ür. 178.- 1916.Unterhaltungsblatt öes vorwärtsDieustag, t. August.Mgust 1014.Ss�tsonne zog ßh Ober untere Wczeund btng rot über felder, dieemtefrübtbre•frucbt noch trugen.Hber blutige Körner ich lugenaus frühreifen Hehren,die der Sonne Bruder, der CodHeb Icbnitt.Hus Emteiegen wardblutige Emteiaat.Doch einmal wird wieder Emtetonne fAeinen,in der die Saat zur Ernte blüht.Qnd fraucn und Kinderwerden nickt mehr weinen...Maximilian Lazarowitz.Zwei Jahre Krieg..Nun spricht die moralisch-praktische Vernunft in unZ ihr un-widerrufliches Vero aus: es soll lein Krieg sein; wederder, welcher zwischen mir und dir im Naturzustande, noch zwischenuns als Staalen, die, obzwar innerlich im gesetzlichen, doch äuBcr-lieh(im Verhältnis gegen einander) im gesetzlosen Zustande sind;denn das ist nicht die Art. wie jedermann sein Recht suchen soll.Also ist nicht mehr die Frage, ob der ewige Friede ein Ding oderUnding sei. und ob wir uns nicht in unserem theoretischen Urteilebetrügen, wenn wir das erstere annehmen, sondern wir müssen sohandeln, als ob das Ding sei. was vielleicht nicht ist, auf Be-gründung desselben und diejenige Konstitution, die uns dazu die taug-lichste scheint(vielleicht den Republilanismus aller Staaten samt undsonders) hinwirlen. um ihn herbeizusühren und dem heillosenKriegsühren,woraus, als den Selbstzweck, bisher alle Staaten ohne Ausnahme.ihre inneren Anstalten gerichtet haben, ein Ende zu machen. Undwenn das letztere, was die Vollendung dieser Absicht betrifft, auchimmer ein frommer Wunsch bliebe, so betrügen wir uns doch gewißnicht mit der Annahme der Maxime, dahin unablässig zu wirken;denn diese ist Pflicht; das moralische Gesetz aber in uns selbstfür belrüglich anzunehmen, würde den Abscheu erregenden Wunschhervorbringen, lieber aller Vernunft zu entbehren und sich, seinenGrundsätzen nach, mir den übrigen Tierllassen in einen gleichenMechanismus der Natur geworfen anzusehen."Immanuel Kant, Metaphysik der Sitten.„Laßt Nationen wie Individuen sich nur einander kennen, undder gegenseltige Haß wird sich in gegenseitige Hilfeleistung ver-wandeln, und anstatt natürlicher Feinde, wie benachbarte Länderzuweilen genannt sind, werden wir alle natürliche Freunde sein."Goethe, Brief an Carlyle.Kämpfer in Ruhe.Ein Mitarbeiter des„Matin" hielt sich drei Tage im Hexen-kessel der Front bei Thiaumont auf und berichtete seine Eindrücke.Wir entnehmen diesem Bericht, wie er die Rückkehr einer Ab-abteilung todmüder Soldaten schildert, die die lange Autoreisevon der Front bis zur Ruhestellung in einem Stück zurücklegten...Diese Nacht noch," schreibt er„kämpften diese 500 Männerbei Froide-Terre. Zusammengedrängt auf den großen Fracht-autos, die sie mit äußerster Schnelligkeit nach dem Lager brachten,wo sie ausruhen sollen, haben sie mit ihren durch den Lärm derKämpfe betäubten Sinnen fast den ganzen Weg geschlafen. Stehendwurden sie plötzlich wach, mit schlotternden Knieen, erschöpft vonMärschen über schwieriges Gelände, unter dem Mähen der Ma-schinengewehre, mit schmerzendem Rücken und Magen, die beijeder Explosion der„großen Schwarzen" einen schweren Stoß er-leiden.'Wenn sie absteigen, wissen die Soldaten nicht mehr recht,wo sie sind. Ihre Kleider sind über und über mit Staub bedeckt.Aber mit dem Verschwinden des Staubes verschwindet auch ihreinnere Schwere. Sie erkennen die Landschaft, das kleine Maasdorf,das so freundlich zwischen Ornain und Saulx gut 30 Meilen hinterder Front liegt. Da sind die hohen Pappeln mit ihren beweg-lichen Blättern, in denen des Abends das Licht spielt und dergedämpfte Sckall der Kanonen erstirbt. Hier sind die Hohlwegemit den plauschenden Bächlein, die zum Spaziergang verlocken. Undda sind auch die Menschen, die m der Umgegend wohnen undlächelnd die Zurückgekehrten— ach, wie viele kehrten nicht zurück—bewillkommnen....„Wie sind die armen Teufel mager," flüstert ein altes Weib-lein. Sie haben tiefe Ränder unter den Augen, durch das seit-same Braun ihrer Stirne schimmert ein fahles, wachsartigesEtwas. Aber es ist Freude und Herzlichkeit genug in ihren Augen.Und so sieht man sie: Gruppen von Männern längs der Felderin stummer Betrachtung über dem feinen Grün der Bäume, dergroßen grünen Weidentapete, die zu ihrer Augenfreude vor ihnenausgebreitet liegt. Einer von ihnen bückt sich plötzlich, löst seineBeinwickel, ziehi seine schweren, in trockenem Morast versteintenSchuhs aus und stampft mit nackten Füßen, kindlich überseligdurchs Gras. Und seine Kameraden folgen ihm...Hört ihr die Vögel?Amseln singen im Weidenbusch und Kinder stimmen in denThor ein. Vögel- und Kinderstimmen, welche hohen Freuden fürdiese Männer, die schier außerhalb des Lebens gestanden haben.In allen Dörfern, wo sie Lager beziehen, wendet sich ihr Herz, dasvoller unangetasteter Zartheit und Erinnerung ist, den Kindernzu; zuerst den Kindern. Gibt es Ergreifenderes, als zu sehen, wiediese Männer mit ihren rauhen gehärteten Händen die Kinder-gesichtchen streicheln, als ob es Kleinodien, Wunder wären? DieKinder haben Blumen gepflückt, um ihre zerschossenen Soldaten-jacken zu schmücken. Andere sammelten Erdbeeren, die sie nun aufKohlblättern daherbringen....Der Abend ist herniedergestiegen. Gesang und lautes Lachenerklingt von einem Lager zum andern. Es ist wie eine leichteplötzliche Trunkenheit mit der Rückkehr zum Leben. Diese Wochehalber Freiheit dünkt allen eine unendliche Seligkeit. Und gleichdem perlenden Weine bei der Schwäche des genesenden Körperssteigt die kurze Spanne der Sicherheit und Behaglichkeit ihnen inden Kopf und umnebelt sie.— Und dennoch ist die Ausgelassenheiteinigermaßen gekünstelt, und man darf sich nicht durch sie irre-führen lassen. Es ist etwas Gewolltes, Forciertes darin, eine zeit-liche Rache gegen die Ermüdung, die Leiden und Gefahren...(z)kleines Zeuilleton.Moüerne Höhlenbewohner.Die von dem langwierigen Stellungskrieg erzwungene An-Passung der höchststehenden europäischen Kulturvölker an die Lebens-bedingungen von Erdhöhlenbewohnern hat in einem seit historischenZeiten nicht mehr erfolgten Maße die Lebensformen primitivsterKulturstufen zu neuer Geltung gebracht. Die Unterstände unsererSoldaten haben sich jedoch schnell wieder die Hilfsquellen zunutzegemacht, die die durchgearbeiteten Handwerksmethoden und das tech-nische Zeitalter bieten können. Das Bild einer reinen Erdwoh-nungskultur, die überhaupt nur noch bei sehr unkultivierten Völkernheute auftritt, vermögen uns dagegen einige nordafrikanischeVölkerstämme, die durch den verunglückten Feldzug Italiens gegenTripolis zum erstenmal mit Europäern in dauernde Verbindungtraten, in fast klassischer Form zu geben. Sie leben in ungeheuren,an den Wänden unverkleideten Vertiefungen, die aus der bloßen,sandsteinähnlichen Erdmasse herausgegraben werden, oft in Dörfernvon tausend Einwohnern zusammen. Anordnung und Lage dieserSiedlungen, die F. Hansen im„Prometheus" beschreibt, stehen imdirekten Gegensatz zu den Gesichtspunkten, nach denen unsereUnterstände an der Front ausgebaut werden. Wahrend hier ent-sprechend den endlosen Schützengräben, Unterstand neben Unter-stand, fest voneinander geschieden, womöglich in einigem Abstand,sich auftut, um zu große Menschenansammlungen zu vermeiden,zentralisieren jene zu Arabern gewordenen Berber ganze Gruppenvon Wohnungen um einen Lichthof. Während an der Front dieweicherdige Ebene den gegebenen Platz für den Unterstand dar-stellt, bevorzugen jene Höhlenbewohner stark hügeliges Gelände.Hier sind zwischen die kleinen Unebenheiten des Bodens wieGranattrichter die Mündungen der oft 10 Meter in die Erde senk-recht hinabführenden Lichtschächte so geschmiegt, daß kaum merk-liche Veränderung der Bodenformation wahrzunehmen ist. Nochmerkwürdiger ist, daß auch ein großer Teil des Lebens im unter-irdischen Dämmerlicht stattfindet. Der Boden des Schachtes istHof, Garten und Straße zugleich, ohne daß er aber als Eingangzu den einzelnen Wohnungen dient. Diese besitzen vielmehr jedefür sich stollenartige unterirdische Gänge, die ebenfalls unauffälligins Freie geführt sind. Um den„Hof", die einzige Lichtquelle,gruppieren sich wie Äatakombengrabstätten die dunklen eigentlichenRäumlichkeiten, die wie eine moderne Wohnung genau nach Wohn-und Schlafzimmer, Vorratskammer, Stall usw. abgeteilt sind.Häufig sind mehrere Etagen solcher Wohnungen übereinander an-geordnet, so daß in die Steine steile Treppen gehauen werdenmüssen, um eine Verbindung zu schaffen; damit erhält der Licht-Hof noch die Eigenschaft des Treppenhauses. Da ein Eingang durchden Lichtschacht unmöglich ist, kann die Erdwohnung mit Leichtig-keit durch Verrammeln der wenigen engen Eingangsstollen zurbelagerungsfähigen Festung gemacht werden. Der Ausenthalt indiesen tiefliegenden Kellern ist auch ein ausgezeichneter Schutz gegendie versengende Glut des nordafrikanischen Wüstenklimas.Mfbewahrung von Kartoffeln.Die nunmehr einsetzende größere Zufuhr von Kartoffeln ver-anlaßt viele Haushaltungen, sich größere Mengen von Kartoffeln zubeschaffen. Hierzu sei bemerkt, daß sich Frühkartoffeln im all-gemeinen nicht zur längeren Ausbewahrung eignen, zumal bei derdiesjährigen großen Feuchtigkeit. Auch der verhältnismäßig geringeStärkegehalt der Frühkartoffel bringt ein leichteres Verderben mitsich. Wer sich jedoch aus irgendwelchen Gründen Frühkartoffeln hin«legen will, der muß sie erst sorgfältig mit der Hand verlesen. Alleangestoßenen, verletzten oder bereits angefaulten Kartoffeln müssenausgeschieden und zum sofortigen Verbrauch bereitgestellt werden.Die auszubewahrenden Kartoffeln sind in einem luftigen,möglichst dunklen Raum, eventuell