stets willkommen gewesen, sind sie doch die geeignetsten Mittel, die revolutionären Elemente für die Sache des Volkes nutzlos zu dezimiren und den Anlaß für weitere Bedrückungen des Volks abzugeben. Es ist daher nur erklärlich, wenn die Reaktion, um sich zu stärken, ab und zu Putsche und Krawalle entrirt. Auf einem solchen infamen Unternehmen ist die russische Polizei erst kürzlich ertappt worden und zwar, was das Heitere an der Sache ist— durch die Polizei selber. Man berichtet hierüber der „Sozialdemokratischen Correspondenz" aus Warschau unterm L. September Folgendes:„Ich habe Ihnen heute ein aller- liebstes Polizeistückchen zu melden. Bor etwa sechs Monaten wurde des Nachts auf dem hiesigen Bahnhofe der Nikolajeff- Bahn ein Mann verhaftet, welcher damit beschäftigt war, in die Koffer und Taschen der Reisenden Exemplare einer gedruckten Proklamation„An das russische Volk" zu stecken. In dieser Proklamation hieß es, das russische Volk solle, statt sich für die Serben und Bulgaren zu schlagen, zuerst seine eigene Freiheit erringen: bereits seien in Moskau , Petersburg u. a. Städten revolutionäre Comites thätig, des andern Morgens um 10 Uhr habe sich jeder freiheitsliebende Mvnn auf dem Theaterplatz ein- zustellen, um die Revolution auszuführen. Es gälte energisch zu sein. Alle höheren Beamten der Polizei, Gensdarmerie, Ge- richte, Armee:c. müßten getödtet werden u. s. w. Die Prokla- mation schloß mit den Worten:„Es lebe die Freiheit und die Macht des revolutionären Volkes!" Von dem Geheimagenten der Gensdarmerie, der ihn verhaftete, nach dem Gensdarmerie- depot gebracht, weigerte er sich dort einige Tage lang, Namen und Stand anzugeben. Schließlich bequemte er sich indessen doch dazu, da ihn die Gensdarmerie mit der in einem solchen Falle nach den Grundsätzen des russischen Criminalrechts zur Anwendung gelangenden Prügelstrafe bedrohte. Er erklärte, er sei der Polizeioffizier Tschumakowsky und habe im höheren Auf- trage seiner Vorgesetzten gehandelt."— Um das Gaunerstückchen nicht halb vollbracht zu haben, wurde der angebliche Verschwörer Tschumakowsky eingesperrt und 12 wirklichen politischen Gefan- genen hinzugesellt. Hier erzählte derselbe den Mitgefangenen, er sei aus Kiew und wegen Herleihens revolutionärer Bücher verhaftet worden—(ein Verbrechen, welches in dem„erbfreund- lichen" Rußland mit 10 Jahren bestraft wird). Dieser Versuch, sich in das Vertrauen der Jnhaftirten einzuschleichen, blieb jedoch, da ihn die Letzteren bald durchschauten, erfolglos, ob- wohl Tschumakowsky sich aus den ihm zugänglich gewesenen Akten Personalkenntnisse zu verschaffen gewußt hatte, die Manchen hätten täuschen können. Nach sechsmonatlichem Aufenthalt in diesem Gefängniß wurde Tschumakowsky„freigelassen" und als ungeschickter Tölpel nach dem im Norden gelegenen Wjatko ge- geschickt, wo er jetzt lebt, aber nicht als Gefangener, sondern als Beamter. — Die Nachricht von einer großen am 21. d. bei Biela ?eschlagenen Schlacht, die zum Vortheil der Türken ausgefallen, at sich als übertrieben erwiesen, obgleich sie nicht bloß den angesehensten englischen Zeitungen, sondern auch dem öfter- reichischen Ministerium in anscheinend authentischer Form zu- gegangen war. Nach den letzten Telegrammen war die Situation auf dem Kriegsschauplatz„unverändert". —„Die Zukunft. Sozialistische Revue." Das erste Heft liegt uns jetzt vor. Der Zweck der Revue— die Wissenschaft- liche Begründung der sozialistischen Weltanschauung