Nr. 248.- 1916. UllljlJMIII.I« Unterhaltungsblatt öes vorwärts Asllntag, 29. Oktober. Die ZeitungsAenfur unter Napolon I. In einer Zeit, da sich die Klagen über das Walten der Fensar daufen wie der Tand am Sechtrand, ist et nicht ohne Interesse, zu prüfen, wie in dinier»»S liegenden Abschnitten der Geschichte die öffentliche Meinung gelnebrlt wurde. Im großen Stil geschab da» zum erstenmal in dem Frankreich   i>!apoleons f., denn erst feit dem Baftillesturm rauschte, mit Börne zu reden,das bewegte Meer des loAgelaffenen tVeifte» der Menschheit in hahen und stolzen Wallen da�er". Allerdings deckte sich der Begriff der Nevolution feineZwegs mit dem der unbedingten Presifkeiheit. Zwar schosten im Jahre 1739 die neuen polittschen Blätter a»S dem Boden wie Pilze nach einem warmen Sonnenregen, zivar verbürgte die..Erklärung der Menschenrechte" ausdrücklich jedem Franzosen die freie Meinung». äusierung. ob durch dt« Prcfie. ob auf anderem Wege, zwar schaffte 1791 die Legislative   feierlich die durch eins königliche Ordonnanz von 1629 eingesetzte Zensur ab, doch hörten trotz alledem die Bc- lästigungen unbeliebter Zeitungen nie«ruf. Wenn ein Tekre« vom 31. März l793 den Verfaiscr oder T-rucker..umüürzlerischer" Schriften mit dem?ade bcdrome und die Schreckensherrschaft auf Grund dieies Erlafics siebzig Journalisten und Schriftsteller aus» Blutgerüst   schickte, so war da« doch nur die Prehfreihcit mit der Guillotine daneben, ähnlich, wie sich später der preusiische Junker v. Ttsaddcn-Triglafs die Preßsreihcit mit dem Galgen daneben wünschte. Auch da« großbürgerliche Direktorium wandelte, wa» Unterdrückung der Meinungsfreiheit anging, auf den Bahnen de« klcmbüracrlichcn Konvent», nur daß e» statt mit dem Köpfen mit dem Erschießen drahte. Auf feiner Rechnung siebt die Unter« drückung von 12 Blättern, die Einkerkerung von 69 und die Ver­schickung van SS Zeitungsverlegern und-schrei bern. Roch im Jahre 1799 ließ«» elf Zeituugtpreffen zerstören, zwei Monate, ehe mit dem Konsul Bonaparte   der neue Herr sich der Gewalt bemächtigte. Rationalist und Empiriker durch und durch, hatte Napoleon  vor wenigem einen so«ingefleischten Abscheu wie vor denJdeo- logen", die über die nächst« wie über die letzten Dinge nach- grübelten und aus metaphysischen Theorien Leitsätze für Regie- rung»system« ableiteten: wie der Löwe die Man», so fürchtete der Mann der Tat die Männer des Gedanken», Kein Wunder, daß er an nicht» weniger darbte, als dem französischen   Volke Gedanken- freiheil zu gehen.Wenn ich der Presse die Zügel lockere," meinte er.»bleibe ich nicht drei Monate an der Gewalt." Als Konsul wie als Kaiser verlegte er sich darum auf die bedingungslose Unter- drückung jedes freien Woric». Seiner revolntioliären Abstammung eingedenk, scheute er dabei mcchr den Schein al« die Sache. Da« Wort Zensur, da« ihn zu sehr an da» alte Regime erinnerte, suchte er sogar nach Möglichkeit so lange e» ging, zu vermeiden. Ab und zu gefiel er sich sogar in einer Anweisung zu einem milderen Ge- brauch de» KnebelsIch will nicbi, day die Franzosen   Sklaven sind", aber einmal war e» ihm sehr recht, daß die Taten nicht den schönen Worten entsprachen, und zum zweiten hatte er in seinem Polizeiminister FouckS einen iwerau» geriebenen Auch« um sich, der, selbst ein rücksichtsloser Unterdrücker jeder Meinungsfreiheit, sich doch in liberalem Getue gefiel und da» Odium seiner Gehässig. ketten geschickt auf den Kaiser zu lenken verstand. Indessen war Napoleon   auf diesem Felde nicht besser al» der Ruf, den Fouche ihm versckmffte. Persönlich trug er schon die volle Verantwortung für den Erlaß vom 17. Januar 1690, der, unmittel­bar nach dem 18. Brurnaire, von 73 Blättern 60 unterdrückte, die Gründuivg neuer von einer besonderen Erlaubnis abhängig machte iinb das Press ebureau im Poli.