Alls Berlin  . 16. Oktober. Der Zusammenkrach der ritterschaftlichen Privat- bank zu Stettin   hat Hoch und Niedrig geschädigt vom Kaiser von Deutschland   bis zu den Maurern und Tagelöhnern. Der Kaiser hat nämlich circa 300,000 Mark verloren und die auf dem Rayonterrain zu Stettin   beim Häuserbau beschäftigten Arbeiter die Arbeit, weil die Unternehmer jetzt keinen Credit erhalten können und daher den Häuserbau einstellen müssen. Bei Eröffnung des neuen Studienjahres der hiesigen Uni- versität hielt der abtretende Rector Professor Bardeleben eine Rede, in welcher eine Stelle vorkam, welche von unserer akade- mischen Jugend-Herrlichkeit" handelte, welch' letztere sich kund- thue in den vielen Conflicten der Studirenden mit den Nacht- Wächtern, die auch vorzugsweise die akademische Gerichtsbarkeit beschäftigten. Der neue Rector, Professor Helmholtz, wünschte bei der studirenden Jugend nach englischem Muster die körper- lichen Spiele und Uebungen eingeführt, damit der übermäßige Gebrauch von alkoholischen Getränken und Tabacken abnehme. Nette Schmeicheleien, die den Berliner   Studenten an den Kopf geworfen werden. Wenn die Studenten aber keine Nachtwächter Prügeln, wenn sie sich nicht bezechen, sondern sich um Politik und wahre Wissenschaft kümmern, wie zum Beispiel bei der Dühringaffaire, dann erhalten sie Verwarnungen, so daß die weniger energischen jungen Leute wieder zu dem mindergefähr- lichen Spiele der Nachtwächterprügelei und der Kneiperei zurück- kehren. Vorläufig ist der Eintritt des nationalliberalen Hrn. v. Bennigsen in das preußische Ministerium des Innern noch aufgeschoben, aber wie uns dünkt, noch nicht aufgehoben Eulenburg geht bekanntlich auf Urlaub und während der Zeit verwaltet der mit Bleichröder   eng befreundete Ackerbauminister, der freiconservative Herr Friedenthal das Ministerium des In- nern; eine Etappe erscheint dies Prooisorium zum Ministerium Bis- marck-Bennigsen-Friedenthal welch' Kleeblatt, es fehlt dann nur noch, daß Bleichröder   Finanzminister wird, so haben wir gar «in vierblättriges, mit welchem dann der hohe Adel und die große Finanzwelt völlig zufrieden sein können. Vorläufig ist übrigens Herr Wehrenpfennig als vortragender Rath in das Handelsministerium berufen worden eine kleine Abschlagszah- lung, die den Nationalliberalen von Seiten der Regierung ge- macht wird. Im dritten Wahlkreise des Regierungsbezirks Cassel (Fritzlar-Homburg-Ziegenrück) wird dadurch eine Nachwahl $um Reichstag   erforderlich; vielleicht, daß die Parteigenossen m Cassel sich die Sache einmal überlegen. Die Mißhand­lungen der Soldaten sind wieder an der Tag.sordnuug. Vor Kurzem wurde ein Ulan der Potsdamer Garnison   von Unteroffizieren derart beim Exerzieren am Kopse verletzt, daß derselbe blödsinnig wurde und in der hiesigen Charit» Aufnahme fand; jetzt schwebt eine Untersuchung über einem Unteroffizier der hiesigen Garde, der gleichfalls beim Exerzieren einem Sol- baten eine derartige Ohrfeige gab, daß das Trommelfell platzte. Daß solche Mißhandlungen noch vorkommen können, ist gewiß ein trauriges Zeichen für den preußisch-deutschen   Gamaschen- dienst. Ludwig Löwe   ist bei der Landtagsabgeordnetenwahl im 1. Berliner   Wahlkreis anstatt Duncker's gewählt worden. Es war von keiner Seite ein Gegencandidat aufgestellt worden. ein löwenmuthiger Sieg, den der edle Ludwig errungen hat, zu welchem ihm, dem Helden, der Reichstagswahlverein des 6. Ber- liner Wahlkreises, wo Löwe bekanntlich den Durchfall erlitt, hocherfreut gratulirt. Noch