er 82-1916 Llnterhaltungsblatt öes Vorwärts Der Zuave. von Edgar Hahnewald  . (Schluß.) Da laufen wir es ist Ivie eine Erlösung. Drei, vier tun das gleiche in einem Eifer, als könnten sie mir einer Fingerspitze un« ermetzliches Elend auslöschen. Wir bringen Rotwein, ein Äamerad hebt behutsam den Kops des Verwundeten zum Becherrand. Es ist der kleine Mechaniker, der ihn hält, ein guter, williger Kerl. Wir haben ihn alle gern, aber den Blick sehe ich zum erstenmal an ihm; es ist eine fast mütterliche Wärme darin. Der Zuave trinkt und wir stehen dabei, als sei es ein Wunder, einen Menschen trinken zu sehen. Und dann leuchten uns zwei dunkle Augen tief und dank- bar an. Das schmale Gesicht war bräunlich und doch bleich. Der schwarze Bart lag wie ein kleiner Halbmond um die Lippen. Das Gesicht war fremd und den geflüsterten Dank des Franzosen ver­standen wir nickt. Aber er war uns nahe, er war ein Mensch, ein Lebender in diesem Totengarten. Und er war ein Soldat, mit ihm verband uns die gleiche Bestimmung es kam uns kaum zum Be« wußtsein, daß er von deranderen Seite" war. Wir halfen ihm, ohne dabei zu denken in instinktiver Abwehr des Grauens, das uns bedrängte. Wir redeten zu ihm, sagten ihm Trostworte und wußten doch, daß er uns nicht verstand. Er lächelte matt. Er verstand uns doch, nicht die Worte, aber den guten, versöhnlichen Willen. Ein Saniläter kam mit dem Notverband. Der Zuave deutete schmerzhast auf den Fuß. Der war gebrochen. Und die Gesten des Zuaven erzählten: er hatte auf dem Baume dort gesessen und aus dem Blätterversteck auf unsere Kameraden gefeuert. Einer ent« deckte ihn und ein Schuß holte ihn herunter. Im Sturze brach er den Fuß. Bis in den Mais hatte er sich noch geschleppt. Es war ein Wunder, daß ihn die Infanteristen nicht einfach er- schlugen. Denn sie haßten die Baumschützen. Das wußten wir. Die erschlugen sie unerbittlich. Kämpfen ja. Aber sich wie ein seiles Wild vom versteckten Hochstande aus abschießen lassen da war der Kolben und kein Schuß die Vergeltung. Aber daran dachte jetzt keiner. Da lag ein hilfloser Mensch. Das war alles. Ein Feldarzt kam zufällig und verband unseren Zuaven. Wir standen dabei in dankbarer Freude. .Laßt ihn ruhig liegen, ich schicke Träger her,' sagte der Arzt, als er ging. Und gleich darauf rückten wir ab. Wir klapperten noch mit Schüssel und Löffel, als der Befehl kam. Als wir quer durch den rauschenden, saftig brechenden Mais fuhren, kamen zwei Träger mit einer Bahre. Am anderen Tage marschierten wir zurück. Der Autokolonne entgegen, die die Munition von weither brachte. Um Mittag schwirrte die Kunde an den sich begegnenden Ko« lonnen auf und ab: Sedan   gefallen! Sedan  , es war wie ein Flügelrauschen. Nach Sedan kam Paris  . Und nach Paris   der Frieden, die Heimkehr. So rechneten wir damals noch, in diesen Tagen ohne Briefe und Zeitungen, auf der glutheißen Straße zwischen zwei Dörfern. Am Spätnachmittag ratterten unsere Wagen in ein stilles Dorf. Am Eingang lag ein Schlößchen, halbversteckt in einem mächtigen Park. Auf dem Dache flatterte die Genfer   Flagge. Als wir dann auf der Dorfstraße standen, sprach unS eine Frau an. Sie sprach ein fremdklingendes Deutsch und trug die Armbinde des Roten Kreuzes. Sie bat um Brot für ihre Verwundeten.ES sind fast alles Depesche, Kameraden von Ihnen." Das sagte sie ausdrücklich.Ich habe nicht ein Stück Brot für die Armen." In diesen Tagen, in denen im Kleinen so manches drunter und drüber ging, konnte