�iministcrium zur Ausübung der Zensur einrichtete. In den folgenden Jahren tobte sich diese» Bureau, der Zustimmung des Leiter« der Geschicke Frankreich  « sicher, gegen die Preßfreiheit nach Herzenslust au», wobei unter Presse nach dein Sprachgebrauch jener Zeit nicht nur die Zeitungen, sondern dw Gesamtheit aller Druckerzeugnisse zu verstehen war. Selbstverständlich aber wunde die Tagespresse in erster Reihe auf» Korn genommen. Ein Nicht» genügte, um ein Verbot herbeizu- führen. Der»Repuhlicain d�mocrate d'Auch" wurde verboten, weil er über die Kornteueriing zu schreiben gewagt hakte, derAmt de« lois", weil er gegen da» Gelehrtenkollea desInn  , tut de France" witzig geworden war, dieGazette de France  ' wegengrausamer Scherze über den Tod eine« Portiers": diese» Blatt hatte näntllch oermerkt, der Selbstmörder habe die Aufmerksamkeit gehabt, ehe er sich erschoß, sich feiner Stiefel zu entledigen,anscheinend, um seinen Erbe» dce Mühe zu ersparen, sie ihm auszuziehen". Als sich das Konsulat zum Kaiserreich gewandelt hatte, wurden die Zügel noch straffer angezogen. t80a schrieb der Kaiser an Fouchö, er möge die Redakteure zusammenrufen und ihnen erklären,daß die Zeit der Revolution zu Ende ist und daß e» in Frankreich   nur mehr eine Partei gibt, und daß ich niemals dulden werde, wenn meine i!) Zeitungen etwas gegen meine Interessen sagen oder tun". Wieder»m den Schein zu wahren, hatten allerdings die Artitel 64 (vi 67 de» Senatsbescklusse«, der das Kaiserreich einsetzte, als Bürg- ickaft gegen willkürliche Unierdrückung eineSenatskominifsio» für Preßfreiheit" ins Auge gefaßt, bei der sich Verleger oder Verfasser beiroffener Schriften um Aufhebung de» Verbot» bemühen tonnte». Aber dieser Ausschutz war weniger als ein Feigenblatt des DesPolls- mus, denn einmal war die periodische Presse seiner Zuständigkeit entrückt und zum andern trat er während des ganzen Kaiserreichs nicht ein einziges Mal in Tätigkeit. So wurde denn lustig drauflos verboten und verhaftet. Einzelnen Blättern wurden besondere Zcn- soren aufgehalst, ander« ziwiig man zur Entlassung mißliclnger Redakteure oder Milarbeitcr, sogar die ZeiiungStitel wurden durch Druck von oben geändert. Aber bei alledem wurde für den Kaiser immer noch zu viel unnütze Ideologie verzapft. Wenn er sich mit grimm« Verachtung über diedummen KerlS" von Zeitungsschreibern ausließ, lieb­koste er immer wieder den Gedanken, als einzige» politisches Blatt den offiziellen SlaalSanzeiger, denMoniteur", gelten zu lassen und die übrigen Blätter zu zwinge», unter Verzicht auf eigene politische Erörterungen seine Artikel nachzudrucken. Mit der Um- formierung der Provinzpresfe machte er den Anfang, indem er ihr nur den Abdruck derMoitiieur'-Artikel gestattete und ihr außer. dem eine Steuer auferlegte, die ihr ein Sechstel der Einkünfte enl- zog und den Staatskassen zuführie. Damit nicht genug, fand er bald, daß