Türkei treiben muß, sich der Sieg an die russischen Fahnen ge-hängt hat. Auf wie lange, das bleibt freilich dahin gestellt.Ein entscheidender Schlag ist bisher überhaupt in der euro-päischen Türkei nicht erfolgt, und das Triumphgeschrei derKnutenanbeter, welche das totale Scheitern des russischenAngriffs in Asien ganz vergessen und von der Tragweite dieser,die Machtstellung Rußlands gerade in ihrem Schwer-Punkt erschütternden militärischen Fiaskos keine Ahnung zuhaben scheinen, ist jedenfalls sehr verfrüht. Und sollte Rußland in einer Hauptschlacht siegen— gut, dann hat es zweiFeinde vor sich, statt eines— vielleicht drei. Die goldenenAepfel, die dem nordischen Tantalus vor dem gierigen Mundherumtanzen, werden im Moment, wo er sie zu packen sucht,von ftemder Hand weggerissen werden. Man spricht davon, derrussische Czar wolle nach dem ersten Sieg, der halbwegs dieasiatischen Niederlagen aufwiege, den Türken einen„ehrenvollen"Seperatfrieden anbieten. Die Nachricht klingt nicht so durchausunglaublich. Wird aber der russische Ezar die Geister, die erbeschworen hat mit einem„Kusch"! wieder bannen können? Undwird die türkische Regierung, wenn bis dahin die Memmen undVerräther entfernt sind, in einen Frieden willigen, der, so„ehrenvoll" er auch sein möchte, ihr Prestige in Europa zer-stören und den Samen eines neuen, schwerlich wieder untergleich günsttgen Bedingungen zu führenden Kriegs in sich tragenwürde?—„Größere Vorsicht". Ein katholischer Kaufmann inAltenberge(Westfalen) hatte am Pius feste seinen Laden mitBildnissen des Papstes und mit Blumen geschmückt. DiePolizeigewalt, der man sich bekanntlich, auch wenn man imRechte ist, nicht widersetzen darf, verfügte die Fortnahme desSchmuckes aus dem Schauladen; der Kaufmann wich„der Obrig-keit, die Gewalt über uns hat." Doch beschwerte er sich beidem Landrathsamt gegen den Polizeichef des Ortes, den Amt-mann Hünenkohl. Der Landrath Rotermund antwortete, daßder Amtmann nicht befugt gewesen sei, der Ausschmückung desSchauladens hindernd in den Weg zu treten; für die Folge habeer dem p. p. Hünenkohl größere Vorsicht anempfohlen. Ja„größere Vorsicht" im Handhaben der Gesetze; der Bürger,welcher das Gesetz verletzt, der Bürger, welcher Widerstand leisteteinem ungesetzlichen Eingreifen der Polizei gegenüber, wirdbestt-aft, womöglich mit dem Säbel zusammengehauen, der Be-amte, welcher das Gesetz offenkundig verletzt, erhält nicht einmaleine Rüge, es wird ihm nur etwas„größere Vorsicht" an-empfohlen. Man möchte laut auflachen, wenn die Sache nichtso verteufelt ernst wäre, wenn sie nicht wiederum dokumentirte,daß unser gesegnetes Deutschland ein reaktionärer Polizei-staat sei.— Ein neues Kapitel zur Lohnsclaverei. Die„Nationalliberale Correspondenz" schreibt:„Im Unterschiede von den leider nur zu berechtigtenKlagen, welche seit Jahren in der industriellen Welt überdie Arbeiter geführt werden, sind es wahrhaft erfreulicheErscheinungen, welche der Jahresbericht der Handelskammervon M.