Der Herr Staatsminister Abelen, dessen Anwesenheit ich leider vermissen muß bei dieser in sein Gebiet einschlagenden Frage über die Strafanstalten, wo er uns einen Bericht von den Staatsanwälten beigegeben hat, hat leider darauf geant� wortet, daß er derartige Vorschriften nicht erlassen habe, und hat weiter ausgeführt, daß er eine derartige Anordnung sogar für gesetzlich unzulässig und unstatthaft halte. Meine Herren! Diese letzte Anficht halte ich für durchaus irrig. Das Reichs- strafgesetzbuch unterscheidst zwischen Zuchthaus und Gefängniß; es nennt das Zuchthaus:Strafanstalt" und das Gefängniß: Gefangenenanstalt". Der Unterschied ist der, daß das Zucht- haus Zwangsarbeit haben soll, während es bei der Gefangenen- anstalt, bei dem Gefängniß dem Ermessen anheimgestellt ist: ob und inwieweit Einer mit Arbeit beschäftigt werden soll und darf, während es vorschreibt, daß der Gefangene zwar ein Recht hat, nach Arbeit zu verlangen; daß es aber der Verwaltung in das Ermessen gestellt ist, Leute, die das nicht verlangen, zu beschäf- tigen so wie sie will; und weiter vorschreibt, daß die Arbeit, wenn sie vorgeschrieben wird, den Verhältnissen, den Fähigkeiten des Gefangenen entsprechend sein soll. Eine andere Vorschrift giebt es nicht. Wir hatten in den früheren Gesetzen solche, die die Einkleidung vorschrieben, es bestanden auch über die Arbeit noch Vorschriften; das ist in der Reichsgesetzgebung nicht geschehen und es ist des- halb nicht geschehen, weil die landesgesetzlichen Bestimmungen in dieser Richtung zu verschieden waren, weil die Arbeitshäuser, die Gefängnisse m den einzelnen Ländern ganz und gar ver- schieden sind. In minchen anderen Ländern werden ja heute noch alte, halbverfallene Klöster und Schlösser zu Gefängnissen verwendet, während bei uns in Sachsen   die Einrichtung in dieser R'chtung eine ganz vorzügliche geworden ist; und man hat nament- lich auch betont, daß die Verwalter der Anstalten in dieser Rich- tung einen gewissen freien Spielraum haben sollen. Es kann deshalb das Justizministerium nun und nimmermehr sagen, daß es unzulässig sei, bei den Gefangenen gewissermaßen eine Jndi- vidualisirung nach Kategorien der Verbrechen eintreten zu lassen. Es ist im Gegentheil das gesetzlich zugelassen; es wird das auch in allen anständigen, ordentlichen Gefängnissen so aus­geübt. In Plötzensee fällt es keinem Menschen ein, einem poli- tischen Gefangenen z.B. die Strafjacke anzuziehen, ihm die Haare abzuschneiden, den Bart abzuscheeren, ihm seine Beschäftigung etwa in der Weise vorzuschreiben, daß er Handarbeiten machen muß. Im Gegentheil, man läßt ihn nahezu arbeiten, was er will; er kann sich geistig, er kann fich literarisch beschäftigen, er muß nur für seinen Unterhalt ein gewisses, sehr niäßiges Geld- quantum abliefern. Es fordert, wie gesagt, das Gesetz geradezu heraus, in dieser Richtung Abstufungen zu machen, und wenn der Herr Justiz- minister in dieser Hinsicht seine Direktoren der Anstalten gefragt hätte, so würden sie ihm sicher gesagt haben, daß es unbedingt notbweudig ist bei dem Strafvollzug, daß, wie der Direktor in- divioualisiren muß bei der Behandlung des Einzelnen, so durch Gesetz oder Verordnung eine Jndioidualisirung eingeführt werden muß für die Gefangenen im Allgemeinen nach den Kategorien der Vergehen. Das wird nothwendig dadurch, daß in unsere Gefangenenanstalten alle möglichen Verbrecher geschickt werden. Wir haben eben Leute darin, denen die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt worden sind, wir haben Leute, die im Affekt gehan- delt haben, die, durch besondere Einwirkungen bewogen, zu einem Vergehen verführt worden sind; Leute, die also schon, ehe sie in die Strafanstalt eintreten, für vollständig gebessert zu halten find; wir haben Leute, die blos aus Fahrlässigkeit ein Vergehen gethan haben, und wir haben Leute, die ein sogenanntes polittsches Vergehen begangen haben, die also, um mich einmal von dem Standpunkte des jetzigen Staates aus auszusprechen, ein sogenanntes politisches Verbrechen begangen haben. Meine Herren! Es geht gegen das Rechtsgefühl, wenn Sie alle diese Kategorien in einen Sack stecken wollen und diese Kategorien be- handeln wollen eine wie die andere.(Sehr wahr!) Jeder Gesängnißdirektor, Jeder, der mit solchen Sachen zu thun hat, muß anerkennen: es muß geradezu nach Kategorien der Vergehen abgesondert und abgeheilt werden. In die oberste Kategorie gehören die Gewohnheitsverbrecher, die zewerbsmäßi- gen Verbrecher, die dürften z. B. nie und nimmermehr in Ein- zelhaft genommen werden; deren Arbeitskraft kann anders aus- gebeutet werden, als die Anderer, sie verlangen eine andere Disziplin:c. In die zweite Kategorie gehören Diejenigen, welche Bergehen begangen haben, die nach der allgemeinen Anficht entehrend find, und namentlich auch solche, denen die Ehrenrechte schon in dem Erkenntniß selbst genommen worden sind. In die dritte Kategorie gehören Diejenigen, die im Affekt gefehlt haben, und in die vierte Kategorie gehören die sogenannten Fahrlässigteitsvergehen und die sogenannten politischen Gefange- Ein pädagogisches Buch. Unter diesem Titel haben wir schon im März vorigen Jahres in den Nrn. 30 und 31 desVorwärts" ein für die Pädagogik wichttges Buch besprochen;*) heute nehmen wir Veranlassung. bei dem Erscheinen der 4. Auflage eines andern Werkes des nämlichen Verfassers einige Stellen aus demselben mitzutheilen. Die Schrift:Methodik der Volksschule", auf geschichtlicher Grund- läge, von Dr. Friedrich Dittes, ist hervorragend eine Fach- schrift, doch können auch Nicht-Pädagogen darin interessantes Material genug finden; wir besprechen sie aber besonders des- halb, um den Geist zu zeigen, welchen der Verfasser, der sich auch hier wieder als ein tiefblickender, vorurtheilsloser Mann erweist, in die Schule zu bringen sucht. Auch ist dieses Buch geeignet, die Wahrnehinung zu bestärken, daß in Oesterreich  (der Verfasser ist Direktor des Wiener   Lehrer-Pädagogiums), wenn auch Regierung und Polizei mustergiltig- brutal gegen die auf- keimenden Ideen vorgehen, doch in der Gelehrten ivelt ein etwas mehr idealer Zug zu herrschen scheint, als bei uns. Denken wir an Schäffle und andere. DieMethodik der Volksschule" ist der Schlußstein zu einem System der Pädagogik, welches der Verfasser in früheren Schriften klargelegt und welches auch in Lehrerbildungs- Anstalten und damit in der Volksschule allenthalben Eingang gefunden hat. Sie ist das Ergebniß," sagt Dittes   in seinem Vorwort,an- thropologischer Einsicht, allgemeiner Lebenserfahrung und viel- fältiger Lehroersuche. Tausende haben an ihrem Aufbau mit- gearbeitet, sie hat eine lange Entwickelungsgeschichte hinter sich, kann daher auch nur aus historischer Grundlage völlig verstanden und organisch fortgebildet werden." Die Methodik zerfällt in einen allgemeinen und einen beson- deren Theil, und da in letzterem nur ausgeführt wird, was und wie in der Volksschule gelehrt werden soll, derselbe also rein fachlich ist, so können wir uns für den hier gegebenen Zweck auf den ersten Theil beschränken, in welchem der Verfasser ganz be- *) Grundriß der Erziehungs- und Unterrichtslehren von vr. Friedrich Dittes.  (Leipzig  , Julius Klinkhardt  .) nen. Wenn ein derartiger Unterschied nicht gemacht wird, so sündigt man meiner Ansicht nach gegen alles und jedes Rechts- gefühl und sündigt auch gegen die öffentlich- Meinung. Die öffentliche Meinung ganz abgesehen von jedem Parteistand- punkte kann und will es nicht begreifen, daß Einer, der wegen einer Beleidigung oder wegen irgend eines sogenannten politi- schen Vergehens verurtheilt wird, der wegen Fahrlässigkeit ver- urtheilt worden ist, in derselben Weis- behandelt wird, wie der gewöhnliche Spitzbube, dem die bürgerlichen Ehrenrechte aber- kannt worden sind, der ein Verbrechen begangen hat, welches nach allgemeiner Ansicht entehrend ist. Man soll nur nicht denken, daß das nicht auch einmal anderen Leuten passiren kann, wegen politischer Vergehen verurtheilt zu werden. Es hat der Herr Abg. Meinhold in der Ersten Kammer darüber gesprochen. Meine Herren! Ich will einmal den Fall annehmen, daß irgend ein sehr consemtiver, höchst acht­barer Mann im Freundeskreis über Das und Jenes spricht; er spricht über gewisse neuere Einrichtungen, mit denen er sich durch- aus nicht vertragen kann; er spricht über das Ministerium, welches diese Neuerungen getroffen hat, in der Hitze in etwas unehrerbiettger Weise, er kommt z. B. auf den Herrn Minister Bismarck zu sprechen, es ist ihm Dies und Jenes an demselben nicht recht; er kommt ferner auf preußische Einrichtungen zu sprechen, da ist erst recht viel zu tadeln. Wie leicht passirt es, daß da einer Etwas sagt, was eine Beleidigung enthält, wie ungemein leicht, wenn man bedenkt, was alles jetzt unter Belei- digung verstanden wird.(Heiterkeit.) Meine Herren! Wenn nun Einer zufälliger Weise denunzirt und angezeigt wird, da ist es sehr leicht möglich, daß er in das Gefängniß muß z.B. bei dem bekannten Kapitel:Bismarck- b-leidigung" wird unter so- und soviel Monaten Gefängniß leider gar nicht mehr erkannt(Heiterkeit), daß auch einmal Einer derHerren zu Gefängnißstrafe verurtheiltwerdenkann, ist nicht unmöglich. Ich möchte nun wissen, ob der Herr Abg. Meinhold es ge- rechtfertigt und für gerecht innerlich halten würde, wenn ein Solcher, wenn er in die Gefangenenanstalt eintritt, den Bart abgeschoren und die Haare abgeschnitten bekommt,(Heiterkeit), wenn er in die Gefängnißjacke gekleidet und wenn er gezwungen wird, seinen Unterhalt, den er dem Staat schuldet, dadurch zu verdienen, daß er mehrere Monate lang Düten kleben und Strohabstreicher fertigen muß?(Sehr richtig!) Das würde eine Ungerechtigkeit sein; und doch, was dem Emen recht wäre, wäre dem Andern billig. Ich mache sie noch ferner darauf aufmerksam: wir haben ja die Fahrlässigkeitsoergehen, die die Leute in die Gefängnißan- stalten bringen können. Wenn Einer ein recht hitziger Mann ist, der seinen Knecht vielleicht einmal, weil er glaubt im Rechte zu sein, mit einem Stock oder etwas Anderm über den Kopf schlägt, so kann er sehr leicht nach Zwickau   kommen, ungemein leicht; wenn Einer auf der Jagd einen guten Freund erschießt, wenn Einer ein vischen schnell mit schwefelhölzern ist und aus Fahrlässigkeit einen Brand erzengt, so kann er ebenfalls wegen Fahrlässigkeit in's Gefängniß wandern. Sollen denn nun auch diese aus Fahrlässigkeit begangenen Bergehen in derselben Weise bcurtheilt werden wie diejenigen, für welche die bürgerlichen Ehrenrechte entzogen werden? Nein, es ist mir nie ein solcher Satz vorgekommen, der so unrichtig ist, der so wenig den Sinn eines Gesetzes auffaßt, wie derjenige, den der Herr Justiz- minister in der Ersten Kammer ausgesprochen hat, daß es un- zulässig sei, die Verbrecher nach Kategorien in den Gefängniß- anstalten