wird die Verschmelzung zwischen der Bourgeoisieund den Arbeitern, zwischen dem Kapital und der Arbeitsein, die sich gegenseitig unterstützen, weil Diejenigen, welchein der hohen Bourgeoisie sich bei Seite gehalten hatten, ausFurcht vor der Republik, durch die Weisheit, Klugheit undEintracht der republikanischen Partei gewonnen worden sind.Heute nach dem 16. Mai— wie nach 1830— wohnen wireiner wahren Verschmelzung des Volkes mit dem Bürger-thum bei."Die Bourgeois haben dieser Redensart zugejubelt, vielleichtwaren auch einige flandrische Arbeiter da—„Arbeiter", wieman sie bei solchen Komödien auch auf die Bühne bringt—vielleicht haben die Arbeiter diesem klingenden Blech auch zuge-klatscht und Herr Gambetta wird darüber sehr„gerührt" gewesensein. Aber das Wehen der Zeit ruft dem Schönschwätzer ein„Zu spät" zu:„Drop tarä!"Und ständen auch nicht die blutigen Schatten der gemordetenCommunekämpfer im Wege, und könnte das überlebende Prole-tariat auch nicht die Finger in die immer noch frischen Todes-wunden legen, die die Rachewuth der Bourgeoisie geschlagen hat— und wäre auch nicht die abgrundtiefe ökonomische Spalte da,welche die Interessen des arbeitenden Volkes von denen der aus-beutenden Bourgeoisie scheidet-- ja bedeckte eine Schneedeckedes Vergessens die Leichen der Commune und die Interessen-spalte--- Eins, Herr Gambetta, macht heute die„Verschmel-zung zwischen der Bourgeoisie und den Arbeitern" unmöglich,und das ist die reaktionäre Richtung der Bourgeoisie,die sich in Ihrer Rede, Herr Gambetta, selbst kundgiebt. Dasrevolutionäre Proletariat von 1877 kann nicht hinterdie revolutionäre Bourgeoisie von 1789 zurückgehenuud wenn alle Schönschwätzer der Welt es überreden möchten.Im Anfang der großen Revolution war die Bourgeoisie dieVertreterin des ganzen von Königthum, Adel nnd Pfaffenthumunterdrückten und ausgesogenen Volkes— ihr Blick warweit und hell und ihre revolutionären Maßregeln waren kühn,sie schritt dem Volksbewußtsein voraus und erschütterte dadurchganz Europa.Die Bourgeoisie von heute ist eine herrschende Klasse, dieselbst das Volk ausbeutet und unterdrückt, ihr Blick ist ängstlichund durch das Klasseninteresse getrübt, ihre Maßregeln sindreaktionär und nur noch auf Erhaltung ihrer Klassenherrschaftgerichtet; die Bourgeoisie von heute ist hinter dem vorgeschrit-tenen Volksbewußtsein zurückgeblieben— sie kann nicht mehrdie Vertreterin des Volkes sein, sie ist von dieser geschicht-lichen Ehrenstelle längst zurückgetreten. Drop tard! Herr Gambetta, zu spät!Und wie unglücklich ist das Beispiel in oben citirter Stellegewählt!„Nach 1830" lllustrirte sich die„Verschmelzung desVolkes mit dem Bürgerthume" sehr scharf durch verschiedeneAufstände des bei der Bourgeois- Herrlichkeit vergessenen Pro-letariats. Mit Entsetzen las die Welt auf der schwarzen Hunger-sahne der Scidenweber von Lyon die Worte:„Vivro en tra-vaillant ou mourir en combattant!"(Arbeitend leben oderkämpfend den Tod!) und es durchzuckte sie eine Ahnung, daßmit dem herangebrochenen tausendjährigen Reich, dem„Bürger-Königthum", die Weltgeschichte noch nicht zu Ende sei. Das„Bürger- Königthum" stillte den Hunger der Lyoner Weber,indem es den Marschall Soult mit einer Division schickte undauf den Höhen über den Hütten der Weber Kanonen auffahrenließ. Von da an lernte die Bourgeoisie den Nutzen eines stehen-den Heeres schätzen.