Nr. 282.- 1916. Unterhaltungsblatt ües vorwärts Dienstag, 3. Oktober. Der Dichter öesgroßen Krieges". (Zum 300. Geburtstag von Andreas Gryphius  .) Der Weltkrieg, der Europa   durchtobl, hat eine Flut des Leidens und Sterbens über die Menschheit ergossen, die an jene Schreckens- zeit des Dreißigjährigen Kriegen gemahnt, und aus den Werken des schlesischen Poeten, aus der düster klagenden Melodie seiner Verse tönt uns nun ein verwandter Ton entgegen, die Klage über das Wüsten der Kriegsfurie, der mitfühlende Jammer mit allem Elend. Wir dürfen Andreas Gryphius   den eigentlichen Dichter jenes«großen Krieges" nennen, dessen farbenreiches Ge- mälde Ricarda Huch   uns kurz vor Kriegsausbruch geschenkt hat. Grimmelshausen, der allein neben ihm hervorgehoben werden könnte, hat in seinem RomanSimplicius SimplicijsimuS" die Wirr­nis und das Grauen dieser Epoche realistischer geschildert, aber er >ibt mehr das Stoffliche, während der Lyriker und Dramatiker Gryphius   vollbringt, was dem selbst allzu tief in seiner Zeit steckenden Epiker versagt war: den Seelenton, das leidenschaftliche Empfinden für dies nationale Unglück auszudrücken. Die dumpfe Trauer und die tiefe Tragik, die auf dem deutschen   Volke während des Dreißigjährigen Krieges und nachher lasteten, haben in seinen Dichtungen den stärksten, innerlich erlebtesten Ausdruck gefunden. Darum ist Gryphius   der Dichter des Dreißigjährigen Krieges, und als solcher flößt er uns heute eine besondere Teilnahme ein. Gryphius   hat, vor allem in seinen Gedichten, dem stummen furchtbaren Dulden seiner Zeil eine erschütternde und vielfach hin- reißende Sprache verliehen. Ein dunkles Klagelied ist seine ganze Lyrik, ein ewiger Jammer um die Qualen der armen Erdensöhne. die in diesem trüben Dasein von Krieg, Tod und Pestilenz heim- gesucht werden. Das Elend der Umwelt bat ihm die Fähigkeit zu jeder Freude genommen. Sagt er doch selbst in seinem bekanntesten Gedicht, dem schönen Kirchenl'iedeDie Herrlichkeit der Erden, muß Rauch und Asche werden": Ist eine Lust, e i n Scherzen, Das nicht ein heimlich Schmerzen Mit Herzens Angst vergällt?" Jene Schreckensbilder, von denen er sich in seiner Jugend und Jünglingszeit umgeben sah, haben ihm die Vergänglichkeit alles Irdischen so lebendig vor die Seele gestellt, daß dieser Gedanke von der Eitelkeit alles Menschenseins wie ein dunkler Orgelpunkt durch alles klingt, was er gedichtet: Jtzt sind wir hoch und groß/ und morgen schon vergraben: Jyt Blumen, morgen Kot/ wir sind ein Wind, ein Schaum Ein Nebel und ein Bach/ ein Reiff, ein Tau! ein Schatten. Jtzt was und morgen nichts/ und was sind unser Taten? Als ein mit herber Angst durchaus vermischter Traum." Sein Gedicht ist eine Passionsblume, die auf dem Kirchhof aus Leichen und Moder erblüht. Sein Verhältnis zur Welt ist das des schaudernden Abscheus. Tatenlos ringt er in seinem innerlichen Schmerz die Hände und flüchtet sich in die Bücherwelt eines viel- wissenden Gelehrtentums, sehnt sich hinauf zu den Sternen, die er so wundervoll gefeiert, und findet Trost im Nacherleben der Leiden Christi  . Die Jugend von Gryphius   ist selbst ein recht bezeichnender Aus- schnitt aus dem Leben, das dieser verhängnisvolle Krieg über Deutsch- land gebracht. Am 2. Oktober 1616 wurde er zn Grotz-Glogau in Schlesien   geboren, und seine Mitbürger beabsichtigen jetzt eine be- sondere Ehrung des größten Sohnes der Stadt. Den Vater verlor er früh, vielleicht durch das