gt üü-1916 Unterhaltungsblatt öes Vorwärts Der Srauer und öer Clerk. Gr. Hauptquartier, 20. Mai. Der Clerk war aus Jpswich und eigentlich ganz unkriegerisch. Sein Vater handelte in Tabak und machte gute Geschäfte mit Rotterdam und Hamburg . Der Clerk hatte auch ein kleines Mädel ein Tippmädel von 19 Jahren. Er selber war 21 und wollte sie heiraten, sobald sein Vater ihn ins Geschäft nahm. Jetzt war er noch ausgelernter Clerk bei Stevenson Sons Ltd. und verdiente Pfund im Monat. Sein Leben war so klar, so einfach so sicher im voraus zu berechnen. Er würde auf 16, 18 und 20 Pfund steigen und dann ins Geschäft zum Vater gehen. Der Alte würde etwas knurren zu dem mittellosen Mädel, aber die Mutter würde ihm helfen. Denn der Clerk war tüchtig ein smarter Junge dazu kräftig und schön gewachsen ein anerkannt guter Stürmer im Fuszball. So würden fie heiraten sie würden Kinder be- kommen und als guter angesehene Bürger in Jpswich älter und älter werden. Nie schien etwas so normal, so selbst- verständlich wie das Leben und die Zukunft dieses Clerks in Jpswich. Aber dann kam der Krieg. Zuerst ging in England alles seinen gewöhnlichen Gang. Der Clerk las die Zeitungen. Viel Erfolge hatten die Engländer nicht das muhte man schon sagen. Aber diese verrückten Deutschen würden die Sache bald satt haben und um Frieden bitten. Das dachte damals jedermann in England oucb der Clerk. Aber es dauerte immer länger. Jmnier mehr Soldaten wurden nach Flandern geschickt. Sie kamen nicht voran. Alle Vereine hielten Versammlungen ab: Freiwillige, Freiwillige, Freiwillige schrie es auf der Slratze, im Theater, in der Kirche, in der Kneipe. Eines Sonntags muhte auch der Clerk heran. Er tat es weder unwillig noch besonders gern. Aber man konnte nicht anders. Und der Vater des Clerk war stolz. Es war sein Einziger. Er kam bei London ins Lager, und nach fünf Monaten Drill schon lag er drüben südlich Dpern im vordersten Graben. Der Clerk war bei den Royal Scotch Fusileers. Er bekam viele Pakete. Sein kleines Mädel schickte ihm täglich einen Brief und einmal auch eine kleine Photographie. Darauf sah fie vor ihrer Schreibmaschine in der Sonne. Unter der Photographie stand ge- schrieben:Look here tha waves of my haix and how in- dustrious I amy." Immer trug der Clerk diese Photographie, die in seinem Soldier-Book lag, bei sich in der Tasche. Damals lagen den Royal Scotch Fusileers südlich Dpern unsere Sachsen gegenüber. Unter ihnen ein junger Brauer aus Nordhausen . Der war vom ersten Tage ab im Krieg. Ein gut bezahlter Brauer seit langem in Nordhausen südlich des Harzes tätig. Auch er hatte ein Mädel zu Hause es war eine Kellnerin. Sie wollten gerade im Herbst heiraten wollten dann ein paar Jahre sparen und dann selber eine tieine Wirtschast eröffnen. Sie waren normale, friedliche Kleinbürger ohne besonderen Ehrgeiz. Ich sehe sie ordentlich, wie sie sich im Herbst 1914 verheiratet hätten, wie sie eine Wirt- schast suchen, eine kleine billige, die nicht recht vorwärts will, wie fie die sauber einrichten, ihr einen schwungvollen neuen Namen geben, wie sie fleißig arbeiten und im Lause der Jahre rund und behäbig werden... Aber das alles hat der Krieg unmöglich gemacht. Der Brauer rückte am 1. August ein. Er kämpfte in Belgien , in Frankreich , an der User. Schließlich lag er genau dem Clerk gegenüber in 80 Meter Entfernung wochenlang. Zwei Menschen waren ein- ander geaenübergeworfen zwei Familien, zwei Lebenskreise, die nichts miteinander oder gegeneinander hatten so fremd wie