es schon vorkommen, daß ein eben errichtetes Lazarett zwei, drei Tage auf Brot warten mußte. Die kämpfenden Truppen warteten noch länger. Und die Proviantkolonnen fuhren und fuhren und wußren nicht wohin mit dem Segen. Uns halte eine am Mittag mit der Sedankunde auch Brote gegeben. Nicht viel aber wir begegneten ja nun den Kolonnen häufiger. Fleisch und Wein hatten wir über- genug. So konnten wir der Schwester helfen. Sie war glücklich und wollte auf uns warten. Als wir beladen mit Broten, Fleisch und Wein zurückkamen, war sie fort. So gingen wir nach dem Schlößchen. Dort hielten zwei Krankenwagen vor dem Parktor. Eben hoben die Träger eine Bahre auf und trugen sie durch das Tor zum Schlößchen. Sie gingen oben mit schweren Tritten durch die Zimmer, als wir den kühlen, hohen Flur betraten. Stimmen sprachen durcheinander, die a] Cnörlk Kraupatis. Eine litauische Geschichte von Ernst Wichert  . Fast ein Jahr lang, die Untersuchungshaft ungerechnet, hatte er in der Anstalt zugebracht. Ta war es endlich den unablässigen Bemühungen seiner alten Mutter, der Erdme Kraupatene, gelungen, beim Oberlandesgericht in Königs- berg das Wiederaufnahmeverfahren durchzusetzen. In der Sache mußte deshalb vor dem Schwurgericht nochmals ver- handelt werden, und diesmal erfolgte seine Freisprechung. Das war erst gestern abend zu später Stunde geschehen. Der Advokat hatte telegraphiert. Das ganze Dorf war nun in großer Aufregung. Man hatte sich ausgerechnet, wann Endrik Kraupat, dem sogleich ein Fuhrwerk entgegengeschickt war, zu Hause anlangen könne. Ein festlicher Empfang wurde vor- bereitet. Soviel davon sich wenigstens in der Geschwindigkeit vor- bereiten ließl Am Eingang des Torfes, nicht weit von der Mühle übrigens, war eine Art von Ehrenpforte errichtet: zwei Stangen mit Fähnchen und eine Laubgirlande dazwischen. Solche Laubgewinde hingen auch in kleinen Bogen an dem Mauerrest der Mühle und kränzten die Tür des vom Brande verschont gebliebenen Wohnhäuschens. Die drei Steinstufen zu derselben und der Weg dahin zeigten sich mit weißem Sand und gehackten Tannen bestreut. Um die Stämme der beiden Linden am Eingang durch den Gartenzaun war ein langes Stück Zeug gezogen und mit einer litauischen Inschrift ver- sehen, die ungefähr soviel sagte als: Gott schützt die Unschuld. Die alte Kraupatene hatte sie vom Schullehrer mit Teer auf- schreiben lassen. Aber auch über den Türen der meisten Bauerhäuser steckte mindestens ein Birkenstrauch. Jeder, der von dem Müller in den letzten Jahren schleckt gesprochen hatte, wollte das möglichst rasch in Vergessenheit bringen. Ließ sich danach die freundliche Gesinnung ermessen, so war er bei dem Krüger seit gestern ganz besonders gut angeschrieben: der Mann hatte in der Nacht sein Fuhrwerk nach dem Walde ge- schickt und sechs Tannenbäumchen von doppelt Mannshöhe holen lassen, die nun rings um den mit Bänken und Tischen bestellten Podest vor der Tür eingegraben und festgebunden waren und dem Hause ein freundliches Aussehen gaben. Auch hingen die beiden Fahnen eine schwarz-weiße und eine schwarz-weiß-rote die sonst nur zu Königs Geburtstag oder anderen Festtagen in Gebrauch genommen wurden, aus der Träger kamen mit den leeren Bahren zurück. Dann standen wir in einem Räume inmitten weißer Betten. Um unS Verbundene in den Kissen, Karbolgeruch, lichte Gardinen um helle Fenster, ein gold- gerahmtes Gemälde, zwei Frauen, um die eingebrachten Verwun« beten bemüht und unsere eigenen