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Mai.1878.Renegaten.Man hat den Ausdruck Renegat zuerst vielfach angewandt,als sich während und nach den Kreuzzügen viele Abendländer,denen das Leben in den weichen Armen der Morgenländerinnenzu gut gefiel, zum Mobamedanismus„bekehrten".Späterhin erhielt das Wort eine allgemeinere Bedeutung;man bezeichnete damit einen Abtrünnigen von einer guten Sache.Und besonders brauchte man es, wenn ein Mann, der eineroppositionellen politischen oder sozialen Partei angehörte, dieseverließ, um sich in den„weichen Armen" der Regierungsparteioder der herrschenden sozialen Partei von den Strapazen derOpposition auszuruhen.Dieser Renegaten gibt es nun eine ungemein große Zahlauch in unserem lieben Deutschland. Da?„tolle" Jahr 1848hatte in politischen und sozialen Dingen eine entschiedene Oppo-fitionsluft gezeitigt. Polittsche Freiheit, soziale Gleichheit!—so klang der Ruf durch die deutschen Lande.Doch bald schon wurden diese„Rufer im Streit" durch dieeintretende Reaktion zum Schweigen und ins Gefängniß gebracht.Anstatt nun diese reaktionäre Unbill mit Stolz zu ertragen, wieein Theil der Flüchtlinge in London, find die meisten derselbenzu Kreuze gekrochen und nähren sich jetzt an den fetten Brüstender politischen und sozialen Reaktion.Wir wollen einige Namen nennen. Lothar Bucher, gegen-wärtig die rechte Hand und der eigentliche Kopf Bismarck'?, warim Jahre 1848 ein Revolutionär; ebenso August Braß, der die„Norddeutsche Allgemeine Zeitung" in das Bismarckische Lagerführte, der aber 1843 noch das„Färberlied" sang, in welchem esheißt:„Wir färben ächt, wir färben gut, wir färben mit Ty-rannenblut."— Merkwürdigerweise belegen auch die heutigenFortschrittler und Liberalen diese Leute mit dem Titel: Rene-gaten, ohne zu bedenken, daß in ihren Reihen sich eine vielgrößere Zahl solchen Ungeziefers aufhält.Auch hier wollen wir Namen nennen. Miguel, einer dergescheidtesten Männer unter den Liberalen, war 1848 Commu-»ist; er hat sich während der Gründerzeit eine Million„er-lvorben" und ist jetzt Oberbürgermeister von Osnabrück; der zuGefängniß verurtheilte frühere Eommunist Dr. Hermann HeinrichBecker, der Rothe genannt, ist gegenwärtig der von der reaktiv-Nären Regierung gern und freudig bestätigte Oberbürgermeistervon Eöln; der verstorbene Freiligrath, der das begeisterte Liedsang:„Bon Unten auf", in welchem die Strophe vorkommt:„Wir hämmern fest, wir hämmern jungDaS morsche alte Ding den Staat,Die wir von GotteS Zorne sindDas Proletariat--"auch er wurde Renegat und marschirte in die alleinseligmachen-den Arme des Geldsacks, die sich ihm mit circa 60,000 ThalernDotation öffneten. Bamberger, den großen Bamberger, denH-lden von Kirchheim-Bollanden nicht zu vergessen. der jetztNickelgrubenbesitzer ist und zu stimm persönlichen Nutzen dieNickelmünze für das deutsche Reich erfunden hat.Noch wollen wir unS beschäftigen mit einem etwas unbedeu-deuten Manne, der 1848 als Communist gerungen und gelitten,mit dem Schriftsteller Bürger?, der sich seit 1863 um ein Land-tags- oder Reichstagsmandat vergeblich beworben hat bei denkapitalistischen Parteien, die er früher so heiß bekämpft. DerKapitalismus ließ ihn, selbstverständlich mit vollem Rechte, langeZeit umsonst flehen. Endlich, nachdem Herr Bürgers knie-rutschend dem Kapital Abb.tte für seine communistischen„Ju-gendsünden" geleistet hatte, fand sich die Kapitalisten- und Re-gierung? Partei der Stadt Breslau bewogen, den RenegatenBürgers gegen einen Sozialdemokraten, den die Arbeiter auf-gestellt hatten, in den Reichstag zu wählen.Und dort gebehrdet sich der Renegat auch selbstverständlichuach Renegatenmanier.I Er greift die Sozialdemokraten, die Eommunisten. in deralbernsten und verbissensten Weise an und wundert sich dannNoch, wenn ihm eine derbe Lektion ertheilt wird.Diese Lektion wurde ihm am?. Mai bei Berathung derGewerb-ordnung zu Theil. Wir wollen hier den Vorfall ein-lach nach dem Organ der Fortschrittspartei, der Herr Bürger»angehört, nach der„Bossischen Zeitung" mittheilen:,•§ 123 zählt die Fälle auf, in denen die Arbeiter vor Ab«/vj„st vertragsmäßigen Zeit und ohne Aufkündigung die Ar-Wh fcn dürfen.