Stimme die Krankenwärter.Doch ja, hier ist Einer!" Es war Dr. Dolbeau, der sprach und auf eins der Betten deutete. Die Versailler stürzten auf ihr Opfer los: einem Soldaten, der am 18. März, um nicht Brudermörder zu werden, zum Volk übergegangen und in den Kämpfen der vorhergehenden Tage verwundet worden war. Der dem Tod Geweihte erhebt sich an Widerstand ist nicht zu denken:Ich stehe zu Diensten! Einen Augenblick!" zieht, so schnell er vermag, seine Uniform an, und hinkt mit seinen Begleitern zu der Thür hinaus. Ein paar Sekunden darauf ertönt der helle Ruf: Vivo In Com­mune! ein halbes Dutzend Flintenschüsse und ein tapferes Herz hatte aufgehört zu schlagen. Dr. Dolbeau that, als ob nichts geschehen sei. Aber die Krankenwärter zogen sich scheu vor ihm zurück wie vor einem Aussätzigen, und als er seine Vorlesungen an der Universität wieder aufnehmen wollte, trieben die cm- Porten Studenten ihn aus seinem Hörsaal. Er mußte sich trösten mit der Gnade des Herrn Thiers. Neulich starb er, Niemand folgte der Leiche ein Hund wäre mit mehr Achtung ver- scharrt worden. Die Unsterblichkeit, nach der er gestrebt, ist ihm aber zu Theil geworden, die Unsterblichkeit der Infamie. Parteigenosse und Reichstagsabgeordneter A. Kapell hat in derBerliner Freien Presse" bezüglich der Anfechtungen, welche seine Auslassungen über den Nothstand im Kreise Reichen- bach-Neurode im Reichstage seitens des- Magistrats von Neurode erfahren haben, folgende Erklärung erlassen: Erklärung. Durch mehrere Zeitungen läuft unter der UeberschriftOffi- ziös" die Nachricht, daß ich in der Reichstagssitzung vom 12. März d. I. behauptet hätte:im Kreise Neurodc herrschte der Hungertyphus in solch' erschreckender Weise, daß in der Stadt Neurode allein 125 Personen der Seuche erlegen wären", daß jedoch die daraufhin angestellte amtliche Untersuchung das Gegentheil ergeben habe. Der Kreisphysikus habe erklärt:es wäre in sechs Monaten kein Typhusfall mehr vorgekommen." Daraufhin erklgre ich, daß ich oben angeführte Aeußerungen nicht gethan, sondern nach dem amtlichen stenographischen Be- richt der Sitzung wörtlich gesagt habe:Ich habe aber vor we- nigen Tagen erfahren, daß im Neuroder Kreise der Hunger- typhus in solchem Grade aufgetreten ist, daß über 100 Men- scheu ihm schon erlegen sind." Hier ist von der Stadt Neurode nicht die Rede ebensowenig von 125 Personen, welche in der Stadt bereits der seuche er- legen sein sollen. Ferner ist auch nichts von mirbehauptet" worden, sondern ich sprach von einemErfahren" durch andere Personen. Dieoffiziösen" Angaben können also unbedingt nicht dem maßgebenden stenographischen Sitzungsbericht entnommmen sein, sondern nur Privat- oder Zeitungsnachrichten, sonst könnten sie nicht von Dingen sprechen, die ich gar nichtbehauptet" habe. Zur Sache selbst will ich noch hinzufügen, daß die Nachricht, welche mir zugegangen ist, keineswegs falsch war, sondern daß der Jrrthum lediglich darauf beruht, daß die Person, welche mir Bericht erstattete, den Neuroder Kreis mit einem der ober- schlesischen Kreise verwechselt hat. Es ist dieses eine Person, in deren Händen sich täglich die neuesten Nachrichten aus vielen Gegenden Deutschlands   befinden. Der Jrrthum meinerseits durch eine Verwechselung bei der Nachricht war also wohl zu entschuldigen und nicht geeignet, offiziös" Dinge widerlegen zu lassen, die ich gar nichtbe- hauptet" habe. Ich bitte diejenigen Zeitungen, welche die offiziöse Nachricht gebracht haben. Vorstehendes zum Abdruck zu bringen. A. Kapell, Mitglied des deutschen   Reichtagcs." Correspondenzen. IParis. Meine Ansichten über den Stand der Arbeits- Verhältnisse in Frankreich   haben Bestätigung gefunden durch eine hiesige Correspondenz, welche ich in einem Marsciller Blatt vorfand. Es ließe sich noch Manches sagen über die ökonomi- scheu Zustände in Frankreich   darüber aber vielleicht ein andermal. Zu meiner Verwunderung habe ich bemerkt, daß ein Theil der deutschen   Arbeiterblätter in der Weltausstel- lungssrage für Mac Mahon   gegen Bismarck   Partei ergriffen hat.