-Gladbach für 1876 in dieser Beziehung constatirt. Wirhaben dabei nicht die mitgetheilte Thatsache im Auge, daß derfrühere Mangel an Arbeitskräften jetzt vollständig gehoben ist;denn die starke Einwanderung von Arbeitern in den Bezirk er-klärt sich aus der anhaltend traurigen Lage der, Industrie inden Nachbardistrikten. Wohl aber meinen wir die gemachte Er-fahrung, daß die harte Krisis für die Leistungsfähigkeitder Arbeiter von heilsamen Folgen gewesen ist. Es könnejetzt, so wird in dem Berichte versichert, von dem Arbeiter wiederdie pflichtgemäße Erfüllung billiger Anforderungen verlangtund auch durchgesetzt werden. Damit und mit einer vernünf-tigern Gestaltung der Löhne wird die Grundbedingung fürgegeben erachtet, daß fortan wieder gutgearbeitete Waare preis-würdig hergestellt werde. Nicht am wenigsten erfreulich ist auchdie Beobachtung, daß von sozialistischen Bestrebungen sowieüberhaupt von aufregenden Agitationen im dortigen Bezirkenichts mehr zu bemerken gewesen sei. Vielleicht darf man dem-nach hoffen, daß, wenn erst unsere gesammte Industrie zu ge-sunden Zuständen zurückgekehrt sein wird, die sozialistische Agi-tation von selbst ihren Boden verliert."„Erfreuliche Erscheinungen" sind es: 1) das übergroße An-gebot von Arbeitskraft, welches beweist, daß Tausende und aberTausende Arbeiter keine Beschäftigung haben; 2) die pflichtgemäße Erfüllung billiger Anforderungen, das heißt: die Arbeitermüssen sich jetzt Alles von dem Herrn Fabrikanten bieten lassen,weil er die Hungerpeitsche schwingen kann; 3) die„vernünftigereGestaltung" der Löhne— natürlich nur für den Fabrikanten,für den Arbeiter haben sich die Löhne geradezu„unvernünftig"gestaltet; 4) der Sozialismus hat in M.-Gladbach keinen Boden;� wir machen die kluge„Nationalliberale Correspondenz" daraufaufmerksam, daß die Ultramontanen M.-Gladbach völlig besetzt; halten— der Nationalliberalismus hat also keinerlei Schulddaran.— So triumphirt das Hauptblatt der nationalliberalenPartei darüber, daß in einem großen Distrikte unseres Vater-landes Roth und Dummheit herrschen. Pfui Teufel!— Ein sozialdemokratisches Bekenntniß. Die„Na-tionalliberale Correspondenz" ist vor Freude ganz außer sich,daß sie entdeckt hat, daß wir in dem Kampfe mit der„Frank-furter Zeitung" unsere gewöhnliche Vorsicht vergessen und einoffenes Bekenntniß gemacht hätten; nämlich das Bekenntniß:„Die politische Freiheit ist eine Lüge ohne die sozialeGleichheit." Dadurch hätten wir die Maske vom Gesicht ge-nommen, die wir sonst wohl in Volksversammlungen:c. rc. auf-setzten und unser rothes, acht communistisches Gesicht endlicheinmal unverhüllt gezeigt. Endlich einmal! Die„Nationallibe-' rale Correspondenz", an welcher alle die großen Geister der! nationalliberalen Partei mitarbeiten, weiß nicht, daß schon imCommunistischcn Manifest dieser Gedanke ausgedrückt ist,sie weiß nicht, daß Lassalle denselben mehrfach fast in gleicherWeise verkündet hat, eben der Lassalle, den die Nationallibe-ralen uns gegenüber so oft jetzt herauszustreichen sich bemühen.Lassalle aber, wenn er noch lebte, würde sich diese eklen Zu-dringlichkeiten von dieser eklen, schweifwedelnden Gesellschaft ver-bitten, er würde hineinfahren in diese klägliche Bande, daß sieferner nie mehr sich auf ihn zu beziehen den Muth hätte. Es ist aber auchallzu schnurrig, daß diese liberalen Feiglinge plötzlich Sympa-thie empfinden wollen für den großen Revolutionär Lassalle—nun, der Mann ist todt und da haben sie ihn nicht mehr zufürchten.