wenn du einen grauen Stein vom kalifornischen Gebirge wegschleppst lind legst ihn direkt neben einen anderen Stein von der Insel Rügen . Eine? TageS sprengten die Sachsen den Engländern ein Stück ihres Grabens weg. Beim Kampf um den Trichter geriet der Clerk mit dem Brauer zusammen. Der Clerk warf eine Handgranate nach ihm. Die ging über ihn hinweg und platzte in einem anderen Grabenstück. Der Brauer duckte sich, zielte mit einem Revolver und schoh den Clerk mitten durch den Kopf. Der hob die Arme und sank nach hinten. Als der Trichter von den Deutschen besetzt war, fragte der Brauer den Trichterkommandanten: Er habe da einen englischen .Freund" liegen ob er dessen Soldbuch mitnehmen könne als Andenken?»Einen englischen Freund?" Nun ja, einen schönen, jungen Engländer, den er hätte erschießen müssen der erste, den er mit seinem Wiffen getötet hätte. Er möchte als Andenken etwas von ihm mitnehmen." Der Trichterkommandant erlaubte es. Der Brauer kroch zur Leiche des Clerk und nahm ihm sein Soldierbook ab, dazu eine kleine Nadel mit einer schottischen Katze, die die Sol- baten der Royal Scotch Fusileers am Rock zu tragen Pflegen. In Erzählungen eines alten Tambours. 2Ss Von Edmund Hoefer . Der Aufruhr. Es ist, seit der Tambour das> letzte Mal erzählt hat, eine böse Zeit über das Land gekommen. Infolge mehrjähriger teils knapper, teils mißratener Ernten ist Mangel, sogar Hunger in die reichen Städte und Dörfer eingezogen. Während der Taoelohn nicht größer war und kaum noch hinreichte, das nackte Leben kümmerlich zu stiften, während die Arbeit stockte und die Gewerbe zugrunde gingen, während Scharen von brot- und arbeitslosen Menschen das Land durchzogen, während der Hunger die Krankheit nach sich schleppte und sie pestartig wüten ließ, sahen die Elenden den Wucher sich regen, die Speicher sich füllen und leeren, Schiff auf Schiff die durch ihren Schweiß gewonnene, jetzt nicht mehr entbehrliche Saat in die Ferne hinaustragen. Die tiefsinnigen Theorien, die solche Handelsfreiheit begünstigen, begriff das Volk leider nicht. Die christliche Mildtätigkeit, welche England für sein Geld schlemmen und uns für das unsere hungern ließ, leuchtete ihm unglücklicherweise wenig ein.'Es säumte nicht länger und erhob sich gegen dieses vermeintliche Unrecht. Es blieb nicht mehr, wie es bisher schon vorgekommen, bei der Plünderung einiger Bäckerläden, bei dem gewaltsamen Zurückhalten eines Schiffes. Dem wackeren, jetzt aber der- zweifelnden Kern des Volkes hatten sich allgemach unheimliche Elemente beigesellt; man verlangte Plünderung des Wohl- habenden, Zerstörung der Fabriken und Maschinen, den Sturz der Obrigkeit. So ging es auch in der alten guten Stadt, in die uns die Leser schon mehrfach gefolgt sind. Die Aufregung war täglich gewachsen, die bedenklichsten Anzeichen deuteten auf einen schrecklichen Ausbruch. Gerüchte kreuzten sich mit Ge- rüchten und steigerten sich ins Ungeheure; man nannte die Straßen, wo der Aufstand beginnen, die Häuser, die Männer, gegen die er sich richten werde; man vernahm, daß die Deich- und Flußarbeiter in starken Haufen bewaffnet zur Stadt ziehen würden. Da verlor mancher den Kopf, der ihn vor allen hätte behalten sollen, und seine Angst, seine Ungewißheit steigerte wieder die der andern. Indessen hatte man die notwendigsten Vorkehrungen ge- troffen; die wichtigsten Gebäude waren mit Besatzung versehen, die verschiedenen Wachen stark besetzt; den Nest des Bataillons dem Soldierbook lag die Photographie des kleinen TippmädelS