auf allen Gebieten und nach allen Richtungen hin— zeichnet der Redaktion ihre Aufgabe streng vor. Ohne hier ein eingehendes Urtheil abzugeben, können wir mit gutem Gewissen unsere Meinung dahin aussprechen, daß die Redaktion sich der Natur und der Schwierigkeiten ihrer Aufgabe vollkommen bewußt und dieselbe zu lösen entschlossen ist. Der 1. Artikel:„Sozialismus und Wissenschast", enthält das Programm der Redaktion; von den übrigen Aufsätzen verdient namentlich der von Jules Guesde „Aber den 16. Mai und die französischen Sozialisten" Beach- tung, wenn wir auch den Ausführungen unseres Pariser Freundes nicht durchaus beistimmen können. Die äußere Ausstattung ist gut, und bei dem billigem Preise dürfen wir auf zahlreiches Abonnement hoffen. Jnhaltsverzeichniß des ersten Heftes der„Zukunft": Der Sozialismus und die Wissenschaft, von— g.— Ein dänischer Vorschlag zur Arbeiterfrage, von— r—.— Der 16. Mai und die französischen Sozialisten, von Jules Guesde. — Zur Ge- werbe-Hygiöne, von Dr. med.—1—.— Recensionen.— Notizen. —„Die Neue Gesellschaft". Auch von dieser wissen- schaftlichen Zeitschrift ist das erste Heft bereits erschienen. Es macht einen durchaus günstigen Eindruck. Die Ausstattung— die innere und äußere— läßt nichts zu wünschen übrig. Unter den Aufsätzen ist ein Essay Schäffle's hervorzuheben„über die natürliche Zuchtwahl in der menschlichen Gesellschaft". Wir rufen der„Neuen Gesellschaft", wie der„Zukunft" ein herzliches Glück auf! zu., nan. Jnhaltsverzeichniß des kies„V,„Neuen Gesellschaft: Vorwort des Herausgeber»..t,t-- Strömung der Gesellschaft wider den Sozialismus, von Dr. A. Dulk.— Ueber die natürliche Zuchtwahl in der menschlichen Gesellschaft, von Dr. A. Schäffle.— Wissenschaftliche Ketzerverfolgungen der Neu- zeit mit Rücksicht auf die Zukunft der deutschen Universitäten, von Dr. Ludwig Büchner.— Zur Geschichte der Arbeiterbewe- gung in Oesterreich , von Joh. Most.— Die Halbheit des juri- stischen Studiums, von Dr. M. L.— Die medizinische Wissenschaft und die Sozialreform, von vr. Aug. Theod. Stamm. — Aus Paris geht uns die erfreuliche Nachricht zu, daß es dort endlich gelungen, ein sozialistisches Blatt zu begrün- de», und damit der französischen Sozialdemokratie eine Fahne zu geben, unter der sie sich wieder schaaren und organisiren kann. Das Blatt wird unter dem Titel„Egalitä" zunächst wöchentlich erscheinen und von dem bewährten Jules Guesde redigirt werden. Deutsche Parteigenossen, die in der Lage sind, das Unternehmen durch Abonnements und durch Antheilschcine zu fördern, mögen sich an I. Guesde wenden; die Adresse desselben ist: Rue Grenze, 33, Paris . — Uns geht folgende Mittheilung zu: Hamburg , den 21. September. Nach dem bekannten Grundsatz aller Verleumder und Ehr- abschneider:„Verleumde nur kühn es bleibt doch etwas hängen," versuchen es auch jetzt wieder gewisse sogenaunte liberale und andere Schmutzblätter, die Ehre der sozialistischen Partei zu be- schmutzen. Anlaß hierzu gibt ihnen die zu Anfang August in Altona erfolgte Abrechnung des sozialistischen Wahlcomitö's für den 8. und 9. fchleswig- holsteinischen und 1. oldenburgischen Wahlkreis. Die Abrechnung, welche sich aus etwas über 31,000 Mark beläuft, ist längst von den zuständigen Revisoren geprüft, 1 für richtig befunden und, nachdem in zwei öffentlichen Bersamm- lungen sämmtlichen Jnteressirten die Verhältnisse klar gelegt waren, dem Wahlcomitä Decharge ertheilt worden. Dem Umstand nun, daß seitens eines