— Von einigen Freunden, die ganz auf unserem Stand-Punkt stehen, dann auch von der„Wahrheit" und vom„Nürn-berg-Fürther Sozialdemokrat", wird die Bemerkung gemacht,daß die prinzipielle Auseinandersetzung mit den Bourgeoisdem-kraten zu einer anderen Zeit, aber nicht bei der Besprechungüber die französischen Zustande, besser am Platze gewesen wäre.Nachdem unsere Freunde die Rede unseres französischen Partei-genossen Buffenoir in der Mittwochsnummer des„Vorwärts"gelesen haben, werden sie wohl von ihrer Anficht zurückgekommensein— der praktische Erfolg unseres Auftretens ist nicht aus-geblieben. Dann aber auch möge die geradezu großartige Er-regung, die in unserem Lager und im Lager der„Volkspartei"wenigstens theilweise sich zeigt am besten beweisen, daß es diehöchste Zeit war, in dieser Angelegenheit einmal wiederum„reinen Wein" einzuschenken.— Von den vor einiger Zeit in Oesterreich verhafteten 22Genossen befinden sich noch immer 9 in Haft und zwar: E. Rein-thal, Joh. und Jos. Schwarzinger, Schwarz aus Reichenberg,Bonaventura aus Jägerndorf, Zapodotzky aus Prag, Gabrielaus Graz, Petzka aus Prag und Prager aus Steyr. Die an-dern mit diesen gleichzeitig verhafteten Genossen: Barth, Gehrke,Groiß, Körbler, Krebs, Leißner, Marschall, Schwab, Sigl, Sma-kal, Silberberg. Zich, Wagner aus Wien nnd Reininger ausAtzgersdorf befinden sich bereits wieder ans freiem Fuße.— Wir erhalten aus London folgende Zuschrift:„Zu den zahlreichen Strikes und Lockouts in Eng-land ist ein neuer Strike hinzugekommen: der der Bauschrei-ner und Zimmerleute in Manchester, denen die Meister,welche„in der schlechten Zeit" so pressirt waren, die Löhne zubeschneiden, jetzt wo das Bauhandwerk in England sehr gutgeht, die Löhne wieder etwas zu erhöhen. Dieser Strike könntebei dem Stand des Bauhandwerks in England sehr leicht einegrößere Ausdehnung annehmen, und wird jedenfalls, wenn dieMeister nicht nachgeben, ein sehr hartnäckiger werden, weil dieenglischen Zimmerer und Bautischler vortrefflich organisirt sind.— Der Kampf am Clyde dauert fort, ohne Aussicht auf bal-dige Beendigung. Der dortige Schiffszimmerer-Strike trittam Donnerstag(26. Juli) in die siebzehnte, die allgemeineAussperrung in die zehnte Woche. Die Gelder fließen ziem-lich reichlich für die Ausgesperrten, so daß auch diejenigen Ar-bester, welche in keiner Gewerkschaft sind, wenigstens einigeUnterstützung erhalten können."— In den VereinigtenStaaten ist ein Arbeiteraufstand ausgebrochen. Die vor-liegenden Telegramme sind so confus, daß wir absolut nichtklug daraus werden können. Ob der Aufstand mit den Molly-Maguires etwas zu thun hat, wie nach den Lokalitäten desAusbruchs zu vermuthen wäre, dafür fehlt in den Telegrammenjeglicher Anhaltspunkt. Man muß erst noch weitere Nachrichtenabwarten.— Der Strike der Bahnbeamten in Nordamerikagewinnt an Ausdehnung. In San Franziska und an anderenOrten herrscht große Besorgniß. Washington, Philadelphia undBaltimore find durch Bundestruppen besetzt worden. Das Volksympathisirt mit den Strikenden. In Newyork bewacht die Milizdas Arsenal. In einer Volksversammlung fanden bewegte Redenstatt. Es wurde beschlossen, ein Monstremeeting abzuhalten undSympathien für die Strikenden auszusprechen.— In Readingwurde die Menge von den Miliztruppen angegriffen, wobei 5Bürger getödtet und 25 verwundet wurden. Das Volk bemäch-tigte sich des Zeughauses. Die Regierung hat befohlen, Panzer-schiffe zu armiren. Die Concentration von Truppen dauert fort.