fortwährend in der unendlichen progressiven Entwicklung der Menschheit, ganz wie z. B. mathematische Aufgaben in einer unendlichen Reihe oder einem Kettenbruch ihre Lösung finden. Thatsächlich ist und bleibt jedes Gedankcnabbild des Weltsystems die Natur gar nicht und die Menschenwelt nur zum allergering- objektiv durch die geschichtliche Lage, und subjektiv durch die Kör- sten Theil aus den Manteuffel'schen Preußen von 1850. per- und Geistesverfassunz seines Urhebers beschränkt. Aber Herr; Die mathematischen Axiome sind die Ausdrücke des höchst Dühring erklärt von vorn herein seine Denkweise für eine solche, dürftigen Gedankeninhalts, den die Mathematik der Logik ent- die jede Anwandlung zu einer subjektivistisch beschränkten Weltvor- lehnen muß. Sie lassen sich auf zwei zurückführen: stellung ausschließt. Wir sahen vorher, er war allgegenwärtig I) Das Ganze ist größer als der Theil. Dieser Satz ist eine — auf allen möglichen Weltkörvern. Jetzt sehn wir auch, daß reine Tautologie, da die quantitativ gefaßte Vorstellung: Theil er allwissend ist.' 11" oin!rr-f gelöst und Wie die Grundgestalten des Seins, meint Herr Dühring, auch die gesammte reine Mathematik apriorisch, d. h. ohne Benutzung der Erfahrungen, die uns die Außenwelt bietet, aus dem Kopf heraus fertig bringen zu können. In der reinen Mathematik soll sich der Verstand befassen„mit seinen eignen freien Schöpfun- gen und Imaginationen"; die Begriffe von Zahl und Figur sind „ihr zureichendes und von ihr selbst erzeugbares Objekt", und somit hat sie„eine von der besondern Erfahrung und dem realen Weltinhalt unabhängige Geltung". Daß die reine Mathematik eine von der besondern Er- fahrung jedes Einzelnen unabhängige Geltung hat, ist allerdings richtig und gilj von allen festgestellten Thatsachen aller Wissen- schaften, ja von allen Thatsachen überhaupt. Die magnetffchen Pole, die Zusammensetzung des Wassers aus Wasserstoff und Eauerstoff, die Thatsache, daß Hegel todt ist und Herr Dühring lebt, gelten unabhängig von meiner oder andrer einzelner Leute Erfahrung, selbst unabhängig von der des Herrn Dühring, so- bald er den Schlaf des Gerechten schläft. Keineswegs aber be- faßt sich in der reinen Mathematik der Verstand blos mit seinen eigenen Schöpfungen und Imaginationen. Die Begriffe von Zahl und Figur sind nirgend anders hergenommen, als. aus der wirklichen Welt. Die zehn Finger an denen die Menschen zählen, also die erste arithmetische Operation vollziehn gelernt haben, sind alles Andre, nur nicht eine freie Schöpfung des Verstandes. Zum Zählen gehören nicht nur zählbare Gegenstände, sondern auch schon die Fähigkeit, bei Betrachtung dieser Gegenstände von allen ihren übrigen Eigenschaften abzusehn außer ihrer Zahl— und diese Fähigkeit ist das Ergebniß einer langen geschichtlichen, erfahrungsmäßigen Entwicklung. Wie der Begriff Zahl, so ist der Begriff Figur ausschließlich der Außenwelt entlehnt, nicht im Kopf aus dem reinen Denken entsprungen. Es mußte Dinge geben, die Gestalt hatten und deren Gestalten man verglich, ehe man auf den Begriff Figur kommen konnte. Die reine Mathe- matik hat zum Gegenstand die Raumformen und Quantitätsver- Hältnisse der wirklichen Welt, also einen sehr realen Stoff. Daß dieser Stoff in einer höchst abstrakten Form erscheint, kann seinen Ursprung aus der Außenwelt nur oberflächlich verdecken. Um diese Formen und Verhältnisse in ihrer Reinheit untersuchen zu können, muß man sie aber»vollständig von ihrem Inhalt trennen, diesen als gleichgültig bei Seite setzen; so erhält man die Punkte ohne Dimensionen, die