unter leichter Zudeckung mitaltem Zeitungspapicr aufzubewahren, keinesfalls darf die Auf-bewahrung in schlecht gelüfteten Kellern erfolgen, besonders dannnicht, wenn in den Kellern Anlagen für Zentralheizung oder�Warm-Wasserversorgung vorhanden sind. Schnelles Verderben würde dieunausbleibliche Folge sein. Für die Hausfrauen sei hier noch einkleiner Wink gegeben, wie sie ohne Schwierigkeiten schwärzlichenKartoffeln die schöne weiße Farbe wiedergeben können. Bei solchenKartoffeln setzt man dem Kochwasser kurz vor dem Garwerden einenLöffel Eisig bei und läßt sie dann vollends weich kochen. Die Knollenwerden dann die normale weiße Farbe zeigen, ohne im Geschmackirgendwie beeinflußt zu sein._Notizen.— Professor Neißer f. Einer der hervorragendsten Ver-treter der dermatologischen Wissenschaft, Pros. Dr. Albert Neißer.ist in Breslau im 61. Lebensjahr gestorben. Er war es, der imJahre 1879 den Gonococcus, den Erreger der Gonorrhoe entdeckte,und er bat dann auch außerordentlich Verdienstliches geleistet in derBekämpfung dieser Geschlechtskrankheit, wie nicht minder in derErforschung und Bekämpfung der gefährlichen Syphilis. Er ver-suchte, ein Heilserum gegen diese Seuche zu finden, indem er, zuerstauf eigene Kosten, dann mit Reichsunterstützung, in Batavia einergroßen Anzahl von Affen die Syphilis einimpfte. Auch um dieErforschung der Lepra hat Neißer sich verdient gemacht. Als Vor-sitzender der Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheilenbat er in zahlreichen Vorträgen und Schriften erfolgreich für dieZiele dieser Vereinigung gewirkt.— Sie Inschrift am Reichstagsgebäude. Dieviel umstrittene Angelegenheit der Inschrift auf dem Reichstags-giebel am Königsplatz findet jetzt ihre endgültige Lösung. Die vomÄuSschmückungsausschuß des Reichstags beschlossene Ausschrift:„Dem Deutschen Volke" wird in großen deutschen Buchstaben an-gebracht.— D i e Schweizerische Schillerst iftung beschloß,dem Schriftsteller Alexander Castell in Zürich für seinen Novellen-band„Capriccio", dem Genfer Frank Grandjean und DominikMüller in Basel für ihre Gedichte und Albert Steffen in Münchenfür seine Romane Ehrengeschenke von je tausend Frank zu über-weisen. Andere Schriftsteller und Dichter erhielten kleinere Zu-Weisungen.— Romain Rolland, der bekannte französische Dichter,hat kürzlich auf eine Rundfrage nach der besten Methode, dem fran-zösischen Geist nach dem Kriege einen möglichst großen Einfluß zugewähren, die Antwort gegeben:„Hüten wir uns, der Welt unserDenken aufzudrängen, erweitern wir vielmehr unseren Gedanken-Horizont, so daß die Welt von unS bereichert wird.... MögeFrankreich ein Speicher Europas sein, wie es einst Gallien mit seinembesten Korn für Rom war. Denken wir, schaffen wir für alle 1 Abervergesse man nicht: damit Frankreich über die Welt seinen Strahlwerfe, müssen ihm noch Menschen bleiben. Das Kapital der Menschen-kraft ist im Abendland nicht mehr unerschöpflich: man wird es inkurzem an den Lücken erkennen, die der Krieg gerissen..."