Die Verurtheilung Vahlteich's. Als vor einigen Monaten die Nachricht in die Oeffentlichkeit drang, Vahlteich sei vom Schöffengericht zu Mittweida   wegen Majestäts- und Richterbeleidigung" zu ein und einem halben Jahre Gefängniß verurtheilt worden, da ging durch weite Kreise ein Gefühl der Unbechaglichkeit, um nicht zu sagen der Entrüstung. Denn was bei dieser harten Verurtheilung noch besonders auf- fiel, war der Umstand, daß Vahlteich auf eine Aeußerung hin verurtheilt worden war, die zu bestreiten er keine Veranlaffung nahm. Er hatte die Seitens der Beamten denunzirte Aeußerung ohne weiteres zugegeben, und damit deutlich dargethan, daß er dieselbe für durchaus unverfänglich hielt und die Absicht zu be- leidigen nicht gehabt hatte. Und es waren nicht blos Laienkreise, die über das Mittweidaer  Urtheil verdutzt waren. Ein Dresdner   fortschrittliches Blatt er klärte, daß man in juristischen Kreisen Dresdens   sich über das Urtheilentsetzt" habe. Wir selbst hörten Urtheile von Juristen, die unserer Parteirichtung sehr fern stehen, die eine Bestätigung dieses Urtheils durch das Ober-Appellationsgcricht für unmöglich hielten, und die ganz entrüstet waren, als wir uns erlaubten darüber unfern Zweifel auszusprechen und darauf hinzuweisen, daß die Sozial-Demokratie sich auch auf dasunmöglich" Schei- »ende gefaßt machen müsse. Was Viele und Berufene fürunmöglich" erklärten, ist wahr «worden. Wir baben leider mit unserem Zweifel recht behalten. Das Dresdner   Oberappellationsgericht hat das Urtheil der ersten Instanz bestätigt und es ist damit in die Fußstapfen des so viel- fach wegen ähnlicher Urtheile angegriffenen preußischen Ober- tribunals getreten. Das Wort:Es giebt noch Richter in Berlin  " läßt sich jetzt ergänzen und muß lauten:Es giebt noch Richter in Dresden  ." Es mag Manchem schwer fallen, sich in dem wirklichen Stand der Dinge zurecht zu finden, namentlich wenn er erst kürzlich las, daß in Sachen des Prozesses Birey   das Obcr-Appellations- gericht in Dresden   in Bezug auf den Beruf der Presse ein sehr freisinnig klingendes Urtheil abgegeben im graben Gegensatz zum preußischen Obertribunal, wie dieFranks. Ztg." glaubte mit Genugthuung hervorheben zu müssen und daß es die wegen Bismarckbeleidigung erkannte Strafe von 4 auf 2 Monate herabgesetzt hat. Mancher erinnerte sich vielleicht auch, wie das Oberappcllationsgericht vor einigen Jahren einen Hohen ultra- montanen Geistlichen, der wegen großartiger Betrügereien vom Schwurgericht zu sechs Jahren Zuchthaus verurtheilt war, diese in sechs Jahre Gefängniß umgewandelt hatte. Doch mit solchen Reminiscenzen wird das Geschehene nicht ungeschehen gemacht. Die Sozialdemokratie darf sich am aller- wenigsten über das, was ist, täuschen, und so wollen wir auch gar nicht anstehen, zu erklären, daß wir in der Bestätigung des Urtheils gegen Vahlteich ein sehr deutliches Symptom des Geistes erkennen, der alle der Sozialdemokratie feind- lichen Kreise durchdrungen bat. Auch die Richter sind Menschen. Sie sind mit Vorurtheilen und Schwächen behaftet so gut wie Andere. Auch der Richter ist, und um so höher er steht und je älter er ist umsomehr, unter bestimmten politischen und sozialen Anschauungen, die wir als Vorurtheile bezeichnen dürfen, aufgewachsen. Soll nun das fort- gesetzte Hetzen, Lügen und Verleumden gegen die Sozialdemo- kratie, das diejenige Presse Tag für Tag ins Werk setzt, auf deren Urtheil in politischen Dingen er so gut wie Andere seiner Gesellschaftsklasse hört, auf ihn ohne Einwirkung bleiben? Er sieht in dem Sozialdemokraten einen Staats- und Gesell- schaftsfcind, einen Feind derjenigen Einrichtungen, die er für die besten anerkennt, weil sie seinem Vourtheil und Interesse ent- sprechen. Einen solchen Menschen zu bestrafen, schwer zu be- strafen, scheint ihm ein Verdienst, und er irrt sich in dieser An- ficht insofern nicht, als er auf den Beifall aller Derer rechnen kann, auf deren Urtheil und Beifall etwas zu geben er ge- wöhnt ist. So wird der Richter nur allzuoft und ohne es vielleicht selbst zu wissen zum Parteimann. Und während der Meineidige, der Dieb und Betrüger, ja selbst der gemeine Mörder auf ein objektives, leidenschaftsloses Urtheil rechnen kann, ist dersogenanntepolitischeBerbrecher" von den Strömungen abhängig, die durch diejenigen, welche die sogenannte öffentliche Meinung fabriziren, bis in die Richterkreise getragen werden. In dem Maße wie die feindselige Gesinnung der herrschenden Klasse gegen die Sozialdemokratie zunimmt, darf sich die letztere, so weit sie in ihren Gliedern vor die Gerichts- schranken gezogen wird, auf immer härtere Verurthei- lungen gefaßt machen. Ist es nun gar der oberste Gerichts- Hof eines Landes, welcher durch die Härte seiner Urtheile sich auszeichnet, so ist die Folge, daß die vorhandene, oben gekenn- zeichnete Stimmung, bei den unteren Gerichten noch in höherem Grade als bisher hervortritt. Und es werden die Gerichte durch harte Urtheile sich besonders auszeichnen, deren einzelne Glieder in ihrem gesellschaftlichen Verkehr durch die Kleinheit oder die sonstige Beschaffenheit des Orts auf die eigentlichen Bourgeoiskreise, und speziell die Fabrikantenkreise, angewiesen sind. Es ließe sich diese unsere Behauptung durch naheliegende Beispiele vielfach beweisen. Intimer gesellschaftlicher Verkehr, Vcrheirathungen u. dzl. spielen auch bei dem Denken und Empfinden eines Richters eine Rolle, das hat Mancher für Volks- wohl und Menschenwürde Begeisterte mit vielmonatlichem Kerker schon büßen müssen und Viele werden es noch büßen. So unerfreulich diese Erscheinung für die verfolgte Partei nach einer Richtung ist, nach einer andern ist sie ein erfreuliches Zeichen. Sie beweist, daß die herrschende Gesellschaft in der Zersetzung begriffen ist, daß ihr nach ihrer eigenen Erkenntniß kein anderes Mittel mehr bleibt als gewaltsame, rücksichtsloseste Unterdrückung. Die Unterdrückung schafft Opfer und die Opfer werden Mär- tyrer. Die Märtyrer aber zeugen immer neue Anhänger, bis die verfolgte Partei als die siegende fröhlich ihr Banner ent- faltet. Möge Vahlteich, wie so mancher Andere, der mit ihm das gleiche Loos theilt, die Gefängnißthüren hinter sich verschließen lassen, die Zeit kommt, rascher vielleicht als unsere Feinde denken, wo auch die Gefängnißmauern in den Staub sinken und Urtheile, wie das des Mittweidaer   Schöffengerichts und des sächsischen Oberappellationsgcrichts zu den Unmöglichkeiten gehören. Correjpoudeuzen. Aus Schleswig  -Kolstein. Die Arbeiterpartei ist wieder die erste auf dem Plan nach der so bewegten Zeit der Wahl. Die allgemeine Niederlage, denn so müssen wir es nennen, obgleich die Stimmenzahl für unsere Candidaten fast dieselbe Höhe von 1874 erreichte, hat uns nicht entmuthigt und mürbe gemacht, wie die Gegner meinen, sondern eine, wenn auch bittere, Lehre gegeben. Die Parteigegossen sind an vielen Orten mit allzu- großer Zuversicht auf ihre Stärke in den Wahlkampf gegangen und haben deshalb meistens die schon damals vereinigten Gegner unterschätzt. Außerdem trugen noch andere Umstände zur Nie- derlage bei. Während der ganzen Wahlperiode stürzten die Li- beraten, Fortschrittler u. s. w. mit einer Wuth sondergleichen über uns her; das ganze Heer ihrer Zeitungsschreiber verleum- dete und verdächtigte uns unablässig, nebenher erschienen Flug- schrifteu über Flugschriften, und uns blieb kein weiteres Ver- theidigungsmittel als die Versammlungen und einige unserer Parteiblätter, die leider hier nicht so viel gelesen werden, um irgendwelchen bedeutenden Einfluß auf die Bevölkerung ausüben zu können. Genug, alles Das hat uns gewitzigt. Die Parole für die nächsten drei Jahre muß sein: planmäßige Agita- tion und einheitliches Zusammenwirken aller Kräfte. Die Conferenz, welche am 24. Juni in Neumünster   tagte, hat dies anerkannt. Ferner wird ein neuer und zwar bedeutender Agitator für uns in's Feld geführt: die vom 1. Oktober d. I. ab in Kiel   dreimal wöchentlich erscheinendeSchleswig-Holstei- nische Volkszeitung". Die Pflicht der Parteigenossen ist es, für die Förderung der Agitation durch Versammlungen sowohl, als auch durch Schriften und Zeitungen zu sorgen. Neben dieser Zeitung und dem Hauptorgan, demVorwärts", ist unbedingt in erster Linie die in Hamburg   monatlich einmal erscheinende Rundschau" zu empfehlen. Ja es ist sogar nothwendig für jeden Parteifreund, will er einen Uebcrblick über die Partei- Verhältnisse erhalten und behalten, aus dieselbe zu abonniren, da fortlaufend Berichte aus den verschiedenen Theilen Deutsch  - londs nur in dieser Zeitung veröffentlicht werden. Die Partei- in beiter von mehr spezifisch wissenschaftlichem Charakter wird nächster Zeit eine besondere Revue in's Leben treten. Solche Aufrufe aber, wie sie derVorwärts" zu diesem Quartalwechsel bringt, haben immer gestanden und wenn sie den Anfang vom Ende" bedeuten sollen, dann wissen wir nicht, wann derAnfang vom Anfang" begonnen hat. Es ist doch so natürlich, daß je mehr unsere Partei fich verstärkt, um so größere Leistungen auch von ihr verlangt wurden. Waren wir froh, es auf 5000 Abonnenten unseres Hauptorgans zu bringen, so genügen uns jetzt bereits 20,000 nicht mehr; und wenn der Vorwärts" 100,000 Abonnenten zählt, werden wir denselben Aufruf bringen, wie es jetzt geschieht. Bei uns heißt es immer: Vorwärts! Wie nun dieMagdeburger Zeitung" dazu kommt, den Auftuf alsspeziell noch an die Verehrer Hasselmann's und seinerRothen Fahne" gerichtet zu sehen, ist uns unerfind- lich. DieMagdeburger Zeitung" dokumentirt eben, daß trotz der Oeffentlichkeit unserer gesammten Agitation ihr jedes Ver- ständniß für dieselbe abgeht. Freilich läßt sich dieses erklären. Die Liberalen sind seit Jahren gewöhnt, zu compromisseln und zu diplomatisiren, und diese Gewohnheit hat sie blind gemacht sür das, was offen am hellen Tage vorgeht. Sie suchen uns immer, wo wir nicht sind; und wenn sie losschlagen, schlagen sie daher meistens in's Blaue oder treffen sich selbst." Obigen Ausführungen unseres Braunschweiger Parteiorgans haben wir noch folgendes hinzuzusetzen: Unsere Parteigenossen ersehen auch aus der Notiz der ..Magdeburger Zeitung", die übrigens ein fortschrittlicher Wasch- Heitel des Herrn Eugen Richter   ist, daß unsere Gegner immer auf eine etwaige Uneinigkeit spekuliren daraus sollten sie aber ferner ersehen, daß es nicht gut ist, in unserer Agitations- Partei, die geschlossen marschiren muß, auch nur den Schein von Sondergelüsten zu zeigen. DerVorwärts" hat 11,000 Abonnenten, bei denschlech- ten Zeiten" und den vielen Lokalblättern unserer Partei immer eine recht anständige Zahl doch muß von Seiten der Agi- toren der Partei in Bezug auf