Linien ohne Dicke und Breite, die» und d und x und y, die Constanten und die Variabeln, und kommt dann ganz zuletzt erst auf die eignen freien Schöpfungen und Imaginationen des Verstandes, nämlich die imaginären Größen. Auch die scheinbare Ableitung mathematischer Größen aus einander beweist nicht ihren apriorischen Ursprung, sondern nur ihren rationellen Zusammenhang. Ehe man auf die Vorstellung kam, die Form eines Cylinders aus der Drehung eines Rechtecks um eine seiner Seiten abzuleiten, muß man eine Anzahl wirklicher Rechtecke und Cylinder, wenn auch noch in so unvollkommner Form, untersucht haben. Wie alle andern Wissenschaften ist die Mathematik aus den Bedürfnissen der Menschen hervorge- gangen: aus der Messung von Land und Gefäßinhalt, aus Zeitrechnung und Mechanik. Aber wie in allen Gebieten des Den- kens werden auf einer gewissen Entwicklungsstufe die aus der wirklichen Welt abstrahirten Gesetze von der wirklichen Welt ge- trennt, ihr als etwas Selbständiges gegenüber gestellt, als von Außen kommende Gesetze, wonach die Welt sich zu richten hat. So ist es in Gesellschaft und Staat hergegangen, so und nicht anders wird die reine Mathematik nachher auf die Welt an- gewandt, obwohl sie eben dieser Welt entlehnt ist und nur einen Theil ihrer Zusammensetzungsformen darstellt— und gerade nur deßwegen überhaupt anwendbar ist. Wie aber Herr Dühring sich einbildet, aus den mathemati- schcn Axiomen,„die auch nach der rein logischen Vorstellung einer Begründung weder fähig noch bedürftig sind", ohne irgend welche erfahrungsmäßige Zuthat die ganze reine Mathematik ableiten und diese dann auf die Welt anwenden zu können, ebenso bildet er sich ein, zuerst die Grundgestalten des Seins, die einfachen Bestandtheile alles Wissens, die Axiome der Philosophie, aus dem Er hat die letzten Aufgaben der Wissenschaft sich von vorn herein in bestimmter Weise auf die Vorstellung: so die Zukunft aller Wissenschaft mit Brettern zu- Ganzes bezieht, nämlich so, daß„Theil" ohne Weiteres besagt, ' daß das quantitive„Ganze" aus mehreren quantitativen„Thei- len" besteht. Indem das sogenannte Axiom dies ausdrücklich konstatirt, sind wir keinen Schritt weiter. Man kann diese Tau- tologie sogar gewisser Maßen beweisen, wenn man sagt: ein Ganzes ist das, was aus mehreren Theilen besteht; ein Theil ist das, von dem mehrere ein Ganzes ausmachen, folglich ist der Theil kleiner als das Ganze— wo die Oede der Wiederholung die Oede des Inhalts noch stärker hervortreten läßt. 2) Wenn zwei Größen einer dritten gleich sind, so sind sie unter einander gleich. Dieser Satz ist, wie schon Hegel nachge- wiesen hat, ein Schluß, für dessen Richtigkeit die Logik einsteht, der also bewiesen ist, wenn auch außerhalb der reinen Mathe- matik. Die übrigen Axiome über Gleichheit und Ungleichheit sind bloße logische Erweiterungen dieses Schlusses. Diese mageren Sätze locken weder in der Mathematik noch sonst wo einen Hund vom Ofen. Um weiter zu kommen, müssen wir reale Verhältnisse hineinziehn, Verhältnisse und Raumformen, die von wirklichen Körpern hergenommen sind. Die Vorstellungen von Linien, Flächen, Winkeln, von Vielecken, Würfeln, Ku- geln u. s. w. sind alle der Wirklichkeit entlehnt, und es gehört ein gut Stück naiver Ideologie dazu, den Mathematikern zu glau- ben, die erste Linie sei durch Bewegung eines Punktes im Raum entstanden, die erste Fläche durch Bewegung einer Linie, der erste Körper durch Bewegung einer Fläche u. s. w. Schon die Sprache rebellirt dagegen. Eine mathematische Figur von drei Dimen- sionen heißt ein Körper, corpus solickum, also im Lateinischen sogar ein handgreiflicher Körper, führt also einen Namen der keineswegs der freien Imagination des Verstandes, sondern der handfesten Realität entlehnt ist. Aber wozu all' diese Weitläufigkeiten? Nachdem Herr Düh- ring auf Seite 42 und 43 die Unabhängigkeit der reinen Mathe- matik von der Erfahrungswelt, ihre Apriorität, ihre Beschäftigung mit den eignen freien Schöpfungen und Imaginationen des Ver- standes, begeistert besungen, sagt er aus Seite 63:„Es wird nämlich leicht übersehen, daß jene mathematischen Elemente(Zahl, Größe, Zeit, Raum und geometrische Bewegung) nur ihrer Form nach ideell sind,... die absoluten Größen sind daher etwas durchaus Empirisches, gleichviel welcher Gattung sie angehören"... aber„die mathematischen Schemata sind einer von der Erfahrung abgesonderten und dennoch zureichenden Charakteristik fähig", welches Letztere mehr oder weniger von jeder Abstraktion gilt, aber keineswegs beweist, daß sie nicht aus der Wirklichkeit abstrahirt ist. In der Weltschematik ist die reine Mathematik aus dem reinen Denken entsprungen— in der Naturphilosophie ist sie etwas durchaus Empirisches, aus der Außenwelt Genommenes und dann Abgesondertes. Wem sollen wir nun glauben? (Fortsetzung folgt.) Wie die Gottgläubigen Gott lästern. Wie Einer ist, so ist sein Gott — Darum ward Gott so oft zu Spott. Wenn in vergangenen Zeiten die Menschen unter dem Ein- fluß einer kindischen Weltanschauung unreifen Kulturzustaudes für alles Gute, das ihnen widerfuhr, sich Götter bildeten, denen sie diese guten Handlungen andichteten; wenn sie hingegen für alles Uebel, für alles Böse einen Gegengott, das böse Prinzip, also den Teufel verantwortlich machten: so ist die Unwissenheit und Roheit unserer Vorfahren em hinreichender Grund zur Entschuldigung. Wenn aber die heutige Menschheit bei dem fortgeschrittenen Stand der Erkenntniß, besonders die lutherische Christenheit, eine solche Gegenüberstellung eines guten und eines bösen Prinzips nicht mehr wagt, nur aber— weil sie alles Ge- schehen glaubt einer„Vorsehung" zuschreiben zu müssen— nicht weiß, wen sie für das Uebel verantwortlich machen soll und daher zu dem schmählichen Auskunftsmittel greift: alles, das Gute und auch das Böse, ihrem„Gott " zuzuschreiben, ihrem Gott, der im Uebrigen alle menschlichen guten Eigenschaften im Kopf erzeugen, aus ihnen die ganze Philosophie der Welt-' vatismus, haben sich also wirklich im schönen Bunde des Bis- schematik ableiten und diese seine Verfassung der Natur und' marckthums zu löblichem Thun , d.h. zu reaktionärer Volks- Menschenwelt Allerhöchst oktroyiren zu können. Leider besteht j Unterdrückung, geeint. Der Liberalismus hat dabei jeden eigenen Gedanken, jede Spur seiner früheren angeblichen Grundsätze aufgegeben.„Wer nur den lieben Gott läßt walten", sagt er mit bismarck- und eulenburgergebenem Blicke. Die„Provinzial- correspondenz" spricht ihm aus der Seele, wenn sie deklamirt: „Die Regierung unseres Kaisers hat in jeder Beziehung fort und fort bewiesen, daß ihr vor Allem die treue Sorge für das Wohl des Volkes in allen Schichten am Herzen liegt. Wer daher bei den Wahlen das wirkliche Volkswohl fördern will, der wird sich nicht durch große Verheißungen der Wahleandidaten über die zu erreichenden Fortschritte, Verbesserungen und Wohl- thaten für das Volk täuschen lassen, sondern die Bewerber vor Allem darauf ansehen und prüfen, ob sie Willens und nach ihrer Sinnesart im Stande sind, in aufrichtiger und vertrauensvoller Gemeinschaft mit der Regierung des Kaisers an des Reiches Gedeihen und Wohlfahrt zu arbeiten." Wie demgemäß die Gesetzgebung des nächsten Reichstags ausfallen wird, kann nicht mehr zweifelhaft sein. Da wird vom „wirklichen Volkswohl" gesprochen und da ist die Rede von der „Verbesserung und heilsamen Ergänzung der wirthschaftlichen Gesetzgebung". In welcher Weise diese Andeutungen zu ver- stehen sind, das ist in folgenden Sätzen der„Provinzialeorrespon- denz" ausgesprochen: „Es ist jüngst darauf hingewiesen worden, daß es sich in den nächsten Reichstagssessionen ganz besonders um Fragen des wirth- schaftlichen Wohls unseres Volks handeln werde: nicht als ob völlig neue Bahnen im Gegensatze zu den Grundauffassungen, von welchen unjere wirthschaftliche Entwickelung seit Jahrzehnten ausgegangen ist, einzuschlagen wären,— wohl aber gilt es, auf Grund der neuen praktischen Erfahrungen die Bedürfnisse des Bolkswohls in allen Beziehungen in sorgliche Erwägung zu ziehen, den erkannten Mißständen und Verirrungen auf dem gewerblichen Gebiete soweit möglich Abhilfe zu verschaffen;— es gilt ferner, die Anforderungen der Reichsinteressen auf dem wirthschaftlichen Gebiete mit den Bedürfnissen der Landesver- waltungen in Einklang zu bringen,— vor Allem aber den Ge- fahren, welche aus revolutionären sozialen Bewegungen für das Gesammtwohl zu erwachen drohen, rechtzeitig die vereinte Macht aller erhaltenden Kräfte der Nation entgegenzustellen. Alle Bestrebungen auf Klärung und Wiederbefestigung unserer wirth- schaftlichen und sozialen Verhältnisse aber können, wie gesagt, nur dann einen Erfolg haben, wenn in der Mehrheit des Reichs- tags ein klarbewußter und entschiedener Wille zu vertrauensvollem Zusammenwirken mit der Regierung vorhanden ist." Nach dieser Ankündigung haben wlr also zunächst zu erwarten eine Revision des Aktiengesetzes und der Gewerbeordnung, und vielleicht auch ein Contrattbruchgesetz. Dann wird von Reichs- wegen das Steuerwesen geordnet, wobei der Reichskanzler Ge- legenheit finden wird, seine Besteuerungs-Theorien, die er im vorigen Jahre zum Erstaunen der ganzen Welt und seiner eigenen Freunde entwickelte, aus dem Gebiete der grauen oder blauen— sehr blauen Theorie in's Praktische zu übersetzen. Die Hauptsache aber ist der Kampf gegen die„Gefahren der revo- luttonären und sozialen Bewegungen", der Kampf gegen die Sozialdemokratie. Daß dieser Kampf mittelst neuer Strafpara- graphen, in neuer Auflage der Strafgesetznovelle, geführt werden soll, das bedarf keines besonderen Beweises. Eigenthum, Familie, Religion, Ehe, allgemeine Wehrpflicht, wohl auch die dreijährige Präsenzzeit und das indirekte Steuersystem des Reichskanzlers, werden als heilig und undiskutirbar unter den wirksamen Schutz des Staatsanwalts gestellt, und damit ist natürlich Alles gethan, was eine gute Regierung„zur Klärung und Wiederbefestigung unserer wirthschaftlichen und sozialen Verhältnisse" thun kann. Daß die nationalliberale Majorität diesmal die Hand dazu bieten wird, das erscheint der„Provinzialeorrespondenz" als unzweifelhaft und wir wissen, daß das Organ der Regierung seine Pappenheimer kennt, und wir kennen sie auch! Sache des Volkes wird es sein, bei den diesmaligen Wahlen zu zeigen, daß es diese Sorte Volksvertreter allgemach auch durchschauen gelernt hat. Sozialpolitische Uebersicht. — Durch den Justizgesetzcompromiß hat sich die nationalliberale Partei des Vertrauens der Regierung in ihr unerschütterliches Mameluckenthum so würdig gezeigt, daß sie nunmehr die„Provinzialeorrespondenz� in Gemeiiychaft mit den regierungsfreundlichen conservativen Elementen feierlich zu den: Range der Regierungspartei erhebt oder— degradirt. Die „Provinzialeorrespondenz" dozirt in einem Artikel„An die Wähler in Stadt und Land" wie folgt: „Wie aller wahrhafte Fortschritt der Gesetzgebung im Nord- deutschen Bunde und im Deutschen Reiche nur durch die regie- rungsfreundliche Mehrheit aus conservativen und gemäßigt libe- ralen Elementen gesichert worden ist, so wird anch irgend eine Verbesserung und heilsame Ergänzung der wirthschaftlichen Ge- setzgcbung um so sicherer und eher erreicht werden, je mehr der neue Reichstag aus Männern besteht, welche von vorn herein und grundsätzlich den ernsten Willen zu gemeinsamem Schaffen für das Volkswohl und nicht die Neigung und Lust zur Oppo- sition und zum Kampfe gegen die Regierungen mitbringen." Die einst so feindlichen Brüder, Liberalismus und Conser- eingerichteten Staat nicht nach dem Unglück, sondern vor dem- selben, zur Verhütung desselben, controlirend, gegenwärtig sein müßten. Davon jedoch abgesehen. Eines kann man selbst den Vertretern des Großkapitals nicht abstteiten: soweit der Geld- beute! nicht sein strenges Veto einlegt, suchen dieselbe» nach solchem Unglück nach denjenigen Mitteln, welche in Zukunft zur Verhütung angewendet werden müssen. Wir wollen hier nicht untersuchen, in wie weit solche Un- glücksfälle durch das Außcrachtlassen von Vorsichtsmaßregeln, wie sie Wissenschaft und Erfahrung bieten, verschuldet sind; wir wollen absehen davon, wie sich nach dem Unglück jeder Schul- dige aus der Schlinge zu ziehen sucht; ja wir wollen gegen- wärtig unberücksichtigt lassen, inwiefern auch in Zukunft, trotz des furchtbaren Unglücks, nicht alles gethan werden wird, was zu thun nöthig wäre, würden die Ausbeuter nicht den Werth ihres Geldes höher anschlagen als den Werth des Menschen- lebens; aber Eines ergicbt sich für alle Vernünftigen angesichts dieses schauerlichen Schlachtfeldes der Industrie zweifellos; nämlich das eine, daß jeder denkende Mensch zu der Frage getrieben wird: Wodurch ist das Unglück entstanden, wie konnte und kann höchsten Grade besitzen soll(Allliebe, Allgerechtigkeit, Allweisheit, es in Zukunft vermieden werden? Jeder Vernünftige fühlt in Allbarmherzigkeit ic.): so weiß man freilich nicht, ob man ein stinftmäßig, daß nur Mangel an Vorsicht, mangelhafte Benutzung solches Verfahren einer theologischen Ueberstudirtheit oder einer aller zu Gebote stehenden technischen Hilfsmittel die Ursachen sehr feinen Berechnung zuschreiben soll. des namenlosen Elends sind, und daß demselben in Zukunft Die menschlich fühlende Welt ist jüngst wiederum erschüttert> durch vollendetste menschenmögliche Borsicht und bessere Gestal- worden durch einen jener zahlreichen und bei der heutigen Pro tung der Produktionsverhältnisse vorgebeugt werden kann, daß duktionsweise unausbleiblichen furchtbaren Unglücksfälle, wie sie«man eventualiter, d. h. wenn der gegenwärtige Stand der der rohe egoisttsche Kapitalismus, der Geldhungcr, die. Habsucht nach Gewinn uns in kurzen Zwischenräumen als„Errungen- schaften" einer„göttlichen Weltordnung" vor Augen führen. Im Windbergschacht bei Deuben ereignete sich bekanntlich am Sonntag den 10. Dezember das schreckliche Ungtuck, daß 23 Berg- arbeiter durch schlagende Wetter getödtet und 6 schwer verletzt wurden. Am Mittwoch darauf wurden 25 dieser Opfer der In- dustrie zu Grabe getragen, unter dem Jammer vieler Wittwen und Waisen. Nach solch schrecklichen Ereignissen eilen dann alle jene tech- nischen und richterlichen Beamten herbei, die in einem besser Wissenschaft