jt. ig«. 1916. Unterhaltungsblatt ües vorwärts Der Weg zum Reichtum. Als ich heute an dem Verkaufsstand eines fließenden Buchhand- lers vorüberspazierte, flog mein Blick über die beschlagnahmt ge- treseneNonne" des Diderot und blieb an einem gelben Heftchen hängen, das sich durch ein rotes Streifband auszeichnete, auf dem zu lesen war:Tie ersten zwei Auflagen dieser hochinteressanten, volkstümlichen und billigen Schrift waren im Handumdrehen vergriffe n." Dasim Handumdrehen vergriffen" war fett ganz fett gedruckt. Teufel, dachte ich, das. was in dem Heftchen steht, müssen bestimmt keine lyrischen Gedichte sein! Und dann sah ich aufmerk- samer hin und las auf dem Titelblatt:Der persönliche Er- folg oder: Der Weg zum Reichtum. Neue ausprobierte Methoden und sichere Ratschläge, um aus eigener Kraft auch ohne jegliche Mittel und unter absoluter Garantie zu Erfolg und Wohlstand zu gelangen. Von einem Erfolgreichen. Preis nur 25 Pfennige." Dann war aus dem Titelblatt noch das Porträt eines Herrn zu sehen, das wahrscheinlich denErfolgreichen" dar- stellte. Unter dem Bild stand:Verfasser von:Ter Roman eines Vergewaltigten",Lexikon der Liebe",Ter moderne Spiritismus" usw." Freilich, wenn es so ist! Es ist doch klar, dass der Urheber desRomans eines Vergewaltigten" vom Erfolg gekrönt sein muh! Wer kann aber auch so leicht ein solches Werk schreiben? Doch, vielleicht lernt man's aus dem Buche. Dachte es und legte meine 25 Pfennige in die Hand des fliegenden Buchhändlers. Der Weg zum Reichtum war mein. Ich durfte ihn nur beschreiten. Tah ich darauf brannte, den kostbaren Inhalt des Werkes kennen zu lernen, wird jeder begreifen, der nicht mit einer Kupon- schere zur Welt gekommen ist. Und es war eine Sekunde nicht ge- ringer Aufregung, als ich das Büchlein aufschlug und den ersten Satz der ersolgverheihenden Weisheit las. Er lautete:Noch nie ist es so leicht gewesen. Geld zu verdienen, wie in unseren Tagen." Ich hörte dabei die Goldstücke, die in der Neichsbank liegen, klingen. Und weiter:Fast alle modernen Krösusse sind sozusagen aus dem Nichts hervorgegangen und in den höchsten leitenden Stellungen befinden sich viele Männer, die als Laufbursche und dergleichen ihre Existenz und ihren Weg zum Ruhm begannen." Sehr richtig. sehr richtig, aber nun wurde ich schon etwas ungeduldig, die neu?« ausprobierten Methoden kennen zu lernen, nach denen man sich in kürzester Feit in den Besitz einer Villa ohne Hypotheken, eines Automobils ohne Abzahlung und eines respektablen Bankkontos ohne Feuilletonschrcibeverpflichtung setzen kann. Und ich lese weiter: Der Erfolg hängt eben, wie die Erfahrung lehrt, nicht oder nicht immer vom Zufall ab, sondern Gesundheit, Fleih, ein fester Wille, Wirtschaftlichkeit und unbeugsame eiserne Energie und Ausdauer sind die Grund- und Vorbedingungen des Er­folges..." Da haben wir's? Ist eS ein Wunder, wenn ich mir wie aus allen Himmeln gestürzt erschien, wenn ich mich um alle ferneren Lebeiishoffnungen schnöde betrogen sah? Ich fühlte den Leim, auf den ich gegangen war, am eigenen Leibe. Das also waren die neuen Methoden, nach denen die Rockcfellers, Goulds und VanderbiltS wie die Kaninchen geraten sollien? Gesundheit, Fleiß, ein fester Wille, Wirtschaftlichkeit, eiserne Energie und Ausdauer... Und dafür muß man eine Viertelmark gezahlt haben, dafür mußte man das spöttische Lächeln des fliegenden Buchhändlers über sich ergehen gelassen haben, als man denWeg zum Reichtum" verlangt hatte! Nach einer Weile gänzlicher Mutlosigkeit begann aber der Geist der Versöhnlichkeit in mir sprechen:Ist es nicht noch anständig zu nennen, daß derErfolgreiche" und Verfasser desRomans eines Vergewaltigen" gleich