«•.". S- Hasenclevcr will dies auch dann gestatten, wenn der.oder sein Vertreter eines Diebstahls, einer Unter-Ä �ktrugeS oder eines liederlichen Lebenswandels' t'l? Zachen. Er motivirt diesen Antrag damit, daß eine£-t L-'.„"lang in§ 122 aufgenommen ist, welche den Ar-bettzeve z r sofortigen Entlassung des Arbeiters aus diesenGründen ermächtigt, zzie Arbeitgeber aber machen sich öfter�".so ebrlosen Handlung schuldig wie der A.beiter; eS seialso IN Betreff �er Arbeitgeber diese gesetzliche Bestimmung mindestens eben so nothwendig. wie in Betreff des Arbeiter». BeiAblehnung dieses Amendements wird der Satz bestätigt werden,daß die jetzige Gesetzgebung eine Klassengesetzgebung ist, und derAbg. Bürgers brauchte stch vor emigen Tagen nicht so sehrwegen dieser sozialdewokratlschen Behauptung zu echauffiren.Allerdings war derselbe früher Communist und greift jetzt dieSozialdemokraten mit dem Elfer des Renegaten an.„Der Präsident ruft den Redner wegen diese» Ausdruckeszur Ordnung.„Nachdem Abg. Bürgers persönlich bemerkt hat, daß er nieZur Partei der Sozialdemokraten gehört habe, ward der AntragHasen clever abgelehnt und§ 123 nach den Commisfionsbe-schlüssen angenommen."Hinter einer Wortklauberei also sucht sich der H rr Bürgers,der nach der Rede Haftnclever'S wie ein abgestrafter Schulbube,den Kopf gesenkt, vor sich nied«rblickte, zu verschanzen. Com-muuist war er doch, er hat sich ja an dem Eommunisten-Kunde betheiligt und ist deshalb besttaft worden; wir Sozial-demokraten find doch auch Eommunisten, vielleicht etwas auf-geklärtere und deshalb nicht zum Renegatinthum geneigt.Sage man doch offen, daß man eine„Sünde" begangen habe,wenn man in Wirklichkeit anderer Meinung geworden ist, schimpfeman aber nicht auf diejenigen, welche die frühere M inung nochihr eigen nennen, um durch solches Geschimpfe dasWohlwollen des Kapitals und der Regierung zu erlan-gen. Da» ist eben die traurige Manier des Renegatenthums.Berstehen Sie das, H>rr Bürgers?Uns fällt es nicht ein mit besonderer Schärfe zum Beispielden Excommunisten Oberbürgermeister Dr. Becker zu Köln an-zugreifen, der sich dadurch von Herrn Bürgers unterscheidet,daß er sich vor der Renegatenmanier, seine früheren Gesinnung?genossen in heftiger Weise zu befehden, wohl bittet. Bürgershingegen erinnert unS lebhaft an die Herren Mster, Grünebergund Zielowsky, die von der sozialdemokratischen Partei zurchristlich- sozialen renegirt sind— deshalb muß er genauso wiediese sauberen Patrone behandelt werden.Daß das Wort: Renegatenthum im deutschen Reichstagekein großes Wohlgefallen erregte, ist leicht zu begreifen, da injener Körperschaft sich mindestens hundert Mitglieder, von demklugen Präsidenten Forckenbeck an, der früder Demokrat war,bis zu dem halben Mikroeephalen Valentin hinunter, der gleich-fall« sich einst als Boiksmann geberdete, befinden, welche böchstbedenkliche Schwenkungen von links nach rechts gemacht haben.Löwe-Calbe, Bennigsen, Lasker und wer kennt und nennt nochdie anderen Namen alle!?—Die„Vossische Zeitung" wundert sich, daß die Sozialdemo-kraten— und in diesem Falle der Abg. Hasenclever— immerdie Fortschrittspa-tei zum Zi lpunkte ihrer persönlichen Angriffemacht. Wir verstehen diese Verwunderung nicht. Ganz ab�e-sehen davon, daß die Partei des„Fortschritts", welche heuchle-risch vor dem Volke allerlei Freiheit? Phrasen drechs lt und durchihre Thaten die Banden, in welchen das Volk liegt, f.stersckmiedet, der Freiheit und dem Voike mehr Unherl bringt, alsselbst die reaktionäre deutsch conservative Partei; ganz abgesehendavon, befinden fich in der Fortschrittspartei die unqezog-nstenElemente, Jj. B. der Abg Richter, der moderne Thersites,der keine Gelegenheit vorübergehen