der Herren Revisoren, eines gewissen Radenhausen, der sich von jeher durch große Worte bei Kleinigkeiten ausgezeichnet hat, einzelne Posten mo- nirt wurden, entnahm die ehrenwerthe(?) gegnerische Presse die Behauptung, daß über die Gesammtsumme von 30,000 Mark keine Abrechnung geliefert und daß seitens der„Führer" als Radenhausen Abrechnung verlangte, letzterer einfach hinausgewiesen worden sei. Für denjenigen nun, der weiß, was der liberale Anstand alles über die Sozialdemokratie zu schreiben erlaubt, konnte auch die freche Verdrehung des Thatbestandes keine Ueberraschung bringen und wollten wir deshalb unser Centralorgan nicht weiter damit behelligen, nachdem wir aber auch aus den Reihen unserer Partei- genossen mehrfach um Aufklärung angegangen worden sind, sehen wir uns genöthigt, den Sachverhalt wiederzugeben. Schon oben haben wir darauf hingewiesen, daß von einem „Fehler" der Abrechnung nicht die Rede sein kann, sondern daß nur einzelne Posten dieser Abrechnung zu Aussetzungen Anlaß gaben; diese beanstandeten Posten nun vertheilen sich folgender- maßen: 1) Zunächst sind es Ausgaben für am Wahltag und zur Agitation gebrauchte Droschken, für welche Ausgaben kein Beleg vorhanden, da Droschkenkutscher eben keine Quittungen ausstellen; 2) dann sind siebzehn Personen(Parteigenossen) per Schlitten von Kiel nach Eutin (erster oldenburgischer Wahlkreis) ge- fahren, wofür ebenfalls der Beleg fehlte, indeß ward von den an der Fahrt betheiligten Personen die Ausgabe be- stätigt; 3) wurde in der Rechnung für ein benutztes Pferd die Aus- gäbe für ein neues Hufeisen aufgeführt, was als nutzlose Ausgabe monirt wurde, da es Sache des Besitzers sei, für die Eisen seines Pferdes zu sorgen; 4) hatten 3 Agitatoren weniger an Diäten gerechnet als der allgemein übliche Satz; und 5) waren für 3 Mark gebrauchte Briefmarken die Briefe nicht eingetragen. Dazu kommen nun noch einige Ausgaben, welche das Wahl- comitä kraft seiner Vollmacht machte, ohne daß sie gerade als zur Wahlagitation gehörig bezeichnet werden konnten; hierher gehört die Unterstützung der Familie eines Agitators und dann ein Darlehen an einen anderen Agitator, um sich einen neuen Rock zu kaufen, da ihm eine Anzahl liberaler Kulturlümmel neben einer tüchtigen Portion Schläge auch noch seinen Rock vom Leibe gerissen hatten. Dies und noch einige nebensächliche Punkte sind die Monita's und auf diese im Verhältniß zu der Gesammtausgabe und den großartigen Wahlkampf, der in Altona geführt wurde, gewiß lächerlich unbedeutenden Vorkommnisse hin baut eine liberale Schmutzpresse die Behauptung auf, daß in Altona keine Wahl- abrechnung geliefert worden sei. Die hiesige„Reform" trifft das Verdienst, die erste Ver- leumdungsnotiz in die Welt geschleudert zu haben und ihr folgte dann der ganze Troß jener Kretinspressc, deren einzige Waffe im Kampfe gegen die Sozialdemokratie die Verleumdung ist. Was Herrn Radenhausen betrifft, der durch seine ebenso un- wahren wie verleumderischen Aeußerungen der gegnerischen Presse das Material zu ihren Lügen lieferte, so ist derselbe, nachdem er in drei Versammlungen aufgefordert worden war, seine Ver- leumdungen einzustellen und er selbst mehrmals zugestanden, daß die Abrechnung in Ordnung sei, trotzdem aber nicht aufhörte privatim und öffentlich wo er konnte seine Lügen auszustreuen, aus dem in Altona bestehenden Arbeiterverein mit an Ein- stimmigkeit grenzender Majorität ausgeschlossen worden. Dies der wahrheitsgetreue