— Endlich! Die Türken haben am 20. Juli bei Plewnaunter Osman Pascha einen ziemlich bedeutenden Sieg über dieRussen erfochten. Der Verlust der Russeu beträgt nach demeigenen Geständnisse über 2000 Mann; auch wurden 14 Mu-nitionswagen von den Türken, die geringe Verluste erlitten, er-beutet.— Parteigenosse Hackenberger, der erst vor kurzem eine14monatliche Haft verbüßt hat, ist in Malstatt bei Abhaltungeiner Versammlung neuerdings verhaftet und in's Gefängnißnach Saarbrücken abgeführt worden. Der Grund zur Verhaf-tung ist nicht bekannt gegeben; wozu auch. Es genügt, daßwieder ein Sozialdemokrat hinter Schloß und Riegel unschädlichgemacht ist— das Andere wird die„Gerechtigkeit" schon be-sorgen.Zwischen zwei Gewittern.Wir erhalten folgende Zuschrift*):Berlin, den 22. Juli.Wahrhaftig ich hätte nicht gedacht, daß meine vorige(Erst-lings-) Correspondenz mir ein, nein sogar zwei Gewitter(nebstmehreren Nebengewittern) an- und zugezogen haben würde,die sich auch richtig über meinem Schädel entladen haben,jedoch— zum Glück ohne ernstlichem Schaden zu thun. Siesehen, ich bin noch lebendig, und— offen gestanden— ichhabe mich nie in meinem Leben wohler gefühlt. Es dauerteetwas lang, bis die beiden Gewitter(von den Neben-gewittern, die sich im„Briefkasten" austobten, schweige ich mitgewohnter Discretion)„mobil gemacht" waren— einem Ex-Einjährigen und leider nicht Ex-Landwehrmann müssen Sieden militärischen Ausdruck passiren lassen. Es dauerte etwaslang, sagte ich. Heute vor 8 Tagen erschien die sündhafte Cor-respondenz im„Vorwärts" und heut erst, also nach 7mal 24Stunden hat das himmlische Strafgericht sich entladen. DieVerzögerung hatte natürlich ihre Gründe. Theils die kühleWitterung, und theils der Umstand, daß in Berlin keine Pa-riser Arbeiterblouse zu haben war. Bei allen Kleiderhändlern,neuen und alten wurde herumgesucht, der Mühlendamni bis indas hinterste Winkelchen durchstöbert— umsonst, keine PariserArbeiterblouse. Und Freund Lossau brauchte doch eine. Soblieb nichts übrig, man telcgraphirte vom Kaiscr-Franz-Grena-dierplatz 8a nach Paris, um das unentbehrliche Ausstasfirungs-stück, das in Folge eines Eisenbahnunglücks erst gestern Vormit-tag eintraf, mit Sturmeseile von Freund Lossau übergeworfenwurde, und— nun gings los.**) Im Hauptblatt Freund Lossau') Schon bei der ersten Zuschrift aus Berlin trugen ttzir Bedenkender Veröffentlichung; da aber die„Frankfurter Zeitung" sich sotriumphirend auf die„Berliner Freie Presse" berief, konnten wir dieVeröffentlichung nicht unterlassen. Jetzt fft unser Correspondent in der„Berliner Freien Presse"— der Abdruck in der„Landwirthschaf lichenZeitung" bezieht sich auf einen Passus in unserer früheren BerlinerCorrespondenz— von zwei Seiten, von Lossau und Most angegriffen,so daß wir ihn hier zu Worte kommen lassen müssen. R. d.„V."