will ich des hiesigen demokratischen Polizeiblatts, derStaatsbürgerzeitung" Erwähnung thun, welche nunmehr ihr eigentliches Gesicht zeigt und in ihrer Num- mer vom 9. d. M. vor den Gründern zu Kreuze kriecht, die sie so lange Zeit angegriffen hat. Sie hat nämlich in der Elbinger Affaire den passenden Moment gefunden, die Gründerhetze mit moralischem Anstand einzustellen. Ihre auffällige, bald �jäh- rige neue Lebenskraft, nachdem sie schon vollständig fertig war, könnte mancherlei zu denken geben, wenn die Erklärung dafür nicht allein zu Tage träte, daß sie jetzt von dem Gründerthum besonders berücksichtigt wird. Sehen Sie sich z. B. das ganze Seiteninserat für die ungarische Goldanleihe in einer der letzten Nummern an. Berlin   Zeichnung bei Disconto-Gesellschaft und S. Bleichröder das sagt genug. Sie ist ertrunken in ihrer eigenen Moral. Eine schöne Association demokratischer Schrei- Hälse(Mehring»c. jc.), denen der nächste besteReichsjude" das Maul stopfen kann. Kritische Gedanken eines Subalternen über das Verwaltungssystem der preußischen Staats eisenbahnen. Wenn ich diesen Aussatz zur Kenntniß der Oeffentlichkeit bringe, so möchte ich von vorne herein den Gedanken von der Hand weisen, daß ich Reformvorschläge zur Abschaffung der- jenigen Mißstände zu machen beabsichtige, welche der dem Deutschen  angeborenen Hang zum Bureaukratismus auch in einem der wesent- lichsten Zweige des Verkehrslebens hat hervortreten lassen. Ich beabsichtige nur vom Standpunkte eines Subalternen aus, dem die Organisation des Berwaltungssystems der preußischen Staats- und unter preußischer Staatsverwaltung stehenden Eisenbahnen vermöge seiner langjährigen Dienstzeit im Eisenbahnwesen mit ihren Mängeln und Fehlern nicht fremd geblieben ist, dieses System kritisch zu beleuchten und seine Schattenseiten hervor- zuheben. Möge es dann der Energie Solcher, denen Mittel und Wege zu Gebote stehen, um eine Verbesserung anzubahnen, über- lassen bleiben, ihre Verbesserungsbestrebungen zum Nutzen und Frommen des staatlichen Gemeinwohls auch nach dieser Richtung hin zu bethätigen. Die preußischen Staatseisenbahnen ressortiren bekanntlich vom preußischen Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten und stehen, jede für sich allein, unter der speziellen Leitung eines Direktors. Möge mir nun zunächst gestattet werden, die Elemente, aus welchen sich eine solche königliche Eisenbahudirektion, welche die Prärogative einer Bezirksregierung genießt, rekrutirt, näher in Augenschein zu nehmen. Da ist also zuerst der Vorsitzende derselben, nach den bisherigen Bestimmungen stets ein Ver- waltungsbeamter erst in der allerletzten Zeit sind bisweilen Techniker zu diesem wichtigen Posten herangezogen. Die Direk- tionsmitglieder sind ein mixtum compositum aus Verwaltungs­beamten, Bau- und Maschinentechnikern. Daß diese Letzeren, allerdings in bescheidener Anzahl, zur Leitung einer Eisen- bahn, bei welcher die Technik eine so große Rolle spielt, noth- wendig und nutzbringend sind, bestreite ich nicht. Auch sind es Zunächst Leute, die höhere Fachschulen absolvirt, längere Jahre im Eisenbahnwesen gearbeitet und zur Bauleitung und Admini- stration des Bahn- und Maschinenbetriebes sich qualifizirt haben. Dic>elben müssen, bevor sie als Mtglieder in die Direktion ein- treten, längere Zeit als Bau- resp. Maschinenmeister fungirt und sich die Kenntniß des Eisenbahnwesens durch praktische Thätig- reit angeeignet haben. Weniger genau jedoch nimmt es der Herr Minister mit der Wahl der