zu Beginn seines Werkes die falschen Illusionen derer, die sich durch die Anschaffung seines Leitfadens zur Erlangung von Millionen in Unkosten gestürzt haben, zerstört? Er hätte ja mit der Angabe seiner unfehlbaren Mittel biS zum Schlußkapitel warten können. Also besänftigt, begann ich von neuem mit der Lektüre des Heftes. Und siehe da, es währte nicht lange. da stieß ich auf den Satz:Bis jetzt ist es noch niemandem»er- boten, die geringere Klugheit und Gewandtheit seiner Mitmenschen auszunutzen. Und es ist eine Tatsache, daß sogar dem offen- kundigen Schwindel sehr weite Grenzen gesteckt sind, bis er bcstrost werden kann." Damit dokumentierte.derErfolareiche", daß er Bescheid weiß, und daß er als produktiver Schriftsteller von Gesundheit, Fleiß, festem Willen usw. noch unbegrenzte Möglichkeiten vor sich sieht, seine Philosophien und Erfahrungen in die Menge zu tragen. Hat man die ersten Enttäuschungen, die das Lesen, des Heftes bewirkt hat, überwunden, dann erscheint der weitere Inhalt sogar belustigend. Man belustigt sich über die Unverfrorenheit des Ver- faffcrs, der in einem selbständigen AbschnittVerschiedene, teils neue Erwcrbsmöglichkciten" Stellungen anführt, diekeine be- sonderen Kenntnisse oder Vorbildung voraussetzen und gewisser- maßen als neu erscheinen und deshalb hochwillkommen sein wer- den". Zu diesen Stellungen, die bei Vorhandensein von Gesund- heit, Fleiß, festem Willen usw. ihremBekleider" Millionen ein- bringen können, gehören: Agenturen, Aufschervienste in AuS- stellungen, Bibliotheken, Museen. Bügeln von Kleidungsstücken und Wäsche, Bewachung von Grundstücken, Fallenstellen und Legen von Giften gegen Raubzeug. Schmarotzer und Ungeziefer, Gepäcktragen und Gepäckbeförderung. Glockenläuten, Leichentragen, Reinemachen, Säcketragen, Zimmer vermieten, Hausierhandel mit Exkrementen usw. Man muß es nur verstehen und die von dem Verfasser be- tonten Eigenschaften besitzen, dann kann jeder, der mit dem Handel mit Exkrementen oder mit dem Vertilgen von Ungeziefer begonnen hat, als Millionär in die Grube fahren. Eroötzliches enthält auch der Abschnitt mit dem vielsagenden TitelDie spezielle Schule des Millionärs". DerErfolgreiche" führt dort an erster Stelle die KricgSliefcranten an. Aber er gibt zu, daß nicht, alle Tage ein Weltkrieg ausbricht und aus dieser Er- kenntms heraus, rät er allen, die eS auch nach dem Krieg zum Millionär bringen wollen, außer einer praktischen Ausbildung als KaufmannSIehrling, eine theoretische Ausbildung an einer Handels- schule zu genießen. Neben der Kenntnis von acht Sprachen hält er Schönschreiben. Stenographie, Recht- und Maschinenschreiben für den Millionär der Zukunft für unerläßlich. Aber man braucht beileibe nicht nur als Kaufmann anzufangen, um es zum Nabob zu bringen. Es gibt noch andere Berufe, deren Ausübung die Einnahmen von Millionen verheißen. Man braucht zum Beispiel nur zu erfinden. Dinge, wie stylographische Federn, Bleistift- spitzenschützer, Affen, die an Gummischnüren tanzen, Absatzschoner, haben ihren Erfindern zu Millionen verholfen. Oder man kann auch Jockei werden, oder, wem das Reiten nicht paßt, Sänger. Allerdings, Jockei zu werden, erscheint rentabler, denn während Caruso für einen Abend ist 20 000 M. erhält, kann der Jockei in einer Minute 40 000 M. verdienen. Wer sich glücklich durch das Buch gelesen hat, der findet zum Schluß noch einen artigen Hinweis auf des Verfassers WerkDer Roman eines Vergewaltigten oder das Kaleidoskop und die Mc- moiren eines Heldenlebens".In diesem Kunstwerke," heißt es dort,wird auch zum allerersten Male gezeigt und an ausgeführten Beispielen bewiesen, wie jeder Arbeitende, selbst der ärmste Teufel, schon für einen täglichen Aufwand von nur 10 Pfennigen, also den dritten Teil desjenigen, was man in einer Äassenherberge in zweifelhafter Umgebung für ein einfaches Nachtlager oder für den siebenten Teil dessen, was man in der Großstadt für die kleinste, ungesunde und finstere.Hofwohnung bezahlen muß, eine au? sechs bis sieben hellen, freundlichen, von Licht, Luft und Sonne durch- fluteten Räumen bestehende, massiv und feuerfest ge- baute eigene Villa mit Bad und allem Zubehör als allein!