(Das ist wohl ein Jrrthum. R. d.  V.") Aber was haben wir Sozialisten, so frage ich, mit diesem Kapital- und Bourgeois- Unternehmen zu schaffen? Da fällt es an einem schönen Morgen demBayard" des neunzehnten Jahrhunderts ein, eine Pariser Weltausstellung auszuschreiben, und zwar zwei Jahre nachdem die Philadelphiaer halb Fiasko gemacht hat. Flugs sollen die Das Polizeipräsidium zu Breslau   hat bei oem Mi- nistermm des Innern die Feststellung einer GeseKesvorschrifl beantragt, welche den BegriffBier" und die Bestandtheile dieses Getränks fixirt. Nach den in Breslau   seitens der Sanitätspolizei angeordneten Unter- suchunzen der dort gebrauten Biere hat sich nämlich herausgestellt, daß zwar schädliche Substanzen, wie Strychnin und Pikrinsäure, nicht zur Verwendung gelangen, dagegen als Malzsurrogate Glycerin und Stärke- zucker sehr häufig verwendet werden. Beide Surrogate kommen aber sehr oft verunreinigt, Stärkezucker mit Gyps, Glycerin mit flüchtigen Fettsäuren gemischt, in den Handel und in das Bier. Es wird nun Sache der Gesetzgebung sein, festzustellen, ob außer dem aus Malz und Hopsen hergestellten Gebräu auch die mit Surrogaten fabricirten ähn- tichen Flüssigkeiten den NamenBier" führen dürfen. Wir empfehlen die ganze Angelegenheit der Aufmerksamt des Reichsgesundheitsamles. Zu Kaisers Geburtstag. Da sage nochmals Einer, daß das deutsche Reich nicht auch auf dem Gebicie der Kunst die schönsten Btülhen treibt! Bei jederpolitischen" Gelegenheit fließt z. B. der Quell der Poesie in reichster Fülle. So ist es denn natürlich, daß er zuKaisers 80. Geburtstag" das ganz- deutsche Reich überschwemmte. In einer großen Anzahlreichsfreundlicher" Blätter haben wir Hymnen auf den Heldengreis gefunden, die uns großes Vergnügen machten, aber den Preis hat diePaffauer Zeitung" errungen, in welcher ein gewisser Graf folgendes köstliche Ghasel abschließt: O deutscher Kaiser, Du Riese der Zeit, Dir bleibt der Sitz im Paradiese der Zeit. Wer ging, wie Du, so glücklich, tapfer Durch hundert Schlachten am Spieße der Zeit; Wer darf sich Deines Alters rühmen, Dem wahren goldenen Vließe der Zeit? Die Sieger des hehren Altcrthumes Verschwinden vor Dir im Kiese der Zeit; Sie konnten nur tränken mit Feindesblute Im wilden Gemetzel die Wiese der Zeit, Doch du beherrschest mit weisem Szepter Aach   edlen Siegen die Krise der Zeit; Drum wo nur ein wahrer Deutscher ist, Er ruft: Es lebe der Riese der Zeit! Wir freuen uns durch Abdruck dieses Gedichts unsern Lesern ein Vergnügen bereiten zu können. Auch diejenigen, welche da meinen, daß in der sozialistischen   Gesellschaft diewahre" Kunst verschwinde, haben Recht solch« Kunstblüthen wird man dannleider" vermissen Völker des ganzen Erdballes, weil Mac Mahon   es so gewollt hat und weil die französischen   Volksvertreter nicht gut dazu haben Nein sagen können, den lustigen Tanz mitmachen, trotz der schlechten Zeiten, trotz Arbeitslosigkeit und Geschäftsstockung, trotz Kriegsaussichten?c. Aber wir wollen uns in dieser Frage nicht echauffiren, denn sie ist wesentlich eine Frage, welche die Bourgeoisie angeht. Dann kommt aber noch in Frage, wie sich die Franzosen verhalten hätten, wenn die Anregung zu der Weltausstellung von Deutschland   ausgegangen wäre; und da glaube ich mit der Annahme nicht fehlzugreifen, daß den Deutschen  der Korb nicht erspart geblieben wäre. Behandeln wir also die Weltausstellungsfrage als eine rein interne Bourgeoisange- legenheit, das ist nach meinem Dafürhalten das prinzipiell Richtige. Aerkin, 20. März.