su. 138.— 1916. Untu�altungeMatt VdtWärts l�zmi.Strinöbergs Vamaskus-Trilogie.Vor Pfingsten führten die Münchener Kammerspiele zum erstenMale August Slrindbergs Welttrilogie vom heilig-unheiligen Geistauf: Nach Damaskus. Der erste Teil ist seit 15)00 in Schweden, seit1914 auch in Deutschland über die Bühne gegangen. Der zweiteund drille Teil, der auch im Vaterlande des Dichters bisher Buch-dichtung geblieben, erlebte jetzt in München die szenische Urschöpfung.Friedrich Kaystler und Helene Fehdmer, die in Leben und Kunstinnig Gesellten, gestalteten die Wandlungen des Unbekannten undder Dame auf dem irdischen Paisionsweg. Otto Falckenberg gabals Regisseur den Visionen der Wirklichkeit, der Erinnerung, desTraums und des Wahns das feierliche Grauen, den prophetischenErnst, die gehetzte Oual und die sinnliche Leuchtkraft der einsammächtigen Dichtung. Die sehr bescheidenen technischen Mittel derkleinen Bühne nötigten zu mancherlei Vereinfachungen, Ein-schränkungen und Notbehelfen. Noch wagte man nicht, das Publikumfür drei Abende nacheinander ins Theater zu laden. So zog manden zweiten und dritten Teil zu einem Abend zusammen. Darüberwurden Kürzungen notwendig, denen besonders gewaltigste Szenendes dritten Teils zum Opfer fielen.Aber den Mut wird man ja wohl finden, die Trilogie, in ihrendrei Teilen gesondert, vollständig zu spielen. Es ist rechtzeitig voreiner Gefahr zu warnen. Nichts verlockt so zu einer szenisch-musikalischen Ueberwucherung wie das Damaskuswerk. Bei Strind«berg ist das Szenische keineswegs gleichgültig. Es gibt keinenDramatiker, bei dem die Szene vielmehr selber so unmittelbardramalisch mitwirkend ist; der Raum, in den die Menschen Strind-bergs gestellt sind, ist ein unlöslicher Teil der dramatischen Be-wegung. Das entspringt der revolutionierenden Naturauffafiungdes Dichters, die nichts'Totes kennt, sondern in allem SeiendenWandlungen des einen Lebendigen schaut, für die das ganzeUniversum eine ungeheuere Einheit schaffender Phantasie ist,Nicht nur die Menschen, auch die Steine seufzen und klagen, dieMetalle empfinden wie die Tiere, und zwischen den Eisblumenan der gefrorenen Fensterscheibe und den feinnervig leben-den Pflanzen bestehen tiefe Beziehungen der Verwandt-schaft. Das spukhafte Mittälige der„äufieren" Umgebung derSlrindbergschen Gestalten ist also weder Aberglauben noch Krank-heil, wie immer durch krankhafte Ueberreizbarkeil des Genialen der-mitteli, sondern in seinem Sinne Wahrheit und Wirklichkeit. So istdas Bühnenbild für Strindberg am ollerwenigsten nur äußerlicheZutat des Dramatischen. Aber es muß bescheiden dienendes Mitteldes Verständnisses bleiben und darf nicht die Herrschaft der dar-stellenden Menschen und des gestaltenden Wortes verdrängen.*Als Mann von 45 Jahren erlebte Strindberg in Paris seinInferno. Es find die Jahre seines dichterischen Schweigens, indenen er in seinem gärenden Hirn umstürzende Naturwissenschaft-liche Entdeckungen wälzt, und als neuer Alchymist die Umwandlungder Elemente— Schwefel in Gold— experimentell sucht, bis er dieHände am glühenden Schwefel verbrannt, im Spital verschwindet.Was er damals in mystischen Pariser Journalen und in dem volltieifinnigen wissenschaftlichen Ahnungen— deren Sieg in derwissenschaftliwen Welt der«Verrückte" noch erleben sollte—erfüllten Buche Sylva Sylvarum s1896) mit unverminderterKraft der Darstellung schrieb, war das einzige, was er injener qualvollsten Periode seines Daseins veröffentlichte. Inder Damaskus-Trilogie gestaltete er jene Erlebnisse, in weltsymboli-scher Umfassung, nach