—Wenn an dem Bankett in Lille ein Sozialdemokrat den HerrnGambetta nach seiner Rede interpellirt hätte, zu was die Re-publik ein stehendes Heer nöthig habe, da sie sich gegen äußereFeinde weit besser mit einer Miliz schützen könne, so hätte wohloder übel Herr Gambetta beichten müssen, daß man das stehendeHeer zur„Aufrechterhaltung der Ordnung" brauche, das heißtnatürlich zur Aufrechterhaltung der Klassenherrschaft, wie diesja auch bei dem„Verbrechen vom 18. März"(damit bezeich-nete Gambetta vor einiger Zeit den Commune-Ausstand) nöthiggewesen sei. Und damit wäre denn wieder die besungene Ver-schmelzung zwischen der Bourgeoisie und den Arbeitern rechtschön als eine Verschmelzung zwischen dem Wolf und dem Lammlllustrirt worden.Ob man ein Staatswesen, in dem man so kostspielige undbrutale Mittel, wie ein stehendes Heer, zur Aufrechterhalwngder Klassenherrschaft nicht entbehren kann, ob man ein solchesStaatswesen noch mit dem Ehrennamen Republik bezeichnendarf— darüber kann unter wirklichen Republikanern keinZwe.ffl herrschen. Die Hauptsache aber ist die geschichtlicheDas türkische Parlament.Der Vertreter Englands bei der Pforte entwirft folgendeSchilderung:Kürzlich war ich in einer Sitzung der türkischen Deputirten-kammer anwesend. Da ein Versuch gemacht worden ish, diesesneugeborene Parlament niederzuschreiben(„to vrite down"), undda mit Verachtung und Lächeln von ihm gesprochen worden ist,so darf ich vielleicht einiges über dasselbe sagen. Zur Zeitmeines Besuches behandelte die Kammer eine Bill über munici-pale Steuern. Ich darf zuversichttich und mit einiger Ersah-rnng vom Hause der Gemeinen erklären, daß ich niemals eineVerhandlung mit mehr Ordnung und Gebühr geführt werdensah. Die Mitglieder dürfen entweder vom Sitz oder von derTribüne aus reden, nach der französischen Weise. Mit Aus-nähme einer Persönlichkeit, eines Griechen, redeten sie den Spre-cher oder Präsidenten von ihren Sitzen aus an. Ihre Redenwaren kurz und zur Sache eilend. Jeder Artikel des ihnen vor-liegenden Gesetzesvorschlags ward erwogen, Erklärungen wurdenden Vertretern derjenigen Regierungsabtheilung abverlangt, diedas Gesetz dem Parlament vorgelegt hatten, und diese Erklä-rungen wurden sofort gegeben. Es ward dann zur Abstimmunggebracht und ohne Widerspruch angenommen. Jeder Deputirtehatte eine Abschrift der Vorlage und folgte der Verhandlungmit dem größten Interesse und mit Aufmerksamkeit. Ich be-merkte nicht eine Ausnahme. Einmal gab sich während meinerAnwesenheit dort ein kleiner Ausdruck von Unzufriedenheit kund.Der erwähnte oben ausgenommene Grieche ging mit einem Bün-del Papiere auf die Tribüne und begann eine Rede vorzulesen,die eine unendliche Zeit zu dauern drohte. Sie bezog sich aufdie Geschichte der Türkei im allgemeinen und insbesondere aufBeschwerden der Christen. Der Präsident stellte ihm ein- oderzweimal vor, seine Rede könne zwar bei passender Gelegenheitvorgebracht werden, habe aber mit der behandelten Frage, diesich auf einen geringen Punkt der Lokalverwaltung bezog, nichtszu thun. Der Abgeordnete jedoch blieb dabei, zuletzt ward dasHaus ungeduldig, forderte ihn auf, der Geschäftsordnung nach-zukommen, dem Präsidenten zu gehorchen und herunterzusteigen.Das mußte er zuletzt thun. In dem englischen Hause der Ge-meinen würde der Sprecher ihm gewiß nicht erlaubt haben, so-weit zu gehen, wie er gethan. Keine öffentliche VersammlungThatsache, daß die Lebensdauer