Gift eines falschen Freundes. Die Mutler starb, nachdem sie wieder geheiratet, im zwölften Jahre des Sohnes, und nun muß er die Willkür des Stiefvaters er- dulden, von dem er sagt:Wer hat der Güter Recht nicht diebisch mir entzogen und meinen Geist gekränkt und mich mit List betrogen!" Der ältere Bruder, der ihm Trost und Hilfe gewesen, erliegt dem großen Sterben; auch eine Schwester verliert er; die Geliebte wird ihm von der Pest dahin- gerafft, und er erlebt den Untergang dreier Städte, in denen er seine Jugend verbracht, von Glogau  , Fraustadt   und Frcistadt, durch riesige Feuersbrünste. So wird der frühreife Knabe zwischen den grausigen Gespenstern des schwarzen Todes, zwischen dem schwelenden Oualm gefräßiger Brände und zwischen den Greueltaten einer entfesselten Soldateska zum Dichter, und im Pestjahr 1633, in martialischer Unruh�" entsteht seine erste Dichtung, das lateinische HeldengedichtDie Wut deS Herodcs"... Die Tränen der Rahel", das mit seiner Ausmalung blutiger Greuel und widerlicher Grausamkeit, mit seinem klagenden Pathos so recht ein Spiegelbild jener wüsten Zeit ist. Eine glücklichere Periode brach für den viel- geprüften Jüngling an. als er. der Reisebegleiter einiger reicher junger Herren, auf weiten Reisen sein bereits gewaltiges Wissen noch weiter ausbreiten konnte. Nach acht Wanderjahren fand er dann in der Heimat ein kurzes Eheglück und wirkte als Syndikus der Stände des Fürstentums Glogau   segensreich für sein Vaterland, bis den noch nicht Achtundvierzigjährigen ein Schlaganfall jäh aus dem Leben riß. In den langen Jahren des Reifens, da Welierfahrung und das Studium einer hochentwickelten Bühneiikuilst in Holland   seinem Gesichtskreis neue Nahrung gaben, sind die sechs wichtigsten Dramen von Gryphius   eutstaiiden. Seine Lyrik aber begleitet ihn durch sein ganzes Leben; sie läßt uns den tiefsten Einblick in sein Wesen tun, denn sie ist Gelegenheitspoesie im Goetheschen Sinne, so lief und wahr erlebt, wie kaum noch eine andere Dichtung der Zeit; sie wird getragen von jener düstern Melancholie seines Wesens, die ihr etwas feierlich Gehaltenes, pathetisch Predigendes verleiht und sie nur selten in der Ausmalung derGreueln der Verwüstung" ins Niedrig- Gräßliche herabsinken läßt. Die starke und leidenschaftliche Frvmmig- keit des Dichters, diesergeistliche Panzer gegen die Not des Lebens verleiht seinen Oden, seinen Sonn- und Feiertagssonetten ihre noch heute ergreifende seelische Innerlichkeit. Den Lyriker Gryphius  . diesen Bekenner von schwermütiger Schön- heit und tieffinniger Weltüberwindung, haben Mit- und Nachwelt lange über dem Dramatiker vergessen, der ja freilich von viel größerer ge- schichtlicher Bedeutung ist. Denn in einer Zeit, da eS in Deutschland  keine Bühne und kein Theaterpublikum gab, ist in ihm wieder die erste große dramatische Begabung erschienen. So schmälert cS nur wenig seineOriginalität, daß er in Form und Inhalt seiner Stücke von den großen Holländern seiner Zeit, vor allem von Vondel, abhängig ist. Auch der wird den rechten Maßstab für den eigentümlichen Gehalt seiner Werke nicht finden, der ihm, wie es so oft geschehen, mit Shakespeare   vergleicht. Wohl scheint vieles, wie die rn stolzer Bilderflut hinströmenden Monologe seiner tragischen Helden, die spitzfindig-geistreichen Plänkeleien seiner Liebespaare, vor allem die Nachahmung des Rüpelspiels aus demSommer- nachtstraum" in seiner Komödie vom Herrn Peter Squentz. dazu