wirklich noch ohnmächttg wäre, solchem Unglück zu begegnen, alles aufgeboten werden müsse, um durch Erfindungen und Entdeckungen, durch gewissenhafte Benutzung der Erfahrung und Sammlung neuer Erfahrungen Schutz zu suchen. Nicht so der Pfarrer Uhlig, welcher nach dem Direktorial - Mitglied Advokat Hänel und dem Oberpfarrer Römisch (muß nicht überall das par nobile fratrum beisammen zu finden sein?) die Grabrede hielt. Der Herr Pfarrer sagte u. A.:„Es ist ein geradezu ent- setzlicher, unerträglicher Gedanke: es sei ein kaltes, blindes Schicksal, das über uns regiere; es sei ein Ungefähr, eine — Die Lage der deutschen Industrie wird immer schlechter. Schutzzöllnerische Blätter stellen einen massenhaften Zusammenbruch der Privat-Jndustrie in Aussicht, welcher noch verwüstender wirken werde, als der„Krach", dem so viele große Aktienunternehmungen erlegen sind. Nach den Mittheilungen der„Sozialpolitischen Correspondenz" werden in Berlin nament- lich eine sehr große Anzahl von Ladengeschäften an dem schlechten Neujahrsabschlusse zu Grunde gehen. Mit Mühe und Roth haben sich viele derselben bis jetzt gehalten. Der trostlose Aus- fall des Weihnachtsgeschäfts und das Ausbleiben von Zahlungen, unterlassene Vorsichtsmaßregel, ein Feuerfunke, ein Lufthauch, der solches großes Unglück herbeigeführt, wir seien der Unsicher- heit des menschlichen Schutzes preisgegeben und ein finsteres Verhängniß dürfe mit uns spielen— spielen, wie mit einem Spielball, uns höhnisch zurufend: Heute Diesen und morgen Jenen!— Nein, Herr, ich hoffe auf Dich. Ich steh' in Deiner Hand und will drin stehen bleiben. Es sind Hände eines himmlischen Vaters, eines allmächtigen Gottes, dem auch die Elemente unterthan sind, der seine Engel zu Winden und seine Diener zu Feuerflammen macht; eines Allwaltenden, ohne dessen Willen kein Haar von unserem Haupte fällt." Wir enthalten uns einer eigentlichen Kritik dieser Predigt, denn die gegenwärtigen Rechtszustände lassen einer freien Mei- nungs-Aeußcrung harte Kcrkerstrafen folgen, und was man nicht als Unwahrheit, als Unsittlichkeit bestrafen kann, das bestrast man als„Gotteslästerung",„Religionsschmähung", als Lästerung einer„Einrichtung" der Kirche, und bei der offen dargethanen Unwissenheit unserer Juristen über den Begriff„Einrichtung" wollen wir nicht riskircn, einen Pfarrer und seine Grabrede nicht als„Einrichtung der Kirche" zu negiren: aber das wagen wir zu behaupten, daß es einer Lästerung seines allliebenden Gottes— nach unserer Meinung— gleichkommt, diesen allge- rechten und allbarmherzigen Gott verantwortlich zu machen für all das Elend, verantwortlich zu machen für die schlechten Ein- richtungen im gegenwärtigen Gesellschaftsleben. Seinem allweisen Gott solches zumuthen, heißt ihn degradiren und den kummer- erfüllten Zuhörern solcher Grabreden nicht Trost, wohl aber Zweifel an der Existenz dieses Gottes beibringen. Wir wenig- stens haben uns, als wir noch gottgläubig waren, unfern Gott großartiger vorgestellt. Leider mußten wir freilich diese Vor- stellung auch überlvinden. Gibt es Götter und könnten solche nach den Ausführungen des Geistlichen solches Unglück verhüten, so würden sie es ganz sicher thun, und es hieße dieselben lästern, muthetc man ihnen das Vermögen willkürlichen Eingreifens zu und schiebt es als- dann auf„unerforschliche Rathschlüsse", wenn dieses Eingreifen nicht stattgefunden hat. Wenn der Anthropomorphismus nun einmal alle edleren
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2 (10.1.1877) 4
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