einer solchen Gattung von„Republik" nur von dem Belieben der Säbelrassler abhängt.Den Säbelrasslern werden denn auch die Reden des HerrnGambetta etwas langweilig, sie drängen den Popanz Mac-Mahon bereits zum Staatsstreich, und der Schlußgesang desRedners von Lille auf die herrliche Armee dürfte zur Elegie(zum Klagelied) werden, noch ehe die angekündigte„Verschmel-zung" arrangirt werden kann.Die französischen Arbeiter, die über Republik etwas mehrnachgedacht haben, werden daher ihre Ohren der Zauberflötevon Lille verschließen, und wenn die Kartätschen des Staats-streichs über den Makadam der Pariser Straßen rollen, dannwerden sie zu Hause bleiben und denken, ob die Kartätschen imNamen des Kaisers Lulu, oder des Regenten Mac Mahon,oder der„Republik" Thiers-Gambetta daherrollen, kann dem,der davon getroffen wird, gleich bleiben— das Blut des Pro-letariats soll nur noch für seine eigene Sache fließen, für diewahre Republik, die kein stehendes Heer, sondern die Volks-bewaffnung hat, die keine Schmarotzer mehr ernährt, sonderndem Volke Arbeit und Brod giebt.Sozialpolitische Ueberstcht.— Die traurige Rolle, zu welcher Deutschland in derorientalischen Frage durch die„geniale" Politik seiner Staatsmänner verurtheilt worden ist, hat sich seit einigen Tagen rechtdeutlich enthüllt. Nicht genug damit, daß das preußisch-deutscheReich durch den einseitigen Protest gegen die angeblichen Grau-samkeiten der Türken in auffälligster und obendrein wirkungs-losester, für Deutschland blos compromittirender Weise für dasbarbarische, räuberische, an allen Greueln des gegenwärtigenKriegs allein schuldige Rußland eingetreten ist und damit dieSolidarität für die russische Barbarei übernommen hat, ist jetztdem deutschen Reich offiziös das Amt zugewiesen worden, diepolnischen„Unterthanen" Rußlands gewaltsam im Zaum zuhalten. Es sollen an der preußisch-polnischen Grenze zwei Ar-meekorps aufgestellt werden, um einer Erhebung in Russisch-Polen vorzubeugen. Nutzen wird das freilich nichts. Es zeigtnur zweierlei: einmal die verzweifelte Lage des russischen Kaiser-reichs, das ohne fremde Hilfe nicht die Ruhe im eigenen Landebewahren kann; und zweitens die gut russische Gesinnungunserer nationalen„deutschen" Reichsregierung.— O welche Lust zc. Der„Westfälischen Volkszeitung"entnehmen wir Folgendes:„In der Nähe Alpens ist einemSoldaten der 1. Compagnie des 57. Jnfanterie-Regiments, ausEssen gebürttg,„ein beklagenswerthes Unglück" zugestoßen. Wieman hier erzählt, wurde der Unglückliche beim Wassertrinken,welches untersagt worden, von einem Offizier ertappt und erhieltdann von ihm einen Degenstoß in die linke Seite, welcheso gefährlich traf, daß das Schlimmste zu befürchtenist. Der Kranke liegt gegenwärtig im Militärlazareth zuWesel."Nach unfern Begriffen ist die in Vorstehendem berichteteHandlung eines Offiziers kein„beklagenswerthes Unglück" desSoldaten, sondern ein gemeines, rohes Verbrechen der Offi-ziere, das wollen wir vor allen Dingen hier constatiren. Nunerlauben wir uns im Anschluß hieran noch einige Fragen anunsere Leser zu richten:1) Was ist von einem Blatte zu halten, welches sich„Volks-zeitung" nennt und da, wo es sich um ein Verbrechen, be-gangen von einem den„höheren Klassen" Angehörigen handelt,von einem beklagenswerthen Unglück spricht?2) Was wäre dem Soldaten geschehen, der seinen Offizierbeim Wasser- oder besser gesagt beim Weintrinkcn angetroffenund nur schief angesehen hätte?3) Wird auch hier„der Schuldige hoffentlich der gerechtenStrafe nicht entgehen" und4) Worin wird diese Strafe bestehen: in verhältnißmäßigkurzer Festungshaft, in Zurücksetzung im Avancement, oder aberin einigen Tagen Stubenarrest?Zum Schlüsse fordern wir dann unsere Leser auf, über denWerth eines Proletarierlebens in der heutigen Gesellschaft undüber die vielgepriesene„Gleichheit vor dem Gesetze" ein kleinwenig nachzudenken.