und ein Gruppenbild, auf dem der Clerk selber in der Milte stand wirklich ein schöner, kräftiger Bursche. Zehn Tage nach diesem Kampf um den Trichter trafen wir den Brauer aus dem Wege von der Stellung ins Lazarett. Sein Darm war nicht in Ordnung. Er erzählte uns von den Kämpfen der letzten Tage und zeigte uns das Soldbuch seines.Freundes" mit dem merk- würdigen Inhalt. Die Katze schenkte er uns gern, auch das Buch, wenn es uns iMeressierte und die Photographie des Tippmädels. Nur das Bild des Toten nicht, seines.Freundes". Das wollte er ausbewahren für immer.weil er so ein schöner junger Bursche ist und ich ihn töten mußte". Der Brauer war ein stämmiger, schlichter Manu und sagte da« ohne Pose. Ich glaube, ein ganz klein wenig Siegesgefühl war auch dabei. Wollte er das Bild vielleicht in der kleinen Wirtschaft herumzeigen, die er nach dem Kriege mit seiner Braut zu eröffnen gedenkt? Mit der Photographie in der Tasche zog der Brauer langsam ab. Wir sahen ihm nach. Es war ein sonniger Nachmittag. Wenn wir nicht io schnell nach vorn hätten in die Stellung müssen, wir hätten vielleicht noch lange auf dem Hügel gesessen und nachgedacht. lieber diese beiden einander so wildfremden Menschen. Warum ge« rade ihre beiden Schicksale ineinanderschlagen mußten? Warum ward dieser Brauer das Unglück jenes alten Tabakhändlers in Jpswich? Wie tragen wir jetzt die Photographie jenes kleinen Tippmädels mit uns herum ihre liebevollen Worte, die doch für uns nicht ge- schrieben sind? Aber dieser Krieg gibt so viele große und menschliche Rätsel auf was sollen wir uns das Herz schwer machen mit den Ge- danken an diese Geheimniffe? Wir sollten den Clerk ruhen lasten, und den Vater uud die Mutter weinen lasten mit den Hunderttaufend anderen und der Brauer möge das Bild behalten, wenn er noch lebt und diese Geschichte mag zu den vielen andern Geschichten dieses Krieges gelegt werden. Und doch ist die Geschichte noch nicht zu End«. Einer von uns erzählte das traurige Schicksal dieses Clerk» in einem deutschen Blatte. Dabei nannte er den Clerk bei Namen. Die Zeitung' kam nach Rotterdam . Der holländische Händler, der dem Vater des Clerks den Tabak lieferte, erkannte den Namen seines Freundes. Er schickte ihm das Blatt nach Jpswich, und der alte Kaufmann sah, daß der Clerk sein Sohn sei. Sie schrieben hin und her und auch an uns. Nach ein paar Wochen bekam der Vater in einem dicken Briefe das Soldbuch seines Sohnes gesandt die kleine Nadel mit der schottischen Katze und die Photographie mit jenem Mädchen, das vielleicht einmal seine Tochter geworden wäre. Dr. Adolf Köster, Kriegsberichterstatter. kleines Feuilleton. »Sutterstehen� vor 720 Jahren. .Butterpolonäsen" wie der Berliner Volksmund sagt, die infolge der Butterknappheit in manchen Orten Deutschlands vor« kommen, sind nichts Neues; im Gegenteil: das Buttersteheu und das Warten in langen Reihen wegen der wichtigsten Lebens- und Be- darfsmittel überhaupt ist in viel schlimmerer Form vor rund 120 Jahren in Frankreich viele, viele Monate hindurch nötig ge- wesen. Wie G. W. Schiele in seiner kleinen Schrift.Die Wirkung der Höchstpreise, ein Kapitel aus der französischen Revoluttonszeit", die als.Tat-Flugfchrist" bei Eugen Diederichs in Jena erschienen ist, an der Hand zeitgenössischer Schilderungen ausführt, führten die Bestimmungen über Höchstpreise und die schlecht organisierte Lebensmittelverteilung ttotz ausreichend vorhandener Lebensmittel während der Revolution dazu, daß zunächst vor den Bäcker- läden sich tagtäglich in aller Frühe lange Reihen von Leuten an- sammelten, die Brot kaufen wollten, und daß dann diese Sitte des Brotsichens sich auf alles mögliche andere ausdehnte..In Roueu," so wird berichtet,.gibt es pro Tag und Kopf ein viertel Pfund Brot, in Bordeaux schläft die Bevölkerung vor der Tür der Bäcker, um ein Stück schlechtes Brot zu erhalten, welches zum Teil aus Hafer und Bohnen besteht". Aus Paris sind die Schilderungen noch krasser. .Erschreckende Volksansammlungen bilden sich vor den Türen der Bäcker und Metzger und der Kaufleute, in den Hallen, auf dem Kai darauf laufen alle Polizeiberichte hinaus, und das hält ohne Unterbrechung während der vierzehn Monate der Revolntions- regierung an. Man bildet Ketten sür Brot, Fleisch, Oel, Seife und Lichter, Miltb, Butter, Holz, Kohle, überall. Sie bilden sich von 3 Uhr, von 1 Uhr morgens, von Mitternacht ab und wachsen von Stunde zu Stunde. Man stelle sich die Reihe dieser elenden Männer und Frauen vor, wie sie bei schönem Wetter auf der Erde liegen, hatte man konsignicrt. In der Wachtstube der Hauptwache ging es an dem Abend lebhaft genug zu; die Bänke waren alle voll und die breite Pritsche auch, die Musketen lehnten in langen Reihen an der Wand zu beiden Seiten der Tür; jeden Augenblick gingen und kamen Patrouillen, Meldungen und Befehle, die man dem im anstoßenden Offizierszimmer befindlichen Kapitän brachte. Und dennoch war es nirgends recht laut und lebendig, es regte sich weder Scherz und Ge- lächter, noch lautes Gespräch, wie es sonst unter einem Haufen junger, leichtsinniger und leichtherziger Bursche ganz natürlich und herkömmlich ist. Sie starrten meist schweigsam und im tiefen und peinlichen Verstehen des ernsten Moments auf den Feldwebel und einige Unteroffiziere, welche am Tisch mit dem Eröffnen der Patronenpakete und dem Austeilen der befohlenen Zahl an die Mannschaft beschäftigt waren. �Es überkommt uns ein eigentümliches, schwermütiges und unsäglich drückendes Gefühl, wenn wir diese kleinen, toddrohenden Zylinder in die Hand nehmen und der Furcht leben müssen, daß wir sie viel- leicht schon im nächsten Augenblick gegen unsere Mitbürger verderblich hinauszuschicken haben. Der alte Tambour saß in seiner gewöhnlichen Ecke am Ofen, in dem ein tüchtiges Feuer. brannte, denn der Süd- ostwind pfiff und heulte wie rasend und warf den Regen schwer und eisig gegen die hohen luftigen Fenster. Ralow hatte der Beschäftigung der Unteroffiziere ebenso schweigsam wie die übrigen zugeschaut. Da sie jetzt fertig waren und sich vom Tisch abwendeten, sagte er:.'s ist ein trübselig Geschäft, Feldwebel; Ihr schaut auch mißmutig drein. Unter uns gesagt und mit allem Respekt gegen die Disziplin, mir scheint's, als ob unsere Kommandeurs heut' sich und uns damit hätten verschonen können."Nun, es sieht doch bös genug aus," versetzte der Angeredete.Es hat, Gott weiß, nicht den Anschein der Ruhe."Ei was I" erwiderte der Tambour, was habt Ihr denn mehr als Gerüchte? Die werden oft nur spaßeshalber von bösen Buben aufgegrübelt. Heut gibt es nichts, verlaßt Euch darauf. Habt Ihr-nicht bemerkt, wie auch die Meldungen immer besser geworden, seit der Regen angefangen hat? Es liebt keiner sich so den Pelz auswaschen zu lassen;'s ist eben kein Aufstandswetter. Ich kenne das." Ihr kennt das?" fragte der Freiwillige.Habt Ihr dergleichen Unruhen denn schon in der Heimat kennen ge- lernt, Vater?"Was erlebt man nicht I" antwortete Ralow. In fünfzig Jahre Dienst kann schon ein! tüchtig Stück hinein." So erzählt uns davon I" rief jener.Ihr habt uns bei sdblecfitem auf ihren steifen und zitternden Beinen stehen, mit dem Rücken im Regen, mit den Füßen im Schnee, während langer Stunden in den dunkeln, übelriechenden, kaum beleuchteten und mit Schmutz bedeckten Sttaßen. Das Durcheinander, die gegensettige Berührung und die Langeweile des Abwartens und die Nacht ent- zügeln die groben Instinkte, besonders im Sommer wird der mensch- lichen Bestialität und der Pariser Frechheit freier Lauf gelassen.. Irre als Landarbeiter. Der Sinn für naturgemäße Heilmethoden und den engeren An- schlutz an die wohltätigen Wirkungen einer Tätigkeit im Freien, der allmählich wieder in der Aerzteschaft um sich greift, hat auch die Irrenärzte angeregt, den engen Bezirk der Krankenzelle zu erweitern und ihr die ftiidbere Luft einer geregelten Tätigkeit zuzuführen. Nur körperliche Beschäftigung kann den meist kräftigen Organismus der Geisteskranken gesund erhalten und ihnen die nötige Anspannung eines ruhigen Schlafes gewähren; nur durch die befreiende Ab- lenkung der Arbeit wird auch die glückliche Mitte zwischen völliger Benommenheit und Gleichgültigkeit und erregten Zuständen im Innenleben erreicht werden. Die rein praktische Rentabilität solcher Einrichtungen, die trotz aller Nücksichtnahme auf die ganz besonderen Verhältniffe sich dabei noch ergibt, geht aus einem Bericht des Oekonomieraies Diez, dem landwirtschaftlichen Leiter eines derartigen Betriebes, in der.Deutschen Landwirtschaftlichen Presse" deutlich hervor. Die mannigfachen Arbeiten, die die Bewirl- schaftung von 440 Morgen Ackerland und 60 Morgen Wiese bei einem Viehbestand von je 6 Pferden und Ochsen, je 30 Kühen und Schweinen und anderem Vieh mit sich bringt, wurden von den Kranken unter Zuhilfenahme von nur vier Angestellten bewältigt. Dazu kam noch ein ausgedehnter Gemüsebau, der den Bedarf für die 600 Jnsaffen der Irrenanstalt decken mußte und starke Geflügel- Haltung. Die Erfahrungen, die mit den Kranken dabei gemacht wurden. waren in jeder Hinsicht überraschend günstig. �Fluchtversuche waren äußerst selten, und auch Anfälle stellten sich während der Arbeit nicht häufig ein. Wichtig ist, daß dem Kranken hier Gelegenheit geboten wird, sich in eine Tätigkeit einzuarbeiten, die von der Mehrzahl ohne Schwierigkeit geleistet werden kann, also z. B. Rechen von Heu, kleinere Erdarbeiten, Reinigung der Ställe usw. Nur einzelne von ihnen üben die komplizierteren Handhabungen wie� Säen, Mähen, Dreschen, Führung von Gespannen und ähnliches aus. Bei geschickter Verteilung dieser Aufgaben werden die Arbeiten sogar sehr gewissenhaft und pünktlich ausgeführt. Allen muß aber ein gewisses Recht auf Launenhasligkeit, die hartnäckige Durchführung fixer Größenwahnideen und andere Absonderlichkeiten zugestanden werden, da nur so die Arbeitswilligkeit erhalten bleibt. Die Kranken verschaffen sich durch ihre Mühe ihnen wertvolle Vor- teile wie Weihnachtsgeschenke, besonders prächtig verlaufende Fest­lichkeiten, sogar mit Tanz. Theateraufführungen, Schlittenfahrten und anderes mehr. Ruhige Kranke, die Sonntags ausgehen dürfen, er- halten für diesen Zweck ein Taschengeld. Taue und Treibriemen aus Papier. Es ist allgemein bekannt, daß daS Papier sich ganz gut zur Herstellung von Bindfaden eignet, aber ein gewisses Mißtrauen be- steht hier doch. Wie unberechtigt dies ist, zeigte kürzlich eine vom niederösterreichischen Gewerbeverein veranstallete Ausstellung, wo Seile und Gurte aus Papiergarn gezeigt wurden. Ein 20 Milli- meter dickes solches Seil hatte 48 Stunden im Waffer gelegen und war dann erst bei einer Belastung von über 230 Kilogramm brüchig geworden. Viel Aufmerksamkeit erregte ein b0 Millimeter starkes Schiffstau, das aus 10ö Papierfäden mit Drahteinlage bestand. Je 35 solcher Faden sind zunächst zu einem Seil und drei solcher Seile zu einem Tau gedreht. Neben diesem Niesen von Schiffseil gab cS aber auch recht ansehnliche Zwerge, wie Stücke, die als Halfter für Jungvieh oder zum Garbenbinden Verwendung finden. Auch Treib- riemen aus Papiergarn gibt es, die sich durch Geschmeidigkeit und gutes Halten an der Riemenscheibe auszeichnen sollen. Notize». Pauline Ulrich , lange Zeit die erste Schauspielerin am Dresdener Hoftheater, ist in Loschwitz . 81 Jahre alt. gestorben. Sie war in Berlin geboren und tat auch ihre ersten Schritte auf die Bühne. Der damalige Hülsen entließ sie zur weiteren Ausbildung in die Provinz, mit dem üblichen Versprechen, sie im Auge zu be- hallen. Sie kam indes nur als hochgefeierte Darstellerin zu einem Gastspiel nach Berlin zurück. lange keine Geschichte gegeben, und bei solchen Unruhen muß doch was Erzählenswertes passiert sein." Andere stimmten in die Bitte ein, und da Meldungen und Patrouillen, Ordon- nanzen und andere Störungen jetzt seltener kamen, so gab der Tambour nach und die meisten Anwesenden reihten sich zum horchenden Kreise. Der Rekrut, den wir bei dem Namen lassen, obschon er jetzt zehn Monate gedient hat und bereits zu den älteren Leuten gezählt wird, der Rekrut saß vorne auf der Pritsche, ließ den einen Fuß hinunterbaumeln, stemmte den anderen angezogen auf den Rand seines Sitzes, legte den Arm aufs Knie, das Kinn auf den Arm und stellte so ein wunderliches Bild der Aufmerksamkeit und des Sich- gehenlassens vor. Der Alte schaute ihn ernsthaft an.Nun gut", sagte er, so mögt ihr wieder von Mord und Totschlag hören. Allein du da, wie heißest du? Johann"Ne, ne. ich heiße Jochem", rief der Rekrut.Na. das ist fast dasselbe", bemerkte der Tambour kaltblütig;also du, Johann oder Jochem, solche Stellung ist deinem Knochengerüst und auch mir zuwider. Setz' dich gehörig hin, daß du nicht fällst und unnützen Lärm machst." Der.Rekrut änderte höchst betroffen hastig seine Stellung, die anderen lachten, der Alte aber nickte ihm ganz vergnüglich zu und lehnte sich bequem zurück. Dazumal", begann der Tambour,standen wir immer noch in g, das Grenadierbataillon von O. und die Ar- tillcrie waren auch noch dort, statt der B.schen Dragoner aber hatte man die H.schen Kürassiere bei uns stattoniert, dasselbige Regiment, bei dem, wie ich euch erinnert, der Sohn des Obersten von V. stand, den der Patow vordem erschoß. Er war inzwischen Rittmeister geworden, ein ernster kalter Mann. Ich weiß das Jahr nicht mehr, es war aber im ersten Anfang dieses Jahrhunderts und böse Zeit. Die Ernte war schlecht, die Teuerung groß, dazu verhandelten sie droben am Rhein einen neuen Frieden, mit dem wieder kein Mensch zu- frieden sein mochte und bei dem aller Herren Länder in Zu- oder Abnahme kamen. Da kannegießerten denn die Leute drauf los, da saß es trotz der teuren Zeiten in den Wein- und Bierhäusern gedrängt voll, da wurden die Köpfe heiß und die Worte laut, da schimpften sie erst über die Fran- zosen, dann über die Affairen da oben im Reich, und flugs waren sie daheim bei ihren eigenen Kramereien, schalten auf die Not der Zeit, auf Staat und Kirche, auf Nachbar und Gevatter, und vor allen Dingen aufs Pftlitär, heißt das auf die Offiziere.<Fortf. folgt.)