Mitglieder für die administrativen Geschäfte. Es sind dies durchgängig junge Juristen, die den vorgeschriebenen Uni- versitätscursus durchgemacht und nach absoloirter Referendarien- zeit ihren Assessor gemacht haben. Nachdem sie alsdann noch ein Jahr als Assessoren im Justizamte thätig gewesen sind, treten sie zunächst als Hülfsarbeiter in die Eisenbahndirektion, vorläufig ohne Votum, ein. Natürlich haben diese Leute außer einem ganz erklecklichen Maaß von Selbstbewußtsein nichts, was ihnen vorläufig die Befähigung giebt, auch nur den allereinfachsten dienstlichen Vorgang in dem ihnen ja völligen fremden Eisen- bahnrechte richtig zu taxiren. Sie arbeiten in dem Dezernate eines älteren Mitgliedes etwa ein Jahr lang, erhalten dann, gleichviel ob sie sich qualifiziren oder nicht, Sitz und Stimme im Collegium und ein selbstständiges Dezernat und werden sehr bald darauf etatsmäßige Direktionsmitglieder. Als solche herrschen sie denn nun über Leben und Tod nicht nur der untergebenen Beamten, sondern auch der der Eisenbahn anvertrauten wich- tigsten Interessen de» Publikums. Eine solche Direktion ist ein wahres Ungeheuer. Wo in allen anderen Staatsdienstzweigen nur Fachleute an der Spitze stehen, die gewöhnlich den Dienst lange Jahre von der Pieke auf haben kennen lernen müssen, man denke an Post und Steuer da befinden sich in ähnlichen verantwortlichen Stellen bei der Eisenbahn junge Leute, die gar keine Idee von dem Geschäftsgange haben und auch nicht haben können. Ich will nur einen einzigen Ver- waltungszweig herausgreifen, an welchem neben vielen andern die Unzulänglichkeit eines Assessors als Ressortdezernent völlig klar gelegt wird es ist der Güterdienst. Dem jungen Regie- rungsassessor, welcher an die Spitze eines Güterdienstzweiges gestellt wird, ist vielleicht mit seltenen Ausnahmen ein Fracht- brief noch niemals zu Gesicht gekommen. Biel weniger aber ist er im Stande, ein Stückgut selbstständig zu expediren er kennt die Versand- und Zollvorschriften nicht, hat gar keine Ahnung von den Manipulationen der vorgeschriebenen Buchführung ihm ist das Wesen der Tarifirung für die einzelnen Gattungen der Sendungen völlig fremd und doch steht er an der Spitze und decretirt!! Was für ein Zeug oftmals bei solchen Decreten herauskommt, und wieviel der subalterne von der Pieke ans gediente Bureaubeamte zu thun hat, um in dis- creter Weise solchen Verfügungen eine passable und sachgemäße Wendung zu geben, liegt wohl auf der Hand. Auf ähnliche Weise geht es bei allen übrigen administrativen Abtheilungen, so dem Controllrechte u. s. w. zu. Es ist mir, wie wohl jedem älteren Bureaubeamten, der vielleicht Jahre lang bereits in derselben Abtheilung arbeitete, schon oft passirt, daß ich vor einem solchen Dccretevon oben herab" stand:wie die Kuh vor dem neuen Thor", um mit dem Munde des Bolkswitzes zu reden. Aber vielleicht glaubt der Herr Handelsministerdsß es die Menge bringen muß". Diesem Gedanken hat er wenigstens dadurch den thatkcäftigen Ausdruck gegeben, daß er in den letzten Jahren so viele junge Juristen in den Staatseisenbahndienst übernommen hat, daß man sich vor Direktionsmitgliedern schon gar nicht mehr zu retten weiß. Bei der königlichen Ostbahn sind nachweislich laut Be- triebsbericht vom Jahre 1376 inclusive Hüflsarbeitern, die selbst- ständige Dezernate haben, 27 Direktionsmitglieder angestellt. Hierbei bemerke ich jedoch ausdrücklich, daß diese 27 allein im wirklichen Bahnbetriebsdienste beschäftigt sind, während die Zahl derjenigen Dezernenten, welche