eigentlich für jedes Departement ein einzige».poUtisches Blatt gerade ausreiche und vermindert« demgemäß die Zahl der 170 Provinzzeitungeu. Aber auch unpolitische Blatt«, die nur Änzeigensanunlungen mit rein örtlicher Bedeutung waren, wurden entweder au» dem Wege geräumt od« doch inrc Vermehrung unterbunden: ei konnte gar nicht zu wenig gedruckt werden in dem Frankreich Napoleon  « l! Da» Beispiel der gewaltsamen Einschränkung der Zahl der Provinzblätler war zu verlockend, um nicht auf die Pariser Presse übertragen zn werden. Nachdem ein Dekret vom ö. Februar 1819 die Machtbefugnisse der ZeitungSüberwachungSstellen in» Unge- messend erweitert hott«. Wie« man nach mancherlei Erwägungen fämtsichen Pariser   Blättern bi» auf denMoniteur", da»Journal se l'Empire", die«Gazette de France  " und da»Journal de Pari»" da» Lebenslicht an». Schließlich verwiet man auch diese drei letzte- ren Blätter auf den Abdruck derMoniteur"-Artikel, untersagte ihnen die Bcrössentlichung eigener Gerichtsberichte und legte gar Beschlag auf da« Vermögen der Druckereien, mit der Begründung, daß sie für da» Weitereischeinen der Blätter nach dem Dekret von 1804 die Erlaubnis nicht eingeholt hätten und deshalb vogelfrei wären. T-er wahre Grund, daß man der Presse immer mehr die Kehle zuschnürte, steckte in den wachsenden Sch wie ri gleiten im In­land und Ausland, die Napoleon   immer ängstlicher in Atem hielten und ihn gegenIdeologen" und Zeitungsschreiber immer grimmer erbitterten. Di« Folge dieser drakonischen Maßregeln aber war lediglich die Ruhe de» Kirchhofs im ganzen Lande und darüber hinaus im weiten Machtbereich be» Kaiser».Da er ganz allein reden wollte," schilderte Paul-LouiS Courier   diesen Zustand,befahl er zunächst unS und dann ganz Europa   Stillschweigen, und die Welt schwieg; niemand gab einen Hauch von sich, kein Mensch be- klagte sich; da» hatte da» Bequem«, daß man mit ihm wußte, woran man war." Aber zu Zeiten vermochten sich selbst die Machthaber der beängstigenden Wirkung de» erzwungenen Schweigen» nicht zu entziehen und suchten dann durch künstliche Entsachung von Zei- tung«ftreitigteii«n über literarische und musikalische Gegenstände de» Lesern Anregung zu schaffen. Da» gelang kaum, und es war ein Zeichen für den maßlosen Groll, der sich ob der Unterdrückung der Meinungsfreiheit unter der Oberfläche aufgehäuft hatte, daß 1814 der Senat seinen AbsctzungSbeschluß gezjen Napoleon u. a. mit der steten Verletzung der Preßfreibeit begründete, deren er sich schuldig gemacht habe. Als der Gestürzte dann von Elba zurück- kehrte, verfügte er, klüger geworden, am 24. März 1816 die Ab- fchaffung der Zensur, und die Aufatzakte vom 23. April gleichen Jahre« verbürgten jedem Franzosen  da» Reckt, unter seinem Nameii seine Gedanken zu drucken und zu veröffentlichen, und zwar ohne Vorzensur" und überwies Prehvergehen dem Wirkung». irei» der Schwurgerichte. In den hundert Tagen bi» Waterloo konnte die Presse in der Tat gegen Napoleon   ungestraft wüten, so- viel es ihr gefiel, ohne daß selbst die Aufreizung zum Tyrannen­mord verfolgt worden wäre. Da» freilich waren Freiheiten, die ihm die Not abgepreßt hatte, aber in der Einsamkeit von St. Helena   kam Napoleon   dazu, die Gc- da»tcn über Preßfreiheit. die er ei» Leben lang gehegt, grü ichlicher nachzuprüfen. Als im Juni 1816 das Gespräch aus Preßfreiheit