staubigen Gesichter befremdend in einem hohen Spiegel da stand schon die Schwester von vorhin bei uns und nahm uns ab, was wir brachten. Sie dankte froh und dankte wieder, als hätten wir sie allein beschenkt. Und unterdes glitten unsere Blicke durch das reiche Zimmer das Gemälde da war wie eine Begegnung aus einer anderen, halbvergessenen Welt und da waren zwei dunkle Augen forschend und erstaunt auf uns gerichtet ein schmales, braunes Gesicht, ein schwarzes Bärtchen um eine lächelnde Lippe, ein breiter Verband um Arm und Schulter unser Zuave. Er erkannte uns. Da stand auch schon der kleine Mechaniker bei ihm und ließ seine Hand in der des Zuaven. Der warme Blick des Verwundeten war wie eine rückhaltlose Liebkosung. Und nach einigen Worten von ihm und un» begriff die Schwester, was das bedeutete. Die Freude lachte ihr aus dem feinen, gütigen Gesicht und mit dem Eifer eines jungen Mädchens führte sie, bald deutsch, bald französisch sprechend, die Unterhaltung zwischen uns und ihm. Der Mechaniker fingerte ein Notizbuch au» der Tasche, die Schwester half ihm, die Adreffe des Zuaven aufzuschreiben, der Zuave nahm die des Deutschen. Aber gewiß, nach dem Kriege würde er schreiben: mit lächelnden Lippen sprudelte er unverstandene Sätze. Und die Schwester nahm in einer Aufwallung all ihrer Güte unsere Hände, lächelte, redete und dankte sie vergaß das erlernte Deutsch   und sprach französisch. Und mit einer raschen Wendung wandte sie sich ab und trat ans Fenster. Wir sahen, daß sie ein Taschentuch an die Augen drückte, in der sekundenlangen, ver- legenen Stille verriet sich ein leises Schluchzen. Da kam's dem Mechaniker in den Sinn, die welche Stimmung zu meistern. Er lächelte den Zuaven froh an und sagte:Sedan  kaput!" Er meinte: der Krieg ist bald zu Ende. Oder eben nur: da» ist wa» Frohes. Er dachte gar nicht daran, daß das brutal fein könnte. Aber er ahnte es wohl, als der Zuave die Hand auf die Decke sinken ließ und leise vor sich hinflüsterte:»Sedan..." Am Bette hing die bunte Jacke des Zuaven. Der blutige, zer- schossene Aermel erinnerte uns an alles. Die Frau am Fenster trat mit einem Ruck herum die Be- wegung war wie ein Zusammenraffen. Das Taschentuch fuhr rasch über die Augen und verschwand. Die Augen sahen mit einem fremden Blick an uns vorbei. In diesem Blick war keine Feindschaft, kaum ein Wissen von unserer Gegenwart. Nein, der Ausdruck eine? tapfer niedergehaltenen und nun rauh aufgestörten Schmerzes in diesen gütigen Augen war rührend. Er weckte den Wunsch, vor die Frau hinzutreten und ihr die Hand zu geben, aber die verstehende Scheu erlaubte das nicht. Und es war, als ginge diese Frau fern von uns und doch so nahe vorüber. Sie trat an die andere Seite des Bettes. Mit behutsamer Hand hob sie den Kopf des Verwundeten und bettete ihm die Kiffen weicher die Französin dem Franzosen  . Und zwischen ihnen und uns hing der blutige Aermel... Die reichgeschnitzte Holztreppe dröhnte unvermeidlich unter unseren Stiefeln. Uns quälte der eigene Lärm. Dann standen wir auf dem Gartenweg über uns knallt« die Genfer   Flagge im Wind. Ein deutscher   Feldarzt kam rasch und ging ins Haus. Dann klappte das Parktor hinter uns ins Schloß. Der Mechaniker ging still bedrückt mit uns. Ueber die Geschichte da oben fiel kein Wort sie war zu dumm und nicht zu ändern. Ein Jahr ist seitdem vergangen-» ein langes, langes Jahr. Unsere Haubitzen donnern die Forts von Grodno   in Trümmer. Auf der grünen Kuppel