(Der 18. März in Berlin  .) Mit unverkennbarer Beftiedigung wir gönnen ihnen die Freude melden die Berliner  Freunde der Ordnung", daßder Besuch des Begräbnißplatzes der Märzgefallenen im Friedrichshain   auch in diesem Jahre nur ein sehr spärlicher war." Nun? und nimmt das Wunder? Man hat heute Wichtigeres zu thun, in Berlin  zumal, als den Vorkämpfern der Freiheit Todtenopfer zu bringen! Todtenopfer fordert die Zeit genug, freilich in einem ernsteren Sinne. Aber andere Feste stehen vor der Thür, die der baalspriesterische Philister sich schmückt zu feiern, da Vergötterung ihm Bedürfniß der Seele ist. Und mit Recht! Es ist höchste Zeit, daß der Deutsche   endlich daran denkt, seineGroßen", deren er Hunderte freilich von anderer Art hat verhungern lassen, bei Lebzeiten zu ehren, wenn auch blos mit übelriechendem Weihrauch, nicht erst den Gestorbenen in Form von Gedenk- steinen den schuldigen Dank nachträglich abzustatten. Besser freilich, man umkränzt die Stirn der Lebendigen bereits mit dem Lorbeer des Helden, man leiht dem Haupte der Lebendigen den Glorienschein des Heiligen: Vielleicht, daß auch sie selber, die Schaar der Götzendiener, ein schwacher Abglanz dieses Himmels- lichtes zurückstrahlt, sie erleuchtend und wärmend. Dazu will es freilich schlecht passen, derer in scheinheiligen Worten zu ge- denken, diejenigen in armseligem Schaugepränge zu feiern, die als Opfer für eine erhabene Idee gefallen sind. Ein goldnes Kalb muß die Welt von Zeit zu Zeit umtanzen können! Jene Idee aber, für welche heute die Freiheitsbajazzos nur in ihrer kastrirten Gestalt einzutreten gewillt sind, die Viele im Stillen, scheu und ängstlich in sich hegen, bis der goldene Tag der Frei- heit heranbricht, die die Wenigsten fest genug stehen, allen An- feindungen des Hasses und der Bosheit, der Verläumdung und Beschmutzung zum Trotz, immer und immer wieder hinaus- zurufen die- Idee ist unsterblich. Ihr Todten lebt noch! Was schadet's, wennder große Kranz, welcher sonst alljährlich in den Aesten der ehrwürdigen Linde von dem Berliner   Ar- beiterverein aufgehängt worden war, diesmal gefehlt hat." Daß trotzdem der Geist der Freiheit, die Sehnsucht nach Befreiung von aller Knechtung nicht erstorben ist, Ihr sagt es ja selbst treibt EuchMänner" der Ordnung die Scham nicht die Röthe auf die Wangen  ! Ihr sagt es ja, daß das Weib aus dem Volke es ist, das nicht vergessen kann noch will, daß man die Männer mit dem täuschenden Scheine der Freiheit ablohnt! Nun, wollt Ihr denn gar nicht sehen! Spricht das nicht deut- lichcr als sonst etwas, daß das Bewußtsein der Massen erwacht ist, die ihr heiliges Menschcnrecht fordern. Ja, die Frauen, das Weib desungebildeten" Proletariers, es verkündet es laut hinaus in die Welt für den, der hören kann und mag, daß es begriffen hat, auch für sie, die Parias, hat die Stunde der Er- lösung geschlagen. All Stelledes großen Kranzes" sah man einen mit rothcn Camelien durchwundenen Lorbeerkranz mit rother seidener Schleife, darauf die Inschrift:Gestiftet von den Arbeiterfrauen Berlins  ."" Wie laut sie, ohne es zu fühlen, ihre eigene Schande verkünden! Das nennen sie dann wohl