die Verbreitung des Blattes noch mehr als bislang geschehen. Die Veröffentlichung der Engels'schen Artikel mußte im Vorwärts" geschehen, da ein anderes Blatt nicht zur Auf- nähme vorhanden war; hätte einewissenschaftliche Beilage" desVorwärts", deren erste Nummer bald herausgegeben wird, oder einewissenschaftliche Revue", die im Oktober erscheint, existirt, so würden die Engels'schen Artikel dort Aufnahme ge- fundcn haben. Ueber dieunpopuläre Haltung" desVorwärts" haben wir ausgenommen in Bezug auf die Engels'schen Artikel aus den Reihen unserer Parteigenossen keinerlei Klagen gehört; daß dieGelehrten" derMagdeburger Zei- tung" und Herr Eugen Richter   aber die Artikel desVor- wärts" nicht verstehen können, das hat genanntes Blatt oftmals und Herr Eugen Richter   noch bei der letzten Wahlcampagne in Berlin  , wo er seine volkswirthschaftliche Unkenntniß der Heiter- keit des Volkes preisgab, zur Genüge bewiesen. Der arme Gcneralpostmeister hat einen Drohbrief erhalten. Zu diesem großen Ereigniß, welches Herr Stephan selbst der staunen­den Welt mittheiit, macht derFrankfurter Beobachter" folgende Be- merkung: DerRudolph vom eisernen Bunde", welcher seit langer Zeit nicht mehr rumort, ist plötzlich wieder in Berlin   eingekehrt und hat sich den Herrn Generalpostmeister Stephan zum Opfer auserkoren. Dieser ge- plagte und vielverkannte Chef eines Beamtenheeres von 65,000 Mann läßt in derdeutschen Verkehrszeitung" den schrecklichen Brief eine» noch schrecklicheren Unbekannten veröffentlichen, worin er mit dem Tode durch Gift, Dolch oder sonstige Vernichtungsmittel bedroht wird, falls er nicht rasch gewisse Wünsche mißvergnügter Postbeamten erfüllt, welche theilweise schon in der letzten Reichstagssession Befürwortung von Seiten derjenigen Abgeordneten gefunden haben, die der Lage der Post- und Telegraphenbeamten eine besondere Aufmerksamkeil widmeten. Der Mordbrief, welcher mit den Zeichen der heiligen Vehme(drei Kreuze) versehen ist und schändlicherweise durch die Hände der Frau General- Postmeister Stephan laufen mußte, ist, wie dieNordd. Allgem. Ztg." meldet, den Behörden zur amtlichen Verfolgung der Sache übergeben, wobei der Umstand vielleicht in'« Gewicht fällt, daß er aus Sachsen  , wo die Sozialdemokraten wachsen, gekommen ist. Die Nationalliberalen in diesem Lande werden es hoffentlich nicht anEntrüstungsmeetings" fehlen lassen." Armer Generalpostmeister. Wie sehr wirst du von deinen Postunter- beamten geplagt! Wir erhalten über denselben Gegenstand noch folgende Zuschrift: Herr Stephan scheint gleich Herrn Tessendorff sehr ängstlicher Natur zu sein. Irgend ein Spaßvogel denn im Ernst kann das Niemand gethan haben hat der Frau Generalpostnieistcrin für ihren Mann emen Drohbrief im Stil der Spieß'schen Räuber-Romane geschickt, und der Herr Gcneralpostmeister? Statt den Wisch in den Papierkorb zu werfen, läßt er eine Abschrift in die Zeitungen und das Original zum Staatsanwalt wandern. Wenn WeiberNerven haben", ist'S schon schlimm, wenn aber MännerNerven haben", dann ist's ge- fährlich. Wir bemitleiden Hrn. Stephan auftichtig, geben uns aber der Hoffnung hin, daß der Gedanke, verfolgt zu werden gleich dem großen freunde im fünften Kreise haben die Wichtigkeit dieses Blatte erkannt und gehen mit gutem Beispiel voran. In sehr vielen Ortschaften, großen und kleinen, ist abonnirt worden. Es be- theiligen sich folgende Orte am Abonnement: Itzehoe   mit Um- gegcnd, Kellinghusen  , Wilster  , Beidenfleth  , St. Margarethen  , Marne   mit Umgegend, Meldorf   mit Umgegend, Heide desgleichen