iMia-me. Unterhaltungsblatt öes Vorwärts Die Tierpenjlon. llnerschöpflicki ist die Reihe der Neuerscheinungen, die uns durch die Lebensmitlelknappheit beschert wurden. Zuerst gab es Zentralen und Ausschüsse, dann eine friedliche Vereinigung der Schöpfungen beiderlei Art unter dem schönen Familiennamen Zentralausschutz. Dann Genossenschaften, Meldestellen, Preisprüfungsstellen, Bermirielungs- ämter. In dem Maße, in dem die Schar der.ausverkauften" Waren sich vermehrte, schössen alle diese neugeschaffenen Aemter und Gesellschaften aus dem Boden, wie die Pilze zur Frühlingszeit— denn das Gegenteil anzunehmen, wäre ein wenig zu kühn, trotzdem scharfsichtige Beobachter einen umgekehrten Kausalnexus zwischen .Ausverkauft" und Lebensmittelgesellschaft herzustellen geneigt waren. Wie immer dem sein mag— und wer wollte sich unterfangen, dieses so labyrinthische Gebiet ganz zu durchdringen— an Gefell ' schaslen herrscht kein Mangel, und wenn man die Namen all dieser Unternehmungen an Stelle der entschwundenen Butter aufs Brot schmieren könnte, hätle man allen Anlaff die feiten Zeiten zu loben. Während aber Herr von Batocli den Kampf mit Kartoffeln und Fett, mir Furtermuteln und Schlachtvieh, mit Obst und Fischen aus» genommen bat, hat auch— um in der Bildersprache dieses Gebietes zu bleiben— ein blindes Huhn ein Korn gesunden. Ein bisher un- bekannter Mann auf dem Lande— Ehre sei seinem Namen, der sich mit Ruhm bedecken wird— sann über die lebensmittelknappe Lage der Städter nach. Er hatte einen klaren Kopf, erfahrenen Sinn und ein mildes Herz, das in lebhaftem Mitgekühl für den armen Städter schlug,— und schließlich waren seine Bemühungen auch von Erfolg gekrönt. Er ging hin und eröffnete— eine Tierpension. Die Sache verhält sich demnach folgendermaßen: Wer zwar Geld, aber kein milch- oder eierspendendes Haustier besitzt und es nicht wagt, sein Arbeitszimmer mit Hühnern zu bevölkern und im Schlafzimmer ein Kalb großzuziehen,— wer in der Stadt wohnt und dennoch zu eigenem Nutz und Frommen Viehwirtschaft betreiben möchte, wende sich in Zukunft ganz einfach an die Tierpension. In der behaglichen Stille des Landlebens, fern von Hochbahnen und Elektrischen, wo an Stelle des Asphalts noch Gras und Kräuter wachten, bat der Tierpensionsinhaber sein Reich aufgeschlagen. Ein richtiges Tierhotel mit allem, was dazu gehört. Er hat Stallräume, Hühnergalter, Schweinekoben uiw. und erklärt sich gegen ein enl- sprechendes Entgelt bereit, die ihm Lbergebenen Zöglinge nach bestem Wissen und Gewissen großzuziehen und den Besitzer ständig mit den derart erzielten Gaben der Natur, als da sind, Fett, Milch und Eier zu versorgen. Jedes Tier, das der Pension über- wiesen wurde, erhält eine Nummer und wird mitsamt seinen heute so kostbaren Erzeugnissen getreulich verwaltet. Willst du dir ständige Eierlieferung sichern? Nun wohl, kaufe ein Huhn und übergib es dem Tierpensionat. Willst du täglich eine Flasche voll frischer Milch haben? Geh' zur Bank, behebe dein Gut- haben und erwirb eine Kuh, die man im Ticrpensional pflegen und melken wird. So ist es denn zum ersten Mal dem Städter möglich, im Neben- berufe noch Landwirt zu sein. Unleugbar ein Fortschritt, nicht nur gegen die bisherige Kriegszeit, sondern auch gegen den Frieden. Das.zur Bank gehen" ist allerdings keine bloße Redensart: nach den Angaben des Pensionsinhabers lostet eine lebende Kuh— wenn das Pensionat den Ankauf besorgt— die