der Russenkirche von Nowy Dwor schlägt eine windgebauschte Genfer   Flagge. Da kam mir der Zuave in den Sinn. Drüben am Feuer sitzt der kleine Mechaniker und fleht gelang« weilt dem züngelnden Spiele der Flammen zu. Unter dem Tuche seine? derwetterten Waffenrock» drückt sich ein M-reck ab. Es ist die vergriffene Briefmappe, die er in der Tasche rrägt. Und in der Moppe liegt ein Zettel. Darauf hat eine feine Frauenhand eine französische Adreffe geschrieben. Aber die Brüche, in denen der Zettel gefaltet ist, flnd zer- fahren, und die feinen Schriftzüge auf dem Papier hat die Zeit verwischt. Verwischt, wie so viele», wa» damals so neu, so über- Wältigend war.(r) Dachluke am Giebel herab. Es war in Kraupatischken auch noch nicht vorgekommen, daß einer zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt und dann wieder freigesprochen wurde. Auf dem Podest saßen dicht zusammengedrängt alle die Dorfinsassen, die früher eine Ehre darin gesucht hatten, zur Freundschaft des Müllers gezählt zu werden, Deutsche   und Litauer. Das Dorf war Wohl nie ganz litauisch gewesen, jetzt aber, wie die ganze Gegend hier, fast völlig verdeutscht, so daß in der nächstgelegenen Kirche nur an jedem vierten Sonntage ein litauischer Gottesdienst abgehalten zu werden pflegte. Nur noch die älteren Leute sprachen untereinander litauisch und behielten die alte, so gut kleidende litauische Tracht bei. In der jüngeren Generation erinnerten meist nur die Namen an die Abstammung: es galt ihr für vornehm, in Sprache und Gewohnheiten von den Deutschen nicht unter- schieden werden zu können. Der Krüger mußte die Gläser häufig füllen: man hatte sich's nun einmal vorgenommen zu warten, bis der Müller eintreffen werde. Das große Wort führte ein kleiner, buck- liger Kerl, der den schäbigen Filzhut von der kahlen Stirn zurückgeschoben hatte und bei Kraftstellen seiner Rede mit der langfingerigen Hand daraufpaukte, um den Eindruck zu ver- stärken. Seine kleinen Augen blinzelten fortwährend un- ruhig im Kreise herum, sich zu vergewissern, daß die Aufmerk- samkcit seiner Zuhörer nickt aussetzte, und der breite Mund kaute recht wohlgefällig die Worte, die mit geringen Abände- rungen mehrmals wiederholt zu werden pflegten. Es war der Jons Szamaitat, ehemals Lehrer im Heydekrugischen, dann abgesetzt und seitdem Schreiber für jeden, der seine Feder gegen kleinen Entgelt brauchte, zudringlich, boshaft, gern gemieden und doch in der Not stets wieder aufgesucht, den Behörden verhaßt. Die Dorfhonoratioren setzten sich sonst im Kruge nicht gern mit ihm an denselben Tisch, wenn sie auch mitunter gnädigst seine Zeche bezahlten. Heut war das etwas anderes. Szamaitat hatte ja die Sache� des Müllers in seiner Mutter Auftrag mit allem Eifer betrieben und ein glänzendes Resultat erzielt. Er war natürlich zur Schwurgerichtssitzung nach Tilsit   gefahren, um den Rechts- anwalt, der die Verteidigung übernommen hatte, in jedem Augenblick beraten zu können, hatte sich aber sofort nach Ver- kündung des freisprechenden Urteils in größter Eile auf den Heimweg gemacht, um für den feierlichen Empfang des unschuldig Bestraften sorgen zu können. Er selbst hatte heut seinen großen Tag, Kleines Feuilleton. Das Lazarett als Kunstwerkjlätte. Wenn die Heilung der Verwundeten über das allererste Stadium operativer und rein ärztlicher Behandlung hinaus gelangt ist, wenn die Zeit der Rekonvaleszenz beginnt, eröffnet sich die Aufgabe, die Patienten auch in jedem anderen