- geS Eigentum haben kann usw. Dieser Hinweis scheint für den grenzenlosen Optimismus des erfolgreichen SchristftellerS zu sprechen. Ich für meine Person glaube kaum, daß jemand, der für denWeg zum Reichtum" 25 Pf. aufgewendet hat, noch Lust verspüren wird, auch den Roman des Vergewaltigten zu erwerben. Allein, der vielseitige Verfasser muß seine Leute besser kennen. Das beweist ja sein Satz, den er getrost als Motto an die Spitze seinerWerke" stellen könnte:Bis jetzt ist es noch niemandem verboten, die geringere Klugheit und Gewandtheit seiner Mitmenschen auszunutzen..." ___ Leo Heller , Berlin . kleines Zeuilleton. J\n Sorö eines Minensuchers. Gordon Bruce, Kriegsberichterstatter der New DorkerTribüne". hat jüngst an Bord eines englischen Minensuchers einen.Fischzug" auf Minen" mitgemacht und beschreibt in einem Briefe an seine Zeitung diese nicht ganz ungefährliche Reise. Hunderte von Booten, lo erfuhr er von dem Führer des Minensucher?, sind dauernd unter- ivegS, um die englischen Gewässer von den gefährlichen deutschen Minen zu befreien, die, wie der englische Seemann anerkannte, von den Deutschen auf die ausgeklügeltste Weise ausgestreut werden. Die Engländer schicken ihre Boote bei der Minensuche immer paar- weise aus. Zwei Fahrzeuge fahren auf parallelem Kurse und, so- bald sie in da» Minengebiet kommen, wird zwischen ihnen eine Stahltrosie ousaespannr, die ziemlich tief unter der Ober- fläche daS Wasser durchschneidet, so daß sie die Minen am Körper oder an der Verankerung trifft. Zunächst verlies die Fahrt deS Minensuchers nach der Schilderung de? Amerikaner« ein wenig eintönig. Nach einiger Zeit aber kam ein Mann aus dem Schiffsraum, der ihm und dem Kapitän NettungSgürtel übergab; beide Männer legten biete an, und so waren sie also im Minengebiet angelangt. Die Trosse zwischen den beiden Minensuchern wurde ausgespannt und so fuhren die beiden Fahrzeuge viele Stunden nebeneinander, ohne daß sich da» geringste, ereignete. Die Sache fing an. dem Amerikaner langweilig zu l Zur tot erklärt. sif Von Ernst Wiche.rt. Peter Klars wurde ganz melancholisch und verdrießlich. Zuletzt mochte er den Strand, den er so lieb hatte, gar nicht mehr sehen, und wenn er von der Stadt zurückkam, war er jedesmal ein paar Tage krank, so daß Annika ernstlich um ihn besorgt wurde. Endlich hielt er sich nicht länger zurück und eröffnete ihr den Grund seiner Verstimmung.Sei nicht traurig," sagte er ihr,daß ich mich von hier fortsehne. Du weißt ja, daß ich Dich lieb habe, wie keinen Menschen auf der Welt; daher kannst Du ganz ruhig sein, auch wenn ich nicht immer bei Dir bin. Wir sind noch jung und leben hoffentlich noch lange miteinander, und wenn wir kurze Zeit getrennt waren, wird das Wiedersehen immer um so schöner sein. Es soll auch nur einige Jahre dauern, bis ich etwas erspart habe, was uns später im Alter und in schlechten Zeiten helfen kann. Ich möchte Dich gern recht sorgenfrei wissen und bin doch so arm; wenn ich aber zur See fahre, gibt es einen schönen Nebenverdienst, der für jetzt gar nicht angegriffen werden darf. Unser Haus ist klein und unser Kahn ist noch kleiner, da sind wir uns eigentlich überall im Wege, mein Vater und ich, obschon wir's uns nicht merken lassen. Aber es wird nicht lange währen und der alte Mann wird hinfällig sein und das Ruder nicht mehr regieren können das kommt bei uns Nehrungern plötzlich; und dann wird der junge Peter Klars auf seinem Posten sein. Glaube auch nicht, daß die See so gar gefährlich ist, Wasser ist Wasser überall, und auf den kurzen und stoßenden Haffwellen tanzt unser kleines offenes Fischerboot manchmal noch viel lustiger, als das große Schiff auf den Meercswogen. Wir sind überall in Gottes Hand!" Annika kam's zu überraschend. Sie antwortete gar nicht, und Peter Klars wartete auch gar nicht auf Antwort, sondern ließ ihr Zeit, sich in den neuen Gedanken hineinzufinden. Er wußte von sich selbst, daß man in dergleichen Fällen nicht schnell mit sich fertig wird und erst mancherlei Stimmung durchzukämpfen hat, bis man ruhig die Vernunft sprechen läßt. Aber als er nach dem Boot ging, das sein Vater schon zur Ausfahrt instand gebracht hatte, küßte er sie recht herzlich und streichelte ihr das blonde Haar. Und dann auf dem Haff erfuhr auch der Alte, was bevorstand. .Es flojfen noch viele Tränen, als die junge Frau Mein war; dann aber betete sie und las ein langes Kapitel in ihrer litauischen Bibel. Am nächsten Morgen dachte sie schon ruhiger über die Sache nach und wog den Vorteil für und wider gegen- einander ab. Noch einen Tag später hatte ihr heiterer Sinn wieder ganz die Herrschaft zurückerlangt, und als die Fischer nach Hause kamen, ging sie ihrem Mann entgegen, reichte ihm die Hand und sagte:Wie Du willst, Peter, wenn Du mir nur gut bleibst!" So ging denn Peter Klars wieder zur See. Im Dorfe drüben gab's dieserhalb freilich ein allgemienes Verwundern, und auch die Frau Hilgruber nahm Notiz von diesem Ereig- nisse.Hat Euer Mann keine Ruhe mehr zu Hause," fragte sie Annika, als sie mit Fischen ku Markt kam und auch im Kruge ansprach, um kleine Einkäufe zu machen.Ihr hättet Euch mit der Heirat nicht so beeilen sollen; vielleicht hätte sich ein anderer gefunden, der Euch ein besseres Leben verschaffte." Sie dachte an ihren Sohn, der ganz schwermütig geworden war und viel kränkelte und dem sie doch nie ihre Einwilligung gegeben hätte. Jetzt freilich konnte sie gut reden.Mein Mann, ist mir schon recht," antwortete Annika, drehte sich kurz um und ging weg. Draußen aber im Hausflur fand sich der junge Krüger zu ihr und bat sie, nicht zu vergessen, daß Peter Klars sein Freund sei, wenn sie auch in letzter Zeit wenig mit- einander verkehrt hätten, und sich an ihn zu wenden, wenn sie irgend einmal des Schutzes bedürftig oder in Not fei. Annika dankte freundlich, aber etwas verlegen und machte sich eiligst fort, damit niemand sie mit Konrad Hilgruber sprechen sehe. Sie wußte ja, wie es mit seinem Herzen stand, und auch anderen Leuten war's kein Geheimnis geblieben. Es währte ihr das erstemal eine halbe Ewigkeit, bis Peter zum Besuch kam. Aber als er dann wohlbehalten an- langte, sonnengebräunt und viel männlicher in seiner ganzen Haltung, recht stattlich in seiner kleidsamen Matrosentracht, und einen Beutel mit lauter blanken Talern mitbrachte und allerband schöne Sachen aus fremden Ländern, war die Freude um so größer und hinterher der Abschied nicht mehr so schwer. Es war ihr ein rechter Stolz, sich mit ihm drüben in der Kirche zu zeigen und ihre Schätze zur Schau zu stellen. Madame Hilgruber namentlich sollte großen Augen machen über ihr Glück. Dafür mußte sie freilich einmal von ihr hören:Ihr putzt Euch ja, Frau Klars, als ob Ihr Erobe- rungen machen wolltet!" Annika konnte sie nicht leiden und ging L.hr doch nicht aus Hm Wege,...__..., werden. Plötzlich spät am Nachmittag glückte der erste Fatig. Da» Kabel spannte sich und ein leiser Ruck ging durch da» Schiff. Alle» sah nach der Sleuerbordseile und der Kapnan meinte:Eine hätten wir." Die deutsche Mine war zu eriennen, und wie sie leise von den Wellen hin- und hergeschaukelt wurde, tarn sie dem Amerikaner vor. wie eine schwarze Schildkröle mit Hörnern aus dem Rücken. Jetzt fing der Fischfang an, interesiant zrt werden; das Fahrzeug manövrierte so lange, bis eS die Mine in einem Abslande von etwa 70 Metern an der Steuerbordseite hatte. Bier Mann wurden an die Steuerbordseite kommandiert, ebensoviele Gewehr- schösse hörte man dann und nun starrte alles»ach der Mine. War sie getroffen? Offenbar, die Siahlgeschosse hatten die Lustkammer getroffen und langsam, ganz langsam versank sie im Wasser der Nordsee..200 Pfund gutes deutsches T. N. T.(womit die Eng­länder augenscheinlich Trimtrotoluol bezeichnen) gehen da unter", schmunzelte der Kapitän... Am nächsten Morgen wurde eine zweite Mine aufgefunden. AIS sie gemeldet war, ließ der Kapitän zwei Gewehre an Deck bringen, dann holte er ein paar Päckchen Patronen mit Bleikugeln, worauf er erklärte:Es dauert vielleicht ei» wenig, aber wir wollen ver- suchen, sie zur Explosion zu bringen. Das Blei kann die Wandung der Luftkamniern nicht durchbohren, aber vielleicht treffen wir ein» der Hörner." Es dauerte in der Tat einige Zeit, genau dreißig Minuten, bis eins dieserHörner", wie der Engländer die Sprengladung nannie, auf 70 Meter Abstand getroffen wurde. Sicherlich ist das Treffen der schwimmenden Mine auf die Entfernung auch nicht einfach, denn das Ziel ist ziemlich klein. ES erfolgte plötzlich eine Explosion, daßuns die Zähne klapperten", wie der Amerikaner sich ausdrückt, eine große schwarze Rauchwolke schwebte empor, und eine glänzende Wasser- säule schoß durch die Rauchwolke hindurch 20 Meter Hochhaus. Es war ein merkwürdiger Anblick: über der Rauchwolke glänzte das Wasser in der Morgensonne, während es unten trübe und graü aussah. Beide Teile de« senkrechten Wasserstrahl« waren eine kurze Zeit hindurch gleichzeitig sichtbar, dann fiel daS Wasser durch den Rauch zurück, und die Rauchwolke trieb langsam übdr das Wasicr dahin..._ W Kriegerische Cröumwälzung. DieUmwälzungen", die der Krieg mit sich gebracht hat, haben auch die Kruste unserer Erde nicht verschont. Noch niemals hat der Mensch die Erde so gründlich umgepflügt wie jetzt im Kriege durch seine Schützengräben, Unterstände und sonstigen Befestigungsanlagen. Die Kampsfront ist augenblicklich ungefähr 2800 Kilometer lang. Jede der kriegführenden Parteien hat durchschnittlich drei Schützen- gräben hintereinander; an der einen Stelle sind es mehr, an der anderen weniger. Somit beträgt die Gesamtlänge aller Schützen- Stäben 2800 X 0 10 800 Kilometer. Nun müssen aber auch die ierbindungS-, Wandel- und Wasserabführgänge mitgerechnet werden; man kann sie mit 5 Kilometer sür je 3 Kilometer Schiitzengraben in Rechmmg stellen. ES kommen infolgedessen noch 28 000 Kilometer hinzu. Schätzt man nun noch alle Unterstände, alle früheren Stellungen. Geschützlöcher und andere Erdeverdrängungen auf un- gefähr 5000 Kilometer, was recht wenig ist, so würde die Gesamt- länge Erde, die ausgegraben ivurde, 50 000 Kilometer betragen oder 10 000 Kilometer mehr als die Länge des AequatorS . Und dabei haben wir noch nicht mit Granatentrichtern und anderen Boden« Veränderungen gerechnet. Nehmen wir als mittlere Gangtiefe zwei Meter und als Breite einen Meter an, dann ist der Inhalt der durch die Soldaten verdrängten Erdmasse 100 Millionen Kubikmeter. Ein gewaltiges Werk, von dem man sich kaum einen richtigen Begriff machen kann. Es sei nur erwähnt, daß bei der Anlage deS Nord- ostkcckanalö 133 Millionen Kubikmeter Erde versetzt wurden. Eine Erdpyramide, die einen Inhalt von 100 Millionen Kubikmeter haben soll, muß bei einer quadraiischen Grundfläche von 550 Meter Länge genau 1000 Meter hoch sein.