abzusondern. Nein, es ist gesetzlich zulässig, die Ge- fangenen nach den Kategorien ihrer Vergehen zu behandeln, und es wird auch in allen Gefängnissen, die sächsischen nicht ausge- nommen, so gehandelt. Es ist nicht nur zulässig, sondern auch billig und gerecht. Meine Herren! Es wird dem Herrn Minister Beust vieles sehr mit Unrecht in die Schuhe geschoben. Ich erkenne meinerseits immer an, daß wir die ganze liberale Wirthschaftspolitlk, die wir haben, eigentlich dem Herrn Minister Beust verdanken und viele andere gute Gesetze; das sächsische Preß- und Bereinsgesetz waren viel besser als das Preßgesetz, welches wir jetzt haben und das Vereinsgesetz, welches uns noch bevorsteht; aber Etwas, was dieses Ministerium nun und nimmermehr von sich wegwaschen kann, das ist die Schmach, wie die politischen Maigefangenen in Waldheim   behandelt worden sind.(Verschiedene Braoos links.) Das ist eine Schmach, die man ihm nicht vergessen wird, in ganz Deutschland   nicht, und ich möchte sagen: in der ganzen gebildeten Welt nicht. Ich beurtheile immer den Eulturgrad eines Volkes mit darnach, wie man die politischen Gefangenen beur- theilt und behandelt, und fürchte ich nicht, trotz der Aeußerung des Herrn Staatsministers Abelen, daß wir in dieser Beziehung ähnlichen Zuständen entgegengehen wie wir sie unter dem Herrn Minister Beust zu leiden hatten.(Vielfaches Braoo links.) sonders auch für unsere Forderungen, wie: für die Allgemeinheit der Volksschule, für Gleichheit der Erziehung sowohl der Klassen als der Geschlechter, für Confessionslosigkeit der Schule ic. ein­tritt.Nicht dadurch," bemerkt DitteS zum ersten Punkte:Nicht dadurch, daß einzelne Individuen oder Gesellschaftsklassen zu hoher Bildung aufsteigen, sondern dadurch, daß sich die Gesammt- heit zu einem menschenwürdigen Dasein erhebt, wird das Glück, die innere Kraft, der feste Bestand der Staaten begründet. Eine schroffe Scheidung zwischen Gelehrten und Unwissenden hat sich zu allen Zeiten fast ebenso unheilvoll erwiesen, als der trennende Gegensatz zwischen Priestern und Laien. Die Völker verlieren dadurch die Einheit, den Gemeinfinn und zersplittern sich in Bruchstücke, von denen ein jedes seinem eigenen Bortheile nach- geht. Daher ist es thöricht, die Volksschulen zu vernachlässigen und die Mittel-, Fach- und Hochschulen übermäßig zu begünstigen, jene in Dürftigkeit verkommen zu lassen, um nur diese reichlich ausstatten zu können, was immer da vorzukommen pflegt, wo die Völker entweder im Verfall begriffen sind, oder noch halb in der Barbarei stecken und daher nach dem Glänzenden haschen. Sorgt man aber für eine gründliche und allgemeine Elementar- bildung, so giebt man der Nation innere Einheit und zugleich allen begabten Kindern die Grundlage zu jeder höhern Äusbil- dung. Die öffentlichen Mittel sind besser angewendet, wenn man mit ihnen der gesammten Jugend aushilft, als wenn man sie dazu verwendet, eine Menge mittelmäßiger Talente zum Ge- lehrten- oder Künstlerthum emporzuschrauben. Man bedenke aber noch, daß die Volksschule das einzige Institut ist, welches ausschließlich der reinen Menschen- und Nationalbildung gewidmet ist, während alle anderen Schulen, wie sehr man auch ihren allgemein humanen Charakter betonen möge, doch schon eine entschiedene Richtung auf Berufs- und Standesbildung haben. Es ist aber entschieden nachtheilig für den Charakter der Jugend, ihr schon frühzeitig den allgemein menschlichen und volksthümlichen Standpunkt zu entziehen und sie auf Sonderinteressen hinzulenken. Dazu kommt noch, daß für Kinder von 9 10 Jahren der Lehrstoff und die Lehrmethode des Gymnasiums zu früh kommt. Für die Kinder im Volks- schulalter eignet sich nur die elementarische, anschauliche, immer Aus Berlin  . 