Belang wieder möglichst vollwertig ,u machen. Und hier erweist sich eine dem Einzelfall angepaßte Beschäftigung als das beste Mittel. Der Kranke darf nicht bei physischer Genesung innerlich lränkeln, er darf weder der Grübelei, weder der Erinnerung an erlebte Schreckensbildcr, noch der Furcht vor den Schwierigkeiten seiner Zukunft überlassen werden. Unter sachgemäßer Leitung mutz er wieder an seinen früheren Beruf, oder wenn dies aus körperlichen Gründen nicht angängig ist an eine nach Tunlichkeit ähnliche und angemessene neue Beschäftigung gewöhnt werden. Und hier tut das Kunsthandwerk Wunderdienste. Die mit allen Mitteln und bestem Erfolg-gelungene Einführung de» Kunsthandwerks in unsere Lazarette trägt ihr großes Teil an der psychischen Kraft der Verletzten, sie übt sie in den verschiedensten praktischen Tätigkeiten und hebt den durchschnittlichen Geschmack, den Sinn für das Gute und Schöne. Zahlreiche Ausstellungen von Lazarettarbeiten haben die Vorzüge dieser Einrichtung klar bewiesen, und mit Staunen konnte man feststellen, wie in den einzelnen In- dividuen wertbringende Begabungen geweckt wurden, von deren Vorhandensein sie sich in den meisten Fällen selbst nicht bewußt waren. Zahlreiche Existenzen, die an ihren eigenen Fähigkeiten ver« zweifeln, werden so wieder aufgerichtet, und der Durchschnitt wird um ein Beträchtliches gehoben. So bedeutet die im Berliner   Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht untergebrachte Schau von Musterbeispielen für die Be- schäftigung der Verwundeten in den Lazaretten einen vollen Sieg auf diesem so unendlich wichtigen Gebiete. Eindringlicher als alle Worte es vermöchten, ist das stumme Zeugnis dieser Gegenstände, die unter Leitung des Professors Hugo Eberhardt   in dem Lazarett zu Offenbach   a. M. von Kriegsverletzten hergestellt wurden. Es fällt beim Anblick dieser Arbeiten, unter denen vieie einen achtbaren Kunst« wert besitzen, schwer, sich vorzustellen, daß all dies von Verwundeten geschaffen wurde, denen das Kunstgewerbe zum allergrößten Teil Neuland ist. Fast jede» Kunsthandwerk ist in hervorragender Weise vertreten. Da gib: es Tonfiguren, Porzellanmalereien, Holz- schnitzereien, Schmiedearbeiten, Silhouetten. Bilder, Sägearbeiten, die ihren Schöpfern die besten Aussichten eröffnen. Man sieht z. B. kunstgewerbliches Spielzeug, wertvolles Korbgeflecht, Holzkästen mit Intarsien, künstlerische Metalleuchter usw., die einer Hebung der genannten Industrien in volkstümlicher Weise äußerst zustatten kommen werden. Dabei geht mit dem Schönen und Angenehmen der praktische Zweck stets Hand in Hand. Der Handwerker, dessen Kraft nicht mehr für grobe Arbeit ausreicht, vermag eine'höhere Staffel seiner Bcrufsart zu erklimmen, das künstlerische Reklamc- wesen sPlakate, Schriftzeichnen usw.) leitet in die verschiedensten kauf- männischen Gebiete über._(z) Volksernährung und Krieg. Die unter dieser Ucberschrift in Nr. 70 desVorwärts" ab- gedruckte Notiz bedarf einiger ergänzenden und berichtigenden Be« merkungen, soweit sie das Material Lommels(nicht SommelS) über den von ihm feftgesiellien vorteilhaften Einfluß der kriegsmäßigen Ernährung auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung belrifft. Lommel hat das Ergebnis seiner Untersuchungen in derDeutschen Medizinischen Wochenschrift" veröffentlicht. Eine Nachprüfung an Ort und Stelle ergibt, daß das Material viel zu dürftig ist, als daß es zu so weitgehenden Schlußfolgerungen benutzt