auf- zufordern. Aber die ganze Stimmung ist eine andere. Shakespeares Welt ist bei dem deutschen Barockdichter durch die derbe nieder- ländische Brille gesehen. Alles erscheint vergröbert und ver- düstert in der schweren Dämmerung des damaligen deutschen Tages. Wo bei Shakespeare Freiheit   herrscht, ist bei Gryphius   Zwang, hier schöne Harmonie, dort düstere Wildheit, statt reinen Lichtes blutige Schatten. Und gerade wo dies gruselige Gespensterweseu zum wilden Knäuel sich ballt, wie iu dem heute noch genießbarsten Trauerspiel des Dichters, in dem frisch in das Leben seiner Gegenwort hineingreifenden DramaCardenio und Celinde", entfaltet sich am stärksten der großartige Schwung und die imponierende Kraft des deutschen Dichters. Auch imCarolus Stuardus" packt er keck in das Leben der Gegenwart und schafft das erste politische Stück unserer Literatur. In dem toll-barocken Scherz- spielHorribilicribifax" hat er das lebendigste Bild des Soldaten jener Zeit festgehalten, den prahlerischen Haudegen mit seiner Sprachmengerei, seiner unflätigen Ausgelassenheit und seiner rohen Gewalttätigkeit. Die reifste Blüte seiner Dramatik aber, das einzige Stück, das auch heule noch ergreift und das Gustav Freytag   mit Rechtdas beste Lustspiel vor Lessing" genannt hat, ist das lebensechte und empfindungszarte SpielDie geliebte Dornrose", das älteste Drama in schlesischem Dialekt, ein Vorklang Gerhart Hauptmannscher Heimatsdichtung. Im tiefsten Elend der deutschen   Kultur, in der unfiuchtbaren Oede des verhängnisvollsten Krieges schöpfte hier ein echter Dichter Schönheit und Anmut aus jenem ewig sprudelnden, unversieglichen Born deutschen   Wesens, aus den Tiefen des Volkes und seiner Dichtung._ Dr. F. L. kleines Feuilleton. Das erste Konzert der Volksbühne. Vor einer das Theater am Bülowplatz Sitz für Sitz erfüllenden Zuhörerschaft ergoß sich das Tongewoge zweier Sinfonien, die zu den herrlichsten Gebilden deutscher   Musik gehören. Hätte Franz Schubert   auch nichts weiter geschaffen als die un- vollendete H-moll-Sinfonie, sie allein würde seinem Nanien Un- sterblichkeit gesichert haben. Er selbst sollte sie freilich nicht mehr vernehmen. Aus ihrer Verschollenhcit wurde sie erst 37 Jahre nach seinem Tode ans Licht gehoben. Beim Anhören dieser zwei Sätze werden wir in eine weltabgeschiedene Sphäre versetzt. Irgend in unverkennbar österreichischer Landschaft musiziert ein völlig träum- verlorener 5lunstmensch nur ganz für sich. Wunderbar romantischer Zauber umfließt diese höchste Glückseligkeit atmenden Melodien, in deren unsagbar schönen Klangwirkungen uns wie von ungefähr die leichten Schatten des Zornes oder der Klage fallen. Ungleich gewaltiger, weltumspannend, gigantisch, ertönt in Beethovens Eroika-Sinfonie schon das Heldenthema des ersten Satzes. Wir wissen ja, daß Beethoven   keinen anderen denn Napoleon   mit diesem Werke verherrlichen wollte: Napoleon  , in dem er den Erfüller der großen französischen   Revolution erblickte. Und wir wissen auch, wie Beelhoven, als er sich in dieser Hoffnung getäuscht sah, zornig das Titelblatt zerriß.... So wurde denn der Mensch selbst als Kämpfer und Weltbezwinger der Inhalt des Werkes. So läßt sich denn auch die jubilierende Kraft und Liebe wie das Bekenntnis wahrhafter Göttlichkeit des ganzen vollen Menschen, worin die Musik der Schlußsätze ausklingt, erklären. Beiden Schöpfungen wurde durch das Philharmonische Orchester eine in höchste Regionen gehobene künstlerische Wiedergabe zuteil. Mit seltener Eindringlichkeit, die sogar bis für die Holzblas- instrumenle meist unerreichbar scheinenden Piantssimi wunderzart erzwang, schaffte Leo Blech   alle Schönheiten an den Tag.So feiern wir", mir Wagner zu sprechen, Beethoven  ,den großen Bahn- brecher in der Wildnis des entarteten Paradieses würdig nicht minder würdig als die Siege deutscher   Tapferkeit: denn dem Weltbeglü'cker gehört der Rang noch vor dem Welteroberer." elc. Kammerspiele:Jonathans Töchter". Als Satire auf die modernen Luxusweibchen, die den Mann zum Stiefelknecht machen und die Ehescheidung als Gesellschaflssport betreiben, wäre dieses burleske Lustspiel aus dem New Uorker S. Avneu-Leben so übel nicht.... Wenn nicht eben ihr Ver- fasser, Langdon Mitchell  , sein Publikum nur durch witzige Plau  - derei und groteske Einfälle unterhalten und daneben auch noch er- zieherisch einwirken wollte. Er bleibt so im Rahmen unseres etwas amerikanisch aufgemachten Gesellschaflsstückes, in dem die Lebeschichten sich über sich selbst amüsieren. Eine Erziehung zur Ehe durch die Scheidung ist die Tendenz dieser Unlerhaltlichkeit(wenn in solchem Zusammenhange von Ten« denz geredet werden darf). Die Ehe der Cynthia Äarlslake war zu ftüh geschieden und die etwas breit gesponnenen vier Akte dienen dazu, sie wieder einzurenken. Die Methoden sind etwas im Stil der amerikanischen Groteslkomik. Cynthia, die die Kontraste liebt, will in der Ehelotterie mit dem langweiligsten Ehrbarkeits- und Geschäftsphilister probieren. Aber am Tage der ueuen Trauung läßt sie sich lieber von einem Frauenjäger zum Nennen entführen und läuft im letzten Moment vor der wiederholt aufgeschobenen Trauung in die Wohnung des früheren Gatten, den sie immer noch liebt und vor den Netzen einer Konkurrentin bewahren will. Diese Konkurrentin ist auch eme geschiedene Frau und der Humor besteht darin, daß sie die geschiedene Frau des neuen Ehekandidaten der Mistreß Karlslake ist, und daß dieses Vierblatt in aller Form miteinander verkehrt, als ob das das Selbst- verständlichste von der Welt wäre. Für die Moral dieser Gesellschaft bezeichnend ist es auch, wie ein englischer Frauen- jäger fünf Minuten, nachdem er in den Ehescheidungssalon ein- geführt ist, beiden Frauen gleichzeitig den Hof macht und schließlich die eine nur nimmt, weil die andere zu ihrem ehemaligen Gatten zurückkehrt.(Diese etwas komplizierten Verhältnisse würden am besten durch mathemalische Formeln ausgedrückt.) Das Niveau dieser Welt ist im übrigen ganz europäisch: Pferde, Sport, Weiber machen ihren Inhalt aus. Recht ergötzlich werden die koketten Künste der zweiten Ehegeschiedenen vorgeführt, die mit souveräner Kühle das Männerfängen als Sport und die Ehe- scheidung als Kunst betreibt, wie sie ganz liebes-ökonomisch die- selben Mätzchen gegenüber ihren Opfern repetiert. Karl Heine halte als Regisseur das spezifisch Amerikanische wirksam herausgearbeitet, nur zu lang gedieh die Sache noch. Jona- thans Töchter, d. h. die amerikanischen npper ten Frauen, wurden durch Johanna Ter w in, die eine temperainentvolle und raketenartig losschießende Cynthia war, und Hermine Körner   als große Liebesportkünstlerin aufs allerbeste vertreten. Urkomisch war Werner K r a u ß als amerikanischer Spießer und Trottel, voll kecker Draufgängerei Eugen Rex.   Erfreulich war eS, W a ß m a n n ein- mal wieder in einer ernsthafteren Rolle zu sehen. Notize». Theaterchronik. In der Volksbühne findet am Freitag die Erstaufführung von Gorkis  Nachtasyl  ", neu- einstudiert von Winterstein, statt. Märchen mit Lichtbildern. Am Mittwoch, den i. Oktober, nachmittags 4 Uhr, veranstaltet die Gesellschaft für Volksbildung iin Theatersaal Jnvalidenstr. 57/62 einen Kinder- nachmittag. Eintritt 50 Pf. 88) Jans Heimweh. Eine Geschichte aus dem Wärmland von Selma Lagerlöf  . Katrins sagte gerade heraus, sie wolle nichts davon hören, daß Klara Gulla Kaiserin geworden sei. Und Jan dachte, alles in allem genommen sei es vielleicht am besten, ihr in diesem Stück zu willfahren. Aber für den, der jeden Vormittag an die Schifflände hinunterging, wo er von allen, die auf das Schiff warteten, umgeben war und bei jedem Satz als Kaiser angeredet wurde, war es selbstverständlich nicht leicht, diese ganze Hoheit abzulegen, sobald er den Fuß über die Schwelle seines eigenen Hauses setzte. Nein, gar oft mußte er gegen die Versuchung ankämpfen, wenn er für Katrine Holz herbeischaffte oder Wasser holte und überdies von ihr Worte hören mußte, als sei eS rückwärts mit einem gegangen anstatt vorwärts. Und wenn sich Katrine damit begnügt hätte, so wäre es ja immer noch angegangen; aber sie beklagte sich auch, weil er nicht mehr wie früher seiner Arbeit nachgehen wollte. Aber wenn sie mit so etwas daherkam, stellte er sich vollständig taub. Er wußte ja, die Kaiserin von Portugallien würde ihm so viel Geld schicken, daß er es nie mehr nötig hatte, seine Arbeitskleider anzuziehen. Er hätte geradezu ein Unrecht gegen die Kaiserin von Portugallien begangen, wenn er Katrine in diesem Punkt nachgegeben hätte. An einem Nachmittag der letzten Augusttage saß Jan auf der Stufe vor der Haustür und rauchte aus einer kleinen Pfeife, als aus dem Walde junge Stimmen an sein Ohr schlugen und er helle Kleider zwischen den Bäumen hervor- schimmern sah. Katrine war in das Birkenwäldchen gegangen, um Reisig zu einem Besen zu schneiden; aber ehe sie ging, hatte sie noch gesagt, von nun an würden sie es wohl anders einrichten müssen, sie werde nach Falla gehen und scharen, dann könne er ja daheim bleiben und das Essen kochen und die Kleider flicken, weil er jetzt zu vornehm geworden sei, um bei andern zu arbeiten. Er hatte ihr kein Wort erwidert, aber ihre Reden waren ihm doch sehr nahe gegangen, und so war er recht froh, als jetzt seine Gedanken� von etwas anderem in Anspruch ge- nommen wurden. So rasch er konnte, holte er seine Kaiser- mütze und den Stock mit dem silbernen Knopf, und er kam gerade noch zur rechten Zeit bei der Gitterpforte an, als die jungen Mädchen vorbeigingen. Es waren nicht weniger als fünf; die drei jungen Fräulein von Lövdala waren dabei, und die andern waren wohl Fremde, die auf dem Herrenhofe zu Besuch waren. Jan schlug die Gitterpforte weit zurück und trat zu den ungcn Mädchen hinaus. Guten Tag, meine geehrten Hoffräulein!" sagte er und nahm dabei seine Mütze so tief ab, daß sie fast die Erde berührte. Die Fräulein blieben stehen und sahen zuerst ctwat schüchtern drein; aber er brachte sie bald über die erste Ver legenheit weg. Dann aber erklang ihrguten Tag" undunser guter Kaiser", und Jan sah deutlich, wie sehr sie sich über das Wieder- sehen mit ihm freuten. O nein, die jungen gnädigen Fräulein waren nicht wie Katrine und die anderen Leute m Askedalarna. Sie hatten gar nichts dagegen, wenn er von der Kaiserin erzählte. Sie fragten auch gleich, wie es ihr gehe, und ob sie nicht bald zu Hause erwartet werden könnte. Dann fragten sie auch, ob sie nicht WS Haus hinein­gehen dürften, um zu sehen, wie es da aussehe, lind das brauchte Jan ihnen nicht zu verweigern, denn Katrine hielt das Häuschen immer äußerst sauber und ordentlich, da konnte jedermann, wer es auch immer sein mochte, zu Besuch kommen. Als die jungen Gutsbesitzerstöchter in die Stube traten, verwunderten sie sich ja wohl ein bißchen, daß die große Kaiserin in einem so kleinen Räume aufgewachsen war. Und sie meinten, früher sei es ja immerhin noch angegangen, weil sie da daran gewöhnt gewesen sei, aber wie solle es nun werden, wen» sie jetzt zurückkomme? Ob sie dann hier bei den Eltern wohnen oder wieder nach Portugallien zurückkehren werde? Jan hatte dasselbe auch schon gedacht und sich auch gesagt, Klara Gulla könne natürlich nicht in Askedalarna wohnen bleiben, da sie ja ein ganzes Reich zu regieren habe. Ja, die Kaiserin wird wohl wieder nach Portugallien zurückkehren," antwortete Jan auf die Fragen der jungen Fräulein. Dann werdet Ihr sie wohl dahin begleiten?" fragte eines der jungen Mädchen. Jan fühlte deutlich, daß es ihm diel lieber gewesen wäre, wenn er nicht danach gefragt worden wäre. Er gab dem Fräulein deshalb auch nicht gleich Antwort; aber das junge Mädchen ließ nicht locker. Ihr wißt vielleicht noch nicht, wie es werden wird?" fragte sie wieder. Doch das wußte Jan schon; aber er war sich noch nicht klar darüber, wie die Leute seinen Entschluß aufnehmen würden. Sie würden diesen Entschluß vielleicht von einem Kaiser nicht ganz richtig finden. Nein, ich werde wohl daheim bleiben," sagte er nun.Denn seht, ich kann Katrine nicht allein lassen, das geht nicht." Ach so, Katrine reist also nicht mit?" Nein, Katrine könnte wohl nicht dazu gebracht werden, ihr Haus zu verlassen. Und ich werde bei ihr bleiben. Seht, wenn man jemand Treue geschworen hat in Freud   und Leid I" Ja, dieses Gelübde darf man nicht brechen, das verstehe ich sehr gut," sagte das gnädige Fräulein, das sich am eifrigsten nach allem erkundigt hatte.Habt ihr es gehört, ihr andern?" rief sie den übrigen Fräulein zu.Jan will seine Frau nicht verlassen, obgleich ihn die Herrlichkeit von ganz Portugallien lockt." Und wie merkwürdig I Alle miteinander freuten sich über das, was er ausgesprochen hatte. Sie klopften ihm auf die Schulter und sagten, das sei recht von ihm. Das sei ein gutes Zeichen, sagten sie. Es sei noch nicht aus mit dem alten braven Jan Andersson in Skrolycka. Jan verstand nicht recht, was sie damit meinen konnten. Aber sie freuten sich wohl, weil sie ihn ja dann im Dorfe behalten durften. Dann verabschiedeten sich die Fräulein und gingen auch gleich darauf lveiter. Sie sagten, sie seien auf dem Weg nach dem Duvnäser Hüttenwerk, wo heute Gesellschaft sei. Aber siehe! sie waren kaum gegangen, da kain Katrine herein. Sie mußte dicht vor der Tür gestanden und gewartet haben. Sie hatte wohl nicht zu den fremden Gästen herein­kommen wollen; aber wie lange sie da draußen gestanden und wieviel sie von dem Gespräch mit angehört hatte, das konnte niemand wissen. Aber wie es sich auch Verhalten mochte, jedenfalls sah sie freundlicher und zufriedener aus, als es seit lange der Fall gewesen war. Du bist ein kompletter Narr," sagte sie.Und ich möchte wissen, was andere Frauen sagen würden, wenn sie so einen Mann hätten. Aber es war doch gut von dir, daß du gesagt hast, du wollest mich nicht verlassen." (Forts, folgt)