__(*) Notize«. Vorträge. UeberGewilterfurcht und Gewittergefahr' wird Herr Dr. R. Hennig am Mittwoch, 12. Juli, um 8'/, Uhr abends im.Verein von Freunden der Trcptow-Sternwarte" einen Lichtbildervortrag halten. NichtMitglieder zahlen die üblichen Kassen- preise. B i l d e r f ä l s ch e r. Ein großer BilderfälschungSprozeß be- schästigte tagelang in München die Strafkammer deS Landgerichts. Der Kunstmaler Wilhem Lehmann aus Dresden , zuletzt wohnhast in München , war angeklagt, schon seit Jahren in zahlreichen Fällen nach den Moiiven bekannter älterer und noch lebender Maler Gemälde hergestellt und sie sälschlich mit deren NamenSzug signiert zu haben. Seine Frau stand unter der Anklage, diese gefälschten Bilder an Kunstliebhaber und Kunsthändler als Orlginalgemälde verkauft zu haben. Da» Urteil lautete wegen Urkundenfälschung und Belru� für Lehmann auf vier Jahre Gefängnis und sür seine Frau auf drei Jahre und Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf je fünf Jahre. Reise nach Reise wurde ohne Unfall zurückgelegt; Wind und Wetter waren meist günstig, und immer nach einigen Monaten sah der junge Matrose sein kleines Vaterhaus auf der Nehrung wieder. Das letzte Mal nahm er eine schöne Hoffnung mit, die ihm das Scheiden recht schwer machte, zu- mal sein Schiff eine etwas größere Tour in Aussicht hatte. Aber als er dann heimkehrte und fein schönes Weib ihm freudestrahlend mit ihrem Knaben auf deni Arm entgegen- kam, gab's ein Begrüßen, wie noch nie zuvor. Was hatte er nicht alles für den kleinen Schelm mitgebracht, der noch nicht einmal auf der Welt war, als er einkaufte. Annika lachte unter Tränen beim Auspacken. Das ganze Fischerdorf wurde znfanimengebeten zur Nachfeier der Kindtaufe, und es ging einmal hoch her unter dem Mast vor dem kleinen Fischerhause. Selbst der alte schwachsinnige Hans Niels, der'Nestor iin Torfe, trank ein Glas zu viel und verwechselte in seinen Ge- danken die drei Peter Klars miteinander und nannte die Annika nicht anders als Barbe, weil er an die erste Kindtause beim alten Klars dachte, bei der er ja mitgetrunken hatte. Der glückliche Vater konnte sich nicht sattsehen an seinen« munteren Buben, der nach Littauer Art in einer großen bunt- geblümten Mütze steckte und drollig genug aussah. Stunden- lang konnte er an der Wiege sitzen, einem Korbe, der an der Spitze einer mit dem anderen Ende unter einen Deckbalken gesteckten elastischen Stange hing und bei der leisesten Be- rührung auf und ab wippte. Es machte ihm tausend Spaß, den kleinen Schlingel im Schlaf seine süßen und sauren Ge- sichter ziehen zu sehen, oder zu beobachten, wie er aufwachte, erst mit den Augen blinzelte, dann bei noch halb geschlossenen Lidern himmelte, daß nur das Weiße �u bemerken war, dann mit dem rechten und dann mit dem linken probierte, ob sich das Licht ertragen lasse, und endlich den Mund zum Weinen verzog und ein gewaltiges Lamento anstimmte, wenn's nicht sofort zu trinken gab. Auch Annika kam ihm ganz neu und ordentlich ehrwürdig vor, wenn sie in ihrer ruhigen, immer gleichmäßigen Weise um den Kleinen herumwirtschaftete und mit einem gewissen, beinahe feierlichen Ernst die Windeln legte oder gar den Schreihals tränkte.Man weiß nun doch, wozu man auf der Welt ist," dachte er bei sich und sagte es wohl auch laut zur Annika, die freundlich nickte. Viel sprechen war nicht ihre Art. (Fortj. jolgt.)