meter Höhe! Die gewaltige» Kämpfe um Verdun werden voraussichtlich auch in der Geschichte der Fallichirmtechnik fortleben. Wie nämlich aus Paris berichtet wird, ist eö einem französischen Beobachtungsoffizier geglückt, sich mittels eines Fallschirmes aus einer Höhe von 3600 Meter Höhe in die französischen Linien herabzusenken und dort unversehrt den Boden zu erreichen. Ueber den Vorgang wird der französischen Presie folgendes berichtet: Es war bei Malancourt, ein Artillerieduell von unerhörter Gewalt zerriß die Luft, als ein französischer Fesselballon mit einem Offizier aufstieg, der von oben daS Schießen der französischen Batterien leiten und gleichzeitig Auf- nahmen der deutschen Linien machen sollte. Alle Blicke folgten der immer höher steigenden Bronzewurst, die eine ganze Zeitlang iir ruhiger Stetigkeit am Himmel schwamm, bis sie plötzlich eine Er- schütterung durchlief, der ein bedenkliches Schwanken und Tiefer- gehen folgte. DaS Tau, das den Ballon am Boden festhielt, war von einem Geschoß durchschnitten worden. Dabei wehte ein heftiger Wind, und dieser Wind lrieb-d«: Ballon den feindlichen Linien immer näher, wo ihn heftiges Feuer empfing. Der darauf besind- liche Offizier schien verloren, als sich plötzlich ein dunkles Etwas von dem Ballon ablöste, der sich in einer Höhe von etwa 3500 Meter befand und langsam tiefersinkend zu den französischen Linien zurücktrieb. Wirklich war eS dem Beobachter gelungen, einen Fallschirm zu entfalten und mit desien Hilfe sich zu rette». Während der Ballon verschwand, näherte sich der Offizier immer mehr den französischen Stellungen, und 20 Minuten später konnte er landen._(z) Notizea. — Musikchronik. Das Blüthner-Orchester ver- anstaltet am Sonntag seinen letzten Wagner-Abend in dieser Saison. Das Programm enthalt u. a. den I. Akt der.Walküre". — Englischer Arbeiterhumor. Vor einem Dienst- pflichtgericht'in Lancashire stand, wie der. Labour Leadcr" erzählt, ein Mitglied der Unabhängigen Arbeiterpartei, der auS Gewissensgründen Enthebung von der Dienstpflicht forderte. Der Vorsitzende des Tribunals, ein Brauereibesitzer, glaubte nun besonders schlau zu sein, indem er den Arbeiter, der von Beruf Weber ist, fragte, wie er seine Arbeit mit seinen Gewissensbedenkeu vereinbaren könne, da doch auch Gewebe für die Fortsetzung des Krieges nötig seien. Der Weber antwortete:»Und Sie? Sind Sie nicht in cinein Ge- werbe tälig, von dem einer unserer Minister gesagt hat, daß eS ebenso unser Feind ist wie Deutschland und Oesterreich?"— Der Vorsitzende zog es vor, den Kampf auf dem Gebiete der Logik nicht fortzusetzen und den Weber zum Kriegsdienst zu verurteilen. Ein Pfuhl von Blut. Ein Gesicht darin mit grauen Augen, die wandern, gleichgültig wandern... Ein Blitz reißt alles auseinander. Es ist Heller Tag. Hassan hockte aus dem Teppich und stiert in das taube Rot des Musters. Seine Finger sind voll bunter Wolle. Speichel tropft aus seinem Mund. Und nun vernimmt er ein helles, fassungslosen Gelächter von irgendwoher. Er erhebt langsam den Kopf. Droben bewegt sich der Vorhang aus Perlenschnüren. Und das Gelächter schluchzt, wird bemeistert und prustet wieder zwischen Fingern hervor, die es zerPressen wollen. Er hört es teilnahmslos; es ist nur ein Geräusch. Dann betrachtet er sich langsam voll dumpfer Neugier. Plötzlich weiß er, daß man dort droben lacht, daß man seiner spottet; er erhebt sich mit einem Satz und rennt auf das Treppchen zu. Man flüchtet mit leisem Kreischen. Kleine Schuhe trippeln über die Stufen zum Harem-Lik herauf. Er sieht sie nicht. Sie sind verschwunden. Er steht auf dem Gang und brüllt. Der Knabe mit der grünen Kelabije erscheint mit sanfter Sklavcnmicne. Ver- wunderte Domestiken kriechen hervor. Die Bauwabs von draußen wallen herein. Es ist erstaunlich. WaS gibt es denn? „Wartet hier," keucht Hassan.„Wartet hier." Und er rast in den Harem herauf. Hinter einem Berg von Kissen sitzen sie und spielen ein Geduldsspiel. „Kommt hervor!" brüllt er. Zwei kleine Köpfe tauchen auf. Er nähert sich, packt die blanken Schultern und zerrt. schleift die beiden Geschöpfe mit roher Kraft quer durch das ganze Gemach, bis vor die Türe. Sie strampeln, sie bitten entsetzt. „Was tun Sie, Bey?" Er stößt sie auf die nackte Treppe. Drunten steht die gesamte Dienerschaft; alle diese Leute lächeln schüchtern und erstaunt. „Bey! Sie beschimpfen uns! Sic zeigen uns den Leuten!"— Die kleinen Gesichter werden von Tränen feucht. „Da sind die Zeugen I Da unten, ihr Hündinnen I" Goxts. jolgt.jj
Ausgabe
33 (1.4.1916) 78
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten