»r tu-1916 Unterhaltungsblatt öes Vorwärts«.I�MDer Krieg unü üer /iberglaube.Dr. Albert tzellwig, dem wir bereits Unter-suchungen über die Zusammenhänge zwischen Aberglauben und Verbrechen verdonten, hat sich auch mit demProblem ,.W eltkrieg und Aberglaube" beschäf-tigt.(Verlag von Wilh. Heims, Leipzig.) Er konnte sichdabei auf eigene Beobachtungen stützen, die er im Feldegemacht hat. Wir geben im folgenden die allgemeinenpsychologischen Erörterungen wieder.Wenn es auch sicherlich zutreffend ist. und auch gar nicht inAbrede gestellt werden soll, daß, wie der Aberglaube überhaupt,so auch der Kriegeraberglaube im zwanzigsten Jahrhundert nichtmehr eine solche Rolle spielt wie vor 100 und 200 Jahren, so istes andererseits doch ohne weiteres klar, daß er auch im gegen-wärtigen Kriege eine Rolle spielt und auch in künftigen Kriegensich finden wild.Auch der moderne Soldat ist seiner seelischen Verfassung nachein geeignetes Objekt für die Einwirkung abergläubischer Ideen.Mebr noch wie in ftüheren Kämpfen ist der Soldat von taufender-ler Gefahren bedroht, gegen die auch die größtmögliche menschlicheUmsicht sich nicht hinreichend zu schützen vermag: Handgranaten,Minenwerfcr, Fliegerpfeile, Fliegerbomben, Maschinengewehr-feuer, Geschosse unserer schwersten Artillerie, das olles sind Ge-fabrguellen von einer so gewaltigen Stärke, daß dagegen alle Ein-drücke der Schlachten früherer Zeiten uns geradezu wie Scherzund Spielerei anmuten. Dazu kommt, daß der Krieg auch seinerDauer nach in modernen Zeiten seinesgleichen nicht findet Diestarken nervösen Erschütterungen, denen unsere Feld-grauen ausgesetzt sind, schaffen eine dem Aberglauben außer,ordentlich günstige GemütSlage. Wenn man immer wieder sehenmuß. daß die Gefahr aller Voraussicht spottet, daß es MenschenKraft nicht vermag, die Gefahrenquelle abzuwenden, dann liegt fürden Schwachen die Versuchung nahe, sich die Hilfe überirdiscberMächte zu sichern. Der Wunsch, daß es übernatürliche Kräftegäbe, welche imstande seien, das zu bewirken, was menschlicheKraft und menschliches Vermögen ganz oftensichtlich übersteigt,nämlich sicheren Schutz zu bieten vor den dämonischen Gefahrendes Krieges, führt nur gar zu leicht zur Hoffnung, daß es tat-sächlich möglich wäre, sich eines derartigen mächtigen Beistandeszu versichern. Uralte Dkenschheitsgedanken stehen auf und gebendem in tiefster Not Ringenden den festen Glauben, daß er unterübernatürlichem Schutze stehe, und geben ihm damit den festen Halt,an dem er sich aus seiner Verzweiflung und scmem Kleinmutwieder auflichten kann!Dieser Enttvickelungsprozetz wird dadurch begünstigt, daßimmer wieder die sonderbarsten Zufälle vorkommen, die für nichtbesonders Urteilsfähige das Walten einer höheren Macht deutlichzu beweisen scheinen. Unzählig sind diejenigen Fälle, in denenes an einem Haar gehangen hat, ob der Soldat, der jetzt nur leichtverwundet ist oder gar nur mit dem Schrecken davongekommen ist,dem Kriegsgotte zum Opfer geworden wäre: Jeder von uns, diewir von Anfang an im Felde stehen, hat schon oft gesehen, daßeine Kugel den Helm aufgerissen hat, ohne dem Träger auch nurein Haar zu krümmen, oder daß sie dreimal Falten des Hemdesdurchbohrt bat. obne dem Betreffenden auch nur die Haut zu ritzen,oder aber, daß eine Kugel in der Taschenuhr, in der Brieftaschemit den Bildern der Gattin, der Eltern, der Kinder unschädlichund kraftlos steckengeblieben ist, dem Glücklichen nur eine leichteQuetschung beigebracht hat, anstatt ihn tödlich zu verlctzenl Hierdrängt sich nur allzu leicht der Gedanke auf, daß eine gütigeVorsehung den Lauf der feindlichen Kugel abgelenkt hat, und vondiesem Gedanken bis zu dem Glauben, daß irgendeine geweihteMedaille oder ein flommer Spruch, den die Mutter oder dieBraut dem Krieger mit ms Feld gegeben bat, von magischemEinfluß sich erwiesen hätten, daß er es nur ihnen zu verdankenhabe, daß er am Leben geblieben sei, ist nur ein Schritt.Sowohl die entwickelungsgeschichtliche als auch die psycholo-«ische Betrachtung des Aberglaubens führt zu dem Ergebnis, daßGlaube und Aberglaube nahe miteinander verwandt sind. Eskann deshalb nicht überraschen, daß die hervorgehobenen Momenteeinerseits auch geeignet sind, das religiöse Gefühl zu heben— daßes sich um einen dauernden, auch nach Beendigung des Kriegesnoch irgendwie nachhaltig wirkenden Einfluß handle, möchte ichallerdings nicht annehmen— und daß andererseits auch die aber-gläubischen Vorstellungen in Kriegszeiten nicht selten eine religiöseFärbung annehmen.Dieselben Gedankengänge, welche den Soldaten empfänglichfür Aberglauben machen, welche ihm insbesondere den Wunschnahelegen, sich ein wunderkrästiges Amulett zu verschaffen, ummit seiner Hilfe alle Gefahren siegreich zu bestehen, sind auch inErzählungen eines alten Tambours.16j Von Edmund Hoefer.„Er fiel mir um den Hals und seine schwarzen Augenfunkelten wie ein Irrwisch so blank und lockend. ,Ohm/rief er..was sollt' ich da? Wißt Ihr nicht, daß der Adlerein stolzer Kumpan ist, dem's nur in freier Lust behagt?Der läßt sich nicht einsperren und dressieren wie ein Jagd-Hund, er stößt sich lieber den Kopf am Gitter entzwei. Nein,wenn ich was gelten und schaffen soll, muß ich auf eigenenFüßen stehen, für mich und die Meinen frei wirken können.Selbst ist der Mann! das ist mein Spruch/—.Und dertaugt nichts/ entgegnete ich,.denn er ist eine Lüge, da dudoch nie ohne andere Leute was zu Ende bringen kannst/—.Gleichviel/ versetzte er,.ich gehe eben nicht, ich hänge anmeinem Geschäft, ich mag nicht fern sein von den drei Altenund nicht—' Er brach ab.— ,Aha/ fiel ich lachend ein,.liegt da der Hund? Ist also auch schon was Liebes da,Junge?'—.Warum berg' ich's Euch?' gab er munter zurAntwort. ,Ja, es ist die Marie dort vom Landesend'. Wirsollen noch zwei Jahre warten; dann will mir der Alte seinBoot abtreten, daß ich nur selbst mein Brot verdienen kann.'„Der Junge hatte keinen Übeln Geschmack, denn es wardas properste und sauberste Weibsbild weit und breit, einGeschöpf, dem man auch den ausländischen, französischen Vateransah: ein schlanker Körper, ein geschmeidiger Wuchs, feine,aber nervige Glieder, bräunliche Farbe und schwarze Augenund Haare am kleinen Kopf. Nachher in Frankreich, da beiden Wallonen, Hab' ich viele ihresgleichen gefunden. Siepaßte zum Rolof wie Fett zum Feuer, aber es war einherziges tolles Kind und niemand wußte anders als Gutesvon ihr.„Schon recht", sagte ich also,.das mag so sein;'s solltemich auch gewundert haben, wenn ihr beide euch nicht ge-troffen. Also das alles wollt ihr, und dennoch willst du dirden verdammten Freibrief nicht verschaffen? Du bist nunachtzehn Jahr, wie lange wird's währen und sie holen dich?Denn vergessen tun sie dich gewiß nicht, verlaß dich darauf!'—.Sie finden mich nicht, Ohm/ versetzte er lachend,.undwenn auch, sie kriegen mich nicht, dazu bin ich ihnen viel zufix.-—.Also/ sprach ich ärgerlich, ,aus bloßem Hochmutwillst du kein gutes Wort geben und lieber dein lebelang inder Heimat wirksam bei den Angehörigen unserer Feldgrauen, nurdaß es sich hier nicht um den eigenen Schutz handelt, sondern umden Wunsch, den Mann, den Sohn, den Bruder, den Liebsten vorden ihm auf Schritt und Tritt drohenden Gefahren sicher zu be-wahren. Berücksichtigt man die leichtere Empfänglichkeit derFrau für abergläubische Vorstellungen, und denkt man daran, daßfast für einen jeden von uns mindestens ein Frauenherz bangschlägt, so wird man es begreiflich finden, daß gerade in derHeimat der Amulettaverglaube ganz besonders verbreitet ist. Da-mit steht im Einklang die von mir gemachte Erfahrung, daß esdurchweg fast Mütter oder Frauen oder Bräute waren, welche demins Feld Ziehenden einen Himmelsbrrcf oder einen sonstigenTalisman als heilige Gabe mitgaben und ihm dringend ansHerz legten, sich nie von ihm zu trennen, da er ihm ein zuver-lässiger Schutz und Schirm in jeder Kriegsnot sein werde.Außer dem Wunsche, sich durch übernatürliche Mächte gegenTod und Wunden gefeit zu machen, besteht in der Heimat sowohlals hier draußen noch ein zweiter Wunsch, welcher das üppigeWuchern des Aberglaubens in Kricgszeiten erklärlich macht, derWunsch nämlich, allgemein den Verlauf des Krieges sowie imbesonderen das eigene Geschick vorauszusehen: So treten nebendie.Kriegsamulette die Kriegsprophezeiungen!Darüber kann sich mir wundern, wer nicht weiß, daß schonin normalen Zeiten bei uns und mehr noch bei anderen Kultur-Völkern Weissagungen jeglicher Art eine sehr große Rolle spielen.Nicht selten berichten ja die Zeitungen von diesem oder jenemFalle, in dem eine Seherin großen Zulauf habe, oder von einerbetrügerischen Ausbeutung der Leichtgläubigkeit ihrer lieben Mit-menschen durch eine Kartenlegerin oder von einem spiritistischenMedium, durch dessen Mund die Geister der Abgeschiedenen diesesoder jenes verkündet hätten. Wer sich aber mit diesen immerhindoch vereinzelten Angaben nicht begnügt und sich die Mühe macht.das in den vielen volkskundlichen Zeitschriften aufgespeichertereichhaltige Material durchzuarbeiten, der weiß, daß wie mancherandere Jahrtausende alter Voltsplaude, so auch der Glaube an dieMöglichkeit, durch allerlei Methoden die Zukunft zu erfahren.immer noch in recht beträchtlichen! Maße im Volke spukt. Undwer nun gar einigermaßen mit der okkultistischen Literatur per-traut ist, wer die verscbiedenen Zeitschriften für Spiritismus, fürOkkultismus, für metaptipsislbe Forschung, für Astrologie und ähn-liche kennt und ständig verfolgt, der weiß überdies, daß in ihnensich in modernem Gewände uralter Aberglaube mannigfachsterArt breit macht, daß insbesondere auch der Glaube an die Mög-lichkeit, die Zukunft zu enthüllen, von einer großen Bewegung.deren Einfluß ja nicht unterschätzt werden darf, verteidigt undwissenschaftlich zu begründen versucht wird.Nimmt man noch hinzu, daß, wie schon angedeutet, in dergegenwärtigen Zeit bei Tausenden und Avertausenden, die sichfrüher derartigem Hokuspokus gegenüber vielleicht spöttisch und ab-lehnend verhalten haben, ein großes Interesse daran besteht, sichüber die nächste Zukunft zu vergewissern, und daß dieser Wunsch,in die Zukunft schauen zu können, auch viele frühere Skeptiker indie Netze der Propheten und Sibbllen treiben mußte, so wird manes verstehen, wenn in dem letzten Jabre der Glaube an Prophe-zeiungen der verschiedensten Art anscheinend eine bedeutende Stei-gerung erfahren Hai.Auch bezüglich der Empfänglichteit für Kriegsprophezeiungen,und zwar sowohl für allgemeine, die sich mit dem Verlauf unddem Ende des Krieges beschäftigen, als aucb für besondere, welchedas Geschick eines einzelnen Soldaten im Felde zum Gegenstandhaben, ist in der Heimat wie vier draußen die Gefühlslage diegleiche wie bezüglich des Glaubens an Amulette.(z)Kleines Zeuilletoa.Bulgarische Kunstausstellung.Bulgarische Kunst ist für die Dauer von sechs Wochen imKünstlcrhauS in der Bellevuestraße ausgestellt. Sozusagen: friedlicheKunst(die bulgarischen Kriegsbilder sind im Glasvalast). Die Kunst-pflege ist in Bulgarien ganz jungen Datums. Die einzige Kunst-schule in Sofia ist noch keine 25 Jahre alt— und alte Traditionwar nicht mehr lebendig, als sie begründet wurde. Die neue Kunst,die inzwischen herangewachsen ist, hat natürlich aus Westeuropasich die Lehrmeister geholt. Bulgaren haben in Deutschland,wie Prof. Mikwitschka in München. und Paris Anregungengeholt. Aber die Stoffe, die künstlerisch verarbeitet wurden,sind nationalbulgarisch. Man sieht hauptsächlich Darstellungen ausdem reichen und bunten Volksleben: das Treiben auf den Märkten,Tänze. Szenen aus der Kirche(besonders von Mikwitschka undMitoff). Daneben tritt die Landschaftsmalerei. Sie schwelgt aberAngst und Sorgen leben?'— ,Bah/ rief er,.ich schere michum sie nicht so viel! Und bette nimmer, wo ich weiß, das esumsonst ist/„So plauderten und zankten wir eines schönen Nach-mittags, da wir am Hafen auf einigen Ballen saßen. Eswar vergeblich, was ich auch sagen mochte, und als garnachher der Jan dazu kam und mit seiner gewöhnlichenGrobheit dazwischen fuhr, da war's ganz aus; die Gallestieg mir in den Kopf und fuchswild rief ich endlich aus:,So möge euch denn beide der Teufel holen! Allein denktan mich, übers Jahr marschiert der Bursch da nach meinerTrommel, so gewiß wir drei hier beisammen sind. Aberdann werd' ich auch kein Erbarmen haben, sag' ich euch;denn solch ein Hochmut ist mehr als sündlich, er ist dumm,er muß böse Folgen haben, und was passiert. Jan, es kommeüber Euern Tollkopf.'—.Verdamm' Eure Augen I ja, übermeinen Kopf!' versetzte der schwarze finster und drohend..Trag's schon und will sehen, wer mir entgegen ist.' Damitschob er die Hände in die Hosen und ging an Bord. Rolofsuchte mich zu begütigen. Mutter und Schwester baten, alleinam folgenden Morgen brach ich auf. Ich war toll vor Wutüber die Dummheit dieser Bestie von Holländer und vorAngst über die Zukunft. Denn ich sah ja offenbar, daß esnicht gut werden konnte. Und ich liebte den Rolof,— ichliebte ihn I„Es verging ein Jahr und wieder eins, der Rolof kam nicht;aber ich vergaß jenes Abends nicht und auch nicht unsererReden, obgleich mir die damaligen Begebnisse wenig Zeit zumErinnern übrig ließen. Wenn ihr in den Zeitläuften bewandertseid, müßt ihr wissen, daß Anno fünf die Franzosen gegen Oester-reich und Rußland schlugen und daß auch unsere Armee mobilgemacht wurde. Indessen kamen wir M— schen Musketierenicht zum Heer, vielmehr wurden wir schon gegen AnfangSommers von— g fort und nach und nach immer tiefer insLand hin verlegt, bis wir zum September in die hiesigeGegend rückten, wo sich ein kleines Observationskorps for-mieren sollte. Wir bekamen unsere Ouartiere in dieser Stadt;der Major vom zweiten Bataillon hatte seine Wohnung imHause da. und ich, als Stabstambour, wohnte auch hier, undzwar in der Dachkammer, die jetzt die beiden Musketiereinne haben. Mittlerweile wurden wir eifrigst komplettiert—die Ruhr kostete uns viele Leute— Rekruten über Rekrutenwurden eingestellt, bekamen fleißig ihre Hiebe, um destokeineswegs in südländischer Glut und Farbigkeit, die leicht zurSüßlichkeit wird, sondern bleibt herbe und kühl. Die Porträimalereiwird vom Hof protegiert: sie ist bereits so elegant und glattwie überall. Die modernen Techniker der Tüpfelmalereiu. a. finden natürlich auch in Bulgarien Anhänger. Unter den a«v»gestellten Plastiken machen sich schöne Marmorwerke von Nakaloff(Rodin nachempfunden) und realistische Büffeldarstellungen vonLazaroff bemerkbar. Die Schülerarbeitcn der Kunstgewerbeschulcvon Sofia zeugen durchweg von guten Leistungen, besonders dieHolzschnitzereien zeigen auch eigenen Stil.Von der alten Volkskunst sind mancherlei Proben ausgestellt; siezeugen von Eigenart und gutem Instinkt. Wie alle slawischenVölker haben auch die Bulgaren, die freilich dem Blute nach denFinnen und Ungarn näher stehen, in der farbensreudigen Volkslrachrnoch mancherlei Altes auch in Farbenzusammenstellungen und Musternbewahrt.Hoffentlich legen sie Wert darauf, an diese volkstümlicheTradition anzuknüpfen und sie weiter zu entwickeln, ehe die euro-päiscbe Zivilisation alles nivelliert. Es bleibt ewig der Ruhmder klassischen deutschen Literatur, daß sie weltumspannend war.daß sie für die Sonderart aller Völker mitfühlendes Verständnishatte. Wenn jetzt politisch-wirtschastliche Interessen Deutschland undden Balkan in engere Fühlung bringen, so handeln wir gleichzeitigim Geiste Herders und Goethes, wenn wir uns bulgarischer Sonder-Prägung erfreuen. Bulgarien wird freilich weiter aus WesteuropaAnregungen holen, aber hoffentlich, um sie auf eigene und selb-ständige Art auszugestalten. Deutsche oder auch Pariser Kunsthaben wir genug— die Bulgaren sollen sich und uns bulgarischeKunst spenden._Die kriegskoft in üer Solüatenfprache.Für den„Fraß", den ihm seine„Küchenbullen" aushändigten.hatte der Soldat schon immer seine besonderen, oft etwas saftigen.mitunter aber auch recht humoristischen Ausdrücke. Seitdem er beider„Gulaschkanone"— neuerdings auch dem.Hungerabwehr-geschütz"— sein Essen„faßt", hat sich die Zahl dieser mehr oderweniger bildhasten Bezeichnungen noch vermehrt und ihr Gebrauchverallgemeinert. Von den in der Kaserne so oft gefaßten„Fuß-läppen"— wenn in der damit gemeinten Kohlsuppe die Kümmel-lörner so schön schwammen, auch gern„Filzlatschen mit Flöh'" ge-nannt— hört man draußen freilich wenig. Denn dies Gericht hatdie Feldlüche gemeinhin nicht aus ihrem Speisezettel. Um sohäufiger gibt es„Kälberzähne"(Graupen),„Blauen Heinrich"(Reis)und jene nicht immer ganz genau definierbaren Gerichle, die derEsser gerne„Kaiser-WÜhelm-Gedächtnis-Suppe" nennt. Oesler alsdaheim muß der Feldgraue draußen natürlich auch mit trocken Brotzufrieden sein, mit„trocken Polster" oder mit„rrocken Hans". Besondershäufig gilt es natürlich„trocken Karo zu schieben", seitdem die Felle— draußen wie daheim— so knapp geworden sind. Allerdings istdie Militärverwaltung ja bestrebt, Ersatz zu schaffen, indem sie dieTruppen reichlich �mir Marmeladen versorgt. Diese Marmeladen nunhaben es der Soldatesla besonders angetan. Für sie hat dieSoldatensprache gleich einen ganzen Haufen weitverbreiteter Aus-drücke geschaffen. Am meisten hört man sie wohl„Kronprinzen-butter" oder Armeebutter" nennen, aber auch„Krastbutter" und„Landsturmbutter" begegnen; oder der Gruppeniührer ruft:„Karussell-fett empfangen!" während sich der gemeine Muskete beschwert, daßes jetzt ewig bloß„Zweibundschmiere" gibt; der Höfliche spricht vomHonig, und der Mutige vom.Sturmfett". Die Reihe ist wohl nochnicht erschöpft, aber die genannten Ausdrücke mögen genügen, umerkennen zu lassen, welches Interesse der Soldat an seine Kriegskostnimmt; ob dieses Interesse einer Beliebtheit gleichzusetzen ist, mußsreilich eine andere Frage genannt werden.Notize».