dem Wiederaufbruch seines dichterischenSchaffens, als Genesener, zum Abschluß, indem er zugleich eine neuedramatische Form von unerhörter Ausdrucksfähigkeit für daS Ge-heimste und Unfaßbarste fand. Der erste und zweite Teil wurde1898, der dritte 1901 geschrieben.Strindberg kam nach Paris als ein Gescheiterter, der völligaußerhalb der Gesellschaft stand. Er war aus dem Vaterland ver-trieben. Sein Ruhm war in Verawtung und Verleumdung ver-West. Seine persönlich- familiären Verhältnisse waren bis insKriminelle verwirrt. Er war von Prozessen, übler Nachrede,drängenden Gläubigern verfolgt. Er war körperlich erschövft. Ueberseiner seele zog sich der Verfolgungswahn immer enger zusammen,dessen unheimliche und marternde Erscheinung er mit seiner immerwachen, lritisih hellen Intelligenz— zu seinem Heil zu kontrollierenvermochte. Er stand, fast mittellos, menschenscheu in der fremdenStadt und erlebte so die Nichtigkeit und Wehrlosigkeit deS einzelnenin der wüsten Anarchie der heutigen Gesellschaft, während er zuvor,in der Uebermenschenzeil jener Jahre, deren größtes Zeugnis derRoman«An offener See" war, die weltschöpferische Selbstherrlich-keit der genialen Persönlichkeit gedichtet hatte. Alle politischenErzählungen eines alten Tambours.S9j Von Edmund Hoefer.So fuhr Ralow denn alsbald fort:„So oft ich in dieser Zeit auch mit Richard zusammenwar, erzählte er, und so viel zwischen uns über alles Mög-liche geredet und verhandelt wurde, so wenig erfuhr ich überdiese seine Liebesgeschichte. Briefe hatte er wohl nicht er-halten, da die Posten damals bei uns nicht täglich anlangten,und lamentieren und jammern tat er nicht, denn das warfern von seiner Art. Und da ich ihn endlich einmal danachzu fragen wagte, machte er ein ganz trauriges Gesicht undmeinte, ich möge es nur gut sein lassen, er wisse gar nichtsund wolle lieber überhaupt davon schweigen. Darin hatteer denn wieder recht, denn wenn einer was auf dem Herzenhat uud weiß nicht wieso, weshalb und warum, da tut ihmdas Reden darüber weh; es bleibt ja doch nur leeresGeschwätz, das aufrührt und aufrüttelt und zu Gott in derWelt nichts nützt. Ueberhaupt war er inzivischen gar ernst-Haft und nachdenklich geworden und lebte nicht wie ein jungerMensch und kecker Offizier, sondern wie ein alter Mann;liebreich und böslich blieb er immer, aber man sah zuweilen,wie schiver es ihm ward, und das Lachen schien er ganzvergessen zu haben. Merkt Euch das, Herr Reinbold, dasmacht alles die vcrdammliche Liebe, und wer drei Meilenvon ihr bleibt und drei Kreuze vor ihr schlägt, der handeltwie ein weiser Mann. Die Liebe ist eine ganz über-flüssige Empfindung, und daß unser Herrgott die in die Herzenseiner Menschen gepflanzt, weiß ich eigentlich mit seinersonstigen Gnädigkeit wenig zusammenzureimen. Ich habenoch nie etwas anderes daraus entstehen sehen als Elend undMalheur.„Eines Abends, wir standen schon in Holland und dieFranzosen liefen vor uns, waren wir wieder auf Vorposten,wie sich denn unser Kommandeur das zu unserem Privat-vergnügen ein für allemal ausgebcten zu haben schien. Frohn-reich kommandierte unsere Feldwache und wir plauderteneinmal wieder aus Herzensgrunde. Er hatte Briefe erhaltenund erzählte nun. wie's daheim aussah. Leo hatte überjenes Begebnis im Herbst berichtet und dadurch Unkraut ge-säet. Die Familien ivaren verfeindet und ganz auseinander,und der Major hatte geschworen und geflucht, zum Frühjahrmüsse Lucie ihren Vetter heiraten, sie möge wollen oder nicht.Z�nd das war eine böse Aussicht, da der Major kein Ko-Ueberzeugungen hatten