**) Unser Correspondent konnte den„Vorwärts" Nr. 86 nochnicht gelesen haben, sonst hätte er aus der Versammlung, in welcherder sozialistische Pariser Republikaner Buffenoir sprach und indern sie ist ein„jnnerlich geistlich ding", das mit dem gesell-schaftlichen Leben so viel zu thun hat, daß es den Gehorsamaller Unterthanen gegen die von Gott eingesetzte Obrigkeit be-gründet und selbst die allerschlimmsten und verruchtesten Blut-sauger in ihrem Gewerbe schützt. Selbst bei der unerträglichstenBedrückung giebt die christliche Freiheit nur das Recht, zu Gottzu beten und ihm die Bestrafung der Schuldigen anHeim zugeben, da jeder wahre Christ„vnrecht leiden aber nit vnrechtthun soll".Gehen wir heute in unsere Kirchen, hören wir uns die Pre-digten an, so werden wir zu unserer Ueberraschung finden, daßdie heutige Geistlichkeit in Bezug auf christliche Freiheit genauauf demselben Standpunkte steht, der ihr durch die Markgrafenvon Brandenburg und deren Oheime und Vettern vorgeschriebenwar. Wie in früheren Tagen, so donnert man auch jetzt nochgegen die gerechten Forderungen der Unterdrückten und vertröstetsie mit dem Himmel.Leider giebt es heute noch Menschen genug, welche diesefürstlich oder allergnädigst präparirte christliche Freiheit gläu-bigen Herzens als— göttliche Offenbarung aufnehmen und sichwirklich— Sand in die Augen streuen lassen.Die heutige Naturwissenschaft kennt keinen Gott, der Reich-thum keine Liebe, der Arme aber soll noch immer die Kettender„christlichen Freiheit" tragen, gehorsam sein und sich aus-beuten lassen wie vor drei- oder vierhundert Jahren!Hoffentlich findet die„christliche Freiheit" bei unseren Ge-Nossen keine Anhänger, die Priesterschast keine— Ginfliel�mehr.— Iwan Turgenjeff, der große russische Nationaldichter,Ichttdert die inneren Zustände seines Heimathslandes in folgendem ergreifenden Gedichte:Der Schlaf.Lange war ich fern der Heimath Boden,Doch dieselbe ist sie, wie vor Jahren,In l5ren �ldern stockt das Leben.Hutten ohne Dach, gestürzte Wände,Und darmnen schmutz und Langeweile,ZU°venbllcke frech zugleich und feige.Ist das Volk doch frei!— Doch hängt die Hand wie ehmalsKraftlos, wie die schlaffe Schnur der Peitsche.wie vordem! In Einem hat nurUeberholt sie alle Erdenvölker:Keines ist so tief im Schlaf versunken,Wie die Söhne heut des heil'gen Rußlands.Alles schläft in Dörfern rings und StädtenTag und Nacht in Schlitten und Telöga,Auf dem kalten Schnee, im Brand der SonneSitzend, stehend-- an dem Pult der Kaufherr,Auf der Wacht der Wächter, der Beamte:Alle schlafen, selbst der AngeklagteSchläfet ein— und träumend nijst der Richter.Vater, Mutter, alle Kinder schlafen,Und im Schlafe pflügt und drischt der Bauer,Wer die Hand zum Schlage hob, entschlummert,Selbst der Schmerz nicht wecket den Geschlag'nen!Wach erhält das Auge nur die Schenke;Doch mit allen Fingern fest umkrallendSeine Branntweinflasche, an des NordpolsEw'gen Eispalast gelehnt die Stirpe,An den Kaukasus gestützt die Ferse,Schläft den Todesschlaf das heil'ge Rußland.— Der„anständige" Max macht in der letzten Nummer seines„Gewerkvereins" zu einem Artikel, in welchem der von Sozialdemokratenerrichteteten Hülfs-, Kranken» und Jnvalidenkassen ohne Gehässigkeit er-wähnt wird, die redaktionelle Bemerkung:„Freilich ist es sehr fraglich, ob besonders die letztgenanntenKassen von Sozialdemokraten mit der nöthigen Solidität undAusdauer gehandhabt werden, um ihnen dauernde Sicher-heit zu gewähren. D. Red."Es sind wohl von Sozialdemokraten gegründete Gewerkvereineund sonstige Institute, in denen der„Krach" epidemisch ist, und sich sohäusig ein Mangel an„der nöthigen Solidität" gezeigt