gar eingroßmüthiges Vergessen"! Nicht in dem blos, was er thut, mehr noch in dem, was er leidet, zeigt sich der Mann. Wir glauben es gern, daßim Uebrigen Nichts auf die Be- deutung des Tages hindeutete." Sonst haben wir nun noch, aus dem Sinne der Ordnungsfreunde, aufrichtig zu bedauern, daß die wenigen Besucher des Begräbnißplatzes sich vollkommen ruhig verhielten, so daß die zahlreich aufgebotenen Schutzleute keine Gelegenheit hatten(wie schade doch!), ihre Thätigkeit zu entwickeln." Haben ihnen diesmal wieder die bösen Sozial- demokraten die Freude verdorben! Wir haben eben einiges gelernt und nichts vergessen, ihr Nachtwächter der Ordnung! Das schmerzt euch. Kamburg.(Berichtigung.) Zu der Altonaer   Stichwahl habe ich nicht, wie derVorwärts" irrthümlich angiebt, 12,30 auf Liste 4731, sondern 23,25 auf Liste 4211 abgeliefert. M. Göldner. Detmeuhorll. In Sachen des auch imVorwärts" bereits erwähnten Strikes der hiesigen Cigarrenmacher haben sich einige kapitalistische Blätter Mühe gegeben, das Gerücht zu kolportiren, daß derselbe die Billigung und Unterstützung des Allgemeinen Deutschen   Tabak- und Cigarrenarbeitervereins nicht gefunden habe. Die Absicht war die, den Arbeitern den Muth zu nehmen und ihnen zugleich die Sympathien ihrer Genossen zu rauben. Die allgemeine Urabstimmung, welche die Statuten des gedachten Vereins vorschreiben, hat nun stattgefunden und der Strike ist jetzt Sache des Vereins geworden; damit fallen die lügnerischen Berichte der betreffenden Blätter in Nichts zusammen. Der Vorstand des Allgemeinen Deutschen   Tabak- und Cigarrenarbeitervereins hat beschlossen, zunächst noch einen Sühneversuch anzustellen. Diesen führten zwei hiesige Mitglieder des Vereins und Herr C. Wodc aus Verden   aus. Die Arbeiter erklärten sich bereit, die Arbeit in der Bornemann'schen Fabrik wieder aufzunehmen, unter den Bedingungen, daß erstens ihre gemaßregelten Wortführer zugleich mit ihnen Aufnahme finden sollen, daß zweitens noch ein Tabaksausleser(Dübel) eingestellt und drittens der Werkmeister, der sich gegen die Sittlichkeit im Verkehr mit den weiblichen Beschäftigten schwer vergangen hat, entlassen werde oder wenigstens eine ernste Rüge empfange. Der hier wohnende Inhaber der Fabrik hat jedes Eingehen in die Forderungen der Arbeiter verweigert und somit alle weiteren Unterhandlungen abgeschnitten. Man sieht nun, auf welcher Seite die Streitlust ist. Gegen den betreffenden Meister ist übrigens bereits die gerichtliche Klage wegen unsittlicher Berüh- rung der Frau eines der Arbeiter erhoben worden. Das Be- nehmen der Arbeiter ist ein durchaus ruhiges und die Berichte über stattgefundene Excesse sind einfach erlogen, ebenso wie die berichtete Jnklagesctzung zweier Arbeiterfrauen wegen Bettelei. Areskau, 20. März. Am Vorabende des 18. März fanden sich Tausende von hiesigen Parteigenossen mit ihren Familien in dem geräumigen Weiß-Saale zusammen, um sich gemein- schaftlich die bedeutungsvollen Frühjahrsereignisse der Jahre 1848 und 1371 in's Gedächtniß zu rufen. Die Festrede, die auch der Trauer unserer Partei über den jüngst erlittenen Verlust Johann Jacoby's   Ausdruck geben sollte, war von Freund Fritzsche übernommen worden. Da Reichstagsgeschäfte ihn an seinem Besuche bei uns hinderten, trat Maximilian Schlesinger für ihn ein. Dieser begann seine Rede, indem er darauf hinwies, baß Johann Jacoby   bereits wachte, als noch Alles schlief, daß er die Forderungen der Demokratie schon formulirte, als die Ge- danken der Andern noch unklar und verworren waren. Redner entwarf den Anwesenden ein