sich ihm al§ vergänglich erwiesen, was gesternals sicherste wissenschaflliche Wahrheit sich spreizte, wurde morgenauf den Kehrichthaufen alberner Irrtümer geworfen. Alles warMode, ward Moder. Es war kein Sinn in dem wirren, quälendenGetriebe zu erkennen. Ein Zufall, ein Nichts das Leben des ein-zelnen wie der Gesamtheil, und eine Hölle obendrein.In solchen, von Halluzinationen verstörten Stimmungen, diezwischen Verzweiflung und ausbäumendem Trotz kreisten, geriet ihmBalzacs mystische Erzählung Seraphita— halb ein dämonischerMärchenspuk, halb eine literarische Einführung in Swedenborg—in die Hände. Und dann vertiefte er sich in den unendlichen Irr-garten der bändereichen Himmels- und Höllengeheimnisse seinesschwedischen Landsmanns Swedenborg. Strindberg sah damals inSwedenborgs Bekenntnissen eigene rätselhasle Erfahrungen wieder undso gewann er aus dem alten Geisterseher die Richlung seiner eigenengeistigen Wandlung. Unter Swedenborgs Einfluß bildet sich ihmdie sittliche Wellanficht, daß Sünde und Verbrechen nicht sowohlErscheinungen seien, die durch Strafe gebüßt werden sollen, sonderndaß sie selber schon von einer geheimnisvollen Vorsehung auferlegteStrafen seien, die durch Leiden läutern; Schuld heischt nicht Strafe,Schuld ist Strafe.Das ist die religiös-sittlich-soziale Grundidee der Damaskus-Trilogie. Wenn sich die„Bekehrung" des Ketzers an die Organi-sationen der katholischen Kirche ästhetisch anzulehnen scheint, sowäre es doch die schlimmste Verkennung, die Wandlung in irgendeiner noch so allgemeinen Art als den Prozeß eines gewöhnlichenKonvertitentums— etwa nach dem Vorgang der deutschenRomantiker am Anfang des 19. Jahrhunderts— zu deuten. DieFreiheit der menschlichen Vernunft, die Schrankenlosigkeit der wissen«schaftlichen Forschung wird auf allen Stationen des Pasfionswegesnach Damaskus nicht sowohl verleugnet als vielmehr in höchsterSteigerung gefordert. Es ist keine Rückkehr zum kirchlichen Glauben.wenn in dem Goldmacherbankelt des zweiten Teils— der gewaltigsten Szene, die jemals ein Dramatiker ersonnen die Anmaßung des forschenden Wahns verhöhnt, die tragische Unstäte undUnsicherheit aller geistigen Werte visionär gestaltet wird, ebenso wenigwie es das Kloster eines wirklichen Kirchenordens ist, in dem derUnbekannte schließlich feinen Frieden— seinen Frieden für neuenKampf!— findet, sondern die Heimstätte höchster Weisheit undgeistigster Freiheit.Strindberg spricht es am Schlüsse der Damaskus-Trilogie deut-lich aus, was sein Unbekannter sucht: nicht die Bekehrung, die Ab-schwörung. sondern die Zusammenfassung, die Einheit, die Synthese.tumanität und Resignation— diese Formel, in der auch die deutschelasfit einst sich vollendete— das ist die Mission des Menschen.Der einzelne resigniert, er findet in der Entsagung der allzu un-gebärdigen Jchbegierden die geläuterte Kraft zur Humanität; ertaucht in die Menschheit, in die Menschlichkeit unter. Das Bahrtuch,mit dem der Unbekannte in dem Kloster der Urweisen in den Sarggelegt wurde, bringt den Ilcbermenschen zur Ruhe und läßt auf-erstehen: den Menschen. Als Strindberg den Weg nach Damaskusgefunden, war er, in religiös verinnerlichter Wandlung, zum Sozia-lismus seiner Jugend zurückgekehrt.Dichterisch aber hatte Strindberg durch diesen PassionSweg vomJch-Künstler zur Menschheit die Gabe gefunden, das Ohr dieserMenschheit zu sein, das alle Stimmen, alle ihre Klagen, Leiden,Sehnsüchte vernahm, und was es hörte, in künstlerischen Gebildenursprünglich schöpferisch wiederzugeben verstand. So hörte er denndie Seelen der Menschheit reden, und so weiten sich die ganz ein-fachen Erlebnisse nnd die natürlich selbstverständlichen Dinge desAlltags, die den Grundstoff seiner späten Dramen bilden, zum ge-heimitisvoll erschütternden Gleichnis des Unermeßlichen und Ewigen.Kurt Eisner.kleines Feuilleton.Ein englischer Werkbunö.Der Deutsche Werkbund(der in diesen Tagen in Barnberg eineVersammlung abhält) veröffentlichte vor kurzem eine Reihe sehrinteressanter Aufsätze, die von englischen Fachleuten geschriebenworden sind, um die englische Industrie davon zu überzeugen, daßauf dem ganzen Gebiete des Kunstgewerbes Deutschland weit vor-angekommen sei und das englische Vorbild, von dem es einst lernte,längst übcrhojt habe. Die Offenheit, mit der die englischen Fach-leute über die bedeutsamen Leistungen unseres Kunstgewerbessprechen, verdient unsere Anerkennung und unsere Aufmerksamkeit.Wenngleich der Kenner nicht umhin kann zu vermuten, daß dieharten Urteile, die die Engländer über die Produktion ihreseigenen Landes fällen, und die begeisterten Lobsprüche, die sie dermödienheld war und seinen Willen weder durch Engel nochdurch Teufel beugen und ändern ließ.„Wir gingen am Feuer auf und nieder. ,Das Bestekommt noch,' sagte er nach einem längeren Schweigen undfuhr sich mit der Hand über die Stirne..Glaubst du wohl,daß der Patron sich von meiner Schwester ganz zurückzieht?Seit seiner Verwundung hat er nur einmal geschrieben, und— sie legt mir den Zettel bei— das ist so kalt und herzlos,daß es mich tief im Herzen packt: das arme Kind hat diesnicht um ihn verdient und wird daran zugrunde gehen. Halbentschuldigte sie ihn mit seiner Wunde— na, bah, der Bettel I— halb denkt sie, ich und meine Angelegenheit sei daran schuld.Dann wieder ist sie voll Angst, weil es richtig davon munkelt,daß dem Leo von der Alten die Helene Pochlitz bestimmt sei,—'s ist seltsam, Ralow, daß du damals also recht hattest I—Kurz, das alles bricht mir das Herz und füllt mich auch wiedermit heißem Grimm gegen den Schuft. Zu dem kann man sichalles versehen, so schlecht ist er; und wenn man zu allem übrigennoch die hiesige Geschichte rechnet, steht einem beinah der Ver-stand still.'—.Die hiesige Geschichte?' fragte ich betroffen..Wasmeinst du?'—.Nun,' versetzte er finster,.hast du meine da-malige Andeutung nicht verstanden oder vergessen? Hast du dennkeine Augen? Die Christine—'— ,Höre', sprach ich undblieb bestürzt stehen,.nimm dich in acht, Bursch, denn duweißt, da hört aller Spaß für mich auf. Was willst du damitsagen?'— ,Daß die Sache zum äußersten gekommen sei,nicht, denn davon weiß ich nichts,' entgegnete er..Sonst aber,deucht mir, könnte ein Blinder spüren, wie's mit ihr steht, daßsie nur seit seiner Abwesenheit so herunter und so anders ist,wie sonst.'— ,Es ist gut,' sagte ich und bißdie Zähne zusammen. ,Das Ding wird untersucht werden,und Gott gnade ihm, wenn sich was Ungehöriges zeigt. Dannsoll er erst spüren, wie's in der Welt zugeht, und es soll ihmso neu sein, als käm' er eben erst aus dem Mutterleibe, ausRalows Wort, mag er Leutnant sein oder Exzellenz. Aber dashat Zeit bis morgen.'— ,Du nimmst dir's sehr zu Herzen,Vater,' bemerkte Richard.— ,Nun, beim lebendigen Gott l'versetzte ich böse,.wenn die Tochter ruiniert wird, gehtdas den Vater nichts an? Und ist die Christine nicht dasKind des Regiments, ist ihre Ehre nicht die unsere, nichtmeine, der ich ihr Pate und Vormund bin? Na, bei Gott IAber noch einmal, genug davon.' Und ich ging und setzt michans Feuer.