und Lunden. Parteifreunde aller Wahlkreise, folgt diesem Beispiele! H. Walt her. Hms, 26. Juni. Einer liberalen Zeitung entnehme ich folgende Notiz:Heute früh trafen, mittelst Extrazuges von Barmen kommend, ungefähr 200 uniform irte Schüler der Wupperfelder Realschule mit einem' 38 Knaben starken Musikcorps, unter Füh- rung des Direktors Dr. Burmester und der übrigen Lehrer der Anstalt, hier ein, um Sr. Majestät dem Kaiser einen Besuch ab- zustatten. Als Se. Majestät, gegen 10 Uhr, von dem Krähnchen- Brunnen kommend, sich dem Kurhause näherte, wurde er mit lautem Trommel-Wirbel vom Musikcorps des in Linie aufge- stellten Knaben-Bataillons, welches seine mit Fähnchen gezierten Lanzen präsentirte, begrüßt. Der Kaiser unterhielt sich darauf huldvollst längere Zeit mit den Lehrern der Anstalt und schritt in Begleitung des Direktors die Front der stolz aufgerichteten Vaterlands-Vertheidiger in»pe entlang, mit sichtbarer Freude mit dem einen oder anderen sprechend. Se. Majestät schienen an dem Kleinsten der Kleinen besonderes Gefallen zu finden, dessen Tornister er einer genauen Jnspizirung unterwarf und höchst eigenhändig, zur allgemeinen Heiterkeit der Umstehenden, aus letzterem Wein, Schinkenbrötchen jc. zum Vorschein brachte. Unter den Klängen des trefflich geschulten Musikcorps defilirten darauf die Jungens in strammem Parademarsch zweimal an Sr. Majestät vorbei und begaben sich dann nach dem Kurhause, wo dieselben gastlich bewirthet wurden. Nach Beendigung dieses Frühstückes marschirten sie durch Ems und konzertirten hierauf die kleinen Musikanten im Musik-Kiosk des Kurgartens. Beim Abmärsche nach dem Bahnhofe brachte die fröhliche Schaar ihrem Kaiser, der vom Fenster aus zum Abschied freundlichst zuwinkte, ein langanhaltendes Hurrah und fuhr dieselbe dann, unter Mufik- bcgleitung dieWacht am Rhein" singend, freudestrahlend dem Rheine   zu. Nach kurzer Rast in Öberlahnstein und einem Besuch auf Stolzenfels   ging es dann rechtsrheinisch der Heimath zu. Tiefe Eindrücke bringen sicherlich die jungen Patrioten in ihrem empfänglichen Gemüthe ins Elternhaus zurück und wird dieser Tag ihnen unvergeßlich bleiben."-- Die Leser ersehen hieraus, daß es verständnißvolle Schul- männer giebt, welche die der Pädagogik zugewiesene Aufgabe, die Jugend mitfanatischem Patriotismus" zu erfüllen und zu loyalen Unterthanen" mit normalem Untcrthanenverstand zu dressircn, wohl begreifen und auch die zur Erreichung dieses Zieles führenden Mittel uud Wege richtig zu wählen wissen. Recht so! Erziehet nur die junge Generation zu tüchtigenVater- landsvertheidigern", erweckt in ihnen die Kriegslust au aber wundert Euch dann nicht, wenn aus böser Saat böse Frucht sprießt, wenn der Mann, in dem man, als er noch Kind war, densol- datischen Geist" weckte, dem man sagte, es sei eine große Ehre, möglichst viele Feinde zu erschlagen, bei Gelegenheit einen kleinen Todtschlag begeht. Denket, wenn Euch vor den Früchten Eures eignen Treibens zu grauen beginnt,das ist der Fluch der bösen That, daß sie fortzeugend Böses muß gebären." Sch. �inz a. Mlj., 28. Juni. Es ist eine einfache, in ihrer Ein- fachheit aber für den ftihlenden Menschen schreckliche, entsetzliche Geschichte, die in Nachstehendem berichtet wird. Vor ungefäbr einem Jahre übergab ein hiesiger Bürger, der nach dem Tode der Mutter zum Bormund über die Kinder eines verstorbenen Schwagers bestellt worden war, dieselben in seinerFrömmigkeit" einem Nonnenkloster zu Neuß   zur Erziehung. Da noch Ver- mögen von Seiten der Eltern da war, und da also Kostgeld