hat, HerrHirsch? Und wer außer Ihnen hat bei den Sozialdemokraten schonMangel an„Ausdauer" entdeckt, Herr Hirsch? Und welche vonSozialdemokraten gegründete Lasse dieser Art ist je bankrout ge-worven, Herr Hirsch? Merken Sie denn nicht, wie unanständig IhreBemerkung ist? Wissen Sie nicht, daß das Strafgesetzbuch auf dieboshafte oder leichlsinnige Schädigung des Credits strenge Strafen setzt,und mit vollem Recht? Versuchen Sie hier nicht, in Ihremalbernen Concurrenzneid, den Credit der von Sozialdemokraten ge-gründeten Kassen zu schädigen? Pfui, Herr Max! In derselben Num-mer des„Gewerkvereins" wird der„Berliner Freien Presse" der Bor»wurf gemacht, sie nehme Schmutz-Annoneen auf. Wer unser BerlinerParteiorgan kennt, weiß, daß dies eine infame Verleumdung ist. Eben-falls jämmerlicher Concurrenzneid. Daß die„Berliner Freie Presse"die Hirsch-Duncker'sche„Volkszeitung" aus dem Felde geschlagen hatund dem Hirsch-Duncker'schen„Gewerkverein" und überhaupt der Hirsch-Dunckerei in ihrem Centrum unbarmherzig den Boden unter den Füßenwegnimmt, dafür muß der verdunckerte Hirsch sich rächen, und er thutes, in seiner Weise. Die Wahrheit ist traurig, was bleibt ihm daübrig, als— Wahrheit k la Max Hirsch?— Herr Heuschrecken-Commissar! Wir glauben, selbst trotzaller Titelsucht, die eine National-Eigenschaft des Deutschen bildet, wer-den sich nicht allzu Viele finden, die sich um einen allerneuesten Titelbewerben würden. In offiziösen Blättern nämlich finden wir die fol-gende Notiz:„Der vom landwirthschastlichen Ministerium eingesetzteHeuschrecken-Commissar, Amtmann Deutsch, hat sich nach Posen begeben,um jdie Vertilgung der Heuschrecken im Birnbaumer und FraustädterKreise persönlich zu leiten."..... Wie denken unsere Leser über denTitel„Herr Heuschrecken-Commissar" oder gar„Frau Heu-schrecken-Commissarin"??? Borstehende Notiz ist einer„liberalen"Zeitung entnommen. Wir glauben, daß sich auch um den Titel eines„Heuschrecken-Commissars" die„geeigneten Personen" bewerben werden,vorausgesetzt, daß der Titel kein„Titel ohne Mittel" ist.— Aus Frankfurt a. M. erhalten wir nachstehende Zuschrift: Im„Frankfurter Intelligenz- Blatt" ist folgende Annonce zu lesen:„160Mark Belohnung Demjenigen, welcher einem verheiralheten Kaufmannin den vierziger Jahren, welcher 26(sechsundzwanzig) Jahre ineinem der ersten Häuser Frankfurt's theils als Buchhalter, Reisenderu. s. w. couditionirte, mit den besten Referenzen versehen ist, eine fürihn paffende Stelle als Verwalter, Kassirer u. s. w. nachweist."—Müssen nicht einem denkenden Menschen beim Lesen einer derartigenAnnonce(und die hier angeführte ist weder die erste, noch wird sie dieletzte sein) allerlei sonderbare Gedanken darüber aussteigen, wie herrlichweit es schon gekommen ist? Man braucht wahrlich keine sozialdemo-kratischen Versammlungen zu besuchen und sozialistische„Brandschristen"zu lesen, sondern nur hineinzugreifen in's volle Menschenleben, um täg-lich sich zu überzeugen, wie— gut unsere gesellschaftlichen Zustände be-schaffen sind und ob eine«enderung nicht dringend nöthig im Interesseder Menschheit ist.�-ZumArbeiterrisico. In einem Kohlenbergwerke bei Teplitzin Böhmen wurden am 23. Juli 5 Arbeiter verschüttet, von denen ostarben und 2 schwer verletzt sind. Einer der Getödten hinter. aßt,Kinder.