„Nach einiger Zeit kam er zu mir und bat mich, mit-zukommen, er habe mir noch was zu sagen..Noch was?'deutschen Architektur, den deutschen Möbeln, Geweben und Ton-waren zuteil werden lassen, ihr eigentliches Ziel in einem irgendwiegearteten, jedenfalls aber die deutsche Ware vom englischen Markteabsperrenden Zollschutz zu suchen scheint. Die Engländer, die überdie hohen Leistungen unserer Oualitätsindustrie erstaunen, wollenvor allem ihre Landsleute anspornen, die alte Tradition vonRuskin und Morris, deren sich die Deutschen zur Verwirklichungbemächtigt haben, wieder aufzunehmen. Es ist taktische Abficht,wenn die Schreiber der englischen Aufsätze dabei ein wenig über-treiben; tatsächlich werden ja doch noch die besten Gläser, die bestenKeramiken, die besten Bücher und überwiegend auch die bestenGewebe in England gefertigt.Wir wollen uns also durch die Anerkennung der Engländernicht täuschen lassen; wir quittieren aber aufhorchend das Lob, dasman von jenseits des Kanals der deutschen Feinindustri« zollt. Eswill immerhin etwas heißen, wenn ein Engländer— und diesmitten im Kriege— über die deutsche Industrie Sätze schreibt wiediese:„Deutschland verkauft uns eine Menge hochvollendeter, inwissenschaftlicher Weise erzeugter Waren, während wir an Deutsch-land eine viel geringere Menge Güter verkaufen, in der Haupt-fache aus Halbfabrikaten bestehend und fast zur Hälfte aus Gar-neu... Es ist nötig, sich darüber klar zu werden, daß wir infast allen Gewerben, Industrien oder Herstellungsversahren bishereher Nachfolger als Führer geworden sind.... Der deutsche Er-folg auf dem Gebiete des Kunstgewerbes ist keiner der bloßen Kon-lurrenz. Die Deutschen haben ihn errungen, nicht weil ihre Augenauf uns gerichtet waren, sondern weil sie aus die Sache sahen.Was uns not tut, ist mehr ihren Geisteszustand, als ihre Erzeug-niffe nachzuahmen."Zu diesem Zwecke haben die Engländer nach dem Vorbilde desdeutschen Werkbundes und unter beinahe wörtlicher Benutzung vondessen Leitsätzen und Satzungen einen„Kunst- und Jndustriever-band" begründet. Es wird an uns sein, die spezifische Absicht diesesUnternehmens— die schön« Qualitätsware der Deutschen den eng-lischen Käufern fernzuhalten— nach Möglichkeit zu vereiteln.R. Br.Theater öes Westens:„Das HlücksmäÜel".Seit Kotzebue kennen wir, mit Heine zu reden,«die Weise, denText". Die ,GIllcksmädeI"«Verfasser: Reimann-Sckwartz nehmendas fade Thema: Bürgerlich-adelig wieder auf— und so kam dennihr„Volksstück mit Gesang" zustande. Wenn die Tochter desMillionär geivordenen Schneidermeisters einen Baron heiratet, kannman sicher sein, daß schon im zweiten Akt die Blase platzt. Hernachist reinliche Scheidung der Klassengegensätze und im Schlußakt sitztman wieder mit seinesgleichen zusammen— wie ehedem. Ein alterRock wird schwerlich neu, so oft ihn der Schneider wendet. Höchsten-falls kriegen die ältesten Kalauer frisch polierte Pointen. Einer derLibrettisten hat auch die Musik geschrieben. Strauß, Millöcker usw.haben ja öfter Gevatter gestanden. Im allgemeinen hörte man ge-fällige Duette, Couplets und Tanzweisen. Originalität wird mankaum erwarten. Die Devise heißt: es wird fortgewurstelt. Angesichts der reichlich gemischten Personenkarte begnügen wir uns gernmit der Namensnennung einiger Mitwirkender, als da sind: EugenRex, Steffi Margreiter und Berthold Rofs. Sie spielen, tanzen undsingen gar fein, mit allen andern. Oberflächengeistern wird«DasGlücksmädel" zusagen._ ek.Notize».— Georg F o ck, eines der stärksten Talente des nieder-deutschen Schrifttums, gehört zu den Opfern der Seeschlachtim Skagerrak. Auf dem„Wiesbaden" machte er den Vorstoß gegenAannoulh mir, und mit demselben Schiff hat er den Seemannslodgefunden.Georg Fock(Johann Kinau) wurde am 22. August 1830auf dem hamburgijchen Teil der Elbinsel Fiukenwärder als Sohneines Hochseefischers geboren. Nach mehreren kaufmännischen Wander-jähren fand er eine Anstellung bei der Hamburg-Amerika-Linie, die jedochseiner schriftstellerischen Begabung keinerlei Betätigung bot. Inseiner kärglich bemessenen freien Zeit, vielfach unter Zuhilfenahmeder Nächte, schuf er seine vorwiegend an der Wasserkante, auf derNiederelbe und der Nordsee spielenden Erzählungen, die zum Teilin den Novellen- und Skizzenbänden«Schullengrieper und Tungen-knieper",«Hamborger Janmooten",.FahrenSleute", sowie in derübermütigen Erzählung«Hein Godenwind, der Admirol vonMoSkitonien"(1911) und dem Roman„Seefahrt ist not"(1912) inHamburg erschienen sind.— Moni st is che Literatur übersendet auf Verlangenkostenlos ins Feld die Geschäftsstelle deS Monistenbundes in Oesterreich, Wien I, Biberstr. 22.fragte ich wild, denn ich bin sonst stets ein kaltblütiger Menschgewesen,- aber wenn man mir zu nah an den Wagen fährt,kann ich auch teufelmäßig giftig werden, und es wurmt langebei mir nach,.Ich dächte, es wäre für einmal genug.' Dochich folgte ihm, und als er mich unter dem Arm gefaßtund seitswärts ein paarmal hin und hergeführt, sagteer Plötzlich leise: ,Du, Ralow, ich muß nach Haufe.'—.NachHause?' meinte er ganz verwirrt. ,Wer tvird dir jetztUrlaub geben?'— ,Jch werde auch nicht darum einkommen,'entgegnete er. ,Jch gehe so.'— ,So?'— ,Ja, so. Und da-mit das Ding doch einigermaßen reputierlich aussieht,' fuhrer fort,.werde ich bei guter Gelegenheit einmal abhandenkommen, so daß ihr dann glauben und melden mögt, ich seitot oder gefangen.' Mir ward schier schwindelig. Eine altesatanische Geschichte schoß mir durch den Kopf, wo mir derTeufel auch einen Menschen stahl, der mir freilich noch lieberwar, als dieser hier. Aber wenn's auf das Liebhaben an-kommt, regiert der, welcher lebt und nicht der bereits tot ist.So ging dieser jetzt auch vor und ich sagte:.Richard, Du bistmein Offizier, aber du bist auch mein Ziehkind, auf meinerStube bist du groß geivorden und auf meinem Schoß. Dusollst und darfst das nicht tun, denn es muß dich umLeben und Reputation bringen. Ich leid' es nicht.'— ,Dumußt,' sprach er hart,.denn ich muß. Es wird und mußgehen, beruhige dich, Ralow, und schweige!'— ,Na,' meinteich und mir war's, als müsse mein Herz vor Verzweiflungmitten auseinandergehen. ,Na, ich weiß nicht, bin ich ver-rückt heut nacht oder ist's die Welt, daß so alles zum hellenTeufel geht, was man bisher für fest und sicher und tüchtiggehalten hat. Ich versteh's nicht mehr.'— ,Ja,' erwiderteer dumpf, ,die Welt wird verrückt und keiner versteht esmehr.' Da ward mir auf einen Augenblick ganz fchwach-herzig zu Mut. denn solche Trauer und Verzweiflung ineinem jungen Herzen sind gar zu unnatürlich, und ich sagte':.Richard, mein Sohn, besinne dich. Muß es wirklich sein?'—,Ja,' war seine Antwort. Und da war meine Schwachheithart und ich rief:.Nun gut. geh hin. Weshalb sollt's beidir anders fein, wie bei den andern? Was mir am Herzenliegt, holt der Teufel ja einmal doch immer, alles mit'nander.Und somit adje und guten Weg.' Ich ging ans Feuer undsprach kein Wort mehr, denn ich fühlte das, was ich gesagt.So saß ich und sann vor mich hin; der Richard sprach auchkein Wort, und darüber kam der Morgen, wo wir abgelöstwurden und ich meinem andern Geschäft nachgehen mußt«,d. h. der Dirne, der Christine.(Forts. Forts.)