— Eine radio- telegraphische Verbindungzwischen den Niederlanden und Indien ist nach einerMeldung des Haager„Vaderland" zustande gekommen. Die Ver-bindung arbeitel zwar noch nicht zur vollen Zufriedenheit und kannvorläufig nur des Nachts umer günstigen Umständen in Täligkeittreten, gibt aber dennoch die Hoffnung, daß mit ihrer Hilfe die eng-tische Kontrolle der niederländischen Telegramme umgangen werdenkann.23]Zur tot erklärt.Von E r n st W i ch e r t.„Das GcriSt?"„Jawohl! Er ist vom Gericht für tot erklärt, wie sie'snennen."Der Seemann riß die Augen weit auf und starrte ihn,bewegungslos wie ein Steinbild, einige Sekunden lang an.Dann fingen seine Lippen an zu zittern, und ein grinsendesLachen verzerrte den Mund.„Also für tot erklärt—?" stießer mühsam heraus;„oho, das geht schnell! Für tot erklärt—ja. dann ist kein Zweifel weiter." Die Rede ging in einunheimliches Lachen über.Niclas sah ihn verwundert an und wagte nicht, weitereErklärungen zu geben. Erst als der Matrose ihn fragte:„Werhat denn solche Eile gehabt, mein Junge?" zeigte er mit derHand über das Haff und meinte recht pfiffig:„Ich glaube wohl, der da drüben."„Wer?"„Nun, der reiche Krüger, Herr?"„Konrad Hilgruber?"„Gewiß! Ihr kennt auch den?"„Und aus welchem Grunde?"„Hm! Er ist ja der Bräutigam." �„Konrad Hilgruber— der Bräutigam-- und dieBraut— die Braut?"„Nun, das ist ja eben die Annika Klars, des ertrunkenenPeter Klars Witwe."Fragen und Antworten hatten einander gejagt. Mehrund mehr vorgebeugt, und immer hastiger und wilder hatteder Fremde seine Erkundigungen eingezogen. Jetzt, als dasletzte gesagt war. rollten seine Augen, schwollen die Stirn-ädern blau an; seine Knie schlotterten und knickten ein, diekräftige Gestalt brach zusammen, wie vom Hiebe einer Axtins Genick getroffen, machte eine unfreiwillige Bewegungvorwärts und fiel schwer mit dem Gesicht auf den Sand.Das alles war ein Augenblick.7.Niclas sprang entsetzt einige Schritte zur Seite, sah angst-lich zurück, gewahrte kein Lebenszeichen und lief in atemloser �Hast eine Strecke den Sandberg hinab. Erst in einiger Ent»'fcrnung machte er Halt und wagte wieder einen Blick rück-wärts. Er überlegte, was zu tun sei; noch nie hatte er sichin einer so schwierigen Lage befunden.Nach dem Dorfe war's noch eine halbe Stunde; bis erjemand fand, der ihn begleitete, dauerte sicher ebenso lange.Sollte er nicht wenigstens erst nachsehen, was dem Mannefehle, oder ob er wirklich tot sei, wie es den Anschein hatte?Das Herz schlug ihm heftig, aber allmählich fand sich dochwieder ein wenig Mut ein; er beschloß, abzuwarten, ob derunheimliche Gast von selber wieder zu sich kommen würde.Darauf mußte er freilich lange warten. Endlich war esihm, als ob er ein leises Wimmern vernähme, wie wenn einKind recht schmerzlich weinte. Er horchte gespannt auf—und ganz recht, jetzt bewegte sich auch der Kopf, und die weitausgestreckten Hände griffen in den Sand, vielleicht um einenStützpunkt zu suchen.Das Mitleid wurde bei Niclas rege, er trat erst langsamund zögernd, dann immer eiliger den Rückweg an, kniete nebendem Kranken nieder und war ihm behilflich, sich aufzurichtenund auf die Seite zu werfen. Es war ein trauriger Anblick;der Fremde blutete aus Nase und Mund, und in seinem Barthingen zusammengeballte Klumpen Sand; die halb geöffnetenAugen waren wie verglast. Niclas band ihm das Halstuch abund bemühte sich, ihn zu reinigen, soweit dies ohne Wassermöglich war.„Haltet Euch ruhig," redete er ihm zu;„ichwill ins Dorf hinab und Leute herbeiholen."Der Matrose legte die Hand auf seinen Arm und be-deutete ihm, zu bleiben. Es war ersichtlich, daß er alle Energiedes Willens aufbot, sich wieder in den Stand zu setzen, Herrseiner Kräfte zu werden. Er richtete sich mit Anstrengungauf, sah nach dem Haff hinüber, schauerte zusammen undbrachte endlich mühsam die Worte heraus:„Das sind sie?"„Ich sehe die Fischerkähne nicht mehr," antwortete derHirtenjunge.„Sie müssen bald dort sein."„Und dann?— in die Kirche?"— stöhnte der Seemannschmerzlich heraus.„Wahrscheinlich!" bestätigte Niclas.„Vielleicht gibt'saber zuerst auch noch ein großes Essen im Kruge. Es gehtheute hoch her."Der Kranke versuchte aufzustehen, sank aber matt zurückund mußte den Kopf auf den Arm stützen.„Erzähle doch—wie das alles gekommen ist," bat er,„daß die Annika soschnell*— Er konnte nicht fortfahren.„Sie selbst hat eigentlich nicht recht gewollt," berichteteNiclas,„aber sie haben ihr alle zugeredet, daß sie eine Närrinwäre, so eine Partie auszuschlagen da ihr Mann nun docheinmal tot sei und sie nach dem T.ode des alten Klars nichtaus und nicht ein wüßte, zumal mit ihrem Kinde."„Mit ihrem Kinde?" fragte der Seemann lebhafter;„eslebt also?"„Jawohl, der Junge lebt und ist auch mit drüben, undder Krüger hat versprochen, daß er ihn halten werde, wie seineigenes Kind, und in die Präzentorschule schicken wolle. Demwird's einmal nicht fehlen."„Weiter— weiter!"„Ja, die Annika mochte nicht und soll viel geweint haben.Aber nachher kam er das zweite Mal herüber, als schon dasEis aufgehen wollte, und brach mit dem Fuhrwerk ein, daßdie schönen Pferde ertrinken mußten, und wurde nur mitMühe und Not gerettet und ins Dorf gebracht. Da lag ermehrere Wochen schlecht krank, so daß wir an seinem Auf-kommen schon verzweifelten, und seine Mutter glaubte gar,er sei tot, denn beim Eisgange konnte kein Boot hinüber, ihrNachricht zu bringen. Da soll sie sich schwere Vorwürfe ge-macht haben, daß sie von dieser Heirat nichts hat wissenwollen, denn sie hatte in ihrem Stolz auf eine ganz andereSchwiegertochter gerechnet. Als sich nun aber ihr Sohn derAnnika wegen in Lebensgefahr begeben hatte und als sie er-fuhr, daß er bei uns totkrank liege, da kam sie herüber undsagte ihm, daß er tun könne, was er wolle, und daß sie ihmnicht weiter hinderlich sein werde. Das half ihm denn baldwieder auf die Beine, aber er blieb noch bei uns einen ganzenMonat lang, und da hat denn die Annika endlich auch Ver-nunft angenommen und nachgegeben, und so ist heute dieHochzeit."Der Fremde hatte während dieser Erzählung düster vorsich hingesehen und schwer geatmet.„Ich weiß nun alles,"sagte er nach und einer Weile:„Ich muß hinüber— auch beider lustigen Hochzeit sein. Vielleicht komm' ich noch zur Zeit."„Das wird nicht angehen, Herr," meinte Niclas.„Siehaben sämtliche Boote mitgenommen."„Zum Teufel!" rief der Seemann ingrimmig,„auch dasnoch! Kein einziges Boot zurückgelassen?"„Soviel ich weiß, nicht," versicherte Niclas.„Der kleineKlarssche Handkahn liegt zwar auf dem Sande, aber derBoden ist an mehreren Stellen ausgefault."(Forts, folgt.)