werden könnte. Lommel hat nur eine beschränkte Anzahl von Säuglingen und jugendlichen Arbeitern untersucht. Die Angaben über die Säuglinge sind zweifellos nicht sehr beweiskräftig, da sie doch die eigentliche Kriegskost nicht erhalten. VonAngehörigen der Arbeiterllasse aller Altersstufen", wie es im »Vorwärts" heißt, kann deshalb nicht.die Rede sein, weil Lommel nur 4070 jugendliche Arbeiter der optischen Fabrik Zeitz   in Jena  beobachtet hat, die schon bei der Ausnahme in den Betrieb sorg- fältig ausgewählt und außerdem der hochqualifizierten Arbeit, die sie zu leisten haben, entsprechend bezahlt werden. ES sind Elitearbeiter, um die es sich hier handelt, zum größten Teile sogar Söhne von Zeißschen Arbeitern, deren Lebenshaltung wesentlich höher ist, als die der durchschnittlichen städtischen Arbeiterbevölkerung. Eine Ver- allgemeinerung auf den Gesundheitszustand de? gesamten Volkes läßt Lommels günstiges lokales Ergebnis nicht zu, wenn man ob- jektiv fein will. Dem stehen sehr schwerwiegende Gründe, ins« Ja, seht ihr, Herrschaften," sagte er, indem er sein Glas über die Schulter weg dem Krüger zur Neufüllung zureichte, es kommt alles darauf an, daß man eine Sache richtig anfaßt richtig in die Hand nimmt sagen wir: richtig anfaßt. Das ist das eine. Und das andere ist die Energie, die Nach- drücklichkeit, die Force. Nicht loslassen, Herrschaften, nickt loslassendarauf kommt alles an. Wenn ein Mensch schuldig ist, dann mit allen Hunden hinter ihm her, bis ihm der Atem ausgeht und alle Hakenschläge nichts mehr helfen. Das ist klar was? Wenn aber ein Mensch unschuldig ist, dann alle Leitern ansetzen, ihn herunterzuholen, mögen sie auch zehnmal abgeworfen werden. Das ist ebenso klar hm?" Er schlug eine tiefe Beule in seinen Filz.Der Endrik Krau- patis war unschuldig ich Hab keinen Augenblick daran ge- zweifelt. Keinen Augenblick, obgleich's einen, der nichts von solchen Sachen versteht, wohl stutzig machen konnte, daß der alte Ensikat so schlankweg auf seine Aussage den Eid leistete. Es lag gegen ihn nichts vor, als daß er, wie jedes Kind weiß, auf dem linken Auge ganz blind ist und auf dem rechten halb. Das ist damals auch gegen sein Zeugnis vorgebracht, hat aber nichts verschlagen. Denn die Richter machten einen Versuch im Schwurgerichtssaal und stellten ihm auf gewisse Ent- fernung allerhand Leute, abwechselnd mit Kraupat vor, aber der alte Kerl hatte immer die richtige Witterung und versah sich nicht ein einziges Mal. Da haben sie ihm denn natürlich geglaubt, daß er auch in jener Nacht den Richtigen gesehen hat, und damit war's entschieden. Wie aber seine alte Mutter zu mir mit Tränen in den Augen sagte:Jons, der Endrik ist unschuldig wie ein neugeborenes Kind so wahr Gott lebt, er ist unschuldig, mein Sohn!" da gab ich ihr die Hand darauf, daß er unschuldig ist, und daß es ans Licht kommen soll. Fragt sie selbst, Herrschaften, ob ich ihr nicht die Hand darauf gegeben habe." Er hatte das heut gewiß schon zehnmal erzählt. Aber man hörte ihm auch geduldig zum elstenmal zu. Irgendein Wörtchen war immer noch neu oder konnte doch neu sein. Und so fuhr er denn, nachdem er sich durch einen langen Zug gestärkt hatte, fort:Das war soweit ganz�gut, Herrschaften. Wie aber die Sacke anfassen? Denn ihr müßt wissen, es gibt wohl eine Möglichkeit, einen, der schon rechtskräftig verurteilt ist, wieder loszubekommen, aber seine Schwierigkeit hat's doch. Sehr seine Schwierigkeit, sag ich euch." Gvrts. bm