außerdem noch im Neubau beschäftigt find, wohlweislich unerwähnt geblieben ist. Durch Ministerialbericht von 1873 sollte die Administration der StaatSeisenbahnen und der unter Staatsverwaltung stehenden Privatbahnen dezentralisirt werden. Die Verwaltungsräthe der letztgenannten Bahnen, bei welchen der Staat in Folge der von ihm geleisteten Zinsgarantie die Verwaltung übernommen hat (z. B. die Bergisch- Märische und Oberschlesische Eisenbahn), sträubten sich zwar sehr gegen diese neue Anforderung an ihren Geldsäckel, aber es half ihnen nichts es wurden Eisenbahn  - Commffsionen errichtet. Die Commisstonen haben den Zweck, die Verwaltungsgeschäfte in dem ihnen zugewiesenen örtlich be- grenzten Theil der ganzen Bahn selbstständig zu leiten und haben als Vorstände delegirte Eisenbahndirektionsmitglieder. Ob eine solche Dezentralisation einer allerdings ja ungeheuren Ver- waltung überhaupt nutzbringend ist, will ich dahingestellt sein lassen aber wird sie einmal vorgenommen, so soll sie meines Erachtens auch völlig durchgeführt werden, und soll ihre Thätig- keit nicht beschränkt werden, sollen ihre Anordnungen nicht wiederum zum größten Theile dem Urtheile und der Bestätigung der Direktion als stets vorgesetzter Behörde unterliegen. Bei unseren Staatseisenbahn- Verwaltungen sind ja 4 oder 5 solcher Commissionen allmählich in's Leben getreten, jede Commisfion besteht ans 3 oder 4 Mitgliedern, die, wie schon erwähnt, zu- gleich Direktionsmitglieder sind. Trotzdem also auf diese Weise die Geschäfte vertheilt sind, befinden sich bei der Direktion außer dem Direktionsvorsitzenden als obersten Lenker des Ganzen noch 1015 Direktionsmitglieder. Nun frage ich jeden Einsichts- vollen: Was machen diese Leute den ganzen Tag, da die Ge- schäfte doch zum größten Theil durch die Hände der Commis- sionen allein gehen sollen? Eins ist nach meiner Meinung überflüssig entweder die Direktionsmitglieder oder die Com- missionsmitglieder. Wenn man die Anzahl der Dirigenten einer, wenn auch noch so umfangreichen Privateisenbahn, die gewöhn- lich aus einem Consortium von drei Mann besteht, mit der- jenigen des dirigirenden Personals einer Staatsbahn vergleicht, so findet man eben leider keinen Vergleich. Und dabei kann doch Niemand etwa zu Recht behaupten, daß die Geschäfte bei Privatbahnen weniger prompt erledigt werden müssen wie es bei Staatsbahnen geschieht, die Privatbahnen haben keine Com- Missionen bei ihnen thut alles der Bau- oder Betriebsdirektor, je nach Charakter der Sache. Wenn auch selbstredend diesen Direktoren eine genügende Anzahl von Assistenten zur Seite gestellt ist, so geht diese doch nicht über das wirkliche Bedürfniß hinaus, denn die Prioatbahnen verstehen zu rechnen und schaffen alles Ucberflüssige und Entbehrliche fort. Uebrigens möchte ich hierbei noch erwähnen, daß unter der Aegide der vielköpfigen Direktion einer Staatseisenbahn noch so- genannte Oberbeamte fungiren: ein Obermaschinenmeister, ein Oberbetriebsinspektor und ein Obergüterverwalter. Diesen liegt die eigentliche Ueberwachung der betreffenden Dienstzweige ob. Was bleibt da den Dezernenten zu thun übrig? (Schluß folgt.) Correspondenzen» Hamburg  . Der hiesige liberale Reichstagswahlverein hat für Diejenigen, welche geneigt sind, sich in kleineren oder größeren Versammlungen in Debatten mit Sozialdemokraten einzulassen oder Vorträge halten wollen, Veranlassung getroffen, von einem bewährten Fachmanne" Vorträge über folgende Themas halten zu lassen: 1. Vortrag: Abriß der Sozialpolitik