kurzes Bild von dem Leben und Wirken des so aufrichtig Betrauerten,er sei ein Mensch ge- Wesen und ein Mensch sein heiße Kämpfer sein." Redner sprach alsdann über das Jahr 1848, welches das deutsche   Volk von dem Gefühle der Furcht und der unterthänigcn Ergebenheit be- freit, dem bisher allmächtigen Willen eines Einzelnen den Willen des Volkes gegenübergestellt und endlich die Freiheit des Denkens für Alle errungen habe. Die Commune-Erhebung,das duftige Beilchen des März, für welches das frauzösische Proletariat den blutigen Kriegslorbeer mit Freuden hinzugeben bereit war," sei das erste Grauen eines schönen Tages nach langer, unheimlicher Nacht gewesen. Man könne es schmerzlich bedauern, daß die Commune ein so blutiges Ende onrch Henkershände gefunden, daß so viele Tausende der edelsten Kämpfer einen mehr oder weniger langsamen, qualvollen Tod erlitten, man dürfe aber nicht verkennen, daß derartige Katastrophen die Befreiung der leidenden und darbenden Menschheit beschleunigen. Vorträge des Gesangvereins Liberte, Sologesänge und Deklamationen einiger Genossen und die Töne einer ernsten Musik trugen zur Unterhaltung und Erhöhung der Festfcier bei. Am 18. März referirte Unterzeichneter in einer Volksver- sammlung über die Bedeutung die; es Tages für das Proletariat aller Länder. Ich stellte dar, wie die vormärzlichen Ereignisse in Paris   eine energische Intervention zu Gunsten der arbeitenden Bevölkerung nöthig gemacht hätten, und wie die Pariser Arbeiter bereits reif genug gewesen, diese Intervention selbstständig in die Hand zu nehmen. Auf geschichtliches Material mich stützend zeigte ich, was die Commune gewesen, was sie gethan, wie sie geendet. Herr Louis Cohn, der sich alsdann zum Worte meldete, war darüber empört, daß sein jugendlicher Vorredner den 13. März 1871, und nicht den 18. März 1848 zum Gegen- stände seines Vortrags gemacht hatte. Der 18. März 1848 sei für das deutsche   Volk ein Hauptfesttag. Man müsse die Zu- stände vor 48 selbst durchlebt haben, um die Freiheiten ivürdigen zu können, deren wir uns heute erfreuen. Derjugendliche Vorredner" antwortete, daß ihm, dem jungen Manne, und dem kämpfenden Proletariate, dessen Blicke über Deutschlands   Grenzen hinausschweifen, das Jahr 1871 näher liege, als das Jahr 1848; wir wollen den Alten, den Vätern gern die Vergangenheit lassen, nehmen aber die Gegenwart und Zukunft für uns in Anspruch. Am Nachunttage desselben Tages folgten 4000 Arbeiter der Bahre des Schmiedewerkführers der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn Härtel, der sich selbst entleibt hatte, weil er sich nicht zum gesügigen Werkzeuge bei der Bedrückung der ihm unter- stellten Arbeiter hergeben mochte. Freund Kräcker sprach am Grabe einige Worte. Heute tritt der dem Verstorbenen vor- gesetzt gewesene Eisenbahn-Mafchinenmeistcr dem hier cirkulirenden Gerüchte entgegen, daß eine abermalige Reduktion der Löhne in ftaglicher Werkstatt beabsicht worden sei. Die Mitgliederzahl des vor 8 Tagen gegründetenBreslauer Arbeitervereins", dessen Zweck es ist,Aufklärung über die Be- deutung und Ziele der sozialistischen   Arbeiterbewegung zu ver- breiten," geht bereits in's vierte Hundert und steigt täglich. Alexander Schlesinger. Zlürnberg. Das Volk hungert! sagten wir in unserer Nummer vom Dienstag(22. d.); das Volk verhungert, wenn nicht rasch, sofort Hilfe, Arbeit geschafft wird, setzen wir heute auf Grund der inzwischen gemachten Erfahrungen hinzu. Sowohl Frauen vom Bürgerbund j als auch Krankencontroleure und Private haben sich die Mühe genommen, hilfsbedürftige Familien aufzusuchen, um sich von der Größe und Ausdehnung des Elends und der Würdigkeit der zu Unterstützenden zu über- zeugen. Mau würde es von Seite der Bourgeoisie einfach für sozialdemokratische Uebertreibung" erklären, wollten wir ein- gehende Schilderungen der angetroffenen Zustände geben.Mein Mann hat seit einem halben Jahre, seit so und so viel Wochen, keine Arbeit, die Kinder sind krank, so daß auch ich nichts ver- dienen kann", so hören wir die Frauen klagen, und trübsinnig» Selbstmordgedanken brütend, schleichen die Männer einher, die trotz des redlichsten Willens keine Arbeit finden können und hungern müssen trotz ihrer kräftigen Hände, hungern mit Frau und Kind. Keinen Tisch, keinen Stuhl, kein richtiges Bett, son- dern Schivarten und Lumpen, oft nicht einmal das nöthigste Kochgeschirr findet man in solchen Haushaltungen; freilich wozu auch Kochgeschirr, wenn man nicht einmal blanke Kartoffeln hat, sie zu sieden, oder Holz, um ein wärmendes Feuer zu schüren. Krankheiten, schlimme, ansteckende Krankheiten sind unausbleiblich, und die Gesellschaft, die Leitung der Gesellschaft, welche hart- herzig oder unwissend solchem Jammer gegenübersteht, wird für ihre Unterlassungssünden srüh genug büßen müssen. Wir be- haupten, daß die gesammte Armenpflege der Stadt Nürnberg  , selbst bei reichlichster Unterstützung durch Privatwohlthätigkeit, nicht im Stande ist, auch nur den vierten Theil dieser Noth vorübergehend zu lindern. Denn es ist nicht das nackte Elend allein, welches Ursache zu Befürchtungen aller Art giebt. Tau sende von hiesigen, srüher leidlich situirten Arbeitern verdienen z. B. bei gleicher oder gesteigerter Arbeitsleistung knapp die Hälfte von dem, was sie früher bezahlt erhielten, dank der un- sinnigen Doktrin, daß die Krisis nur durch Herabsetzung der Löhne beseitigt werden könne. Durch die allseitig zugestandene Ueberproduktion sind die Waarenlager überfüllt worden; das Volk ist kaufnnfähig, in Folge dessen bleiben die Magazme ge- füllt; dem Volk wird der Lohn verkürzt, es kann also noch weniger kaufen, darunter leiden nun sämmtliche Krämer, Wirthe, kleine Handwerker, kurz alle Diejenigen, welche direkt auf die arbeitende Bevölkerung angewiesen sind. Durch Bettclgelder und Almosen, selbst Ivenn sie allgemein und außerdem nicht in der nur zu bekannten Manier der Nürnberger Armenräthc zur Ver- theilung gelangen, kann der Nothlage in Nürnberg   nicht abge- Holsen werden. Es ist dies nur möglich durch Arbeit, bei welcher auf längere Zeit größere Massen beschäftigt werden kön- neu. Solche Arbeiten wären in Nürnberg   zur Zeit genügend vorhanden und auch die Mittel zur Aufführung dürften flüssig gemacht iverden können, sofern die Stadtväter nur einigen guten Willen zeigen. Nivellirung der Insel Schütt  , Einfüllung des Stadtgrabens vom Maxthor zum Lauferthor, Ueberdämmung des Grabens am Mohrenthor, schleunigste Inangriffnahme der Kanalisation k. Und die Mittel? Nun, auf der königlichen Bank liegen die verschiedenen Hunderttausende der Stadtanleihe, welche mit 4'/, Prozent verzinst werden müssen, während die Bank nur 2'/, oder höchstens 3 Prozent dafür bezahlt. Die für den Stadt- park und für Restaurirung des Rathhaussaales reservirten Gelder wären gewiß zu den von uns benannten Zwecken besser ange- wendet, denn hoffentlich wird man in solch' trauriger Zeit mcht weitere Luxusausgaben, wie den jüngsten Gemäldekauf, wachen wollen. Zuerst das Nothwendige, Nützliche dann das Ung- nehme! Mag auch die preußische Regierung durch ihre chllZw» Sprachrohre das Recht auf Arbeit verneinen lassen, so darr