Erscheint in Leipzig Mittwoch, Freitag, Sonntag. ÄbouilcmcnlevreiS tür ganz Teutichland 1 M.«0 Ps. pr» Quartal. Monats- AbonncmenZ» IHtfcnt bri allen deutichen Poitanftallen Bulben 2. und S. l'ionat, und auf den S. Munal belonber« angenommen: im Königr. Sachfen unb Herzogth. Sachfen« Altenburg auch auf ben itcn Monat bei Quartal« a bt Pig. Inserat» betr. Berfammlungen pr. Pctitzeile lv Pf., betr. Prioatangelegenheiten unb Feste pro Petitjeile 30 Pf. Vestellungen nehmen an alle Postanftalten unb Buch» hanblungcn de« In» u. Auslände«. Filial- Expeditionen. New-Aork: Soj.-bemoK. Benofien» fchaftöbuchbruckerei, lbt Lliieiäx« Str. Philadelphia: P. Hast,«so Korth S'« Street, I. Boll, 11«« Charlotte Str. Hoboien N.J.: F.«. Sorge.«IS Vaab- injxtou Str. Khicago: A. Lanfermann, H Clybonrne»r«. Eon Franzitco: F. Entz,«isO'Farrell Str. London W.: S. Henze, 8 New 3tr. Golden Square. Kentrak Hrgan der Sozialdemokratie Deutschlands . Nr. 56. Sonntag, 13. Mai. 1877. Die Rathlostgleit unserer Gegner auf wirthschaftlichem Gebiete wird von einer gegnerischen Zei- hing, welche in wirthschaftlichen Dingen sich besonderer Auto- rität erfreut, demHamburgischen Correspondent" rückhaltlos eingestanden und zum Ausdruck gebracht. In einem aus Berlin (4. Mai) datirtenNachwort zur Gewerbeordnungs- debatte im Reichstag " sagt dieses Blatt: Wer die Gewerbeordnungsdebatte im Reichstage verfolgt hat, wird aufs Neue den betrübenden Eindruck gewonnen haben, daß die Mittel, welche die Parteien der Ordnung der täglich in ungeheuerliche Dimensionen hineinwachsenden Destruk- tion unserer sozialen Verhältnisse bis jetzt entgegenzusetzen haben, außerordentlich klein sind. Im Vergleich mit den klein- lichen Gesichtspunkten der sozialen Verlegenheitsdok- toren gewöhnlichen Schlages erscheinen die Stimmen, welche die soziale Krisis, deren gefährlichen Strudeln wir uns wirbelnd immer mehr nähern, von der Höhe idealer Anschauungen aus zu begreifen suchen, respektabel, wenn es auch bisher nicht ge- uingen ist, diese idealen Anschauungen so weit praktisch zu ge- stalten, daß sich daraus ein positiver, faßbarer Plan zu erfolg­reichem Vorgehen auch nur in prattisch plausibeln Grundzügen herausschälen ließe. Der eigenthümlichc Zauber, welcher die Person des Abgeordneten vr. Lasker auch für seine politischen Gegner umgiebt, beruht gerade auf dem wir möchten sagen naiven Idealismus dieses ungewöhnlichen Mannes, den er sich inmitten eines materialisttschen Zeittreibens ohne Gleichen mit höchst anerkcnnenswerther ethischer Energie gerettet hat; und freudig zollen wir dieser für unser nationales Leben zu so außerordentlich fruchtbarer Bedeutung gelangten Persönlichkeit den Tribut dankbarer Anerkennung, der ihr gebührt. Jeder ernste Patriot, ohne Unterschied der politischen Parteistellung, wird sich der anerkennenden Würdigung der Impulse nicht zu entziehen vermögen, welche unser parlamentarisches Leben aus Lasker's sittlich-ernstem Idealismus empfangen hat, und die per- sönliche Achtung, welche Lasker auch bei seinen politischen Geg- nern genießt, ist ein vollgültiger Beweis dafür. Wenn die extrcm-conservative Parteipresse gleichwohl auch jetzt noch hie und da mit Vorliebe den Abgeordneten Lasker deshalb angreift, weil er ein Jude ist, so ist das eme anachronistische Ungezogen- heit, deren sie sich schämen sollte. Um so ernster aber ist einem Mann>vie Lasker gegenüber die Pflicht der Presse, nicht zu schweigen, sondern ihm entgegen- zutreten, wenn sein liberaler Idealismus ihn dem Boden staats- männischer Besonnenheit entrückt und ihn zu Auslassungen hin- reißt!, deren phantastische Verkehrtheit, wenn sie jemals der Ausgangspunkt zu einer entsprechenden sozialpolitischen Hal- tung unserer maßgebenden öffentlichen Organe würde, ganz ge- eignet sein würde, um eine gesunde Entwicklung unserer sozialen Verhältnisse unmöglich zu machen, uns über die Gefahren, die uns umgeben, zu täuschen und die verhängnißvolle Krisis, wel- cher die täglich wachsende Sozialdemokratie uns zutreibt, zu be- schleunigen, während es sich darum handelt, diese Krisis zu cou- piren(zu brechen), sie abzuwenden und den Boden zu retten, auf dem überhaupt eine friedliche und gesegnete Cultur- Entwicke- lung denkbar ist. Bon diesem Gefichtspunfte aus ist es die dringlichste Ver- Pflichtung der Presse, gegen Lasker's Auffassung der Sozialdemo- kratte Verwahrung einzulegen, die sich in den Worten seiner Rede ausdrückte:Wenn heute der Arbeiter sich zu rühren an- fängt, wenn er völlige Gleichheit will, wenn die Bewegung über- schäumt, wie in der Sozialdemokratie, so sehen wir darin nur das Erwachen des allgemeinen Menschengefühls, welches durch unsere Gesetzgebung hervorgerufen, gestärkt und befestigt worden xst: darauf sind wir stolz."" Unbegreifliche Verblendung! Wir unsererseits sind gar nicht stolz auf die sozialdemokratische Bewegung. Nicht mit Stolz, sondern mit tiefer Trauer blicken wir auf diese verhäng- nißvolle Verirrung, auf diesen kräftigen, dämonischen Jrrthum, der Millionen unseres Volkes mit utopistischen Hoff- nungen und Bestrebungen umstrickt. Wie ist es möglich, daß ein Mann von dem Ernste des Abgeordneten Lasker die sitt- liche Gefahr, welche für unser Volk aus dieser innerlich un- wahren Agitation erwächst, so unterschätzen kann? Gar nicht zu gedenken des namenlosen Unglücks, welches über uns kommen würde, wenn die Sozialdemokratie auch nur auf kurze Zeit und in beschränftem räumlichem Umfange zur actuellen Herrschaft ge- langte. Sind denn die Saturnalien(?) der Pariser Commune so- bald schon vergessen? Und zeigen uns die letzten Reichstags- wählen nicht die nur allzu nahe Möglichkeit einer solchen Ge- fahr? Müssen wir der Sozialdemokratie mit so bedenklichen Apostrophen, wie der Abgeordnete Lasker sie ihrZ zuruft, auch noch die Wege ebnen? Nicht als ob wir den Tropfen Wahrheit nicht zu erkennen vermöchten, der sich auch in dem Meere der sozialdemokratischen (!) verbirgt. Gewiß ist es die Schuld der heutigen Gesell- ichaft. daß sie Zustände großgezogen hat, aus denen die über- Ichaumende Reaktion desallgemeinen Menschengefühls" hervor- brechen konnte und mußte. Aber nicht Stolz, sondern das Ge-. suhl solidarischer Mitschuld ist es, das uns gegenüber dieser unser gesammtes Culturleben bedrohenden Gefahr ergreifen muß. ? i J?- v �Mrkennen, sie offen darzulegen, die der berech- tigten Wurde menschlicher Individualität widersprechenden Schäden unferer sozialen Verhältnisse darzulegen, die öffentliche Sittlich- keit, wo sie mit den Existenzbedingungen des nach Gottes Eben- bilde geschaffenen Menschen in Widerstreit gerathen ist, zu cor- rigiren und unser gesellschaftliches Leben wieder auf wahrhaft humane, sittliche, menschenwürdige Basen zu stellen, das ist die Aufgabe aller Staatsmänner, unserer Abgeordneten, jedes Ein- zelnen unter uns, soweit seine Kräfte reichen. Wenn es dem Abg. Lasker darum zu thun ist, den mo- dernen Liberalismus unseres Jahrhunderts als den Vater der Sozialdemokratie hinzustellen, nun gut, siadeat sibi(das ist seine Sache). In gewissem Sinne hat er damit nicht Unrecht. Mag man den Ursprung dieses Liberalismus auf das Jahr 1789 oder 1848 verlegen, jedenfalls haben mancherlei Thorheiten und Ver- kehrtheiten Gevatter bei ihm gestanden. Dafür giebt es ohne Zweifel manche einleuchtende Erklärung und Entschuldigung: aber in diesen Verkehrtheiten einen Grund zu erblicken, um ans die überschäumenden Consequenzen derselben besonders stolz zu sein, das ist unserem Liberalismus nicht zuzumuthen, und noch weniger den Kreisen unseres Volkes, welchen nicht die Partei- schablonen das Wesentliche ist, sondern der reale Gewinn, den wir in unserem öffentlichen Leben prakttsch aus den idealen An- regungen der Parteien gestaltet haben. Von diesem Gesichts- punkte aus kann man sich inmitten der materiellen Zeit ein gut Stück Idealismus gerettet haben, ohne daß man damit die Nüchternheit aufgiebt, welche das praktische Leben mit Recht von uns Allen, namentlich aber von Denen fordert, die berufen sind, unser öffentliches Leben gesetzgeberisch umzugestalten."-- So weit der Correspondcnt desHamburgischen Corre- spondent". Also: der Eindruck der Debatten, d. h. der nichtsozialisttschen und anttsozialistischen Reden über die Gewerbeordnung warbe- trübend", die vorgeschlagenen sozialen Heilmittelaußerordentlich klein";ein positiver, faßbarer Plan zu erfolgreichem Vorgehen" gegen die Sozialdemokratte läßt sich noch nichtherausschälen!" Nicht übel das. Und derungewöhnliche Mann" Lasker , der bei jener Gelegenheit eine seinerbedeutendsten Reden" geredet, wie das gewöhnliche nationalliberale Zeitungsgeschwister verkündete, muß sich gar gefallen lassen, desnaiven Idealismus, derphanta- stischen Verkehrtheit" beschuldigt zu werden. Das mag dem ungewöhnlichen Mann" doch etwas sehrungewöhnlich" vorkommen, das ist ihm noch nicht passirt. Und warum? Weil er ein harmloses, schlottriges Sätzchen verübt hat, welches den Worten nach als Anerkennung des Sozialismus aufgefaßt werden kann, dem Zusammenhang nach aber als nichtssagende Phrase aufgefaßt werden muß. Darum dieser Lärm, ans dem uns die ganze Rathlosigkeit unserer Gegner, den Schreiber desNach- worts" voran, so recht drastisch entgegentritt. Welche Confusion! Die sozialdemokratische Bewegung isteine vcrhängnißvolle.Äer- irrung, ein kräftiger dämonischer Jrrthum, der Millionen unseres Volks mit utopistischen Hoffnungen und Bestrebungen erfüllt". Und ein paar Zeilen weiter wird zugegeben, daßdie heutige Gesellschaft Zustände großgezogen hat", aus denen die sozial- demokratische Bewegung hervorgegangen ist, daß die herrschenden Klassensolidarische Mitschuld" trifft. Von Zweien Eins: ent- weder ist der Sozialismus eine Utopisterei, und dann wurzelt er nicht in den heuttgen Gesellschaftszuständen, oder: er wurzelt in den heutigen Gesellschaftszuständen, und dann ist er keine Utopistcrei eine Utopisterei, oie in den wirklichen Gesellschaftszuständen wurzelt, ist ein Unding, ein Nonsens, ein Widerspruch in sich selbst. Das sieht jeder Mensch mit gesundem Menschenverstand ein. Unsere Gegner sehen es aber nicht ein, weil sie, statt der so- zialen Frage in's Auge zu blicken und derselben resolut auf den Leib zu gehen, in albernem Gespensterglauben sich einen Wauwau zurechtgemacht haben, der ihnen nun solche Angst einjagt, daß sie die Fähigkeit nicht mehr besitzen, mit gesundem Menscheuver- stand zu urtheilen. Die Angst gleich dem Zorn ist bekanntlich ein kurzer Wahn- sinn. Und jeder Wahnsinnige hat seine lichten Momente auch der Jeremias desCorrespondent ":Diese Schuld(die Schuld der Gesellschaft) anzuerkennen, sie offen darzulegen, die der berechtigten Würde menschlicher Individualität wider- sprechenden Schäden unserer sozialen Verhältnisse darzulegen, die öffentliche Sicherheit zu korrigiren und unser gesellschaft- liches Leben wieder auf wahrhaft humane, sittliche, menschenwürdige Basen zu stellen, das ist die Aufgabe unserer Staatsmänner, unserer Abgeordneten, jedes Einzelnen unter uns, so weit seine Skräfte reichen." Bravo! Uns aus der Seele gesprochen! Und wenn das wieder" gestrichen wird dennwahrhaft humane u. f. w. Basen" hat die Gesellschaft noch nicht gehabt und wenn statt ist die Aufgabe" gesetzt wirdsollte die Aufgabe-- sein", dann unterschreiben wir es Wort für Wort. Und gerade, weil wir mit dem Urheber desNachworts" übereinstimmen, während unsere Staatsmänner, unsere Abgeordneten, jeder Einzelne unter uns"(Bourgeois), verschwindende Ausnahmen abge- rechnet, in Bezug auf ihreAufgabe" nicht mit ihm überein- stimmen, darum sind wir Sozialdemokraten. Herrn Eugen Dühring's Umwälzung der Philosophie. Von Friedrich Engels . (Schluß des Artikels Xlll.) Aber was ist denn diese erschreckliche Negation der Negation, die Herrn Dühring das Leben so sauer macht, die bei ihm die- selbe Rolle des unverzeihlichsten Verbrechens spielt, wie im Christenthum die Sünde wider den heiligen Geist? Eine sehr einfache, überall und tagtäglich sich vollziehende Prozedur, die jedes Kind verstehn kann, sobald man den Geheimmßkram ab- streift, unter dem die alte idealistische Philosophie sie verhüllte, und unter dem sie ferner zu verhüllen das Interesse hulsloser Metaphysiker vom Schlage des Herrn Dühring ist. Nehmen wir ein Gerstenkorn. Billionen solcher Gerstenkörner werden ver- mahlen, verkocht und verbraut, und dann verzehrt. Aber findet solch ein Gerstenkorn die für es normalen Bedingungen vor, fällt es auf günsttgen Boden, so geht unter dem Einfluß der Wärme und der Feuchtigkeit eine eigne Veränderung mit ihm vor; es keimt; das Korn vergeht als solches, wird negirt, an : seine Stelle tritt die aus ihm entstandene Pflanze, die Negation des Korns. Aber was ist der normale Lebenslauf dieser Pflanze? Sie wächst, blüht, wird befruchtet und produzirt schließlich wieoer Gerstenkörner, und sobald diese gereift, stirbt der Halm ab, wird seinerseits negirt. Als Resultat dieser Negation der Negation haben wir wieder das anfängliche Gerstenkorn, aber nicht ein- fach, sondern in zehn-, zwanzig-, dreißigfacher Anzahl. Getreide- arten verändern sich äußerst langsam, und so bleibt sich die Gerste von heute ziemlich gleich mit der von vor hundert Jahren. Nehmen wir aber eine bildsame Zierpflanze, z. B. eine Dahlia, Tulpe oder Orchidee; behandeln wir den Samen und die aus ihm entsteheilde Pflanze nach der Kunst des Gärtners, so erhalten wir als Ergebniß dieser Negation der Negation nicht nur mehr Samen, sondern auch qualitativ verbesserten Samen, der schönere Blumen erzeugt, und jede Wiederholung dieses Prozesses, jede neue Negation der Negation steigert diese Vervollkommnung. Achnlich wie beim Gerstenkorn vollzieht sich dieser Prozeß bei den meisten Insekten, z. B. Schmetterlingen. Sie entstehen aus dem Ei durch Negation des Ei's, machen ihre Verwandlungen durch bis zur Geschlechtsreife, begatten sich und werden wieder negirt, indem sie sterben, sobald der Gattungsprozeß vollendet, und das Weibchen seine zahlreichen Eier gelegt hat. Daß bei andern Pflanzen und Thieren der Borgang nicht in dieser Ein- fachheit sich erledigt, daß sie nicht nur einmal, sondern mehrmal Samen, Eier oder Junge produziren ehe sie absterben, geht unS hier noch nichts an; wir haben hier nur nachzuweisen, daß die Negation der Negation in den beiden Reichen der organischen Welt wirklich vorkommt. Ferner ist die ganze Geologie eine Reihe von negirtcn Negationen, eine Reihe von aufeinander folgenden Zertrümmerungen alter und Ablagerungen neuer Ge- steinsformationen. Zuerst wird die ursprüngliche, aus der Ab- kühlung der flüssigen Masse entstandne Erdkruste durch oceanische, meteorologische und atmosphärisch- chemische Eimvirkung zer- kleinert und diese zerkleinerten Massen auf dem Meeresboden geschichtet. Lokale Hebungen des Meeresbodens über den Meeres- spiegel setzen Theile dieser ersten Schichtung von Neuem den Einwirkungen des Regens, der wechselnden Wärme der Jahres- zeiten, des Sauerstoffs und der Kohlensäure der Atmosphäre aus; denselben Einwirkungen unterliegen die aus dem Erdinnern hervor- und die Schichten durchbrechenden geschmolzenen und nachher abgekühlten Gesteinsmassen. Millionen von Jahrhun- derten hindurch werden so immer neue Schichten gebildet, immer wieder größtentheils zerstört, und immer wieder als Bildungs- stoff für neue Schichten verwendet. Aber das Ergebniß ist ein sehr positives: die Herstellung eines aus den verschiedensten chemischen Elementen gemischten Bodens in einem Zustand mechanischer Zerkleinerung, der die massenhafteste und verschieden- artigste Vegetation zuläßt. Ebenso in der Mathematik. Nehmen wir eine beliebige algebraische Größe, also a. Negiren wir sie, so haben wir a (Minus a). Negiren wir diese Negatton, indem wir a mit a multipliziren, so haben wir ff aS, d. h. die ursprüngliche positive Größe, aber auf einer höheren Stufe, nämlich auf der zweiten Potenz. Auch hier macht es nichts aus, daß wir dasselbe a- dadurch erlangen können, daß wir das positive a mit sich selbst multipliziren und dadurch auch a- erhalten. Denn die negirte Negation sitzt so fest in dem a2 , daß es unter allen Um- ständen zwei Quadratwurzeln hat, nämlich a und a. Und diese Unmöglichkeit, die negirte Negatton, die im Quadrat ent- haltene negative Wurzel loszuwerden, bekommt eine sehr Hand- greifliche Bedeutung schon bei den quadratischen Gleichungen. Noch schlagender tritt die Negation der Negation hervor bei der höheren Analyse, bei jenenSummationen unbeschränkt kleiner Größen", die Herr Dühring selbst für die höchsten Operationen der Mathematik erklärt, und die man in gewöhnlicher Sprache Differential- und Integralrechnung nennt. Wie vollzieh« sich diese Rechnungsarten? Ich habe z. B. in einer bestimmten Aufgabe zwei veränderliche Größen x und y, von denen sich die eine nicht verändern kann, ohne daß die andre sich in einem durch die Sachlage bestimmten Verhältniß mit verändert. Ich differenzire x und y, d. h. ich nehme x und y so unendlich klein an, daß sie gegen jede noch so kleine wirkliche Größe ver- schwinden, daß von x und y nichts bleibt als ihr gegenseittges Verhältniß, aber ohne alle sozusagen materielle Grundlage, ein quantitatives Verhältniß ohne alle Quantität, j*, das Verhältniß der beiden Differentiale von x und y ist also aber ge­setzt als der Ausdruck von*. Daß dies Verhältniß zwischen Siei verschwundenen Größen, der sixirte Moment ihres Ver- windcns, ein Widerspruch ist, erwähne ich nur nebenbei; es kann uns aber ebenso wenig stören, wie es die Mathematik überhaupt seit fast 200 Jahren gestört hat. Was anders also habe ich gethan, als daß ich x und y negirt habe, aber negirt nicht so, daß ich mich nicht mehr um sie kümmere, wie die Meta- Physik negirt, sondern in der der Sachlage entsprechenden Weise? Statt x und y habe ich also ihre Negation, ckx und dy, in den mir vorliegenden Formeln oder Gleichungen. Ich rechne nun mit diesen Formeln weiter, behandle dx und dy als wirkliche, wenn auch gewissen Ausnahmsgesetzen unterworfene Größen, und an einem gewissen Punkt negire ich die Negation, d. h. ich integrire die Differentialformcl, bekomme statt dx und dy wieder die wirklichen Größen x und y und bin dann nicht etwa