bezahlt werden konnte, waren dieehrwürdigen Schwestern" gerne bereit, die Kinder in ihremütterliche Obhut zu nehmen!" Trotzdem sich die Kinder sträubten und weigerten, den Bruder ihres verstorbenen Vaters, bei dem sie hier in Pflege gewesen waren, zu verlassen, wurden sie nach Neuß   gebracht, damit sie dortBildung" lernen sollten. Ein Jahr lang blieben die Kinder nun in dem Kloster und die Briefe, welche von denselben einliefen, waren voll des Lobes über ihren dortigen Aufenthalt. Ja sogar in letzter Zeit schrieben die Kinder, sie wollten mit den Klosterleuten nach Belgien   übersiedeln(die Insassen des erwähnten Klosters gehören einem der ausgewiesenen Orden an). Da auf Teffendorff undNerven zu haben" gleich dem großen Bismarck ihm einigen Trost in seinem Leid gewähren wird." Unsere Affen. Im Wuttki-Rausch hat ein russischer National- dichter eine wunderbare Ode an Beranger verübt, der weiland in einem berühmten Gedicht vondem Sohne Attila's" sang,deffe« Reich sich wieder erhebt und der mit der Axt gen Abend hin wies": Es ist geschehen! so hebt der russische Pindar   an, Euer Gedanke drang an's Licht, begriffen ist Euer hoher Genius, und nimmer wird ein feindlich Wort die starken Schlüsse brechen! Von fremdem Geiste zehrte Rußland   einst doch diese Zeit liegt weitab hinter uns. Wieder­geboren ist Rußland   nunmehr, sein lebensvoller Gedanke zersprengt der Deutschen   nebelhaftes Sinnen und sprudelt sonnenwärts, gleich einem Strahl krystallnen Wassers! Weggetilgt hat Gott von unserm Ehren- schild das Mal der Schande, das der Fremdling ehedem ihm ange- haucht. Denk an Pultawa, Schweden  ! Denkt unserer Helden, ihr ewigen Alpenfirne und auch ihr goldigen Fluren Italiens  , seid unserer Heldenschaaren gemahnt. Der furchtbare Tag Borodino ist unvergessen, wie des heiligen Moskau's heilige Lohe! An Leipzig   denkt und an Paris  , wo wir des Welttheils Geschick entschieden! Als Praga's Sturm in der Erinnerung zu verbleichen droht, da frischt ihn Paskiewitsch, der nord'sche Held, von Neuem auf. Von Jsmailowss stolzen Zinnen blitzten gleichfalls unsere Bajonnete und nicht zu eitlem Kinderspiel! So sind mit Ruhm wir ganz bedeckt. Doch auch der Ahnen ehren- voll Gedächtniß soll neu erstehen und Attila's gewaltig Reich, es soll von Neuem in seiner Wucht wieder erscheinen. Mit starkem Slavenarm hat einstens er den Osten unterworfen und mit der Peitsche dann bedrohte er, auf seine Macht gestützt, den Westen auch! Kein Haufe von Verbrechern oder von Geächteten waren sie, die kühnen Ko- saken, nein Russen warcn's, echte Russen, der Slaven krafterfüllt Ge« schlecht. Nun ist die Zeit erfüllt; der Deutschen   trugvoll Sinnen zu zerstäuben, des Zweifels Zwielicht durch der Wahrheit Fackelschein zu brechen g'lt's. Und hier, im heiligen Moskau  , leuchtet er! Jedweder Stein ruft laut: Großmächtig ist die Slavenwelt! Ihr selber aber lehret sie, dies zu erkennen!" Wir kennen den Text, wir kennen das Lied vor 60, 70 Jnhren ertönte ähnlichesBardengebrüll" in dendeutschen Gauen" und auch heute noch gellen uns mitunter Reminiscenzen in die Ohren. Nur muß man stattAttila" Armin lesen u. s. w. Uebrigens zwingt unser Notionalstolz uns zu bekennen, daß diegermanischen" Pindare das Ding etwas besser verstanden als die slavischen Schüler. Bermuthlich liegt das am größeren Fuselgehalt des deutschen Wuttki und preu- ßischen Schnapses.Der Mensch ist was er ißt", sagt Moleschott. Und wir fügen dem das ebenso wahre Verschen bei: Der Mensch singt, was er trinkt. Beiläufig Hrn. Müller von der Werra zu empfehlen. mm