— Wir brachten vor einigen Tagen eine Notiz über einevon der„Nattonal-Zeitung" empfohlene Erbschaftssteuer fürdas deutsche Reich. Um nun jedes Mißverständniß zu ver-meiden, wollen wir hier nachttäglich noch bemerken, daß wirdieser Art in Europa könnte vielleicht eine achtbarere, einsich-tigere und würdigere Körperschaft ausweisen, als das jetzige tür-kische Parlament ist. Christen und Moslims aus allen Theilendes Reiches, selbst ein Araber mit seinem halbbeduinenmäßigenKleide, sitzen ohne Unterschied beisammen. Unter den Mohame-danern sind viele Wollahs oder Lehrer des Koran in ihrenweißen Turbanen. Die christlichen Redner, die am Tage meinesDortseins vorherrschten, wurden ohne ein Zeichen von Unge-duld angehört. Der Präsident mischte sich selten ein, es sei dennum einem Abgeordneten darzulegen, daß er sich von dem vor-liegenden Gegenstand entferne. Die Anordnung der Kammer,was Sekretäre, Berichterstatter u. s. w. bettifft, ist mehr nachder festländischen als nach der englischen Art. Es ist, glaubeich, zu bedauern, daß das türkische Parlament zum größtenTheil die französischen Regeln angenommen hat. Meine sonstigeErfahrung hat mir gezeigt, wie wenig diese dazu geeignet find,eine schnelle Geschäftserledigung und die wahren Ziele einerNationalversammlung zu fördern. Der Präsident der türkischenDeputirtenkammer, Ahmet Vesyk Pascha, ist in der englischenPresse heftig angegriffen worden, weil er die freie Tiscusstonhemme und mit den Rednern willkürlich und roh umgehe. Nachallem, was ich von den Deputirten selbst erfahren habe, glaubeich, daß diese Anklage eine ungerechte und auf Antrieb derer er-hoben ist, welche nicht wünfchen, daß das Parlament gedeihe.Man muß im Sinne behalten, daß dies der erste Versuch war,zu einer Volksverttetung aus allen Theilen des Reiches Mos-lims und Christen zusammenzubringen, die gänzlich unerfahrenwaren in den zu leistenden Arbeiten und die Art der BeHand-lung gar nicht kannten. Wären sie nicht zuerst durch eine starkeHand geleitet und gezügelt worden, so würde allgemeine Ver-wirrung gewesen sein und der Versuch wahrscheinlich fehige-schlagen haben. Ich weiß in der Türkei keinen Mann, der sofähig wäre ihr Präsident zu sein, wie es Ahmet Vesyk Paschaist, wegen seiner Kenntniß, seiner Rechtschaffenheit, seiner Eni-fchlossenheit und seiner Charatterstärke. In Anbettacht desStoffes, den er zu handhaben hatte, überrascht es, daß er esso bald dahin gebracht bat, das Haus zu einer geschäftsmäßigenVersammlung zu gestalten. Seit einigen Monaten find keineKlagen gekommen, auch nicht seitens derer, die ihr Bestes gethanhaben das türkische Parlament in Mißruf zu bringen, daß derPräsident sich unnöthigerweise in die Verhandlungen gemengtselbstverständlich unsere Zustimmung zu solcher Steuer nur unterder Bedingung geben können, daß dieselbe eine progressive, odermindestens durch verschiedene Stufen(geringe Erbschaft, mittlereErbschaft, große Erbschaft) bestimmte wäre, wonach der Pro-zentsatz bei der„mittleren" und„hohen" Stufe ein größerersein müßte. Diese durch die„National- Zeitung" angeregteSteuerangelegenheit ist übrigens Werth, einer näheren Erwägungvon allen Parteien und auch besonders von der unserigen unter-zogen zu werden.