Kleinigkeit von 2260 M. Hier scheint dem Tierpensionswirt das Temperament etwas durch- egangen zu sein. Aber er besinnt sich wieder, findet diese Ausgabe elbst für einen gewöhnlichen Bürger zu erklecklich und gibt bekannt, daß man sich bei ihm sozusagen auch auf ein Drittel Kuh— das beißt auf ein Drittel der Produkte des werlvollen Tieres— einschreiben kann. Für 750 M. wird man demnach Drittel-Kuhbesitzer, wofür man nunmehr natürlich auch nur ein Drittel der Futlerspesen und„Er- ziehungskosien", nämlich 6 M. die Woche, zu enlriwten hat. Als Entgelt lleferr die Pensions-Drittel-Kuh ihrem Anteilbesitzer täglich IVz— 2 Liter Milch und wöchentlich ein Pfund Butler, was für eine dreiteilige Kuh eine zwar nicht übermäßige, aber doch achtenswerte Leistung ist. Wesentlich billiger ist es, ungestörter Besitzer einer un- geleilten PensionSgans zu werden. Man zahlt für die Anschaffung des Zöglings nicht mehr als 25 M. und wöchentlich 60 Pf. für Futter. So weiden denn die glücklichen Kunden der Tierpension stolz und leichten Herzens an den Nahrungsmittelpolonäsen vorbeigehen, in dem erhebenden Gefühl, ihr Swäfchen(Schafe und Ziegen kann man natürlich auch der Pension anvertrauen) im Trockenen zu haben. Unterdeffen sollen bereits andere Tierpensionate der ersten ge- folgt sein. Wie in allen großen Dingen ist auch hier ein Hang zum Spezialisieren bemerkbar? so heißt eine neue angekündigte Anstalt nicht Tier-, sondern Schweinepensionat, womit wohl gesagt sein soll, Jans Heimweh. Eine Geschichte aus dem Wärmland von Selma Lagerlöf . Nachdem der Gesang zu Ende war, stiegen Raketen hoch in die Luft empor. Und als die kleinen Feuerkugeln in den dunkelblauen Nachthimmel hinauszischten und dann in einem Regen von roten, blauen und gelben Sternen wieder herunter- fielen da fühlte sich Jan zu gleicher Zeit so demütig und er- hoben, daß er für einen Augenblick Klara Gulla vollständig vergaß. Und als er wieder zu sich selber kam, war sie der- schwunden. „Nun hilft das nichts," dachte Jan.„Hoffentlich geht's ihr auch diesmal gut wie sonst immer, und sie wird weder vom Großknecht Söderlind noch von einem der anderen Wächter gefaßt." Es lohnte sich nicht, in dem großen finsteren Obstgarten nach deni Kinde zu suchen. Das klügste, was Jan tun konnte, war, stehen zu bleiben und auf Klara Gulla zu warten. Und es wurde für ihn nicht einmal ein langes Warten. Kaum neigte sich ein zweiter Gesang seinem Ende zu, da sah er den Großknecht Söderlind mit Klara Gulla auf den Armen daherkommen. Leutnant Liljecrona stand mit einigen anderen Herren auf der obersten Stufe der Freitreppe und hörte dem Gesänge zu. Der Großknecht blieb vor ihm stehen und ließ das kleine Mädchen zur Erde gleiten. Klara Gulla schrie weder, noch machte sie einen Versuch, davonzulaufen. Sie hatte ihr Schürzchen mit halbreifen Aepfeln vollgepflückt und dachte nur daran, es mit sicherem Griff festzuhalten, damit ja kein Apfel herausfallen könne. „Das Mädchen da saß auf einem Apfelbaum," berichtete Söderlind.