Sachverhalt. Von den liberalen Blättern, welche die Verleumdung verbreiteten, zu verlangen, daß sie jetzt der Wahrheit die Ehre geben sollen, hieße von dieser Sorte Vertreter der öffentlichen Meinung zu viel verlangt. Lügen ist dieser Mcnschensorte Handwerk und die Verleum- dung die einzige Waffe, mit der sie den politischen Gegner zu bekämpfen vermögen. An unsere Parteigenossen aber möchten wir eine Bitte richten: wenn sie wieder einmal einer solchen oder ähnlichen Verleum- dungsnotiz begegnen, dann mögen sie sich darüber nicht cchauf- firen, sondern sich ruhig sagen: das steht in einer liberalen Zeitung und— ergo ist's gelogen. I. A. Unsere gewerkschaftliche Presse. Die Centralisation der Arbeiter ist ein unabweisbares Be- dürfniß, sowohl in politischer, als gewerkschaftlicher Beziehung; darüber brauchen wir wohl nicht viele Worte zu verlieren. Die heutigen Produktionsverhältnisse nehmen durch ihre Einwirkung die Selbstständigkeit sämmtlichen, Arbeitern und in der Unselbstständig- keit liegt für Alle der ökonomische Druck. Die Lage der Arbeiter ist, abgesehen von einzelnen untergeordneten Spezialitäten, für jedes besondere Gewerbe in allen Berufsarten die gleiche. Sie fühlen alle denselben Druck und haben daher auch dasselbe Interesse, dagegen zu arbeiten. Z. B. wie wollte ein Agitator, der für eine Gewerkschaft austreten soll, es anfangen, ohne auch für alle anderen zu wirken? Das Interesse der Arbeiter ist vollständig identisch, es kann sie daher auch nur ein und dasselbe Interesse in die Organisation treiben. Unsere heutige gewerk- schaftliche Organisation kann noch sehr wenig Anspruch auf Centralisation machen, sondern es sind durch dieselbe die Arbeiter in Gruppen getheilt, in welchen die Einen nichts über die Andern erfahren. Weßhalb dieses so ist, das wissen wir. Ebenso, daß diese Gliederung zum Theil noch so bleiben muß. Und doch er- kennen wir's als ein Uebel an. Dagegen nun anzukämpfen, ist neuerdings wieder begonnen worden. Dem Genossen Geib gebührt das Verdienst, die Sache wieder aufgefrischt zu haben. Die allgemeine Anerkennung, welche die Angelegenheit dieses Mal hervorgerufen hat, läßt wohl darauf schließen, daß man Geib nicht mehr mit„Wenn und Aber" zu Hause schicken wird. Die Wenigen, welche sich bisjetzt öffentlich und brieflich an denselben gewandt, welche aber, indem sie auf die Schwierigkeiten hinwiesen, die sich solchem Unternehmen entgegenstellen würden, damit aber noch lange nicht den Vor- schlagenden abführen wollten, sind durchaus nicht ausschlaggebend; die Majorität der Gewerkschaftsmitglieder ist für ein Central- organ. Daß die Presse der einzig richtige Weg ist, auf welchem die einzelnen Gewerkschaftsgrupven näher zu rücken sind, erkenne ich vollständig an. Aber weil die Sache ivichtig ist, soll dieselbe wohl überlegt werden. Wird hierbei nicht Allen Rechnung ge- tragen, so könnte es sich ereignen, daß durch den Versuch eines Centralorgans mehr geschadet, wie gefördert würde. Der Kosten- Punkt ist für mich die Hauptsache._ An das Centralorgan sind nämlich folgende Anforderungen zu stellen. Erstens eine tüchtige, theoretisch und praktisch geschulte Re- daktion; zweitens der nöthige Raum zur Aufnahme von Ein sendungen und drittens ein den jetzigen Gewerkschaftsorganen angepaßter Preis. Aus Gründen, welche ich nicht weiter anzuführen brauche, mußten die Redaktionen der jetzigen Gewerkschaftsblätter und Blättchen Arbeitern übertragen werden, welche während der