18. Januar. Mit nachstehenden vertrauensseligen Worten weist dieNa- tional-Zeitung" auf den Reichstag   hin, der bekanntlich nun- mehr sicher den 6. Februar eröffnet wird: Wir sehen einer der wichtigsten Sessionen entgegen, die seit dem constituirenden Reichstag stattgefunden haben; mögen seine Ergebnisse unserem jungen Reiche zu andauerndem Bortheil gereichen. Zwar unterschätzen wir die Hindernisse in keiner Weise, die der Ausgestaltung der Reichseinrichtungen entgegenstehen, aber wir glauben auch, daß selten und auf allen betheiligten Seiten so viel guter Wille und Verständniß für die Nothwendigkeit vorhanden waren, als dies bis jetzt der ! Fall ist." Nach diesen mit so großer Bestimmtheit ausgesprochenen Worten scheint also doch ein vollständiges Uebereinkommen zwi- schen Bismarck und den Nationalliberalen zwar nicht in Bezug auf die ausposaunten Verwaltungsreformen aber doch in Bezug auf andere Punkte zu Stande gekommen zu sein, und so dürfte das deutsche Reich in nächster Zeit, wenn auch nicht mit neuen Jnstitu- tionen, doch gewiß mit neuen Steuern überschüttet werden. Auch die Fortschrittspartei durfte unter solchen Umstän- den nicht zurückbleiben. Eugen Richter   hatte sehr unüberlegt in Breslau   gehandelt, als er in dem Glauben, die Einigung komme nicht zu Stande, denUnversöhnlichen" gegen Bismarck   spieste; jetzt erklärt der Abgeordnete Hänel in einem längeren Artikel in derKieler Zeitung", daß man von Seiten der Fortschritts- Partei die Bismarckliberalen in den meisten Fragen unterstützen werde. Eugen Richter   muß es sich nun noch dabei gefallen lassen, daß Freund Hänel weiter erklärt, Richter habe es ja ebenso gemeint. Man sieht, es giebt entweder einen unheil- baren Krach in der Fortschrittspartei oder, was das Wahrschein- lichste ist, die Fortschrittspartei bleibt was sie immer war, ein Schwänzchen des Nationalliberalismus. Der Hund kuscht sich, das Schwänzchen wedelt zwar etwas oppositionell von rechts nach links, kuscht sich aber nothgedrungen mit. Der deutsche Handelstag hatte in seiner letzten Generalver- sammlung den Beschluß gefaßt, hinsichtlich des Einflusses der Gefangenenarbeit auf die freien Gewerbe eine Untersuchung zu veranstalten. In Ausführung dieses Beschlusses haben sich mehrere Handelskammern an die Direktoren der Staatsgefäng- nisse gewendet und dieselben um die Beantwortung verschiedener die Gefängnißarbeit betreffender Fragen ersucht. Bei der Wich- tigkeit des Gegenstandes hat sich, wie verlautet, der Minister deS Innern bereit erklärt, die vom Handelstag angeregte Unter- juchung zu unterstützen und demzufolge die Gefängnißvorsteher mit Anweisung dahin versehen lassen, daß sie den Anträgen der Handelskammern durch sorgfältige und vollständige Beantwortung der gestellten Fragen Folge zu geben haben. Einen prat* tischen Erfolg wird diese Enquete ebensowenig haben, als ihre Borgängerinnen und dasschätzbare Material" wird an maß- gebender Stelle doch nicht in ausgiebiger und richtiger Weise be- nutzt werden. Dennoch sind alle derartigen Untersuchungen mit Freuden zu begrüßen, weil schließlich auch uns, den Sozialdemo- traten, das betreffende Material zugänglich gemacht wird und bei einschlägiger Gelegenheit verwerthet werden kann. Der Commandeur des preußischen Gardecorps, Prinz August von Württemberg  , hat ein unterthänigstes und über- schwengliches Glückwunschschreiben an den Kaiser von Rußland  gesandt, m welchem er im Namen des Gardecorps die Sym- pathie betont, mit der dasselbe den russischen Siegen folge. Daß der Prinz Sympathie für Rußland   und seine Siege hat, be- zweifeln wir keinen Augenblick, daß die Gardisten, wenn sie in Reih' und Glied stehen, auch auf Commando solcherSympa- thie" durch einen Hurrahruf Ausdruck geben, ist ebenso gewiß, daß aber diese wackern Männer aus dem deutschen   Volke in ihrer Majorität im Herzen Sympathie hegen für die russischen Barbaren, das glaube ich nicht. Tausende von Rheinländern sind im Gardecorps, und diesen schlanken Söhnen des sonnig- schönen Landes wird eher Grauen durch die Seele ziehen, als Sympathie für die schlitzäugigen Kosacken, trotzdem dieselbe von oben befohlen wird. Die BerlinerVolkszeitung" ruft die Staatshilfe für die Industrie an und zwar soll der Staat billige Nahrung durch künstliche Fischzucht sc. ec. schaffen, dann sänken die Löhne und dann würde sich die Industrie heben, nämlich in so weit, daß sie mit dem Auslande glänzend concurriren könne. Daß solche Argumente auf purem Schein beruhen, braucht man einem ver- ständigen Menschen nicht des langen und breiten auseinander zu setzen. Daß nämlich in anderen Ländern genau dieselben Expe- rimente gemacht werden können, vergißt dieBolkszeitung", und daß dann die Concurrenz immer wieder zu Ungunsten der Lan  - den Standpunkt der Schüler berücksichtigende(subjektive) Methode, nicht aber die wissenschaftliche, oft abstrakte, wesentlich von der Natur des Lehrfaches bestimmte(objektive). So lange der Knabe noch überwiegend auf der Stufe des conkreten Vorstellens steht, für das begriffliche Denken noch nicht reif ist, wird ihm ein praktisch geschulter Elementarlehrer bessere Dienste leisten, als ein überwiegend in der Gelehrsamkeit lebender Professor. Nach alledem dürfte es zweckmäßig sein, die Knaben nicht vor erfülltem 12. Lebensjahre in höhere Schulen aufzunehmen. In diesem Alter nämlich können diejenigen Schüler, denen alle Umstände günstig sind, das durchschnittliche Ziel der Volksschule erreicht haben, und dies sollte man jedenfalls zur Borbedingung der Aufnahme in's Gymnasium u. s. w. machen. Diese Modi- fikation unseres jetzigen Schulwesens würde viele und bedeutende Bortheile haben. Man würde nicht mehr leiblich und geistig schwache Kinder mit Bildungsaufgaben belasten, denen sie nun einmal nicht gewachsen sind; die Gymnasiallehrer würden von einer Sisyphusarbeit befreit sein; der fortwährende Grenzstreit und Hader zwischen Volksschule und höheren Schulen würde aufhören; es würden nicht so viel junge Leute durch lieber- anstrengung physisch, geistig und moralisch zerarbeitet und aller Lebensfreude beraubt werden; es würden fich nicht so viele Knaben, die gar keinen Beruf, das heißt kein Talent zum Stu- diren haben, in die höh-rn Schulen drängen; es würden nicht die Unterklassen der Letzteren überfüllt und die Oberklassen leer sein- es würden nicht eine Menge Knaben die betretene Bahn höherer Bildung auf halbem Wege oder noch früher verlassen müssen und statt ewer einfachen, aber doch abgerundeten Ele- mentarbildung nur einige, wenig nützliche Fragmente höherer Bildung erwerben, die Hochschulen würden nicht so viel unreife und abgetriebene Individuen unter ihrenBürgern" zählen als bisher; man würde weniger Studirende, aber eben deshalb auch weniger Gelehrtenproletariat und weniger schwache Geister in wichtigen Stellungen haben.. Wie wir also eine unverkürzte Entwickelung der Volksschule wollen, so müssen wir uns auch für möglichste Einheit derselben aussprechen. Demgemäß machen wir vor Allem keinen wesem- lichen Unterschied zwischen städtischen und ländlichen Volksschulen.