„Herr Leutnant haben ja gesagt, wenn ich einen Apfeldieb zu fassen kriegte, so wollten Herr Leutnant selbst mit ihm reden." Leutnant Liljecrona betrachtete das kleine Mädchen, und dann begann es in den Fältchcn um seine Augen zu zucken, aber man wußte nicht, ob er im nächsten Augenblick anfangen würde zu lachen oder zu weinen. Wahrscheinlich hatte er die Absicht gehabt, ein paar ernste Worte mit dem zu reden, der ihm seine Aepfel stehlen wollte? als er aber das kleine Mädchen vor sich sah, das sich bemühte, daß talentierte Schweine dort eine besonders gründliche Ausbildung genießen. Die Tierpensionsbesitzer behaupten, dieses neue PensionSwesen sei eine in jeder Beziehung vorteilhaste Errungenschaft; nun— sie müssen es ja schließlich am allerbesten wissen. A. B. Jn öer Dobruöscha. Durch den Einmarsch deutscher und bulgarischer Truppen in die Dobrudscha ist diese Landschaft zum Kriegsschauplatz geworden. Unter Dobrudscha ist alles Land zu versieben, was sich nordöstlich der bulgarisch -rumänischcn Grenze zwischen der Donau und dem Ufer des Schwarzen Meeres besindet. Es ist eine Landschaft, die der Orientreisende flüchtig kennen lernt, wenn er den Eisenbabnweg über Bukarest — Konstanza wählt. Hat die Bahn die beiden Donau - arme überschritten, so führt sie weiter durch die hügelige Dobrudscha, etwa parallel dem sogenannten Trajanswalle. der annähernd 600 Kilometer langen Befestigung zwischen der Donau und Konstanza ; nur eine einzige größere Ortschaft wird berührt, Medjidio, etwa in der Mitte zwischen dem Strome und dem Meer, und in Konstanza , dem Tomi des Altertums, erreicht der Schienen- sträng das Schwarze Meer . Konstanza war zur Zeit der Genuesen- Herrschaft ein stattlicher Handelsplatz, verfiel dann unter der Türken- Herrschaft, hat aber seil der Vollendung des Eisenbahnbaues einen gewalligen Ausschwung genommen und spielt heute eine um so größere Rolle, als im Winter die Donaumündung häufig zuzu- frieren pflegt und der Verkehr dann über Konstanza geleitel werden muß. Die Stadt liegt auf einer zum Meer steil abfallenden Land- zunge oberhalb des ganz modein eingerichteten Hafens; ihre Ge- schichte bringt es mit sich, daß sie einen recht bunten Ein- diuck macht; sie bat alte orientalische Straßen, deren weiße Häuser wenige Fenster haben, schlanke Minarets ragen auf, und an anderen Stellen wieder wirkt sie ganz modern europäisch, zumal da sie auch als Badeort viel aufgesucht wird. Eigentliche Sehens- Würdigkeiten hat sie nicht, man müßte denn das Denkmal Ovids dabin zählen. Die ganze Dobrudscha hat sonst keine größeren Städte aufzuweisen, denn Silistria , die alte Festung, die als Donau - Übergang noch heute große strategische Bedeutung hat, sowie Braila , erne der größten Handelsstädte ganz Rumäniens , liegen nur am Rande der Dobrudscha und gehören zur Donau . Der Teil der Dobrudscha. der unmittelbar an den Ufern des Stromes liegt, unterscheidet sich wesentlich von der übrigen Do- brudscha. Hier, im Norden und im Westen, schließen sich an die lehmigen Ufer des Stromes Schilf- und Sumpfgebiete an; eine Strecke weil findet man noch kleinere Seitenarme der Donau , aber bald gelangt man, in welcher Richtung man sich auch bewegen mag, in die eigentliche Dobrudscha, ein schwach gewelltes Hügelland, dessen Höhen allenfalls bis zu 200 Meter auf- steigen, das fast gar keinen Baumwuchs aufweist, streckenweise viele Wochen hindurch keinen Tropfen Regen empfängt und von den unbarmherzigen Sonnenstrahlen ausgedörrt wird. Verdorrtes Gras und Disteln wachsen auf den nicht bebauten Teilen; alles ist unter der graugelben Staubschicht verdeckt, auch auf den Straßen liegt zollhoher Staub, und wenn ein Wagen sie befährt, wirbelt er in hohen Wolken empor. Dennoch ist der Boden nicht unfruchtbar; wo er in Kultur genommen worden ist, gibt er gute Ernten von Kartoffeln und Gerste, man findet ausgedehnte