kam. mciitt« er bei Las Cafes ist es nachzulesen, die freie Presse gehöre z» den neueren Einrichtungen, von denen sich nicht entscheiden lasse, ob sie gut seien, sondern nur. ob eS möglich sei, sie dem Drängen der öffentlichen Meinung zu weigern.Er sprach sich dahin aus, daß die Ililterdrückung dieser Freiheit unter einer RepräsSiitaiiSregiernng ein schlagcnver Widerspruch zur Zeit, eine wabre Verrücktheit sei. Auch habe er nach seiner Rückkehr von Elba  die Presse all ihren Ausschreiiungen ülierlassen, und er glaube sicher, daß diese AuSschreiiungeu zu seine», zweiten Sturz nichts beige- tragen hätten." Tiefe Erkenntnis freilich kam nicht allein spät, sondern zu spät! Herma um Wendel. Kleines Feuilleton. des von dem öethlehem-Werke. Eine Ainerikanerin, Graee Isabel Golbron, hat da» größie KriegsliescrungSwerk der Vereinigten Staaten  , das nach der Heilands- stadt Vetblebem benannte Eisenwerk, zum Inhalt«»ne« Gedichtes gemacht, das die Prosilgier dieser neutralen Mordlieferanten brand- marlt. Es lautet nach der in derFranks. Ztg." wiedergegebeucn Uebersetzung de» Prof. L. Kroder: Der neuste Bericht: Ein Fort genommen, Fünstansend Tote ein schwerer Tag l Kein Sieg...»mr ein weiterer grausiger Schlag Doch Bethlehem   ist aus 500 gekommen. Ein flüsternd Regen, kaum zu merken, Ein Seufzer,«in Serzentrm, gene» Gebet. Ein Raunen von Frieden die Schwüle durchweht Baisse 30 Proz. bei den Bethlehem  -Werken. Kampf bi  » auf» Letzte l' schreien die Obern. Kamps bi« auf« Letzte!" stöhnen die Matte« Im Minendonner, im Todesschatten. lind Bethlehem   kann seinen Kurs erobern. KaS soll unS Kindergeplärr genieren? Wa» Mutterschmerz, Millionen von Toten? Wa» eurer Heimat verwüsteter Boden? Wenn nur Bethlehem  -Werke 690 notieren! So schaffen, schlachten wir mit, wir alle, Bewaffnen un» selbst in betörtem Hasse Und opfern dem Mord die eigene Rasse Daß der Kur» der Belhlehem-Werke nicht falle! Siebenbürgen  . Siebenbürgen  , der neueste Schauplatz kriegerischer Taten, ist auch un» Deutschen   bisher nur dem Namen nach bekannt gewesen. Ueber Land und Leute wußten die meisten nichts oder wenig, trotz- dem auch«ms   jenem heißumstrittenen Boden seit Jahrhunderten ein deutscher VolkSstamm ansässig ist und sich die Eigenart seiner Vorfahren in Sprache, Sitten und Gebräuchen in beharrender Treue bewahrt hat. Sachsen   waren e», die im 12. Jahrhundert ihre heimatlichen Täler am Rhein   und an der Mosel   verliehen, um sich unter dem Schutze de» Deutschen Ritterordens am Fuße der Kar­pathen anzusiedeln. Leicht wurde ihnen das Leben dort auch nicht gemacht, denn oft genug brachen Mongolen und Türken mordend und sengend in das Land. Noch heute erinnern die alten, hoch- gelegenen Ritter, und Bauernburgen aus jener Zeit, wie auch die zu Schutzwehren ausgebauten Kirchenkastelle an jene unruhigen Zeiten. Aber die zähen Sachsen   blieben standhaft und wichen nicht den Gefahren. War doch der Boden äußerst fruchtbar viid versprach einen leichten Nntzen. lind so gibt denn auch heute noch die Land- Wirtschaft de», Lande das hervortretende wirtschaftliche Gepräge. Die Industrie befindet sich noch in ihrem Anfangsstadium, man hofft aber, sie durch die Ausnutzung der zahlreich vorkommenden ErdgaSquellen und durch Heranziehung deutschen   Kapital? zu heben. Die geschäftige Deutsche Bank hat durch Finanzierung der Erdgas- ausbeutung