— Das Grubenunglück auf der Zeche„Borussia"bei Marten(Kreis Dortmund), über welches wir schon kurz be-richteten, hat 15 Arbeitern das Leben gekostet. Wie gewöhnlichbemühen sich die Bourgeoiszeitungen, voran die„WestfälischeZeitung", die Grubcnverwaltung von der Schuld an dem Unglückreinzuwaschen, und es ist dabei nur zu verwundern, daß dieArbeiter nicht von vornherein als die Opfer ihrer eigenen Un-vorsichttgkeit hingestellt werden. So schreibt z. B. die„West-sälifche Zeitung":„So schrecklich dies Ereigniß ist, nach dessen Ursache manbis jetzt vergebens forscht, eine Gcnugthuung verbleibt den Hinter-bliebenen, nämlich die, daß man zur Rettung der Opfer auchdas Aeußerste versucht, daß Beamte und Arbeiter mit Ausdauerund Energie welteiferten, das Leben ihrer Kameraden zu retten.Möge den Hinterbliebenen dies Bewußtsein eine Linderung ihresSchmerzes sein und möge andererseits den ihrer Ernährer be-raubten Familien durch schnelle Hülfe einige Erleichterung ver-schafft werden.„Schließlich müssen wir ausdrücklich hervorheben, daß auchnicht der leiseste Schatten eines Vorwurfs die Grubenverwaltungder Zeche„Borussia" an diesem Unglücksfalle treffen kann, dennAlles, was die Sicherheit des Betriebes betrifft, befand sich zurZeit des Unglücks in der besten Ordnung. Die Grube arbeitetgegenwärtig mit einer Belegschaft von 450 Mann, welche denVerlust so lieber Kameraden aufrichtig betrauert.„Uebrigens scheint das diesseitige Revier von Unglücksfällenin neuester Zeit schwer heimgesucht zu werden, denn währenddieselben sich im ersten Semester auf 18 belicfen, sind seit dem1. Juli nun schon leider 25 Unglücksfälle zu verzeichnen!!"Soweit die„Westfälische Zeitung". Und nun höre man,was unser Parteiorgan, die„Westfälische Freie Presse", überdie Vertuschungsversuche der„Wests. Zeitung" zu sagen weiß:„Mit der Behauptung, daß„auch nicht der leiseste Schatteneines Vorwurf die Grubcnverwaltung treffen könne", scheint esaber nach dem, was uns schon jetzt mitgetheilt wird, sehr zweifel-Haft zu stehen. Es wird nämlich von mehreren Bergleuten derZeche„Borussia" behauptet, die meisten der Verunglückten hättensich ohne Zweifel retten können, wenn der auf Flötz 24 befind-liche Luftschacht, welcher vor zwei Monaten noch fahrbar war,auch jetzt noch fahrbar gewesen wäre. Daß Letzteres jetzt nichtmehr der Fall, soll dem Herrn Direktor Grau zuzuschreibensein, indem derselbe nicht leiden konnte, daß die Leute 5 oder10 Minuten eher anS Tageslicht kamen. In der That sind aucheinige der Opfer unten am Luftschacht gefunden worden, welcheaber, da sie nicht herauskonnten, ersticken mußten."Das klingt schon etwas anders und entspricht der Wahrheitjedenfalls vollkommen. Wie sollte aber auch die„WestfälischeZeitung" dazu kommen, der Wahrheit die Ehre zu geben, hau-delt es sich doch um die durch das Haftpflichtgesetz gefährdetenInteressen der Grubenbesitzer. Der Versuch jedoch, die Hinter-bliebenen der Verunglückten mit der„Genugthuung" abzuspeisen,daß für die Rettung der Opfer„das Aeußerste" geschehen sei,wird hoffentlich nicht gelingen, und statt der von Bourgeoisgnadenin