Zeit, da die besser situirte Menschheit auf den Schulbänken rutschte, sich in der Stylistik übte und die Anordnung und Disponirung des Stoffes erlernte, ein Handwerk erlernen, wo- zu, wenn es wirklich Ernst mit dem Erlernen desselben ist, die Gedanken mehr zusammen gehalten werden müssen, wie Mancher annehmen mag. Wenn man sich berufen fühlt, über die re- daktionellen Fähigkeiten der jetzigen Redakteure der Gewerkschasts- organe abzuurtheilen, muß dieses unter Würdigung der Umstände geschehen, welche dieselben auf ihre Posten beriefen. In ihren Anmaßungen haben dieselben sich wohl nicht über die Repräsen- tation ihres Blättchens erhoben, dürsten aber mehr selbstständige Arbeit liefern, wie ihr Richter annimmt, aber mit dem Ab schreiben war es so schlimm nie. Doch genug hiervon, es soll für ein Centralorgan die nöthige redaktionelle Kraft beschafft werden. Ist uns dieses möglich? Das Blatt muß Raum bieten für einen guten Leitartikel, für Besprechung und Mittheilung der wichtigsten sozialen Er- scheinungen und nothwendigen Kundgebungen der verschiedenen Verwaltungen und für die einlaufenden Correspondenzen der Mitglieder. Besonders auf Letzteres muß man achten, indem bei öfteren Zurückstellungen die Mitglieder ungehaltener würden, wie bei ihrem speziellen Blättchen, weil sie eine Zurücksetzung gegen andere Gewerkschaften wittern würden. Stellt man aber die Correspondenzen der verschiedenen Gewerkschaftsblätter zu- sammen, so wird man finden, daß hierzu viel Raum erforderlich ist. Ein Blatt, welches in doppelt großem Format des heutigen „Pionir", welcher nun einmal als Unterlage genommen, erscheinen würde, wäre noch zu klein. Nun soll aber nach Geib's Ansicht bei 20,000 Abonnenten das Blatt 85 Pfennig pro Quartal kosten. Dieses ist zu viel. Wir Schneider würden an 500 Mk. im Jahr ausgeben müssen. Das ist für mich die gefährlichste Klippe, und„wenn" kein Lootse erscheint der uns um diese fährt, dann, nun dann scheitert eben zu meinem aufrichtigsten Bedauern das Projekt an dem bösen„Wenn". Ich weiß leider heute noch keinen praktischen Vorschlag zu machen, hoffe aber, daß dieses dem Einen oder Andern, welcher mehr Erfahrung in dieser Hin- ficht besitzt, gelingen wird. B. Klerx. Correspondenzen. n. Ilewyork, 8. September. Ueber die Tompkins- Square- Versammlung erlaube ich mir mitzutheilen, daß in allen Berichten über dieselbe auf die Umstände, unter welchen die Versammlung zu Stande gekommen, keine Rücksicht genommen worden ist. Sie fand vier Tage nach dem Erscheinen einer vier Zeilen großen Anzeige statt, durch welche zu ihrer Arrangirung anfgefordert wurde. Weitere Anzeigen, Plakate und sonstige Agitationen unterblieben. Strikten Gewerkoereinlern, welche die Sozialdemo- kratie mit Eifersucht betrachten, war die Versammlung ein Dorn im Auge, und sie blieben deshalb von ihr ferne. Viele Tausende von Personen gingen nicht nach dem Platze, weil sie von Seiten der Polizei eine Wiederholung der Knüppelei vom 13. Januar 1874 erwarteten, und mindestens 5-6000 Personen gingen aus demselben Grunde nur bis in die Nähe des Platzes. Ferner liefen die Leute während der Versammlung zu Hunderten ab und zu, und trotzdem kann ohne Uebertreibung behauptet werden, daß die Versammlung aus mindestens 8000 Personen bestand.