gesetzes, ein Verbot des— ich wiederhole es— gar nicht be-absichtigten Volksfestes.Dieses Volksfestverbot hat nun-allerdings viele Arbeiter auchvom Spaziergange zurück gehalten, denn es war vielfach so auf-gefaßt worden, als sei auch dieser verboten.Um allen Anstoß zu vermeiden, gingen nun die Genossennur in Gruppen von etwa 5 bis 10 Mann dem Endpunkte desSpazierganges zu. Um 12 Uhr waren 4—500 Personen—etwa ebenso viele haben sich noch nachträglich eingefunden—auf den„Churfürsten" angelangt, mit denselben auch der obenerwähnte Landrath, der Amtsvorsteher Eggers, 4 berittene und5 Fußgensdarmen.Ein vom Genossen Braunschweig aus Waldenburg gemaltesTransparent, den Kopf der„Neuen Welt" und außerdem inpassender Gruppirung die Worte„Sozialdemokratte, Vorwärts,Freiheit, Friede, Brot, F. Lassalle, Tod der Roth und Lohn-sklaverei. Hoch die freie Arbeit! Das Schöne und Edle!"—enthaltend,— war am Gasthause angebracht. Der erste Befehlder Beamten galt diesem Transparent, welches denn auch vonuns sofort entfernt wurde. Sonstige Embleme waren nichtvorhanden, auch keine Fahne. Jetzt wurde dem Wirth das Ver-abreichen von Speisen und Getränken verboten und der Unter-zeichnete und Genosse Braunschweig von oben genanntem Amts-Vorsteher zur Rede gestellt. Beide bedeuteten dem Herrn, daßhier von einem Volksfeste keine Rede sein könne und sein Ver-bot also nicht zutreffe, auch gaben sie ihm die Versicherung, daßebenso wenig eine politische wie sonstige Ansprachen gehaltenwerden würden; daraufhin wurde dem Wirth erlaubt, seine Wirth-schaft wieder zu öffnen, etwa 10 Minuten später mußte er je-doch, ohne das irgend etwas vorgefallen war, dieselbe wiederschließen und jetzt forderten die Gensdarmen zum Verlassen desPlatzes auf. Als nach der dritten Aufforderung sich noch Nie-mano entfernte(die Anwesenden waren nämlich der Meinung,daß nur der Wirth ein Recht habe, sie von diesem Platze zuverweisen), luden die Gensdarmen ihre Gewehre und bedeutetenden Anwesenden, das sie jetzt Gewalt gebrauchen würden.Zu bemerken ist noch, daß während dieses Vorganges, wieauch vorher, die größtmöglichste Ruhe geherrscht hatte.Um nun ein Unglück, welches unabsehbare Folgen hätte habenkönnen, zu verhüten, forderte Kühn ausLangenbielau zum Verlassendes Platzes auf und begaben sich die meisten Anwesenden nachSchmiedegrund, begleitet von einigen Gensdarmen. Auch demdortigen Wirthe wurde der Verkauf von Speisen und Getränkenverboten, derselbe ist diesem Verbote jedoch nicht nachgekommen,ebenso haben sich die anwesenden Gäste nicht an das Geboteines Gensdarmen, auch dieses Gasthaus zu verlassen, gekehrt.Die über Waltersdorf zurückkehrenden Waldenburger Ge-Nossen sind dort ebenfalls von Gensdarmen streng bewacht wor-den und in Hausdorf, wo Tanzmusik war, ist den Musikantengesagt worden, sie dürften, wenn die Sozialdemokraten kommenwürden, nicht weiter spielen. Auf dem Platze bei den„Chur-fürsten" hat in den späteren Nachmittagsstunden des 26. Augustnoch ein Kinderfest mit Musik von der Alt-Fricdersdorfer Ge-meinde stattgefunden, an dem sich auch Erwachsene betheiligten,das waren aber auck keine Sozialdemokraten.Nachträglich erfuhr ich noch, das in dem Walde hinter den„Churfürsten" während des ganzen eben geschilderten Vorgangseine große Anzahl Förster gelagert haben soll, zu welchemZweck, wird nach obiger Darstellung Jedem einleuchten.Ferner ist zu bemerken, daß ein Fabrikant, der früher Reichs-tagsmitglied war, dem Wirth zu den„sieben Churfürsten" 300Mark versprochen haben soll, wenn er den Ausflug unmöglichmache. Den Namen des„Edlen", der beiläufig gesagt in letzterZeit seinen Arbeitern colossale Lohnabzüge gemacht hat, nenneich nur deshalb nicht, weil ich wegen der 300-Markaffaire, obschondieselbe jedenfalls wahr ist, keine absolute Gewißheit erlangenkonnte.Hiermit habe ich einen vollständig sachgemäßen Bericht ge-geben, derselbe mußte so ausführlich sein, um die, durch mehrereBourgeoisblätter colportirte Lüge, die Sozialisten hätten einVolksfest feiern wollen, während es doch blos ein Concert seinsollte, auf ihren wahren Werth zurück zu führen und damit sichjeder unbefangene Leser ein Bild machen kann, wieviel Ruheund Ordnungsliebe seitens der so verrufenen Sozialisten dazugehört hat, um ein gräßliches Unglück zu vermeiden. Einenweiteren Commentar kann sich jeder selbst machen.A. K.durch Thränen zu antworten— ein Artikel, in dem er eben soflott„macht" wie Jules Favre oder irgend ein anderes Krokodil.In Bordeaux war sein erster Schritt zur Rettung Frankreichsvom hereinbrechenden Finanzruin der, sich selbst mit drei Mil-lionen jährlich auszustatten; es war dies das erste und letzteWort jener„ökonomischen Republik", worauf er seinen PariserWählern 1869 Aussicht gemacht hatte.Einer seiner früheren Collegen aus der Kammer von 1830,selbst ein Kapitalist,— was ihn nicht verhinderte, ein auf-opferndes Mitglied der Pariser Commune zu sein— HerrBeslay, sagte neulich in einem Maueranschlage zu Thiers:„Die Knechtung der Arbeit durch das Kapital ist jederzeit derEckstein Ihrer Politik gewesen, und seit Sie die Republik derArbeiter im Pariser Stadthaus eingesetzt sahen, haben. Sie ohneAufhören Frankreich zugerufen:„Seht diese Verbrecher!"—Ein Meister kleiner Staatsschufterei, ein Virtuose des Meineidsund Verraths, ausgelernt in allen den niedrigen Kriegslisten,heimtückischen Kniffen und gemeinen Treulosigkeiten des parla-mentarischen Parteikampfes; stets bereit, wenn vom Amte ver-drängt, eine Revolution anzufachen und sie im Blut ersticken,sobald er am Staatsruder; mit Klassenvorurtheilen an der Stellevon Ideen; mit Eitelkeit an der Stelle eines Herzens; seinPrivatleben so infam, wie sein öffentliches Leben niederträchtig—kann er nicht umhin, selbst jetzt, wo er die Rolle eines franzö-fischen Sulla spielt, die Scheußlichkeit seiner Thaten zu erhöhendurch die Lächerlichkeit seiner Großthuerei.— Zur Verfälschung der Nahrungsmittel. Die FirmaErmisch u. Hellwig in Berlin SO., Dresdener Str. 124, versendetan ihre Kunden Prospekte, in denen sie ihre bei der Weinfabrikationdienenden Präparate empfiehlt. Diese bestehen unter anderen aus„Weintannin, um dem Wein Körper zu geben, junge Weine schnellerflaschenreis zu machen und dünnen Wemen, sowie kranken und umge-schlagenen Weinen im Verein mit Glycerin aufzuhelfen", serner ausGlycerin, dessen Verwendung in der Wcmproduktion von obengenannierFirma„als einer der bedeutendsten Fortschritte der Neuzeit? bezeichnetwird. In der dem Prospekt beigegebenen„Preististe für Weinhänd erund Weinproduzenten" figuriren außer den genannten Produkten nocheine große Reihe anderer Essenzen, so Burgunder-Bouquet-Essenz,Forster-Trammer-Essenz, Moselblümchen-Essenz, Sherry-Essenz, Ungar-wein-Essenz, Tokayer-Essenz, Rothweinfarbe und vieles Andere ähnlicherArt, über dessen Gebrauch die Interessenten auf Wunsch in Form vonRezepten unterrichtet werden, in welchen die Mengen des zuzusetzendenTannins, Glycerins, Sprit, Weinsteinsäure, Farbe, Essenz sc. zur Her-Co?rsspo«deNzen.LangenKiekau, 7. September. Vorgestern stand vor demKreisgericht in Reichenbach gegen den Parteigenossen Liebknechtaus Leipzig wegen„Beihilfe zur Verbreitung" eines währendder letzten Reichstagswahl im hiesigen Kreise verbreiteten Flug-blattes, dessen Inhalt gegen den§ 131 des Reichs-Strafgesetz-buches verstoßen haben soll, Termin an. Die Verhandlungwar öffentlich und hatte sich eine große Zahl von Genossen ausder ganzen Umgegend eingefunden. Der Zutritt war insofernbeschränkt, als nur 40 Eintrittskarten ausgegeben wurden, während es bei sonstigen Gelegenheiten immer 60 waren. DerGerichtshof bestand aus dem königl. Gerichtsdirektor v. Bergerund den Kreisrichtern v. Büna» und v. Trepretz. Der in-criminirte Artikel trug die Ueberschrift„Was wir wollen" undwar der schon im Jahre 1874 und auch voriges Jahr in vielenTausend Exemplaren verbreiteten Agitattons-Nummer des„Volks-staat" entnommen.Liebknecht war erschienen und vertheidigte sich selbst. DerStaatsanwalt Pollmann aus Schweidnitz konnte es nicht unter-lassen, obschon durch ein früheres Urtheil desselben Gerichtshofesconstattrt war, daß der Artikel nur gegen§ 131 und nicht auch,wie die damalige Anklage behauptete, gegen den§ 130 desReichs-Strafgesetzbuches verstoße, wiederholt auf den nach seinerMeinung sehr aufreizenden Inhalt einzugehen und machte damitwenn auch nur indirekt der sozialistischen Partei den Vorwurfder Anreizung zu Gewaltthätigkeiten. Liebknecht antwortete sehrtreffend, indem er darauf hinwies, daß es gerade dort, wo dieSozialdemokratie noch keinen Einfluß auf die Arbeiter habe, wiein Ostpreußen und Oberschlesien, zu Gewaltthätigkeiten gekommenwährend überall dort, wo der Sozialismus festen Fuß gefaßt,nichts dergleichen geschehe; er wies sogar nach, daß es geradebei den letzten in Berlin vorgekommenen Unruhen dem Ein-schreiten der sozialistischen Arbeiter zu verdanken sei, daß esnicht zum Blutvergießen gekommen. Ferner betonte Liebknechtnoch, daß die sozialistische Partei gar nicht daran denke, Putschezu machen, vielmehr den Weg der sachlich überzeugenden Agi-tation, den sie bisher verfolgt!, auch weiter innehalten werde,weil uns nur auf diese Weise die Sympathie des Arbeiterstandeserhalten und weiter gewonnen werden könnte.Obschon Liebknecht für den Inhalt des incriminirten Artikelsnicht juristisch verantwortlich zu machen war, übernahm er dochdie moralische Verantwortung und ging besonders auf dieStellen ein, wo von der mangelhaften und verkehrten Erziehungs-Methode der Jugend und von der durch die Schwurgerichte re-präsentirten Klassenjustiz die Rede war, und wies nach, daß diedem heute herrschenden System gemachten Vorwürfe wahr undberechtigt seien.Der Staatsanwalt beantragte eine sechswöchentlichc Gefäng-nißstrafe, der Gerichtshof erkannte jedoch blos auf eine Geld-strafe von 30 Mark, eventuell 3 Tage Gefängniß und Tragungder Kosten. Damit dürfte nun wohl, wenn nicht etwa wegen zuniedriger Strafe vom Staatsanwalt appellirt wird, dieser Flug-blattprozeß, in den wie bereits früher gemeldet im Ganzen 39Genossen verwickelt waren, endlich sein Ende erreicht haben, denngegen die 38 außer Liebknecht Angeklagten wurde bereits am18. August auf Appellation der Staatsanwaltschaft in zweiterInstanz verhandelt und das erste Urtheil, wonach Kühn zu200, Bandt, der inzwischen gestorben, zu 96, Spielmann zu43 und Ramm in Leipzig zu 30 Mark oder eventuell je 25,12, 6 und 3 Tagen Gefängniß und zur Tragung der Kostenverurtheilt waren, lediglich bestätigt.Langenöieta«, 6. Sept. In dem benachbarten Schweidnitz,wo in letzter Zeit durch drei von uns einberufene Volksver-sammlungen die Arbeiterbewegung in Fluß gebracht wurde,bringen unsere Gegner all ihr„geistiges" und sonstiges Rüstzeugin Bewegung, um die dort aufstrebende Arbeiterpartei zu be-kämpfen. Es hat sich ein antisozialer Verein gebildet, dem bei-zutreten alle Gegner des Sozialismus ohne Unterschied dersonsttgen Parteifarbe aufgefordert werden.(Illustration zur einen„reaktionären Masse".) Dem Militär ist der Besuch des„weißenLamm", wo besagte Versammlungen stattgefunden, verbotenworden. Weiter hat man einen Kleinhändler, der sich unsererPartei angeschlossen und vessen stärkste Seite die Gesinnungs-tüchtigkeit nicht war, durch die bei solchen Gelegenheiten üblichenMittel veranlaßt, unsere Bestrebungen öffentlich abzuschwören.Auch das so oft angewandte, des Dottor Eisenbart würdigestellung einer bestimmten Weinsorte genau angegeben werden. Im La-boratorium des Gesundheitsamtes ist aus der Lsste der oben verzeich-nelen Präparate die Rothweinfarbe ausgewählt und einer Untersuchungunterworfen worden, wobei sich ein Gehalt derselben an arsenfreicmFuchsin herausgestellt hat. Da nach ten Unteriuchungen von Ritterund Feltz der dauernde Genuß selbst von reinem Fuchsin Diarrhoe,Eiweißharnen und Abmagerung zur Folge hat, sieht sich das kaiserlicheGesundheilsamt veranlaßt, dieses Resultat zur allgemeinenKenntniß zu bringen. Ob auch der Staatsanwalt zu Berlin zurAllgemeinheit gehört und Kenntniß von derartiger Giftmischerei nimmt?— Mein König trank daraus! Wie weit die Speichelleckereigetrieben werden kann, beweist folgende Leistung des Correspondentender„Kölnischen Zeitung", betreffend die Kaisertage in Düsseldorf, Nr.249 1. Bl.:„Gegen 8 Uhr erhob sich der Kaiser und die Kaiserin, und der Hofverließ mit Gefolge unter Hochrufen der Versammelten den Saal. Baldströmte eine neugierige Menge bevorzugter Herren und Damenhinein. Alle wollten die Einrichtung des Saales sehen und die kaiscr-liche Tafel. Die über der Mitte derselben in schönen Linien und Fi-guren sich schlingenden Blumcnverzierungen waren bald dahin; auchwurde zum Andenken von Manchem an des Kaisers oder derKaiserin Gläser genippt und gekostet, was die hohen Gäste derProvinz getrunken."Ob der Correspondent und die bevorzugten Damen und Hrnrn, sofragt unser Dortmunder Parteiorgan, auch die kaiserlichen Tellerabgeleckt haben, darüber schweigt er bescheiden.— Dr. Strausberg, der große, gute, ist am 12. ds. Mts.Abends nach seinem Abstecher nack, Moskau wieder in des deutschenReiches Hauptstadt eingetroffen. Der Empfang am Küllriner Bahnhoswar ein sehr glänzender; alle Finanzgrößen, dann sämmtliche liberaleRedakteure, Schriftsteller und Reporter, welche dem ür. Slrousbergso Vieles zu verdanken hatten, waren anwesend. Weißgekleidete Jung-fraucn wechselten mit Blumen und Guirlanden und Musik ab; dieMusik intonirte: Heil, dreimal Heil dem goldenen Kalbe.— Selbstmord aus Arbeitslosigkeit. Unser Dresdener Partei-organ schreibt: Bergangenen Sonntag erhenkte sich ein junger Arbeiter,i der erst vor einigen Wochen aus der Strafanstalt Zwickau entlassenworden war, in der Wohnung seiner Eltern aus der Palmstraße. Seitder Entlassung aus der Strafanstalt hatte der Unglückliche keine Arbeitgebunden.„Oder finden wollen"— hat da« Amtsblatt die Unverschämt-heit oder Dummheit, hinzuzufügen. Unverschämtheit— weil es e nemArbeiter ohne irgend welchen ersichtlichen Grund unterschiebt, nicht ge-arbeitet haben zu wollen; Dummheit— weil es sagt-, der Arbeiter habesich wegen Arbeitslosigkeit entleibt, die er selbst gewünscht. Was vonbeiden schlimmer ist?' Rezept der Maßregelung hat man einer Anzahl Genossen ver-ordnet, um dieselben dadurch von ihrer Unzufriedenheit mit den! heutigen Zuständen zu kuriren,— was, wenn es für die Be-troffenen, die in Schweidnitz keine Arbeit mehr bekommen, nichtso traurig wäre, unser Lachen erregen könnte. Einem der Ge-maßregelten hat sein Prinzipal ausdrücklich erklärt, daß er ihnnur auf dringenden Wunsch der Polizei entlasse; sie, die Polizeinämlich, wolle endlich einmal Ruhe haben. Vor wem denn?Drängen etwa die antisozialen Bourgeois so sehr?— Sollten.wovon uns bis jetzt nichts bekannt, auch verheirathete Genossendie Opfer blinder Parteiwuth werden, so müssen wir dieselbenunterstützen und werden wir, wenn nöthig, davon sofou Meldung machen.Doch das Beste zuletzt. Da hat ein Geschöpf, Wel tes aufden Namen Philipp Freitag hört, in Trewendt's Kalender von1878 ein Geschreibsel verübt, mit der Ueberschrift:„Was wol-len die Sozialdemokraten? Ein Mahnruf an Vernunft undund gute Sitte", und flugs kamen die Schweidnitzer Liberalen,die sich etwas Schlechteres zu schreiben wohl nicht zutrauten,überein und ließen von diesem Erguß einer schönen Seele diverseTausend Abzüge machen und im Schweidnitzer wie auch inanderen Kreisen verbreiten.— Auf Grund all dieser ange-wandten Mittel lügt nun das„Schweidnitzer Stadtblatt" einFiasko zusammen, welches die Sozialdemokraten in Schweidnitzerlitten haben sollen, und die meisten anderen Blätter unsererGegend lügen es ihm nach. Das sind die so hochtönend ange-kündigten Geistcswaffen, mit denen man den Sozialismus be-kämpfen will.Erfurt, 8. September. Endlich soll ein lange und ttefge-fühltes Bedürfniß seiner Abhilfe entgegengehen und ein sehn-ticher Wunsch der Erfurter Genossen erfüllt werden. Dieses istdie Schaffung eines Lokalblattes, welches unsere communalenInteressen vertritt und sich dadurch mehr Eingang in das Volkverschafft, und anderntheils auch um dem fortwährenden Schimpfenund den Verleumdungen der gegnerischen Presse wirksam ent-gegentreten zu können. Diese Zeitung soll am 1. Oktober in'sLeben treten. Um nun für dieses Unternehmen Propaganda zumachen, hatten wir zu Montag den 3. d. M. eine Volksver-sammlung im„Deutschen Kaiser" einberufen mit der Tages-ordnung:„Unsere Presse und die Gründung eines Lokalblattes."Referent war Genosse Nauert aus Leipzig. Die Versammlungwar gut besucht. Näher auf den ausgezeichneten— oft vonrauschendem Beifall der Versammlung unterbrochenen— Vortragdes Referenten hinzugehen, will ich unterlassen; nur soviel seierwähnt, daß er die Corruption der gegnerischen Presse vorAller Augen bloslegte. Zum Schluß gedachte Redner auch der„Thüringer Zeitung" und bewies dem Redakteur des Blattes,daß er die öffentliche Meinung in Bezug auf die Sozialistenfälsche. Nun war es doch Pflicht des anwesenden Redakteurs—Wäldern ist sein Name—, diesen Vorwurf zurückzuweisen,derselbe blieb aber stumm.— Hieraus unterzog Genosse Wie-singer die hiesigen Preßzustände einer scharfen Kritik, HerrWaldern hatte wieder kein Wort der Entgegnung. Von vielenAnwesenden wurde geglaubt, Herr Wäldern besitze kein redne-risches Talent, weil er sich nicht vertheidigte; dem ist aber nichtso. Schreiber Dieses hatte schon Gelegenheit, einen Vortragdes Herrn Waldern im nun selig entschlafenen liberalen Bürgerverein anzuhören, und zwar über das Contraktbruchges.tz.—Nachdem noch einige Redner den Herrn Redafteur angegr ffenund der Vorsitzende, Genosse Arnold, ihn persönlich ausge-fordert, sich zu vertheidigen, ergriff er endlich das Wort undsprach wörtlich Folgendes:.„Ich habe diesem Herrn(Nauert)und jenen Herren nichts zu entgegnen; ich bin nur hergekom-men, mich zu amüsiren, und habe meinen Zweck vollständig er-reicht!" Nun folgten noch einige abgebrochene Sätze, in welchenSchreiber Dieses trotz vieler Mühe keinen Sinn finden konnte.Mit tiefer Entrüstung wiesen mehrere Redner die von dem Re-dakteur gemachten Aeußerungen zurück. Also um sich zu amü-siren, geht Herr W. in die Volksversammlungen? Zieht keinanderes Vergnügen mehr? Ist die Blasirtheit unter den Libe-ralen wirklich so weit vorgeschritten, daß man Volksversamm-lungen benutzt, um sich zu zerstreuen? Versammlungen, wo derMann der Arbeit nach vollbrachtem Tagewerk hingeht, um sichzu belehren, wo über Mittel und Wege bcrathen wird, wie dergedrückten Lage des Arbeiterstandes aufzuhelfen— darüber amü-siren sich die Herren Liberalen; wahrhaftig, ein kostbares Ge-ständniß! Wahrlich, treffender als mit diesen wenigen Wortenkonnte der Redner den geistigen Bankerott des Liberalismusnicht kennzeichnen! Genosse Nauert übernahm es, dem HerrnRedakteur den Standpunkt gründlich klar zu machen. Aber jetztverlangte Herr W. wieder das Wort; m banger Erwartunglauschte die Versammlung der Dinge, die da kommen sollten,denn Jeder war überzeugt, daß Herr W. die„geistigen Waffen"jetzt gebrauchen und dem Sozialismus den Todesstoß versetzenwürde. Und es waren auch„geistige Waffen", aber die altenverrosteten, mit denen Herr W. schon lange kämpft. Derselbegreift nämlich öfters anstatt der Sache die Person an, so auchhier. Er sagte fast wörtlich:„Zur Entgegnung habe er keineZeit, da müßte er wenigstens sechs Swnden sprechen; überhauptkönne der Referent nicht richtig grammatikalisch deutsch sprechen,er(Nauert) habe einmal statt Sie„Ihn" gesagt; er müsse auchjetzt fort, da es schon spät sei und er dm andern Morgen um7 Uhr an der Arbeit sein müsse!" Sprach's und verließ unterschallendem Gelächter die Versammlung, wahrscheinlich in derUeberzeugung, die Sozialdemokratie in Erfurt für lange Zeitunschädlich gemacht zu haben. Nachdem noch mehrere Rednerunser Unternehmen den Anwesenden an das Herz gelegt hatten,wurde die Versammlung geschlossen.Und nun, Genossen, liegt es an Euch, daß unser Unterneh-men lebensfähig wird. Agittrt in jeder Weise für dasselbe, sorgtdafür, daß unser Blatt in jedem Hause, in jeder Hütte gelesenwird, der Erfolg wird nicht ausbleiben. Zeigt unseren Gegnern,daß die geistige Kost, welche sie dem Volke bieten, nichts taugt,daß das Volk, das arbeitende Volk etwas Besseres verlangt,und dieses soll unser Organ sein, Sorgt also dafür, daß dieserunser mächtigster Bundesgenosse überall Eingang findet, und dieArbeiter werden bald einsehen, daß die ArbeiterfreundUchkeirunserer Gegner, sowohl auf politischem als sozialem Gebiet, nureine leere Phrase ist, und daß diese Phrase bald in ihr Nichtszusammenbrechen wird vor den energischen Forderungen des umfeine Menschenrechte kämpfenden Proletariats!Leipzig, 14. September. Die gestern Abend stattgefundeneParteiversammlung hat den Beschluß gefaßt, zu der am 19. d.im zweiten städtischen Wahlkreise stattfindenden Landtagswahl denGenossen Bebel aufzustellen; es werden daher die Partei- undGesinnungsgenossen im genannten Bezirk aufgefordert, mit allenKräften dazu beizutragen, daß unser Candidat als Sieger ausder Wahlurne hervorgeht. Die Lokalpresse wird über Ver-theilung der Sttmmzettel, Wahlaufrufe:c. Näheres berichten.Hannover. Am 26., 27. und 28. August hatten wir dieFreude, unfern Genossen Praast aus Hamburg in unserer Mittezu haben, und hielten wir dieserhalb am 26. eine Volksver-