Aussicht gestellten Hilfe werden die Hinterblieben sich dieHilfe vorziehen, die ihnen daS Haftpflichtgesetz gewährt. Beidieser Gelegenheit sei gleich darauf hingewiesen, daß jetzt all-gemein die Rede davon ist, die Mängel des Haftpflichtgesetzesdurch eine Revision zu beseitigen, und zwar um„dadurch derSozialdemokratie ein beliebtes und gefährliches Agitationsmittel"zu entziehen. Gut, wir sind's zufrieden, wenn man uns aufdiese Weise die beliebten und gefährlichen Agitationsmittel ent-zieht. Die Arbeiter kommen dabei nicht zu kurz, die Sozial-demottatie aber auch nicht, das mögen sich unsre Herren Gegnergesagt sein lassen.— Zur Sittlichkeit in den„besseren Ständen". Der„Fackel" wird aus Gohlis, einem Nachbarstädtchen von Leipzig,geschrieben: Einer der reichsten Bewohner unseres Ortes, derFrau und Kind hat, unterhält dessen ungeachtet ein intimesVerhältniß mit einer Dame, die ebenfalls den„besseren Ständen"oder irgendwie die vollkommene Freiheit der Besprechung ge-hemmt habe. Wenn irgend eine Ursache der Klage ist, so ist esvielleicht in gegentheiliger Beziehung. Daß die türkischen De-putirten in ihren Debatten merkwürdige Unabhängigkeit undKühnheit gezeigt haben, Mißverwaltung getadelt und Abstellungder Beschwerden verlangt haben, wird jetzt allgemein zugegeben.Sie haben nicht gezaudert mächtige Minister anzugreifen, undes sind sogar Kritiken gemacht worden, die indirekt den Sultanselbst angehen. Sie haben darauf bestanden: ein vollständigesund ehrliches Budget der nattonalen Finanzen solle ihnen vor-gelegt werden, und der Conttole-Ausschuß für öffentliche Aus-gaben verlangte vor einigen Tagen von dem Kriegs- und demMarineministerium eine volle Darlegung und Begründung dervon ihrem Ressort aus abgeschlossenen Conttacte. Theilweiseward daher der in meiner Depesche vom 23. v. Ms. angeführteMilitärausschuß ernannt. Die Sendung Hnhdi Bey's in Finanzsachen nach London und Paris gab Anlaß zu einer Debatteüber die uncontrolirte Ausgabe von Anleihen seitens der Regie-rung und die Debatte endete mit einem Votum, das die Rück-berufung ihres Bcvollmächttgten forderte. Da das türkischeParlament diese und ähnliche Beweise von Unabhängigkeit undNationalgefühl, das in anderen Ländern Patriotismus genanntwerden könnte, gezeigt hat, so kann man von ihm vernünftigerWeise später viel hoffen. Es liefert einen jener seltenen Fälle,daß eine neue Jnstttution besser geht, als selbst ihre meist san-guinischen Fürsprecher erwartet haben konnten. Ich sehe dieSauf allen Seiten zugegeben. Ob das Parlament fortfahren wird,gleich gut zu arbeiten und ob es bestimmt ist, ein wahrhaftwirksamer Aufseher über Willkürherrschaft und über die bisherim türkischen Reiche bestandene schlechte corrupte Regierung zuwerden, das muß von den Umständen abhängen. Mir erscheintes von großer Wichtigkeit, daß die Kammer so lange wie mög-lich beisammen bleibe. Wenn die Friedensbedingungen zwischender Türkei und Rußland zur Verhandlung kommen sollten, sokann sich eine populäre Versammlung, die, wie man füglich sagendarf, das Land verttitt, von großem Nutzen und Werth er-weifen. Es ist dies eine Sache, die, glaube ich, sowohl imInteresse des Sultans als in dem Europas in Sicht behaltenwerden follte. In dem gegenwärttgen schwachen und aufgelöstenZustande der türkischen Regierung und Verwaltung könnten dirMächte sich das Dasein einer solchen Körperschaft zunutze machen-