bereits den Anfang damit gemacht. Durch einen Vortrag in der Urania, den Direktor Ko r o d i, Direktor der Fontaneschule in Schöneberg  , ehemals Professor am deutschen   Gymnasiun, in Kronstadt  , hielt, wurden mancherlei Ein- öl, Jane Heimweh. Eine Geschichte au» dem Wärmland von Selms Lagerlöf. Das kleine Stückchen Goldpapicr lag jetzt dicht unter seinen Augen und glitzerte ganz hell, er mußte eS unwillkürlich noch einmal ansehen. Und von dem Goldpapier glitten seine Gedanken zu der närrischen Jngeborg hin und zu jenem Tag, wo er mit ihr vor dem Landungssteg bei Borg zusammen- getroffen war. Und jetzt ging ihm ein Licht auf! Ja, hier war die Antwort, nach der er gesucht hatte l Jetzt wußte er, we». wegen da« kleine Mädchen den ganzen Winter hindurch un- zufrieden mit ihm gewesen war. Gegen die närrische Jngeborg hatte er sich versündigt. Gr hätte ihr ihre Bitte, mit nach Portugallten reisen zu dürfen, nicht abschlagen sollen. Daß er doch eine so schlechte Meinung von der großen Kaiserin gehabt hatte, zu denken, sie würde die närrische Inge- borg nicht bei sich haben wollen I Gerade solchen, wie diese arme Jngeborg, wollte sie am liebsten helfen. ES war nicht verwunderlich, daß sie erzürnt gewesen war. Er hätte es besser verstehen müssen: die Armen und Unglück- Ilchcn, gerade sie waren in ihrem Reich willkommen. ES war indes nicht viel in der Sache zu tun, wenn eS keinen morgenden Tag mehr gab. Aber wenn eS noch ein Morgen gab, dann würde er gleich zur närrischen Inge- borg gehen und mit ihr reden; das sollte das erste sein, waS er tat. Er schloß die Augen und legte die Hände zusammen. Nun war doch diese Sorge gestillt, das empfand er als eine große Erleichte, u, ig. Jetzt kam ihm das Sterben lange nicht mehr so schwer vor. Er wußte nicht, wieviel Zeit vergangen sein mochte, als er KatrinenS Stimme wieder dicht neben sich hörte. »Aber Jan, waS ist denn mit dir? Du wirst mir doch nicht wegsterben wollen?" DaS klang so ängstlich, baß er nicht anders konnte, als die Augen aufmachen. Und was sah er da auf den ersten Blick? Katrin« hielt den Kaiserstock und die grüne Ledermütze in der Hand. Ich Hab die in Falla gebeten, mich das für dich mit­nehmen zu lassen,". sagte Katrtnc.Ich Hab zu ihnen ge- sagt, wie'S auch gehen möge, so sei'S besser, du bekommst sie wieder, als daß dir die Lust zum Leben vollends ganz ver­ginge." Jan faltete die Hände. DaS kleine Mädchen, die große Kaiserin, war sie nicht merkwürdig! Kaum ivar er sich setner Sünde bewußt ge- worden und hatte versprochen, sie wieder gut zu niachen, als sie ihm auch schon ihre Gnade und ihr Wohlgefallen wieder zuteil werden ließ. Jan überkam eine große wunderbare Erleichterung. Das Himmelsgewölbe hob sich wieder, die Luft strömte frischer herein, und die große Hitze entwich. Cr war jetzt imstande, sich wieder aufzurichten und nach den Kaiserkleinoden zu greifen. »Ja, jetzt kannst du in aller Ruhe zu Bett gehen,' sagte Katrins.Jetzt wird sie dir niemand mehr streitig machen wollen, denn Lars Gunnarsfon ist tot." Die Frau des Kaiser  ». Katrin« von Skrolycka befand sich in der Küche von Löv- dala; sie brachte frischgesponnene» Garn, das Frau Ltljecrona selbst in Empfang nahm, abwog und bezahlte: dabei sprach sie sich lobend über die Arbeit au».ES ist gut für Euch, Katrine, daß Ihr Euch so ausgezeichnet auf Eure Arbeit