— Vorträge. Im Lessingmuseum(Brüderstr. 13) findetam Donnerstag ein Robert-Prutz-Abend statt.— Uebcr„moderne Anschauung über die Schwerkraft" sprichtProf. Weinstein am Freitag, den 19. Mai, abends 8�/z Uhr, imBürgersaal des Rathauses in Berlin.— Die Sommer-Spielzeit in der Volksbühne-Am Freitag, den 2. Juni, gehl als erste Aufführung der Sommer-Spielzeit die Alt-Berliner Posse„Robert und Bertram" ineiner vollständigen Neueinstudierung in Szene.— Ein bulgarischer Abend findet am 18. Mai,8t/z Uhr, in der Philharmonie zum Besten der Witwen und Waisenbulgarischer Krieger statt. Dr. Irene Schischmanow hält einen ein-leitenden Vortrag(mit Lichtbildern). Fräulein Maro Froteva singtbulgarische Lieder. Stefan Stefanoff leitet unter anderem eine vonihm komponierte bulgarische Rhapsodie. Karten bei Bote u. Bockund Werlheim.schneller adrett zu werden, und alles ging sauber vorwärts.Der Major war einer von der alten Sorte, hochmütig wie derTeufel und scharf wie ein neuer Striegel. Der ließ uns exer-zieren und den Dienst üben Tag für Tag, spät und früh,ohne uns zu Atem und Nachdenken kommen zu lassen. Hartwar es, ja, aber der Dienst ging auch an der Schnur, wieich es nie wieder gesehen habe. Und das ist denn doch dieHauptsache.„Eines Morgens hatten wir auch den Dienst geübt, dannden Appell abgehalten, darauf sah ich unfern Major mit demObersten, dann mit dem Kapitän der fünften— meinerKompagnie reden, und gleich nachher war ich zuihm gerufen. Gegen mich war er selten unfreundlich,und diesmal so wenig, als es ihm überhaupt mög-lich sein mochte..Hör' Er, Bursch,' sagte er und zupfte michgutgelaunt an der linken Seitenlocke. ,Er ist kein Tier wiegie andern, sondern ein verläßlicher adretter Mensch, und wirdso den Befehl, den ich Ihm gebe, ausführen. Da sitztseit gestern abend ein Kerl im Loch, aus Seinem Ort undkürzlich eingefangen. Die Kanaille hat sich dem Dienst cnt-ziehen wollen, sich wie ein Bär gewehrt, den Unteroffiziervom Kommando beinahe totgeschlagen, eine Muskete zer-brachen und sonstigen Unfug gemacht. Zinn liegt er da wie'ne wilde Katze, tut das Maul nicht auf, rührt weder Speisenoch Trank an. Eigentlich müßten wir über ihn, und dasnach der Regel, aber der Oberst will ihm erst zugeredet wissen,denn es ist ein schmucker, strammer Kerl, wie wir deren nie zuviel haben können. So geh Er denn hin und red' Er mit ihm,wie Er meint, daß es anschlägt. Von meinetwegen abersag' Er dem Geschöpf, daß ich, wenn er bis morgen nichtmanierlich und menschlich sei, über ihn will und ihn striegelnlassen, bis er so weich und sanft wird wie mein Handschuh.'.Sehr wohl/ versetzte ich gleichgültig, denn ähnliche Vor-fälle kamen öfter vor und mir war am Morgen der Kopfetwas konfus, so daß ich nicht über den Weg hin dachte. Saging ich, kam in die Wache, ins Hundeloch, und da— ja.da saß der Bursch auf der Erde, mit Ketten an Armen undBeinen, die Kleider zerttssen, das Haar zerrauft, dasGesicht voll Blut, die Augen fest geschlossen und die Zähnein den Lippen so fest und scharf, daß daS Blut hervorschimmerte.(Foxts. folgt.)