uur Jemand kühn auf, appellire an Kaiser und Reich, an alle Guten und Wohldenkenden! man gebe Flugschriften aus, stelle die Schlechtigkeit an den Pranger; kein Opfer wäre zu gros für diesen Zweck! Auch der Unterzeichnete ist bereit pekuniäre Opfer in diesem Sinne zu bringen." Daß dergleichen Annoncen sowohl vom„Kladderadatsch", als auch von einer Menge liberaler Blätter und Blättchen ohne Gewissensscrupel aufgenommen worden, ist sehr einfach: es wird ja bezahlt. Ersetze man jenen Herren Zeitungsverlegern den Schaden, den ihr höchsteigener Geldbeutel durch consequente Zu- rückweisung solcher Annoncen erleidet— und sie werden auch Syphilis- und Gummi-, Wahrsager- und Karten ichläger-An- noncen aus den Spalten ihrer Milchkühe, auch„siebente euro- Päische Großmacht",„öffentliche Meinung",„Bolksstimme":c. genannt, verschwinden lassen, womit freilich das Uebel selbst noch nicht aus der Welt geschafft ist. Denn etwa dem Volkswohl und der öffentlichen Moral zu nützen, dabei aber klingendes Silber zu verlieren— das geht doch wahrlich nicht! Was übri- gens die Appellation„an Kaiser und Reich",„an alle Guten und Wohldenkenden" betrifft, so ist dieser Gedanke besonders in seinem ersteren Theile zu— naiv, um ihn durch irgend eine Glosse abzuschwächen. Wenn ferner der Herr Professor das Uebel dadurch aus der Welt zu schaffen glaubt, daß„man die Schlechtigkeit an den Pranger stellt", er sogar selbst„pekuniäre Opfer" zu bringen bereit ist— so ist das lediglich seine Sache. Wir haben unfern diesbezüglichen Standpunkt schon so oft klar gemacht, daß wir getrost vavon Abstand nehmen könnten. Nur ein kleines Exempel! Ein bis in die Wurzeln fauler Baum kann keine gesunden Früchte tragen— darüber sind doch wohl so ziemlich alle Gelehrten einig! Ueberlasse man daher diesen Baum seinem unvermeidlichen Schicksale und pflege den Boden, worauf ein junger, kräftiger Baum gedeihen kann. Wer dann am ge- sunden helfen will, der trete zwar„kühn" auf, appellire aber nicht an„Kaiser und Reich", sondern ganz einfach an Moral und gesunden Menschenverstand— der werde Sozialdemokrat! Wer das aber nicht kann oder will— nun, der soll sich auch weder über Ernst Eckstein 'sche Poesie, noch über schamlose An- zeigen, weder über direkten noch indirekten Diebstahl, Betrug oder Mord wundern, der soll überhaupt das Wörtchen„wun- dern" ganz aus seinem Lexikon streichen! so greifbare Gestalt an, daß eine Aufilärung von Seiten der Regierung geboten erschien. Dem„Wolff'schen Telegraphen- Bureau" wird in dieser Hinsicht vom 29. d. aus Paris gemeldet: „Der Marschall Präsident war davon benachrichtigt worden, daß einige Senatoren und Deputirten bei den Präsidenten der beiden Kammern Schritte gethan hätten, um denselben sowohl ihre Beunruhigung über die Sicherheit der Nationalvertretung zu erkennen zu geben, wie auch um sich über die Art zu äußern, wie dieselbe eventuell vertheidigt werden könnte. Der Marschall- Präsident hat es deshalb für angezeigt erachtet, den Präsi- denken der Deputirtenkammer und den Präsidenten des Senats zu sich zu berufen und denselben zu erklären, daß derartige Besorgnisse durchaus grundlos seien und daß die Nationalvertretung keine Gefahr zu besorgen habe."— Als die Nachricht von den friedlichen Gesinnungen des Marschalls kund wurde, war es das Organ Gambetta s, die„Repnblique Franyaise" zuerst, die Mac Mahon ihre Anerkennung aus- drückte. Fast alle Blätter beschäftigten sich eingehend mit der Besprechung zwischen dem Marschall Mac Mahon einerseits und den Präsidenten der beiden Kammern, Herzog v. Audiffret- Pasquier und Grcvy, andererseits und erblicken in denselben den ersten Schritt zur Beilegung der bestehenden Differenzen. Der „Constitutionell" erklärt, das Eis sei gebrochen, das Vertrauen kehre zurück. Und dieser„Schritt" ist nicht der einzige. Außerdem hat 1 noch der ausschließlich aus„Republikanern" bestehende Budget- ausschnß der Kammer bei verschiedenen Gelegenheiten gemüthlich mit dem Finanzminister zusammen berathen— trotz des soeben gefaßten tapferen Beschlusses, mit dem Geschästsministerium gar nicht zu verkehren.(In Berlin hieß es:„diesem Ministerium keinen Pfennig!") Man sieht, es ist das alte liberale Echter- nacher Springprozessions-Spiel. Einen Schritt vorwärts und dann zwei zurück. Auf diese Weise kommt man bald ins Elysee, wie weiland die Berliner Borbilder in der Wilhelmstraße ge- kommen sind. — Der Grütliverein und der Arbeiterbund haben an den Schweizer Bundesrath eine Eingabe gerichtet, in welcher unter Anführung verschiedener sehr triftiger Gründe v.rlangt wird, daß das am 21. Oktober angenommene Fabrikgesetz am 1. April 1878 eingeführt wird. Die Fabrikanten dagegen möchten den Termin bis auf den 1. Mai 1878 hinausgeschoben wissen, um noch recht viele zu Ostern der Schulpflicht übcrhobene zwölf- jährige Kinder in das Joch des Kapitalismus spannen zu können. — Weiter begehren die genannten schweizerischen Arbeiterver- bände die Anstellung des Genossen Rudolf Mors in Riesbach als Fabrikinspektor, damit die Arbeiterschaft wenigstens durch eines ihrer Mitglieder im Fabrikinspektorat vertreten sei.— Und Zum Dritten wird der Wunsch ausgesprochen, das Haftpflicht- gesetz auch auf diejenigen Arbeiter auszudehnen, welche„nicht in geschlossenen Räumen" arbeiten. Am Schlüsse der von den Präsidenten und Sekretairen der beiden Arbeiteverbände unter- zeichneten E.ingabe heißt es dann wörtlich: „Das Schweizervolk hat, getragen vom Geiste der Humanität, am 21. Oktober das so hart angefochtene Fabrikgesetz angenom- wen, es erwartet von seiner vollziehenden Behörde, von der ja auch der erste Entwurf des Gesetzes ausging, daß sie sich durch den Widerstand der Gegner nicht beirren lasse, sondern mit fester Hand das Fabrikgesetz ausgestalte und voll- ziehe." Wir wünschen den schweizerischen Arbeitern Glück zu der energischen Initiative, welche sie zur Verbesserung ihrer Klassen- läge ergriffen haben. auf den Zug zu warten, trat ich den Rückweg zu Fuß an. Der Gutsbesitzer hatte mir denselben näher bezeichnet, mit dem Hin; zufügen, daß ich nur ein Dorf(Maudelkow) bis St. anträfe, als ich dasselbe in Sicht hatte, trat ich in ein Tagelöhnerhäuschen welches zu einem kleineren Gute, das eine Strecke vor dem Dorfe liegt, gehörte, ein, um mir etwas Feuer zum Anzünden meiner Cigarre zu erbitten. Ich trat in einen Raum, welcher mir einen Begriff beibrachte von den Pfahlbauten der Urwelt— der erbärmlichste Viehstall kann nicht so miserabel sein, wie hier eine menschliche Wohnung; von Dielen keine Spur, der Fuß- boden noch schlechter wie auf der Landstraße, nichts wie Löcher und Risse; die Wände, nicht geputzt, zeigten die rohen Steine wie draußen! Die Stubendecke bestand aus Brettern, darüber sofort das Ziegeldach! Am Tische standen eine Frau und zwei kleine Kinder die bitterlich weinten. Auf meine Frage erzählte die Frau: ihr sei vor acht Tagen der Mann gestorben und nun stehe sie mit drei unversorgten Kindern verlassen da; sie müßte sich mit schwerem Herzen von ihren kleinen Kindern trennen, um bei dem Bauern, welchem die Hütte gehörte, für 75 Pfen- nige pro Tag an Stelle ihres verstorbenen Mannes zu arbeiten! — In diesem Hundeloche hatte der Mann monatelang am Ner- venfieber gelegen, ohne jede ärztliche Hilfe! Die flehentlichsten Bitten der Frau bei ihrem Brodherrn sowie bei den Bauern im Dorfe, ihr einen Arzt herbeizuschaffen, waren ohne Erfolg geblieben; zuletzt, als der unglückliche Mann in Raserei verfiel, sah man sich von Seite der Gemeinde genöthigt, ihn auf einen mit einem Bund Stroh versehenen Leiterwagen zu legen, um ihn in ein Stettiner Krankenhaus zu bringen; jedoch nur einige Schritte hatten die wohlgenährten Bauernpferde den Wagen ge- zogen, als man wieder umkehrte, denn der Kranke hatte seinen Geist aufgegeben.— Der eine Fall genügt, um die schaudervolle Lage der Landarbeiter in Pommern zu illustriren. Lanenburg a. K. Sonntag den 11. d. M. fand hier im Hotel„Zum Bahnhof " eine Volksversammlung statt mit der — Der Strike der Steinhauer in London dauert fort und leider auch der Zuzug von deutschen Arbeitern. Näheres über den Strike wird in nächster Nummer eine Londoner Core- spondenz bringen. — Vom europäischen Kriegsschauplatz werden blutige Kämpfe gemeldet, die unentschieden geblieben zu sein scheinen. Ein Ende des grauenhaften Gemetzels ist nicht abzusehen.— In Armenien ist der Winter eingetreten: vielleicht gelingt es den Elementen, wenigstens dem Blutvergießen auf einige Zeit ein Ziel zu setzen._ — Im 14. sächsischen Reichstagswahlkreise wird demnächst eine Neuwahl stattfinden. Der jetzige Vertreter dieses Kreises, Bürgermeister Heinrich in Borna, tritt, wie der „Dresdn. Pr." von Chemnitz aus„bestimmt versichert wird", in nächster Zeit in den Staatsdienst, und zwar erhält er die Stellung eines Staatsanwalts in Chemnitz. - Hoffentlich wird Genosse Geiser, der in dem genannten Kreise bereits am 10. Januar in die Stichwahl kam, bei der Neuwahl den Sieg erringen. — Die Exekutive der Arbeiterpartei der Vereinigten Staaten hat eine vom Genoffen Douai oerfaßte Broschüre unter dem Titel„Bessere Zeiten" herausgegeben, in welcher den amerikanischen Arb.ilern oie Nothwendigkeit der gewerkschaft- lichen und sozialistischen Organisation in kurzer und faßlicher Weise dargelegt wird. — Genosse Buchhage, der frühere Redakteur des„Mecklen- burgischen Arbeiterfreundes", wurde zu 6 Wochen Gefängniß und Tragung sämmtlicher Kosten in letzter Instanz verurtheilt. � Die französischen„Republikaner ", welche noch vor einiger Zeit in ihren Journalen die größte Siegesgewißheit zur Schau trugen, schreibt die„Nationalzeitung", scheinen neuerdings nicht geringe Besorgnisse wegen des Ausgangs der herrschenden Krisis zu hegen. Insbesondere können sie sich nicht der Einsicht verschließen, daß, sobald erst der Boden der Verfassung als Kampsterrain aufgegeben ist, die thatsächliche Entscheidung ver- Muthlich zu Gunsten der Monarchisten ausfallen würde. Diese Besorgnisse vor einem bevorstehenden Staatsstreiche nehmen Correspondenzen, Stettin , 22. November. („Eine Blüthe der Hommerschen Cultur".) Im Anschluß an die Correspondenz des Partei- genossen R. D. in Stolp i. P. in Nr. 137 des„Vorwärts" möchte ich noch Folgendes berichten. Auf einem 2 Meilen von hier entfernten, an der Berlin -Stettiner Bahn gelegenen Gute hatte ich in jüngster Zeit Geschäfte, und um nicht 4 Stunden erent war Genosse elbe theilte zunächst Tagesordnung:„Communewahl". Als Re Hurlemann aus Hamburg anwesend. Ders mit, daß im Laufe dieses Monats die Wahl zweier Stadtver- ordneten in Lauenburg stattfinden würde, und um Klarheit über derartige Wahlen zu schaffen, sei die heutige Volksversammlung von den Sozialisten Lauenburgs anberaumt. Redner hob dann hervor, daß die Sozialdemokratie das allgemeine Wahlrecht nicht nur zum Reichstage, sondern zu allen Wahlen fordere. Redner wies sehr überzeugend nach, daß durch das Dreiklassen- und Censuswahlsystem dem eigentlichen Kerne des Volkes die politische Macht genommen würde. Man hat im vorigen Jahre von Seiten der Sozialdemokraten zwei Candidaten aufgestellt, um selbstständig vorzugehen, aber man habe eine zu niedrige Stimmen- zahl erzielt, woran die Lauyeit derjenigen Wähler Schuld war, welche durch ihre soziale Stellung wohl verpflichtet waren, zur Wahlurne zu gehen und für die von den Soziaidemokraten auf- gestellten Candidaten zu stimmen. Die hiesigen Stadtverordneten - wählen seien zwar auch Censuswahlen, weil das Wahlrecht von dem Besitze eines Grundeigenthums, welches mindestens 600 Thlr. Werth haben müsse, oder von einer jährlich zu zahlende Klassen- steuer von 4 Thlr. abhängig ist, immerhin find aber in Lauen- hurg so viele kleine Grundbesitzer und Steuerzahler vorhanden, daß sie, wenn sie es ernstlich meinten, doch wohl einen Candidaten durchbringen könnten. Redner forderte hierauf auf, die Lauheit gegenüber den Wahlen aufzugeben und kräftig für die von den Sozialdemokraten aufgestellten Kandidaten zu wirken. Durch unermüdliches Wirken würde es endlich doch gelingen, den Sieg Sm Wohle der unterdrückten Menschheit zu erringen. Der Vor- ende Herr Peters theilte dann mit, daß nächsten Freitag nochmals eine Versammlung stattfinden werde, in welcher die Candidaten proklamirt würden. Hierauf nahm Hurlemann noch- mals das Wort, um die in der Versammlung anwesenden Bau- arbeiter auf die Petttion betreffs Stellung der Bauarbeiter unter den Schutz des Hastpflichtgesetzes aufmerftam zu machen. Redner setzte den Anwesenden ebenfalls in klarer verständlicher Weise bei diesem Punkte auseinander, wie durch die im größten Maße eingeführte planlose Produktionsweise, lediglich beruhend auf Spekulations- und Bereicherungswuth, auch im Baufache die Fahrlässigkeit iin weitesten Sinne gefördert worden sei, infolge dessen die große Zahl von Unglücksfällen im Baufache vorge- kommen seien und fortwährend noch vorkämen. Die Bauarbeiter seien aber nicht verpflichtet, die Folgen der Fahrlässigkeit der Unternehmerschaft neben der Ausbeutung auch noch mit zu über- nehmen. Die Bauarbeiter hätten vielmehr die Pflicht, für ihre Und Zeitungen vorgestellt wurden, daß ich, sage ich, jenen plumpen Schwindel, welchen man sich mit der Harmlosigkeit und Gedankenlosigkeit des zeitungslesenden Publikums(ein ordent- liches Buch wird selten gelesen) so lange erlaubt hat und noch erlaubt, nicht schon längst durchschaut und erkannt habe. Es geht da gerade wie mit dem Ei des Columbus— man ist ordentlich verwundert und ärgerlich, die hohlen Deklamationen und Phrasendrehereien, den faden Brei, wie ihn Lassalle nennt, dieser politischen und wissenschaftlichen Charlatane in ihrem Wesen nicht schon längst erkannt, ja vielmehr für Früchte gereifter Wissenschaft nicht allein angenommen, sondern sogar ingrimmig vertheidigt zu haben. „Dieses Gefühl der Beschämung weicht aber dem Gefühle freudiger Genugthuung darüber, endlich wenigstens eine feste und sichere Grundlage, den Boden der Wahrheit und Wissenschaft, für mein Denken und Thun in politischer und sozialer Hinsicht gefunden zu haben. Denn was giebt dem Manne allein jene ruhige, feste Energie des Handelns, jene ruhige Freudigkeit in allen Lagen des Lebens, jene eiserne Consequenz, die Richtschnur all' seines Denkens und Thuns, was anders, als die durch Denken und Forschen erlangte Ueberzeugung von der Wahrheit und Vernünstigkeit unserer Ziele und Bestrebungen? Ich kenne jetzt den Ausgangspunkt und das Ziel ineiner Reise und ich kenne auch den Weg, der zum Ziele führt. Es ist der treue und feste Anschluß an die Prinzipien der Sozialdemokratie. „Ein Glied des arbeitenden, gedrückten und leidenden Volkes Zu sein, wie wäre es möglich, nicht mit diesem und für dieses Boll zu leben und zu wirken? Uns Alle beseelt jene erhebende Zuversicht des endlichen Gelingens, die ein Ausfluß der Ueber- Zeugung ist, der Fahne einer guten und gerechten Sache zu folgen,, zu arbeiten und zu kämpfen, nicht für die Befreiung einer einzigen Klasse, sondern für das fortschreitende Glück der ®esammthelt. Die Wahrheit wird uns ftei machen und die Eintracht uns zum Ziele führen. „In diesem Sinne und mit diesen Gesinnungen, lieber Bruder, reiche ich Dir nunmehr, früher ein Gegner Deiner polittschen Dichtung, jetzt ein warmer und eiftiger Anhänger derselben, die Hand und damit zugleich Allen, die Eines Sinnes mit uns sind! Schon verkünden die Zeichen der Zeit das Dämmern eines nhirnen Morgens der Menschheit, den Anbruch einer Aera des «riedens, wahrer Freiheit, eines allgemeinen Völkerglückes. Und sollte uns, gleich Moses, nicht gestattet sein, selbst hinüberzutreten w das Land, in dem da„Milch und Honig fließt", so schauen wir dasselbe doch im Geiste vom Gipfel unserer Mühen und Bestrebungen, und legen das Haupt dereinst zur Ruhe, scheidend mit der Gewißheit, daß unsere Kinder und Kindeskinder, daß die kommenden Geschlechter der Menschen, genießend dereinst die Früchte der Bestrebungen der Vorfahren, dieser dankbar gedenken werden, als solcher, die sie aus der Wüste mehrtausendjähriger Sklaverei hinausgeführt haben in das gelobte Land." Dies die Bekenntnisse eines früheren Liberalen. Und wahrlich, sie wiegen doch wohl den Brief eines confusen Schwär- mers aus, der durch dreijährige Nichtsthuerei sein Glück und das Glück der Menschheit herbeiführen zu können vermeint. Die klaren Köpfe kommen zu uns, die confusen Menschen gehen zu Viktorchen und zu den Liberalen. Verwandte Seele finden sich. Wohl bekomm's! Zechgesellschaft und die 3 lustigen Brüder versprachen dem Lehrer, ihn in der Schule am folgenden Tage besuchen zu wollen. Kaum mit der Schule begonnen, kamen sie wirklich und stellte der Hervorragendste sich als den Schulrath, der Andere als den Pastor und der Dritte als Beider Diener vor. Der Lehrer mußte eine Unterredung über die Kuh halten und wurde von dem Herrn Rath nach einer Weile auSgelümmelt und selbst der Pastor mußte sich neben dem Lehrer in eine Ecke stellen und der Rath hatte daS Wort allein. Mit einigen derben Worten schloß er die Prüfung. Dies war den Interessenten doch zu arg. Sie meldeten dies an den Inspektor der Schule. Die Sache kam zur Unter- suchung durch das Visitatorium und der Lehrer mußte sich sofort ent- fernen; der Rath bekam schließlich 5 Tage und der Herr Pastor, der auch eine Unterredung mit den Kindern auf Geheiß gehalten, bekam 3 Tage Arrest. Der Diener war ftei. Die Schule war hier die ver- kehrte Schmiede. — Auch nicht übel! Wir lesen in der„Hanauer Zeitung": Die „Neue Würzburger Zeitung", das Organ der dortigen Universitäts - Professoren, welches laut den stereotypen Versicherungen seiner gelehrten Mitarbeiter„so gerne den Interessen der Kunst und Wissenschaft seine Spalten zur Verfügung stellt", ist von einem Pseudo- Naturforscher in höchst humoristischer Weise mystificirt worden und der tiefen Gelehrsam- keit seiner Redattion entsprechend, auch gründlich hineingefallen. Die Nummer 271 vom 1. v. M. enthält nämlich folgende ernsthaft gemeinte Mittheilung:„w* Die beiden neuentdeckten Monde des Mars sind gleichzeitig in London und Paris einer spektralanalytischen Untersuchung unterzogen worden. Außer dem nie fehlenden Kohlenstoff, Sauerstoff und Stickstoff ist vorläufig noch die Anwesenheit von Eisen, Thonerde, Kupfer, Nickelsulfaten, kohlensauren Amiden(!) und Eiweiß(!!) con- statirt. Interessant ist auch hier wieder die bei Monden häufige, leider noch nicht genügend erklärte Prävalenz des Eisens; der kleinere der beiden Zwergmonde besteht in seinem Kerne(!!!) fast nur aus Eisen." Man bedenke: die spektralanalytische Untersuchung eines Himmelskörpers erstreckt sich nach Ansicht der„N. W. Z." auch auf das Innere(!) des- selben, und daS gute Blatt ist wirklich so naiv, anzunehmen, daß die Naturforschung es bereits so weit gebracht habe, im Innern der MarS- monde Eisen, Kupfer, Nickelsulfate(könnte man im deutschen Reiche sehr gut brauchen!) und gar auch noch kohlensaure(?) Ämide(Harnsäure) und Eiweiß(!!) zu entdecken. Was mag denn das für ein sonderbares W gewesen sein, welches der„N. Würzb. Ztg." einen solchen artigen Bären aufgebunden hat? — Der Abgeordnet« Lasker hat einmal auf der Tribüne des Abgeordnetenhauses erklärt, er lese keine andere Zeitung, als die„Na- tional-Zeitung". Nur Schmeicheleien über die eigene werthe Person mag das kleine eitle Männchen lesen, Tadel, und wenn er noch so ge- recht wäre, kann es nicht vertragen. Und daS will ein Volksvertreter sein? — Die bösen Sozialdemokraten. In einem Bericht der ultramontanen«Neisser Ztg." aus Hirschberg in Schlesien heißt es fol- gendermaßen:„Anläßlich der Stadtverordnetenwahlen fand neulich hier eine von den Sozialdemokraten mit großer Keckheit einberufene und geleitete Volksversammlung statt, welche zahlreich besucht war." — Eine mit großer Keckheit einberufene und geleitete Versammlung! — Gebildeter Pöbel. Das Sonntagsblatt der„Flensburger Nachrichten" schreibt: In dem Kirchspiele A. liegt ein abgelegenes Dörfchen D.> wo sich eines Tages 4 Kumpane aus einem benachbarten Orte K. einfanden, wozu sich Abends noch der gemiethete Lehrer an der Nebenschule gesellte. Es ensspann sich bis in die Stacht hinein eine — Biktorchen bekommt Schläge. Unser Parteiorgan, der „VoliSfteund für Lichtenstein, Callenberg und-Umgegend", giebt über die„Sozial-Correspondenz" folgende Aufklärung:„Um über die eigen- artige Existenz dieses Blattes unseren Lesern ein Bild zu geben, sei erwähnt, daß auch wir dasselbe ein halbes Jahr lang unentgeltlich und ftanco zugesandt erhielten, um nur dessen Thesen zum Abdruck zu bringen und das Volk mit dem zu füttern, was von„oben" her für dasselbe systematisch zurecht gemacht wird. Nothstand darf es in solchen Blättern nicht geben, der wird einfach vertuscht, wenn nicht wegge- leugnet—; denn daS Reich muß glänzen!— Als wir vergangenen Sommer, der Aufforderung jenes Blattes zufolge, einen Bericht über die gedrückten Arbeitslöhne der hier beschäftigten Eisenbahnarbeiter an die Redaktion des gedachten Blattes einsendeten, hat derselbe, ganz wie wir erwarteten, natürlich keine Ausnahme gefunden; denn solche Wahr - heilen dem Publikum mitzutheilen, daß ein Arbeiter bei schwerster Ar- beit nur 1 M. 60 Pf. pro Tag verdienen kann, das verträgt die„So- zial- Correspondenz" nicht."— Nicht wahr, Viktorchen, die Prügel hattest du redlich verdient?
Ausgabe
2 (5.12.1877) 142
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