versteht", sagte sie.Denn setzt müßt Ihr ja nicht nur sür Such selbst, sondern auch noch für Euern Mann ver- dienen." Katrine richtete sich ein wenig auf, und auf ihren Wangen, Serade an den spitzigen Backenknochen, zeigte sich ein roter ileck. Jan hilft auch mit', erwidert« sie.Aber er ist ja nie so stark gewesen wie ein gewöhnlicher Feldarbetter.' Jetzt aber tut er jedenfalls gar nicht»', sagte Frau Ltljecrona.Ich habe gehört, er laufe nur immer von einem Hof zum andern, um seine Sterne zu zeigen und Lieder zu singen." Frau Liljecrona war eine ernste, pflichtgetreue Frau, die für andere fleißige und strebsame Menschen, wie Katrine in Skrolycka eine war, großes Wohlwollen empfand. Sie hatte Mitleid mit dem armen Weib, und daS hatte sie ihr zeigen wollen. Aber Katrine verteidigte ihren Mann noch weiter. Jan ist alt, und er hat in den letzten Jahren sehr viel Kummer gehabt." sagte sie.Und nachdem er sein ganzes Leben lang im Tagelohn hart gearbeitet hat, ist ihm ein kleiner Feterabend wohl zu gönnen. Es ist ja gut. daß Ihr Euer Unglück so ruhig auf Euch nehmen könnt," erwiderte Frau Liljecrona mit einem leichten Anflug von Schärfe in der Stimme.»Im übrigen bin ich der Ansicht, Ihr müßtet versuchen, Jan die Grillen zu ver- treiben. Ihr seid ja sonst eine so verständige Frau. Ihr werdet sehen, wenn es so weiter geht, müssen wir ihn schließ- lich noch ins Irrenhaus bringen." Aber jetzt richtete sich Katrine hoch auf und sah ganz ge- kränkt auS. Jan ist nicht verrückt." widersprach sie.Aber der liebe Gott hat eine Decke vor seine Augen gehängt, damit er daS nicht zu sehen braucht, WaS er nicht ertragen könnte. Und dasür kann man Gott nur dankbar sein." Frau Liljecrona wollte sich nicht rechthaberisch zeigen. Und sie fand es auch ganz richtig und schön, daß sich die Frau auf die Seite des Mannes stellte. Nun, dann ist ja alles gut, Katrine,' sagte sie freund­lich.Und hier bei uns gibt's Arbeit sür Euch fürs ganze Jahr, vergeht das nicht!" Als sie dies sagte, trat ein weicher Ausdruck in das alte scharfe Gesicht der armen Katrine, und es taute auf. Alles, was es verschlossen und hart gemacht hatte, gab nach. Kummer und Angst und Liebe brachen hervor, und die Augen flössen ihr über. 'S ist meine einzige Freude, daß ich für ihn arbeiten darf," sagte sie.Er ist mit den Jahren so merkwürdig gc- worden, daß er jetzt mehr ist als ein Mensch, aber gerade deshalb wird man mir ihn schließlich doch noch nehmen." IV. Der Willkommgruß. Sie war gekommen, das kleine Mädchen war gekommen! ES ist schwer, die richtigen Worte zu finden, um ein so großes Ereignis zu berichten. Sie traf erst spät im Herbst ein, als die Pcrsonenboote auf dem Löven schon ihre Fahrten eingestellt hatten und der Verkehr auf dem See nur noch durch ein paar kleine Fracht- Kämpfer aufrechterhalten wurde. Aber mit diesen hatte sie nicht fahren wollen vielleicht hatte sie auch nicht einmal gewußt, daß eL solche Frachtdampfer gab sondern sie hatte von der Eisenbahnstation aus einen Wagen nach ASkedalarna genommen. Jan in Skrolycka konnte sie also nicht auf dem Landungs- sieg bei Bro, wo er nun seit fünfzehn Jahren auf sie gewartet harte, in Empfang nehmen. Denn fünfzehn Jahre lang war sie fort gewesen. Achtzehn Jahre lang hatte er sie in seinem Hanse sein eigen nennen dürfen, und fast ebenso lange hatte er sie entbehren müssen. (Forts, folgt.)