und der ob- schwebenden sozial-politischen Hauptfragen; 2. Bortrag: Einige besonders wichtige Spezialgebiete der Sozialwissenschaft: Werth- theorie, Marx'sche Mehrwerth-Lehre, natürlicher Arbeitslohn, Kapitalwirthschaft; 3. Vortrag: Die sozialdemokratische Agita- tion, ihre Hilfsmittel, ihr nächster Zweck, ihre Ziele; 4. Bor- trag: Rhetorik und Versammlungstechnik. Wenn sich eine ge- nügende Betheiligung(ohne Kosten für die Theilnehmer) und ausreichendes Interesse an dieser Einrichtung ergiebt, so soll der Ciklus der Vorträge weiter ausgedehnt und eventuell Disputa- tionen über geeignete Themata veranstaltet werden. Es sollen zu diesen Borträgen nur 200 Eintrittskarten ausgegeben werden und zwar nur an solche Zuhörer, von denen eine zweckeutspre- chende Benutzung jener Vorträge zu erwarten ist. Den Bezirks- Vorständen und den Theilnehmern an den Vorträgen wird ferner nach dem 1. November die Hand-Bibliothek des Vereins zur Verfügung gestellt. Dieselbe soll alle bedeutenderen Werke und Broschüren auf dem sozialen Gebiete, sowie eine größere An- zahl sozialdemokratischer Zeitungen umfassen. Nach solchen Ber- anstaltungen ist wohl anzunehmen, daß die Liberalen endlich ihr Wort einmal einlösen und mit juns, den Sozialdemokraten, in Diskussion treten werden. Hessinghusen in Holstein. Am 15. ds. Ms. fand hier eine vom Borstand des hiesigen Arbeiterbildungsverein anberaumte öffentliche Versammlung statt, in welcher Herr Wanderlehrer Keller einen Vortrag überdie Sozialdemokratie" hielt. Da die Versammlung eine öffentliche und die Möglichkeit der Betheiligung an der Debatte uns zugesichert war, so erschien unserseits Genosse Auer aus Hamburg  , der denn auch den Aus- führungen des Herrn Keller in längerer Rede entgegen trat und unsere Sache wirksam gegen die gemachten Angriffe vertheidigte. Ohne uns länger auf das pro und contra der Ausführungen einzulassen, halten wir es doch für nothwendig, eines Vorfalls Erwähnung zu thun, der einestheils von Interesse für die Partei- genossen fem dürfte, anderseits aber geeignet ist, ein Schlaglicht auf die Agitationsweise unserer Gegner zu werfen. Herr Keller erzählte nämlich gegen Ende seines Vortrages folgendes Histörchen: Einer seiner Freunde hätte vor nicht zu langer Zeit mit einem hervorragenden Führer der deutschen  Sozialdemokraten in Braunschweig   während eines gemeinschaft- lichen Spazierganges sich über Punkt 1 der Einleitung des sozia- listischen Programms unterhalten, wobei derhervorragende Führer" der Sozialdemokraten erklärt habe: Ach was, an den Satz, daß die Arbeit die Quelle aller Werthe sei und an die Möglichkeit, daß die Arbeitsprodukte Jedem nach seinen vernunftgemäßen Bedürfnissen" zugetheilt werden können, glaube kein einziger Führer der Sozialisten. Diese Sätze seien nur aufgestellt, um den Massen etwas vor- machen zu können, um dieselben unzufrieden zu machen und aufhetzen zu können." Auf diese Behauptung hin nun stellte Genosse Auer gegen Schluß seines Bortrages an Herrn Keller die Anfrage: Wer dieser hervorragende Führer der Sozialdemokraten gewesen, der eine so lügnerische wie verleumderische Behauptung dem Freunde des Herrn Keller gegenüber ausgesprochen? Zugleich fügte Ge- nosse Auer dem bei, daß, wer immer auch dieser angebliche Führer sei, derselbe von den Sozialdemokraten ausgestoßen werde, vorausgesetzt, daß die Angaben des Herrn Keller wahr seien. Herr Keller, der hierauf wieder das Wort nahm, sprach zwar von allem Möglichen, vermied es aber merkwürdiger Weise, auf die ausdrückliche Frage Auer's nach dem bewußten Sozialisten- sührer mit einer Silbe zu antworten. Auer sah sich deshalb genöthigt, nachdem ihm das Wort noch einmal ertheilt wurde, die Frage zu wiederholen und Herrn Keller an seine Behauptung betr. der Braunschweiger   Angelegenheit zu erinnern. So zweimal zur Erklärung über seine Behauptung aufgefordert, sah sich endlich der Herr Wanderlehrer genöthigt, auch auf diese noch einmal einzugehen, und was antwortete er nun? So lange Auer nicht ein Mandat der deutschen   Sozial demokraten beibringe, welches ihn(Auer) berechtige, über die Braunschweiger Vorkommnisse, die er(Keller) erzählt habe, nähere Auskunft zu fordern, so lange halte er iKeller) sich nicht für verpflichtet, Namen zu nennen." Welchen Eindruck diese Erklärung auf die Versammlung machte, brauche ich hier wohl nicht erst zu schildern, die Ber sammelten wußten, was sie von dem Herrn Keller zu halten hatten. Husum  , 18. Oktober. Als vor 45 Jahren die Lehren des Sozialismus zum ersten Mal nach unserem Norden drangen, fanden sie bei der Arbeiterbevölkerung eine begeisterte Aufnahme. Bei der Reichstagswahl 1874 hatte unser Canditat 865 Stim- men; hier in Husum   zählte der damals noch bestehendeAll- gemeine deutsche Arbeiterverein" 60 Mitglieder. Es war also ein Anfang gemacht, der zu den schönsten Hoffnungen berechtigte. Und jetzt? Leider müssen wir constatiren, daß die Partei in unserm Kreise nicht nur keine Fortschritte gemacht hat und schon das ist schlimm genug! sondern daß sie immer mehr und mehr verschwindet/ Der Grund zu dieser traurigen Er- scheinung ist einfach in der Zersplitterung unserer Kräfte zu suchen. Dazu kommt noch, daß die meisten Parteigenossen ihre Pflicht gethan zu haben glauben, wenn sie ein Parteiorgan lesen oder eine Versammlung besuchen, wenn die Altonaer Partei- genossen uns einen Agitator schicken. Das muß anders werden! Eine nachhaltige Besserung aber ist, gegenüber geschlossener Phalanx der Liberalen, Conservativen und Dänen, nur dann möglich, wenn wir uns zu einer festen Vereinigung zusammen- thun. Entweder muß ein Berein für den ganzen Kreis oder in jedem Orte in Husum  , Tönning  , Garding  , Bredstedt  , Leck, Tondern   u. s. w. ein Lokalverein gegründet werden. Ob die Mitgliederzahl auch anfangs gering ist, das thut nichts zur Sache:die Gründung des kleinsten Arbeitervereins", sagt Johann Jocoby,wird dem künstigen Kulturhistoriker von größerem Werthe sein, als der Schlachttag von Sadowa!" Die Erörterung dieser Angelegenheit, entweder mündlich oder durch die Presse, sei den Partergenossen Hieselbst zur heiligsten Pflicht gemacht. R. Watzevurg, 14. Oktober. In der Nr. 22 desVorwärts" wurde unter sozialpolitischer Uebersicht�auf die bekannte Aeuße rung, die l)r. Braun in der ersten Sitzung des Vereins für Sozialpolitik über die Resolution des Professor Wagner und ihr Verhältriß zur sozialen Frage gethan. Bezug genommen, aber in einer Weise, die Einsenders Befremden allerdings in hohem Grade erregte. Es wurde, wenn wir recht verstanden haben, mit einem bloßen Scherz über dies kühne Wort hinweggegangen, als ob dasselbe sich eigentlich von einem Manne von den An- schauungen Brauns von selbst verstehe. Wäre das Wort bei irgend einem Diner oder einem Biercommers gefallen,*) möck-te die Redaktion recht haben, hier wurde es aber in der ordeni- *) Beiunserm Braun" hat eben die Generalversammlung des Vereins für Sozialpolitik keine höhere Bedeutung als ein gewöhnliches Festessen oder ein kräftiger Biercommers. R. d.  V."