— Der eselhafte, von hier aus an die„Frankfurter Zeitung " ge- sandte, und von dieser in ihrer Nummer 225 unter dem Titel „Eine Doppelrevolution" abgedruckte Artikel rührt von dem Re- dakteur der„Newyorker Allgemeinen Zeitung", einem Herrn Immanuel Auerbach her. Derselbe ist der regelmäßige Newyorker Correspondent der„Frankfurter Zeitung ". Wer ihn kennt, wird von ihm keine vernünftige Besprechung der Tompkins Square-Versammlung erwartet haben. Der Mann ist einer der größten Faselhänse, die in den Redaktionen der deutsch -ameri- konischen Zeitungen Lohnschreiber- Dienste verrichten, und als solcher auch von seinen intelligenten Collegen anerkannt worden. Wenn er sich beim Schreiben seiner Leitartikel nicht, wie es meist geschieht, auf die mehr oder minder freie Uebersetzung eines Artikels der„Newyorker Times" oder„Tribüne" beschränkt, fördert er fast immer nur allgemeine leere Phrasen, närrische Ungereimtheiten, finnlose Behauptungen und sprachliche Unge- heuerlichkeiten zu Tage. Sein College Raster, von der„Illinois- Staatszeitung" nennt ihn deslvegen auch immer nur„Auerochs", und die„Newyorker Staatszeitung" sagte einmal in einem an den„Newyorker Demokrat" gerichteten Artikel:„das sollte doch einem Heuochsen begreiflich sein". Nicht besser wird er von den Journalisten beurtheilt, welche mit ihm zusammen gearbeitet haben. Ein Dr. B. legte einst das Gelübde ab, nie wieder die sprachlichen Böcke anderer deutschen Zeitungen aufzustechen, weil Auerbach alltäglich den Lesern des„Newyorker Demokrat", der Zeitung, an welcher Beide arbeiteten, das ärgste Blech, den größten Blödsinn, die lächerlichsten Sprachschnitzer auftische, welche noch je von einer deutschen Zeitung Newyorks dem lescndenPublikum geboten worden seien. Wie als Journalist, so ist er auch als Redner eine höchst lächerliche Figur. So selten er in letzterer Eigenschaft aufgetreten ist, so hat er sich doch immer unsterblich blamirt. In einer Volksversammlung, die zu Gunsten der Be- freiung Eubas von spanischer Herrschaft abgehalten wurde, mußte er, trotzdem er für den Zweck der Versammlung sprach, abtreten, noch ehe er die Hälfte seiner Rede abgelesen hatte; denn die Schlußrufe mehrten sich bald so sehr, daß die Fortsetzung der Rede eine physische Unmöglichkeit war. Nach der Versammlung kam er ganz bleich und verstört auf das Redaktionslokal—, war es doch sein erstes Debüt als Redner gewesen, und hatte man seinen Vorgänger, Dr. Blöde, doch gerade deshalb weggeschickt, weil der„Newyorker Demokrat" einen Chefredakteur haben sollte, welcher, wenn das Interesse des Blattes es erheische, auch als Redner auftreten könnte. Nicht viel besseren Erfolg hatte er als Tafelredner bei einem Bankett der Newyorker deutschen Re- publikaner, bei welcher Gelegenheit er das deutsch -republikanische Central-Comitö mit einem Fuchsschwänze verglich, vermittelst dessen man in den Himmel kommen könne. Seinen Fähigkeiten entspricht sein Charakter. Als der„Newyorker Demokrat" in den letzten Zügen lag, stellten die vier Redaktcure desselben die Arbeit ein und erließen in allen Newyorker deutschen Zeitungen eine von Auerbach redigirte und von ihm zuerst unterzeichnete Erklärung. Am anderen Tage erschien der„Demokrat" nicht; am zweitfolgenden Tage kam er aber wieder heraus, und zwar weil Auerbach sein Wort, unter der bisherigen Verwaltung(eine Stelle nicht wieder einzunehmen, gebrochen und den nöthigen Lesestoff zur Füllung der Spalten herbeigeschafft hatte. Stettin , den 14. September. In der gestern Abend von den'Gewerkoereinlern einberufenen Versammlung, in welcher ihr L
Ausgabe
2 (28.9.1877) 114
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten