Nr. 201.- 1916.
Unterhaltungsblatt des Vorwärts Sontag, 27. Auguf
Die Wunder der Kriegschirurgie.
Ein Mitarbeiter der„ Daily News" schildert die merkwürdige, oft ans Wunderbare grenzende Tätigkeit der Kriegschirurgen, die die durch schwere Verlegungen verunstalteten Soldaten wieder zu brauchbaren Menschen machen. Wir lassen hier ein paar Beispiele folgen:
Da ist z. B. die Wiederherstellung zerrissener Sehnen auf ope rativem Wege. Wir finden einen Patienten, der dicht am Schlüsselbein durch eine Kugel verletzt wurde; dadurch ist eine Muskelsehne der rechten Hand entzweigerissen worden. Die Hand hing infolgedeffen schlaff herunter, und bis vor kurzem würde man diefen Fall noch als hoffnungslos und unheilbar betrachtet haben. Man hat die beiden Enden der Sehne aber wieder verbunden, und aller Wahrscheinlichkeit nach wird der Mann nach einem Jahre feine Hand wieder ebenso gut gebrauchen können wie früher. Es ist so einfach wie das Aneinanderheften der Enden eines Telephondrahtes", sagte der Chirurg, der die Operation ausgeführt hat... Bei einem anderen Patienten war der fleischige Teil des Armes weggeschossen und ein etwa 10 Bentimeter langes Stück der Sehne, die die Finger bewegt, mitgerissen worden. Der Arzt rief ein paar andere Lazarette an, bis er gefunden hatte, was er brauchte. Um die Mittagszeit sollte in einem der Lazarette einem Patienten ein Bein abgeschnitten werden. Unmittelbar nach dieser Operation wurde aus dem abgeschnittenen Bein ein Stück Sehne von der gewünschten Länge genommen, in ein Bad von Salzwasser gelegt und durch ein Automobil dem Arzte, der angerufen hatte, zugesandt.
wäre auch viel zu erzählen über die neue elektrische Heilmethode, wobei Muskeln, die ihre Brauchbarkeit verloren hatten, wieder zu voller Kraft gebracht werden können. ( z)
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Nur über den künstlerischen Wert" des Werkchens kann man verschiedene Meinung haben. Gewiß, Georg Ofonkowski hat ein teilweis straff dialogisches und wirksames Libretto geschrieben- bis auf den matten Schluß. Es hat ihm da offenbar eine überfeetschinsulare Hochstaplergeschichte nach echt amerikanischem Zuschnitt vorgelegen. Der falsche Marquis ist nämlich der Typus eines erotischen Erzgauners. Nach dem Rezept: hundert Dollar stehlen oder er schwindeln kann jeder Einfaltspinsel, Millionendiebe aber sind Genies.
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ek.
Der Name dieses Künstlers ist während der letzten Jahre vor Zu diesem Tert hat Mar Gabrieltein Neuling mehr auf dem Kriege bekanntgeworden. Einige meinten, daß man in ihm seinem Gebiet die Musik beigesteuert. Mancherlei Illustrierungen einen Führer des Expressionismus zu erwarten habe; in der Tat komischen Charakters hören sich ganz hübsch an. Höhepunkte sind zeigten die Bilder, die man etwa von 1912 bis 1914 zu sehen bekant, wohl im Mittelakt die Liebesszene zwischen der Kubanerin und dem einen dekorativen Eifer, der farbige Flächen, menschliche Silhuetten, Naturforscher Gaf Rado, sowie die Entlarvung des Marquis als die sich als gepeinigter Sebastian bäumten oder sich sonst in irgend- Dieb im Hause des Barons ter Meulen. In dieser Musik steckt das einem erregten Zustand befanden, rhythmisch zu ordnen versuchte. Beug zu einer fomischen Oper höheren Stils. Was sonst noch Das schönste an diesen Bildern war das Temperament, das sich jucat, quieft und medert das spezifisch Melodische bleibt meist beinahe wild, aber immer mit formsuchender Klugheit entwirkte. in Anfäßen stecken- ist überlieferter Neuwienerischer, meinetwegen Es gab Visionen aus geballten, farbigen Wolfen, in Dunkelheit auch Berlinerischer Bossentram, wie ihn die„ Girls" und Gigerl verschwimmend, in Weiß ausdampfend. Man dachte an Greco, viel- vom Kantstraßentorso lieben. leicht auch an Matisse , ein wenig aber an Grünewald. Der Weisgerber dieſer Bilder war in der Sehnsucht ein Romantiker, ſeiner Der Kriegsverbrauch des französischen Soldaten. Begabung nach aber nur ein ornamentales Talent. 3miespalt war deutlich; der Betrachter konnte den Eindruck nicht Der zweite Gedenktag des Kriegsausbruches hat dem franüberwinden, daß hier ein Maler, der das Höchste wollte, die neue zösischen Bulletin des Armées" Gelegenheit gegeben, einige Monumentalität, froß aller Anstrengung nicht von der Illustration statistische Angaben über den Verbrauch eines französischen Solim Format der Jugend" loskommen konnte. Aber: auch wer Der Arzt hatte seinen Patienten bereits unter Narkose gebracht. nicht glaubte, daß Weisgerber der Vollender eines neuen Wollens daten von Anbeginn des Krieges bis zum Ende des zweiten Kriegsjahres zu machen. Danach hat jeder Soldat in den zwei Jahren Die Wunde im Arm wurde mit der Wundnadel geöffnet; dann werden würde, mußte diesen Maler doch lieben um seines glühenden durchschnittlich 504 Kilogramm Brot verzehrt, für die 497 Rilowurden die Enden der durchgeschossenen Sehne aufgesucht und mittels Eiferns und seiner tiefen Leidenschaft willen. des aus dem abgeschnittenen Bein genommenen Stücks Sehne an Es war darum durchaus zu billigen, daß nun, nachdem Weis- gramm Getreide verwendet worden sind. Zur Erzeugung dieser 497 Kilogramm Getreide hat es einer Erdfläche von 2 bis einandergeheftet. Der Patient dürfte in nicht zu langer Zeit seine gerber dem Kriege zum Opfer gefallen war, eine Ausstellung seiner 212 Quadratkilometer bedurft. Außer dem Brot hat jeder Soldat Hand wieder gebrauchen können. Werke veranstaltet wurde. Diese Ausstellung hat in München ein Quantum bon 330 Kilogramm Fleisch verzehrt, das Knochenchirurgie ist schon eher bekannt und auch einfacher, wenn stattgefunden. Jetzt ist auch im Salon von Paul Cassirer dem bon Lebendgewicht eines Ochsen man so sagen darf; und doch ist es sehr merkwürdig, mit einem Kilogramm größere Sammlung eine Bildern Weisgerbers bon zu entspricht. Daneben berbrauchte er für die Ernährung Manne zu sprechen, der einen Unterkiefer hat, der früher ein Teil sehen. Ich weiß nicht, ob diese Stollektion mit der Münchener Ge- 22 Kilogramm Speď oder Fett, 130 Kilogramm Kartoffeln, 86 Kilofeines rechten Beines war. Das Stück Wadenbein wird rasch wieder dächtnisausstellung übereinstimmt, möchte es aber kaum glauben. gramm Gemüsekonserven, 7 Kilogramm Teigwaren, 2 Kilogramm Käse, anwachsen, und dann verfügt der Patient wieder über ein tadelloses Die Werke, die bei Cassirer hängen, geben von dem eigentlichen, 18 Kilogramm Salz, 43 Kilogramm Buder und 29 Kilogramm geUntergestell.. Es kam in eines der Kriegslazarette ein junger besonders von dem Weisgerber der letzten Jahre keinen rechten rösteten Kaffee. Verraucht hat er in der gleichen Zeit 11 NiloMann, dessen Bein ungefähr 12 Zentimeter zu furz geworden war, Eindruck. Wenn es wohl vorkommen mag, daß der Kunsthändler weil an einer Bruchstelle die Enden des gebrochenen Hüftbeines aus einem Maler mehr zu machen versucht, als dieser in Wahrheit gramm Tabak, das heißt 110 Pakete von je 100 Gramm. Was die übereinander gewachsen waren. Er wäre deshalb, wenn ist, so scheint diesmal das Umgekehrte beabsichtigt, zum mindesten Getränke anbetrifft, so hat er allein an Wein 360 Liter getrunken. er sich feiner neuen Behandlung unterworfen hätte, lebens- geschehen zu sein. Man muß sagen, daß auf eine Gedächtnisaus- In diesen Zahlen sind indessen die Extrarationen der Kompagnien länglich Strüppel geblieben. Wan operierte ihn nun auf die stellung mehr Sorgfalt hätte verwendet werden müssen und daß es ebensowenig wie die Liebesgabensendungen einbegriffen. Und nun folgende Weise: Zuerst wurde das Bein, nachdem der Patient unter unmöglich ist, bei der Vorführung eines vollendeten Lebenswertes zur Bekleidung. Seit dem Beginn der Feindseligkeiten bis zum Narkose gebracht worden war, von neuem gebrochen; dann wurde die letzte Periode, vor allem wenn diese wie bei Weisgerber wirklich 1. Mai 1916 wurden für den Heeresbedarf über 75 Millionen Meter Tuch bon 140 Zentimeter Breite verwendet, eine Tuchder Knochen bloßgelegt, an beiden gebrochenen Enden ein Stückchen die entscheidende und der Abschluß der bis dahin zu überblickenden menge, mit der man zweimal den Erdball umspannen Stnochen glatt abgefägt und das fehlende Knochenstück durch ein Entwicklung war, einfach fortzulassen. Die Ausstellung bei Cassirer tönnte. Legt man einen durchschnittlichen Preis von 8 bis Stückchen Stahlröhre, das an den Knochenenden befestigt wurde, ist eine unzulängliche Totenfeier. Immerhin sind da einige sehr charaktervolle, zwar stets irgend lieferung an sich einen Wert von 700 Millionen Frank dar. Die 10 r. für den Meter zugrunde, ersetzt; so wurde der gebrochene Knochen zusammengeheftet und auf so stellt diese Kleiderdie richtige Länge gebracht. Die Operation wurde genau so aus- wie ausgedehnte, bald an Liebermann, bald an Trübner, bald an Lieferung der Hosen und Röde für einen Effektivbestand von geführt, als ob es sich nicht um ein lebendiges Menschenbein, die Münchner Ateliermalerei, bald an den spanischen Griechen, 100 000 Mann erfordert die Wolle von 75 000 Schafen. Die Erelbern um einen zerbrochenen Zischfuz handelt. Die Stahlröhre bald an Cézanne erinnernde Bilder, die einen unermüdlichen Arund die Schrauben, mittels welcher fie festgenietet wurde, werden beiter, einen taftvollen Organisator, einen flugen Künstler, einen nährung eines Stämpfers stellte sich pro Tag im Durchschniit auf fortan einen unerläßlichen Bestandteil des knochengerüftes dieses feurigen Menschen aber doch eigentlich keinen Schöpfer zeigen. 2 Frant, ausschließlich des Zusages, der zur Verbesserung der einzelnen Nation zugebilligt wird. Bekleidung und Equipierung erfordern annähernd den gleichen Preis, nämlich 2 Frank für den Soldaten an der Front und 40 Centimes für den in der Etappe. Der Uniformrod stellt sich auf 80 Frant, die Hofe auf 12 und das Baar Schuhe, deren Rohmaterial zumeist aus Amerika bezogen wurde, auf 21 Frant.
Mannes bilden, denn Stahl rostet nicht, wenn er von lebenden Geweben umgeben ist. Das Bein ist nun wieder so lang wie es urfprünglich war, und der Patient kann wieder gut laufen..
Kleines Feuilleton.
R. Br.
Komische Oper:„ Die schöne Kubanerin".
Notizen.
Mittwoch die Griechin Frau Haritlaia Karopulos in deutscher Vorträge. In der Urania spricht am Montag und Sprache unter Vorführung zahlreicher Bilder über Griechenland . Der erste Sturm Kunstabend findet am Freitag, den 1. September, abends 8 Uhr, in der Potsdamer Straße 184a statt. Er ist
Wenn der obere Teil des Gesichts weggeschossen ist, können solche Operationen nicht ausgeführt werden, aber hier kommt der Bildhauer zu Hilfe, der genau passende Gesichtsmasken macht; diese Masken machen durchaus den Eindruck eines lebenden Gesichtsteiles. Sie find( für England) eine Erfindung des Leutnants Am Freitag, wenige Stunden vor Beginn der Vorstellung, proDerwent Wood, eines bekannten Bildhauers. Er arbeitet nach Bild- testierten die Autoren gegen die Aufführung: als ihrem Willen und nissen des Patienten, die aus der Zeit vor der Verwundung stammen, dem ursprünglichen künstlerischen Werte“ zuwider. Wenn das nicht und erzielt eine sprechende Aehnlichkeit in den Masken, die aus ver- billige Reklame heißen will, ist bejagter" Protest" wenig am Blaze. filbertem Stupfer bestehen und in der Farbe sorgfältig abgestimmt" Die be anstandete Inszenierung und musikalische Vorbereitung werden, so daß sie zu dem übrigen Gesicht passen. So hergestellt, machte uns nicht den Eindruck, als laufe fle herkömmlicher Auftann der Patient wieder unter Menschen gehen, ohne aufzufallen. fassung quer. Und was die Vorführung anging, so zeigte sie von Es wären noch zahllose Fälle von staunenswerten Leistungen Fleiß und Sauberkeit. Lori Leur ist für die Darstellung der dem gefallenen Dichter August Stramm gewidmet. geschickter Chirurgen zu vermelden. So z. B. die Geschichte des Kubanerin, egotisch und faszinierend, was sie doch sein soll, Theaterchronit. Das Deutsche Opernhaus beBatienten, dem ein Stück Schrapnell in die Brust flog, und zwar wie geschaffen. Hugo Werner- Kahle gab den tubanischen ginnt am Montag, den 28. Aug., die Winterspielzeit mit Richard Wagners so, daß es in die hintere Seite des Herzens drang. Der Arzt öffnete Marquis" schauspielerisch geradewegs glänzend. Vortreff Meistersingern. Das Schiller Theater Berlin - Osten wird den Brustkasten und entfernte aus dem klopfenden Herzen, das er lich fügten sich Oskar Braun, Jda Perry, Steffi Walidt am 31. August mit Jbsens Frau vom Meere" eröffnet.- Die erste in der Hand hielt, durch Abtasten mit den Fingern den Schrapnell- und Franz Rauch ein. Und daß Poldi Deutsch seinen etwas Vorstellung im Schilier- Theater- Charlottenburg in der neuen Spielsplitter, ohne eine ernstliche Blutung in der Brusthöhle zu ver- trottelhaften Baron mit mehr oder weniger gelungenen Ertempores zeit bringt am 2. September den Kater Lampe" von Emil Rosenow. ursachen. Das neue Betäubungsmittel, von dem jetzt meist Ge- bedachte, daß namentlich die Bezeichnung der Arche Noahs als erstes brauch gemacht wird, ist so wenig hinderlich, daß der Patient zwei israelitisches Unterseeboot" schallende Heiterkeit erregte, spricht sicher Stunden lang unter Narkose bleiben und kurz nachdem er wieder auch wenn nicht für die Operette, so doch eben für den alleweil zu Bewußtsein gelangt ist, ruhig eine Zigarette rauchen kann. Es schlagfertigen Komiker.
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Jans Heimweh.
Eine Geschichte aus dem Wärmland von Selma Lagerlöf . Gleich darauf flüsterte ihm indes eine der Frauen zu: ,, Wartet ein weng, Jan, ich werd Euch helfen!" Und dann stimmte sie mit der richtigen Melodie und dem richtigen Ton in das Weihnachtslied ein.
Es klang schön durch die Nacht zwischen den Bäumen. Die anderen konnten nun auch nicht zurückbleiben, sondern stimmten ebenfalls mit ein.
„ Gruß dir, du schöne Morgenstund, durch der Propheten heil'gen Mund ist sie verkündet worden!"
Da ging es wie ein ängstliches Sausen durch die Trollbäume. Sie zogen die Schneemüßen so tief herein, daß man nichts mehr von ihren bösen Trollaugen sah, und ebenso zogen sie die ausgestreckten Krallen unter Tannennadeln und Schnee zurück. Als der erste Liedervers verflungen war, fonnte niemand mehr sehen, daß da oben auf der Waldhöhe etwas anderes vorhanden war als gewöhnliche, ungefährliche alte Tannenbäume.
Die Fackeln, die den Leuten aus Askedalarna durch den Wald geleuchtet hatten, waren abgebrannt, als die Schar die Landstraße erreichte. Aber von da an ging es mit Hilfe der erleuchteten Bauernhäuser weiter. Wenn ein Haus aus dem Gesichtskreis entschwand, gleich schimmerte ein anderes in geringer Entfernung auf. Die Leute hatten in alle Fenster Lichter gestellt, um den armen Wanderern den rechten Weg nach der Kirche zu zeigen.
Schließlich erreichten die Leute einen Hügel, von dem man die Kirche sehen konnte. Da stand sie vor ihnen: aus allen Fenstern strömte heller Lichterschein heraus, und sie sah aus wie eine riesengroße Laterne.
Als die Wanderer die Kirche sahen, blieben sie unwillfürlich stehen, der Anblick raubte ihnen den Atem. Nach allen den kleinen Häusern und niederen Fenstern, an denen sie borbeigepilgert waren, kam ihnen die Kirche so überwältigend groß und überirdisch hell vor.
Als Jan die Kirche erblickte, mußte er unwillkürlich an ein paar arme Leute in Palästina denken, die die ganze Nacht unterwegs gewesen waren und ein kleines Kind bei sich hatten, ihren einzigen Trost und ihre einzige Freude. Sie kamen von Bethlehem und wollten nach Jerusalem , weil das Kind im Tempel zu Jerusalem beschnitten werden sollte. Aber sie
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Die Reinhardt- Bühnen, die die Spielzeit am 1. September bes ginnen, bringen als erste Premiere in den Kammerspielen am Sonnabend, den 2. September, Wedekinds Posse„ Der Schnellmaler".
mußten sich in dunkler Nacht dahinschleichen, weil es so viele| sagte Katrine. Ich fürchte, Du wirst doch noch mit ihm hingab, die dem Kindlein nach dem Leben trachteten.
Die Leute von Askedalarna waren in aller Frühe von Hause weggegangen, um vor denen anzukommen, die nach der Kirche fuhren, aber in der Nähe der Kirche wurden sie doch von diesen eingeholt. Sie kamen mit schnaubenden Pferden und klingenden Schellen dahergefahren, jagten in faufendem Galopp dahin und zwangen die armen Fußgänger, sich auf den hohen Schneewall am Wegrand zu retten.
Jezt hatte Jan das Kind auf dem Arm. Unaufhörlich mußte er den Fuhrwerken ausweichen. Er kam auf dem finsteren Weg nur sehr schwer vorwärts; aber vor ihm lag ja der strahlende Tempel, und wenn sie nur dorthin gelangen konnten, dann waren sie sicher geborgen.
Jetzt erhob sich hinter ihnen lautes Schellengeflingel und Pferdegetrappel. Ein großer Schlitten mit zwei Pferden da vor kam dahergefahren. Drinnen saß ein junger vornehmer Herr in schwarzem Belz und hoher Pelzmüße mit seiner jungen Frau an der Seite. Er führte selbst die Bügel, aber hinter ihm stand der Kutscher mit einer lohenden Fackel in der hocherhobenen Hand. Die Flamme flacerte im Luftzug weit zurück und ließ einen langen Schweif von Rauch und sprühenden Funken hinter sich.
Jan stand auf dem Schneewall am Wege mit dem Kind im Arm. Es sah sehr gefährlich aus; sein einer Fuß sank plötzlich tief in den Schnee hinein, und er war am Umfallen. Da zog der kutschierende Herr heftig an den Bügeln und rief Jan, den er vom Wege verjagt hatte, an.
Gib das Kind her, dann fahre ich es in meinem Schlitten mit nach der Kirche!" sagte er freundlich. Wo so viele Fuhrwerke unterwegs sind, ist es gefährlich, wenn man ein kleines Kind zu tragen hat."
die
Doch Jan antwortete:
fallen."
Sätt' ich ihnen das Kind überlassen sollen? Du weißt nicht, was Du sagst. Hast Du nicht gesehen, wer es war?" ,, Was wäre denn für eine Gefahr dabei gewesen, wenn wir's mit den Hüttenbefizern von Duvnäs hätten fahren lassen?"
Da hielt Jan Andersson von Skrolyda plößlich an. " Ist das der Hüttenbesitzer auf Duvnäs mit seiner Frau gewesen?" fragte er, und es sah aus, als sei er eben aus einem Traum erwacht.
Gewiß ist's die Herrschaft vom Hüttenwerk gewesen. Für wen hast Du sie denn gehalten?"
Ja, wo war Jan mit seinen Gedanken gewesen? Was war das für ein Kind, das er die ganze Zeit über getragen hatte? Wohin stand ihm das Biel seiner Reise? In welchem Lande war er jegt eben gewandert?
Er strich sich mit der Hand über die Stirne und sah etwas verlegen aus, als er Katrine antwortete:
" Ich hab' geglaubt, es sei der König Herodes vom Lande Juda und Herodias , seine Frau."
Das Scharlach fieber.
Ms das kleine Mädchen in Skrolycka ungefähr drei Jahre alt war, bekam es eine Krankheit, die man wohl Scharlachfieber nennen könnte, denn sein ganzer Körper war dunkelrot und brannte wie Feuer, wenn man ihn anrilhrte. Die Kleine wollte nicht essen und konnte auch nicht schlafen, teilnahmlos lag fie in ihrem Bettchen und redete irre. Jan brachte es nicht über sich, von Hause wegzugehen, so lange das Kind frank war, Tag um Tag blieb er in der Hütte fizen, und es sah nachgerade aus, als würde Erik in Fallas Roggen in diesem Jahr ungebroschen bleiben.
Katrine war es, die das kleine Mädchen pflegte, die es
" Ich dank schön, aber' s geht ganz gut.". Wir werden die Kleine zwischen uns sehen, Jan," sagte wieder zudeckte, so oft es die Decke zurüdwarf, und ihm ein junge Frau. Ich dank schön, aber' s geht ganz gut."
,, Ach so, Du wagst das Kind nicht aus dem Arm zu lassen," sagte der Herr, und dann fuhr er lachend davon..
Die Wanderer zogen- weiter; aber der Weg wurde immer gefährlicher und beschwerlicher. Schlitten folgte auf Schlitten. m ganzen Kirchspiel gab es kein Pferd, das nicht am Weihnachtsmorgen unterwegs gewesen wäre, um Leute nach der Kirche zu fahren.
Du hättest sie das Kind wohl mitnehmen lassen können,"
wenig von dem verdünnten Heidelbeersaft zu trinken gab, den Katrine von der Mutter in Falla bekommen hatte.
Wenn die Kleine gesund war, wurde sie meistens von Jan versorgt; aber in demselben Augenblick, wo sie krank wurde, wagte er nicht, ihr nahe zu kommen. Er hatte Angst, er fönnte ihr schaden und würde sie nicht zart genug anfassen.
Aber aus dem Hause hinaus ging er nicht; still saß er in der Ede am Ofen und starrte unverwandt zu der kleinen Kranken hinüber, ( Forti. folgt.)