Maisfelder, und wo der Boden sich dazu eignet, namentlich in der Nähe der Donau . werden viele Melonen gebaut. Gibt es keine größeren Ortschaften innerhalb des hügeligen Steppengeländes, so finden sich doch zahlreiche Dörfer. Durchquert man die Dobrudscha , so könnte man, wenn man auS einem Dorfe ins andere gelangt, beinahe glauben, man sei unvermittelt in ein ganz anderes Land verschlagen, denn die Dobrudscha ist von einem bunten Völkergemische besiedelt: es finden sich Bulgaren , Türken und Rumänen, dann wieder trifft man Tatarendörfer und ab und zu stößt man auch auf eine deutsche Siedelung. Die rumänischen Dörfer machen gewöhnlich einen ziemlich bunten Eindruck. Bei den Tatarendörfern fällt namentlich der Mangel von Bäumen auf; der Glaube der Bewohner verbietet es nämlich, einen Baum dort anzupflanzen, wo er nach dem Willen des Schöpfers offenbar nicht hingehörte. Den besten Eindruck machen die deutschen Dörfer; sie sind sauber und ordentlich; die Straße ist gerade und wohlgehalten, von einer niedrigen Mauer eingefaßt; neben der Hauspforte steht gewöhnlich eine Bank, auf der die Bauern nach getaner Arbeit mit ihrer Tabakspfeife sitzen, hinter den blankgeputzten Fenstern sieht man schneeweiße Gardinen, und wenn man eins der schmucken Häuschen betritt, findet man sicher behäbige Einrichtungen,— kurz: die deutschen Ansiedler sind deutscher Sitte und Art treu geblieben. Sie finden sich in der Dobrudscha seit der Mitte des vorigen Jahr- Hunderts, seit den siebziger Jahren tauchten deutsche Einwanderer sein Sckiürzchen voll Aepfel festzuhalten, empfand er das herz- lichste Mitleid mit der Kleinen. Er wußte nur nicht recht, wie er es anstellen sollte, daß er sie ihre Aepfel behalten lassen konnte. Denn wenn er sie ohne weiteres laufen ließ, so konnte möglicherweise später sein ganzer Obstgarten gestohlen werden. „So, Du hast also Aepfel gestohlen," sagte er.„Du gehst doch in die Schule und hast die Geschichte von Adam und Eva gehört und solltest darum wissen, wie gefährlich es ist, Aepfel zu stehlen." Jn diesem Augenblick trat Jan herzu und stellte sich neben Klara Gulla. Er war recht ärgerlich über sie, weil sie ihm nun seine ganze Freude verdorben hatte, aber er mußte ihr doch auf alle Fälle beistehen. „Tun Sie dem kleinen Mädchen nichts, Herr Leutnant I" sagte er.„Denn ich selbst habe ihr die Erlaubnis gegeben, auf den Baum zu klettern und sich Aepfel zu holen." Kaum hatte er das gesagt, als Klara Gulla ihrem Vater einen strafenden Blick zuwarf und ihr Schweigen brach. „Nein, das ist nicht wahr," sagte sie.„Ich selbst wollte die Aepfel haben. Vater hat den ganzen Abend hindurch meine Hand festgehalten, damit ich keine holen könnte." Nun wurde der Leutnant höchst vergnügt. „Sieh, das ist recht von Dir, mein liebes Kind," sagte er.„Das ist recht, daß Du nicht Deinen Vater die Schuld auf sich nehmen läßt. Sieh, Du weißt wohl, daß der liebe Gott auf Adam und Eva nicht darum so böse geworden ist, weil sie Aepfel gestohlen hatten, sondern weil sie feig waren und immer das eine die Schuld auf das andere schieben wollte. Du darfst jetzt ruhig fortgehen, und Du darfst auch Deine Aepfel mitnehmen, weil Du Dich nicht gefürchtet hast, die Wahrheit zu sagen." Dann wendete er sich an einen seiner Söhne und sagte zu ihm: „Gib Jan ein Glas Punsch. Wir wollen mit ihm auf seine Tochter anstoßen, weil das kleine Mädchen eine bessere Antwort gegeben hat als einstmals die Mutter Eva. Um uns alle stünde es heute weit besser, wenn statt ihrer damals Klara Gulla im Paradiese gewesen wäre." II. Lars Gunnarsson. Erik in Falla und Jan in Skrolycka waren an einem kalten Wintertag tief drin im Hochwald beim Baumfällen, auch in der südlichen Dobrudscha auf. Sie kamen nicht immer auS Deutschland selbst, sondern aus Galizien , Beßarabien , Wolhhnien und Cherson . Aucb Eliasier, Badener und Württemberger, die ur- sprünglich nach Rußland ausgewandert waren, sind in den siebziger Jahren in die südliche Dobrudscha eingewandert. Kleines Feuilleton. Glück und Zufall bei wissenschaftlicher Forschung. Dem kürzlich verstorbenen russisch-französiscben Gelehrten Jlija Metichnikow fragte einmal ein französisches Blatt, ob er als Mann der Wtssenschaft in seinem Gelehrtenleben viel der„vsirrs" zu der- danken gehabl hätte, dem bißchen Glück, von dem, nach der Meinung vieler Leute, bei schwierigen Unternehmungen das Gelingen weit eher abhängt als von Tüchtigkeit und von Kenntnissen, und das der Holländer mit dem sehr charakteristischen Ausdruck„bofjs", d. h. ein kleiner Stoß, ein kleiner Puff nach vorn, bezeichnet. Die Antwort, die Metschnikow gab, verdient, der Vergessenheit enlriffen zu werden: «Bevor man," so schrieb er,«auf die Frage, ob jemand in seinem Leben wohl einmal eine Stunde„Glück" gehabt habe, richtig ant- Worten könnte, müßte man wissen, was eigentlich unter„Glück" zu verstehen ist. Wie whr ich mich aber auch bemühe, eine befriedi« gende Erklärung dieses Wortes zu finden, eine Erklärung, die wenigstens vor dem Richlerstuhle der Wissenschaft bestehen könnte— es will mir durchaus nicht gelingen. Ich fürchte sehr, daß„Glück" nichts weiter ist als„Literatur" und mir den Erscheinungen des wirklichen Lebens nichts zu tun �hat. Wenn ich mein ganzes Erinnerungsvermögen zusammenfasie und durchstöbere, er- innere ich mich doch keines einzigen Umstandes, wobei das Ergebnis meiner Forschungen irgend einer andern Ursache als meinem eisernen Willen und meiner vor keiner Schwierigkeit_ zurückschreckenden Arbeit zuzuschreiben gewesen wäre. Ist„Glück" Zu- fall? Wenn das der Fall ist, erscheint es mir ganz unmöglich, daß auch nur eine Spur davon in dem Dasein gelehrter Männer, die die Wahrheit nur durch planmäßiges Forschen ergründen können. zu finden sein sollte. Ich weiß ganz gut, daß das Schietzpulver nur durch Zufall erfunden wurde, doch es wird wohl keinen einzigen Menschen geben, der sich zu beweisen erböle, daß Bertbold Schwarz ein Gelehrter gewesen sei, selbst nicht in der schwächsten Bedeutung dieses Wortes. Man wird vielleicht auch auf Newton hinweisen, der das Schwerkraftgesetz auch nur durch Zufall entdeckt haben soll; aber das Abenteuer, das man ihm an- dichtet, ist von der neueren Forschung längst als Legende abgetan worden. Was mich betrifft, so glaube ich nicht an das Vorhanden- sein von„Glück", und ich wüßte obendrein nicht, in welcher Form solches„Schweineglück" im Leben und in der Arbeit ernster Forscher eine Rolle spielen solle. Ich möchte dieses„Glück" erst einmal unter meinem Mikroskop sehen, dann erst könnte ich mit Bestimmt« heit sagen, ob ich es schon früher einmal gesehen habe, und von welcher Art es ist."_ Notize». — Kunstchronik. Die Berliner Sezession wird Ende diese? Monats eine Ausstellung eröffnen. Die Freie Sezession(Lieber- mann-Gruppe) wird ihre nächste Ausstellung erst im Frühjahr ver- anstalten. — Neue Dramen. Sudermann hat seinen Roman„Der Katzensteg" dramatisiert. Meinhard u. Bernauer werden die Erst- aufführung herausbringen. — Das„Marionetten-Theater Münchener Künstler" siedelt noch in diesem Monat für die ganze Winter- spielzeit nach Berlin über. Paul Braun läßt ein eigenes Heim dafür in die Ausstellungshallen am Zoo einbauen. — Japan führt die lateinische Schrift ein. Wie über Paris gemeldet wird, bat Japan die seit langem erwogene Einführung der lateinischen Schriflzeichen jetzt zum endgültigen Be- schluß erhoben. Dieser Schritt hat für die Zukunft Japans eine kaum abzuschätzende Bedeutung. Bisher gebrauchten die Japaner die von den Chinesen übernommenen Schriftzeichen, die Jdeographen; es sind Begriffszeichen, die in verschiedenen Sprachen gelesen werden können, wie etwa bei den Völkern des Abendlandes die Zahlenzeichen. Den vielen Vorteilen der ostasiatischen„Begriffsschrist" steht ein gewaltiger Nachteil gegenüber: die Anzahl der Schriftzeichen ist un- geheuer groß, weit über 40 000; auch das Erlernen der häufigeren Schriftzeichen— die Tageszeitungen kommen vielleicht mit 2000 bis 2500 aus— erfordert eine mehrjährige Arbeit. Die Einführung der lateinischen Schrift vollendet Japans An« schluß an die europäische Kultur. Sie hatten einen öicken Stamm durchsägt, und der Baum begann zu schwanken. Die beiden Holzfäller traten zur Seite, um nicht unter den Zweigen begraben zu werden, wenn der Baum zu Boden stürzte. „Nehmt Euch in Acht, Bauerl" sagte Jan.„Ich glaub', er fällt auf Eure Seite." Erik hätte noch gut Zeit gehabt, auf die Seite zu springen, während die Tanne schwankte und sich langsam zur Erde neigte. Aber er hatte schon sehr viele Bäume in seinem Leben gefällt und meinte deshalb, er müßte sich besser darauf ver- stehen als Jan, und so blieb er auf demselben Fleck stehen wie vorher. Im nächsten Augenblick aber lag er zu Boden ge- schlagen auf der Erde, mit der Tanne über sich. Er gab keinen Laut von sich, als er umfiel, und die Tannenzweige legten sich so dicht über ihn, daß er ganz da- von bedeckt war. Jan sah sich eifrig um und wußte nicht, wo Erik geblieben war. Doch gleich darauf drang die Stimme seines Herrn, der er fein Leben lang gehorcht hatte, an Jans Ohr; aber sie klang jetzt ganz schwach, und Jan konnte kaum verstehen, was er ihm sagte. „Geh nach Hause, Jan, und hol Leute mit Pferd und Schlitten, damit man mich heimfahren kann!" „Soll ich Euch nicht erst aufhelfen?" fragte Jan.„Liegt Ihr nicht sehr schlecht, Bauer?" „Tut, wie ich Euch sage!" befahl Erik in Falla. Und da Jan wußte, daß sein Herr vor allem unbedingten Gehorsam verlangte, machte er keine Einwendung mehr. So rasch wie nur möglich lief er nach Falla. Aber der Hof lag nicht in nächster Nähe, und so brauchte Jan eine gut« Spanne Zeit, bis er dort ankam. Der erste, der ihm von der Familie des Hofbesitzers in den Weg lief, war Lars Gunnarsson, der mit der ältesten Tochter von Erik in Falla verheiratet und dazu ausersehen war, den Hof zu übernehmen, wenn der alte Bauer einmal die Augen schloß. Sobald Lars Gunnarsson Bescheid bekommen hatte, be- fahl er Jan, ins Haus zu gehen und der Hausmutter mitzu- teilen, was sich zugetragen hatte, und dann solle er den Hof- jungen herbeirufen. Lars selbst wollte gleich in den Stall gehen und eines von den Pferden einschirren. (Fort!, folgt)
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33 (7.9.1916) 210
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