liche Pech passirt ist. In einem Artikel über den Jndifferentis-mus bei den Wahlen entschlüpfte ihr dieser Tage die Bemer-kung: ein großer Theil des Volkes lege den Wahlen deshalbnur wenig Gewicht bei, weil sie kein praktisches Resultat hätten,und weil die Volksvertretung bloß eine„machtlose Rede-Gesellschaft" sei. Ein wahres WortZ, liebe Dunckerin! Undum so anerkennenswerther, als es gerade Deine Partei amHärtesten trifft, deren parlamentarischen Eunuchenthum es ganzwesentlich zu verdanken, daß der preußische Landtag und deutscheReichstag das geworden sind, was sie sind.—— Den Spieß umgekehrt. In Folge der Gräuelthaten,welche die russischen Militärbehörden im Kaukasus auch gegendie Civilbevölkerung verüben lassen, hat die türkische Regierungan ihre Vertreter im Ausland ein Circular gerichtet, welches diewahrhaft haarsträubenden Grausamkeiten der Kämpfer für„Hu-manität" und„Civilisation" schildert, und dessen Schluß alsolautet:„Wir unterbreiten dem Unwillen und der Verurtheilung dergesammten Europas die Verbrechen, welche mit kaltem Vluteund Ueberlegung von den Agenten der Regierung befohlen sind,die sich für die Vertheidigerin der Prinzipien der Civi-lisation ausgiebt und noch bei den in Bulgarien gegen denkaiserlichen Willen von der verzweifelten Bevölkerung verübtenRepressalien die öffentliche Meinung gegen uns zu erregen unduns im Lichte von Barbaren erscheinen zu lassen suchte. Nie-mals werden sich die kaiserliche Regierung und ihre loyalen Ar-meen mit solchen Verbrechen beschmutzen. Unsere Be-völkerungen werden die Prinzipien der Humanität unddie Gesetze des Krieges, die in so rücksichtsloser Weise vomFeinde des Landes verletzt sind, strenge respektiren."Das ist eine bittere Pille für den„friedliebenden",„milden"Czar und seine Rathgeber und Werkzeuge. Und wenn das inden letzten Sätzen des Circulars liegende Versprechen gehaltenwird, dann ist die moralische Niederlage der scheinheiligenCzaren-Regierung allerdings vollkommen.— Ein Compliment. Der außerordentliche Gesandte Eng-lands in Constantinopel, Herr Layard, nahm vor kurzem Ge-legenheit, sein Urtheil über den türkischen Reichstag auszuspre-chen.„Man hat Unrecht", äußerte er sich,„daß man das otto-manische Parlament in Europa nicht ernsthaft nimmt. All dieseDeputirten, welche aus den mindest entwickelten Provinzen desReiches kommen, haben eine so richtige Empfindung der Dingeund so praktische Anschauungen in Regieunzs-Angelegenheiten,wie ich sie sicherlich nicht bei ihnen zu finden erwartete. Heutekann ich, oyne Furcht vor Täuschung, sagen, daß das ottoma-nische Parlament binnen Kurzem es jedem beliebigeneuropäischen Parlament zuvorthun wird." Dazu gehörtfreilich nicht viel. Und die Worte des Hrn. Layard sind diebeste Satyre auf den europäischen Parlamentarismus, die unsnoch je vorgekommen.— Die radikalen Senatoren in Frankreich machenes den radikalen Deputirten nach und wollen für Thiers undGambetta die Kastanien ans dem Feuer holen— im Uebrigensollen die edlen Herren der Linken sich schon entschlossen haben,selbst bei einem Wahlsiege„vorläufig" Mac Mahon am Ruderzu lassen. Nette Helden! Die Senatsren der vereinigten Linkenerlassen folgendes Manifest:„Die unterzeichneten Senatoren, Ver-treter der drei Gruppen der Linken des Senats sprechen dieAnsicht aus, daß die Wiederwahl der 363 Deputirten, welchedie Tagesordnung des 19. Juni gegen das unter dem Vorsitzedes Herzogs de Broglie stehende Eabinet angenommeu haben,eine Bürgerpflicht sei und vom Lande, eben so wie im Jahre1830 die Wiederwahl der 221, als eine Ehrensache anerkanntwerden müsse. Diese Wiederwahl wird der feierlichste Ausdruckdes nationalen Entschlusses sein, die republikanischen Einrich-tungen aufrecht zu erhalten. Den Patriotismus anrufend, rech-neu die Unterzeichneten darauf, daß der Candidatur der 363Deputirten, welche für die Tagesordnung gestimmt, keine andererepublikanische Candidatur entgegengestellt werde."(Folgen dieNamen.) Unter denselben befindet sich auch derjenige vonVictor Hugo. Armes Frankreich! Verrathenes Volk vonParis!— Der Sozialismus unter den Negern. Im Proto-kollauszug über die Sitzung des Ausschusses der ArbeiterparteiVolkswirthe und Gründer im Parlament.Von Otto Glagau.(Schluß.)Die Liste, sagt Glagau, erhebt keinen Anspruch auf Vollstän-digkeit. Wahrscheinlich fehlt noch mancher Name; wahrscheinlichsind nicht wenige der Genannten auch noch bei anderen Gesell-schasten betheiligt. Viele Gründer resp.„Erste Zeichner" warenvon vornherein so vorsichtig, hinter den Coulissen zu bleiben;viele Aufsichtsräthe sind nie publizirt worden, und bei vielenanderen hat noch nicht festgestellt werden können, ob sie nichtauch zugleich Gründer resp.„Erste Zeichner" sind, weshalb eineVervollständigung vorbehalten bleibt.Aber auch schon so wie es ist, macht dieses Verzeichniß einenerschreckenden Eindruck. Ganz abgesehen von den Personen, dieohne Auszeichnung aufgeführt sind, und von denen die meistenauch wohl kein besonderer Vorwurf trifft, so bleibt noch immereine Unzahl eigentlicher Gründer und Gründergenossen, undunter ihnen ist die Blüthe der Aristokratie, sind Würdenträger�des Staates, die gefeiertsten Parlaments-Redner vertreten. Herzogvon Ratibor, der zeitige Präsident des Herrenhauses, und Herrvon Bennigsen, der gegenwärtige Präsident des Abgeordneten-Hauses, sind beide Gründer und beide Genossen von Baruch HirschStrausberg; und als Mitgründer resp. Aufsichtsräthe bei denUnternehmungen dieses unseligen Menschen figuriren außerdemnoch folgende Parlamentarier: Adickes, Ämbronn, Heise, Richtsteig, Herzog von Ujest, Graf Lehndorff, Fürst zu Putbus, Grafzu Solms-Baruth, Graf zu Solms-Sonnenwalde, Graf Eberhardzu Stolberg-Wernigerode, v. Seydewitz, v. Wurmb, v. Unruh-Bombst 2c. Staatsminister a. D. v. Bernuth und Oberbürger-meister Hasselmann, die Vicepräsidenten des Herrenhauses sindbeide mehrfache Aufsichtsräthe. Als Alterspräsident des DeutschenReiches waltet frisch und frei der große Gründer, Staatsminister;a. D. Georg v. Bonin; und Herr Miguel, der noch größereGründer, der Genosse der Diskonto-Gesellschast, war ein hervor-ragender Redner der General-Synode, präsidirte der Commissionfür die Reichs-Justiz-Gesetze, und ist, wie Zeitungen meldeten,neuerdings von Herrn Achenbach, dem Handclsminister, alsVertrauensmann zur Berathung über die schwebenden Hand-wcrker- und Arbeiterftagen eingeladen. Auch im PreußischenHerrenhause sitzen gegenwärtig noch 57 Gründer resp. Aufstchts-räthe. Kein Wunder, daß über die Petition der Herren vonJena II. und Genossen, welche eine gehörige Prüfung desder Vereinigten Staaten vom 13. Mai finden wir die Be-merkung, daß sich von Jefferson(Staat Indiana) eine Sek-tion Farbiger(Neger) zur Aufirahme in die Partei ange-meldet hat, und vom Ausschuß angewiesen wurde, fich der eng-lisch sprechenden Sektion dieser Stadt anzuschließen.— An der Donau sind die Russen jetzt ganz entschiedenim Vortheil; der Uebergang ist auch an der oberen Donau forcirtworden, so daß Bulgarien nunmehr den russischen Freunden offensteht.„Väterchen" hat deshalb auch schon eine revolutionäreProklamation an die Bulgaren, zu der. n„Befreiung"(zu deutsch:Annexion) er das Schwert gezogen habe, erlassen. Wir werdennunmehr heftige Festungskämpfe erleben und dann abwartenmüssen, ob noch in diesem Sommer es den Russen gelingt, denBalkan zu übersteigen.— Die europäischen Mächte schlafensämmtlich; das trauliche Brummen des russiischen Bären hat sieeingelullt.— In Asien erhalten die Russen entschiedene Schläge,die auch nicht mehr von den rubilisirten Blattern abgeleugnetwerden können. Daß die Russen fich aus dem Völkerrecht nichtsmachen, das geht daraus hervor, daß sie im Schwarzen Meeredrei Handelsfahrzeuge mit Torpedos in die Luft sprengten.Bisher haben nur Piraten es gewagt, die Matrosen von Handels-schiffen zu morden, zu ihnen gesellen sich die culturfreundlichenRussen. Eine Schande für die Civilisation, daß man diese Bar-baren mit solcher Bestialität ruhig hausen läßt.Correspondenzen.Hamöurg, 27. Juni.(Die 10,000 auf dem Rückzüge.)Wenns auch keine tapferen Griechen sind, so sind es doch gemüth-liche reichstreue Hamburger, die sich flott auf dem Rückzüge be-finden. Der„Hamburgische Correspondent", der sich zuerst sehrfür den„liberalen 10,000köpfigen Reichstagswahlverein" interessirte,bringt in Nr. 149 folgende Abwiegelungsnotiz:„Die von den Zeitungen gebrachte Mittheilung über die amletzten Freitag Abend stattgefundene„Constituirung" des libe-ralen Reichstags-Wahlvereins hat ohne Zweifel viele Mitgliederdieses Vereins ebenso überrascht, als den Schreiber dieses, derals einer der Ersten dem Rufe des provisorischenComitö's gefolgt war. Unterzeichneter hat im Einvernehmenmit zahlreichen Bekannten und Freunden, die er dem Vereinezugeführt, geglaubt, die Konftituirung des Vereins sei Sacheder Mitglieder, namentlich aber würde die Wahl des Vorstandesvon den Mitgliedern, event. von den Vertretern der zu errich-tenden Bezirksvereine zu geschehen haben. Wegen Errichtung derBezirksvereine ist aber bis jetzt, obgleich angeblich über10,000 Mitglieder bereits durch Namensunterschrift dem Bereinebeigetreten sein sollen, noch nicht das Mindeste geschehen.überhaupt hat die Thätigkeit des provisorischen Comito's seitzwei Monaten sich auf den Erlaß einiger Zeitungs-Annoncen beschränkt und irgend welche Beweise, daß dieLeitung der ganzen Sache bei dem provisorischen Comitä in denrechten Händen ruhe, denen ein günstiger Fortgang der Bewc-gung zuzutrauen sei, haben wir bisher nicht erhalten. Nun aberkonstituiren sich dieselben Herren, welche als Provisorisches Comiteden ersten Aufruf erlassen, ohne irgend ein Mandat derMitglieder auf eigene Autorität hin als definitiver Bor-stand, vertheilen die Aemter unter sich und machen somit dieMitglieder auf Jahre hinaus mundtodt. So aber habendie Mitglieder, meiner festen Ueberzeugung nach, die Sache nichtangesehen. Das provisorische Comitö hätte nach allgemeinerAuffassung die weitere Organisation, namentlich die bisher ganzvernachlässigte der Bezirksvereine ferner leiten, dann sich aber,sobald der Verein konstituirt worden, von dessen Mitgliedern neuwählen, resp. bestätigen lassen sollen. Unziveifelhaft wäre dergrößte Theil der Comitsmitglieder auch in den definitiven Vor-stand gekommen, einige Mitglieder vielleicht aber auch nicht, undnamentlich wäre bei einer freien Wahl Gelegenheit gewesen, demVorstande noch einige Männer hinzuzufügen, die man im pro-visorischcn Comitö ungern vermißt. Der jetzt unternommeneunbedachte Schritt wird dem Berein unzweifelhaft schadenund den Gegnern desselben das Spiel wesentlich erleichtern.Namentlich scheint vergessen zu sein, daß bei der Verwendungerheblicher Geldmittel diejenigen, welche sie aufbringen, gefragtwerden sollten."So der„Hamburgische Correspondent". Man sieht, in welcheterroristischen Bahnen der liberale Verein einlenkt, er wird baldGründerwesens und eine Revision des Gewerbe- und Aktiengesetzesoerlangte, von der„liberalen" Majorität des Herrenhauses, aufAntrag des Oberbürgermeisters Gobbin, zur Tagesordnung über-gegangen wurde! Besonders charakteristisch ist die Thatsache,daß die politischen Märtyrer von 1848 und aus der Reaktions-zeit, die gefeierten Volksmänner, sich hinterher als sehr praktischeLeute bewiesen haben und fast sämmtlich unter die Gründer ge-ganzen sind, und zum großen Theil als Gehülfen der eigentlichenGründerbanken wirkten. Dahin gehören: Bamberger, Braun-Wiesbaden, Miguel, Kapp, Hammacher, Hagen, Ludolf Parisius,Phillips, Schulze-Delitzsch, W. Straßmann, Faucher, Jngermann;und im Uebrigen sind noch zu nennen: v. Unruh, v. Bennigsen,Frühauf, Löwe-Calbe zc. Man kann berechnen, daß die„Schöpfungen" jedes Einzelnen dieser„Muster-Patrioten" demdeutschen Volke verschiedene Millionen kosten.Die großen Eisenbahngesellschaften, wie die großen Bank-Institute hatten jede im Parlament ihre Vertreter, die hier fürsie wirkten, und die als Aufsichtsräthe von ihnen in der Schwindel-Periode riesige Tantiemen bezogen. Mit den Namen der parla-mentarischcn Aufsichtsräthe schmückten die betreffenden Gesellschaf-ten ihre Geschäftsberichte und Prospekte, trieben sie ihre Akttenbis zu einer unsinnigen Höhe, emittirten sie mit unverschämtemAgio wiederholt junge Aktien, setzten sie die faulsten Gründungenin die Welt, fingen sie das vertrauensselige Publikum ein. Aufden Prospekten und Geschäftsberichten bezeichneten sich die parla-mentarischcn Mitgründer und Aufsichtsräthe ausdrücklich als Mit-glied des deutschen Reichstages, des preußischen Abgeordneten-Hauses, der zweiten sächsischen Kammer k. Und dieselben Personen höhnen und schmähen jetzt das betrogene Publikum, scheltenes ob seiner Spielwuth, seiner blinden Gier, seiner unverant-wortlichen Thorhcit und Einfalt. Fürwahr diese Frechheit istempörend!Zu den Parlamentarien, mit welchen sich die Gründer ver-stärkten, traten, als Mitgründer und Aufsichtsräthe, noch Adel.Beamte und Militärs, bis zu den höchsten Spitzen und zumTheil aus der nächsten Umgebung der Monarchen(z. B. GrafLehndorff, Fürst Ratibor, Herzog von Ujest), Richter und aller-Hand Notabilitäten aus Kunst und Wissenschaft. Nur hin undwieder wurde ein Beamter von seiner vorgesetzten Behörde korri-girt. So wies der Präsident des Berliner Stadtgerichts einenseiner Räthe, der den Prospekt der Berliner Bauvereinsbankmitunterzeichnet hatte, an, seinen Namen zurückzuziehen. Sonöthigte General von Stosch etliche Räthe des Kriegsministeriumszu Grunde gehen. Je größer die Leiche, desto größer der Sargund der Gestank, den sie ausströmt.Auf den Angriff im„Hamburgischen Correspondenten" ausden eigenen Reihen antwortet in der folgenden Nummer einVorstandsmitglied der 10,000„auf dem Papier" sich befindlichenHelden, die sich auf dem Rückzüge befinden, mit folgender An-klage:„Man sollte aber vor Allem den Vorstand, der opferwilligdie Arbeit auf sich genommen hat, aufmuntern in seiner Thätigkeit. anstatt ihn, wenn er noch so correct handelt, anzugreifen.Er würde sonst bald in der Lage sein, zu sagen:„Mit den So-zialisten werden wir schon fertig, aber Gott schütze uns vor un-leren Freunden!"— Daraus geht hervor, daß der Vorstanddes liberalen Wahlvereins die 10,000 Getreuen als eine Hammel-Heerde betrachtet, die blökend des Schäfers Stecken folgen soll.Wir glauben aber, daß manches Schäfchen in diesen drei Jahrennoch verloren geht und unter die sozialistischen Böcke gerathenwird, so daß allerdings die Angst des hochedlen Vorstandes vor„seinen Freunden" gerecht erscheint.Weukrekih, 25. Juni. Endlich! Vier Jahre fast nach jener„berühmten" Lasker'schen Rede, in welcher der kleine Herr gegendie fürstlichen Gründer der Berliner Nordbahn„losdonnerte",wird letztere am 1. Juli feierlichst eröffnet werden. Vier Jahrenach jener Rede, welche so vielversprechend schien, daß man all-gemein zu hoffen wagte, unsere„Bolks"vertreter würden endlicheinmal sich zu einem mannhaften Schntte aufraffen, welche aberleider nur leidiges Strohfeuer der Herren„Liberalen" entflammthatte, dessen anfangs scheinbar günstige Wirkung in Folge derunüberwindlichen Mattherzigkeit und Selbstinteressirtheit unsererParlamentarier nur allzubald in alle vier Winde zerstreutwurde.— Was die Norvbahn betrifft, so übernahm sie zwarspäter die preußische Regierung, aber auch diese scheint nichtbesonders eifrig hinterher gewesen zu sein, was theils aus derlangen Dauer des Bahnbaues geschlossen werden kann, theilsaus den Klagen über Lässigkeiten aller Art, welche währenddesselben einliefen. Nun, jetzt ist's vorbei und die Zukunft wirdlehren, ob der Bahn wenigstens eine reelle und auf den Bor-theil des Publikums bedachte Betriebsverwaltung beschiedenist. Hoffen wir es!Unseren lieben Strelitzern steht in kurzer Zeit ein„hohes"langersehntes„Glück" bevor: ihr„gnädiger" Erbgroßherzogwird am 2. Juli hier feierlichst seinen Einzug mit Frau Ge-mahlin halten. Was wird das wieder für Katzbuckel, für Kratz-füße, für Schcrwenzeleien geben! Ehrenpforte, dito Jungfrauen,Fackelzug(wobei Primaner mit Rappieren. Natürlich! Wiekann auch deutsche Jugend ohne ein Sinnbild der Rauflust fertigwerden) und all das übrige unvermeidliche Zubehör dürfen na-türlich nicht fehlen. Ein wahrer Widerwillen muß jeden ver-nünftigen Menschen ergreifen, wenn er solch unwürdiges Treibenmit ansieht. Leider ist wenig Aussicht vorhanden, daß es baldbesser werde, wenigstens hier in Neustrclitz, wo fast die Hälfteder Einwohner aus großherzoglichen Beamten oder Hofliefe-ranten besteht und alles sich durch die Anwesenheit des„Hofes"hochgeehrt fühlt. Daher hat auch leider die Sozialdemokratiehier in der Stadt wenig Boden gefunden, und meiner unmaß-geblichen Meinung nach kann eine tiefere Bewegung hier nurvon der niederen Landbevölkerung ausgehen. Wie es ananderen Orten sich verhält, ist mir freilich unbekannt.Eine kurze charakteristische Mittheilung gestatten Sie mirnoch. Es ist bekanntlich hier bei Geldstrafe untersagt, amSonntag öffentlich zu arbeiten; natürlich nur deswegen, weil Ija Arbeiten am Sonntag„gottlos" wäre. Anders verhält sichaber die Sache, wenn es sich um Arbeit für die„Fürstlichen"handelt, denn ganz ungestört arbeiteten gestern(Sonntag) Zim-merleute an der„Ehrenpforte". Daß wir den Arbeitern diegeringe Mehreinnahme gönnen, liegt auf der Hand; aber zeigtdiese Thatsache nicht wieder die bekannte Consequenz hoher Herr- �schasten in religiösen Dingen!HZerlin, 26. Juni. Die am Schlüsse meiner letzten Corre-spondenz ausgesprochene Hoffnung, daß die Neuwahl im fünftenWahlkreise eine Stärkezunahme unserer Partei dokumentirenwürde, hat sich, wie die Leser bereits wissen, glänzend erfüllt.Wir haben gegen den 10. Januar einen Stimmenzuwachs vonnicht weniger als 55 Prozent zu verzeichnen. Die liberalenZeitungen suchen diesen Erfolg durch mehr oder minder unge-schickte Zahlcnkunststückchen zu vertuschen und reden sich sogarein, die Scharte vom 14. Juni sei ausgewetzt. Inzwischenfeiern die Fortschrittler ihre Niederlage unverdrossen mit großenFestlichkeiten. Vor einigen Tagen erhielt Herr Löwe von denwie der Admiralität, die sich an Gründungen betheiligt, ihrenAbschied zu nehmen. Nicht wenige Beamte fungirten als Auf-sichtsräthc von Gesellschaften, deren Zweck mit ihrem Amtegeradezu kollidirte. Viele Beamte nahmen erst ihren Rückzug,als das endlich beschlossene Gesetz sie dazu nöthigte; die meistenblieben bis zum letzten Augenblicke, und verschiedene schwanktennoch, ob sie nicht lieber auf ihr Amt verzichten sollten, denn dasGehalt stand in keinem Verhältniß zu den Tantiemen, welche siebisher als Aufsichtsräthe bezogen hatten. Der Prozentsatz vonBeamten, welche sich in der Schwindelperiode als Mitgründerund Aufsichtsräthe betheiligt haben, ist kein unbedeutender.Dennoch wäre es übertrieben, deswegen auf unfern Beamtenstandals solchen einen Makel werfen zu wollen, und derselbe bedurftewahrlich nicht der Vertheidigung eines Lasker und Strousberg!Die wenigen Blätter und die wenigen Schriftsteller, welchees wagten, gegen die parlamentarischen Gründer aufzutreten,wurden im Parlament in der unerhörtesten Weise beschimpft.Bamberger, Lasker und Eugen Richter schimpften, geschützt durchdas Privileg der Tribüne, wie Fischweiber. Bamberger, derNickelmünzmeister, nannte seine Gegner„Kerls, Kanaille, Re-volverpreßleute". Lasker schrie:„wie man Bravi in Italiendingen kann, so kann man bei uns schriftstellerische Verleumderdingen!" Eugen Richter sprach von„Buchmachern",„literarischenBeutelschneidern",„Bauernfängern"! So schimpfen diese Leute,die selber Journalisten sind, und die nur mit Hülfe der„liberalen"Presse in's Parlament gelangten. So schimpfte Eugen Richter,der sich von acht- bis zwölffach durchgeschriebenen Correspon-denzen ernährt, also die untergeordnetste Art von Schriftstellereibetreibt, und dem die„Staatsbürgerztg." vorwarf, daß er mitseiner Feder nach- und nebeneinander Blätter der verschiedenstenRichtungen bediene. Wann haben die Konservativen und dieKlerikalen, obgleich sie von der gesammten liberalen Presse tag-täglich gelästert, in allen jüdischen Witzblättern verhöhnt werden,je zu solchen Repressalien gegriffen? Und heißt dieses wüste undfeige Schimpfen liberaler und fortschrittlicher Gründerseelen, nichtdie Tribüne entweihen und beschmutzen? Jene Leute hatten nichtden Muth, das, was sie aussprachen(oder was sie in anonymenCorrespondenzen in die Welt schrieben), auch wie Männer vonEhre zu vertreten. Bamberger, wie Richter, lehnten beide dieHerausforderung, welche ihnen zuging, ab; Bamberger, wieRichter wurden darauf von ihren Gegnern für satisfaktions-unfähig erklärt, jener vor besetztem Gericht, dieser in öffentlichenAnsprachen. Müssen solche Borgänge nicht zum Faustrecht führen?