läßt, seinen angesammeltenAnrath gegen die Sozialdemokratie zu schleudern. Und dieserSchimpf- Richter ist der hervorragendste Führer der Fortschritts-Partei und handelt bei solchen Gelegenheiten immer im Namenund im Auftrage der Fortschrittspartei.Wie kann sich da die„Vossische Zeitung" noch wundern, daßwir solche Leute auch persönlich angreifen; wie kann sie fichwundern, daß wir gerade bei d eser heuchlerischen Partei nach-weisen, welche unsaubiren Elemente sie beherbergt?Wir werde» sicherlich dann nicht mehr solchen persönlichenTon gegen die Fortschrittspartei anschlagen, wenn zum BeispielHerr Eugen Richter zur Sette des früheren Fortschntt-abgeord-neten, des jetzigen Herrn Geheimen Rath« und Ministerial-Direktors Michaelis, sitzen, wenn tr das Ziel seines Streb mserreicht haben wird. Richter'« Ai.ftreten soll ihm die Rene-gaten-Brücke schlagen zum BundeSrath.Säubere fich die Fortschrittspartei erst, so wird sie nichtmehr den bösen Einflüssen früherer und künstiger Renegaten er-liegen, und unsere Angriffe werden dann lediglich prinzipiellerNatur sein.Die ReichStagsverhandlungen über dieGewerbegerichte.Berlin, den 8. Mai.Ueber den Werth der Gewerbegerichte überhaupt schon läßtfich streiten; und auch in der sozialdemokratischen Partei sinddie Ansichten in dieser Hinficht sehr verschieden.Auch ich bin kein übermäßiger Be'-eHrer dieser Institution,«eil ich innerhalb der heutigen Gesellschaft, welche die absoluteAusbeutung der Arbeitskraft durch das Kapital auf ihre Fahnegeschrieben hat, in derselben kein besonderes Schutzmittel fürda» ewige Unrecht, das in der Produktion und Distribution derGebrauchswerthe geschieht, erblicken kann. Ich denke mir immer,daß die dumm-schlauen Vertreter de« Kapitals, Schulze Delitzschund Dr. Max Hirsch, diese Institution nicht so warm empfehlenwürden, wenn sie nicht einen Vorthell für die Arbeitgeber inderselben erblickten.Und die Sache verhält fich auck so. Der trockene, bureau-krattsche Jurist, dem schiedsgerichtliche Sachen vorgetragenwerden, entscheidet durchweg viel ger chttr, als ein gewerblichesSchiedsgericht, in welchem der Borsitzende, allerdings auch einJurist, doch dem Einflüsse der als Beisitzer in diesem Gerichtbefindlichen Arbeitgeber sehr leicht erliegt, währe«d es denals Beisitzer dort fungirenden Ardeitern nicht allein sehr sä werwird, bei dem Vorsitzenden Einfluß zu erlangen, sondern ihnen!auch noch die Eventualität drodt, daß ihr Urlheil durch allerlei!Beeinflussungen des juristisch gebildeten Vorsitzenden und der imAllgemeinen doch mehr gebildeten Arbtitgeb r-Beifttzendcn getrübt{wird.Bestreite dies, wer es kann.Also— ich bin schon kein Verehrer solcher Gewerbegerichte,denen ein juristisch gebildeter Borsitzender durch die Behördenaufoktroyirt wird und die dann aus B isitzern, zu gleich n Theilengewählt von d n Arbeitgebern und Arbeitern, bestehen.Zunächst Würde ich es für angemessen finden, daß das Ge-�Werbegericht durch das gewerbetreibende Volk in gemeinschaftlicherallgemeiner Wahl gewählt würde, selbstverständlich auch derVorsitzende. Nur so könnte dasselbe auch auf das Vertrauen derüberaus großen Majorität der Betheiligten Anspruch erheben.Wenn dann einzelne Arbeitgeber, sich benachtheiligt glaubend,in den Schmollwinkel sich stellten, so wäre das ihre Sache, dieaber nicht Sache der Allgemeinheit ist.Daß nun eine solche Zusammensetzung der Gewerbegerichtebei der heutigen Zusammensetzung des Reichstags nicht erzieltwerden kann, ist ja wohl selbstverständlich, deshalb beschränktensich auch die Sozialisten bei der zweiten(der eingehenden) Be-rathung nur auf einige Abänderungen der Eommissionsvorschläge,welche letzteren fich gerade nicht erheblich weit von der Regie-rungsvorlage entfernten.So verlangten sie(Amendement Fritzsche und Genossen), daßdie Commissionsvorlage, welche in§ 7 bestimmte, daß Jemand,der innerbalb 3 Jahre auch nur eine einmalige Armenunter-stützung empfangen habe, nicht zum Beisitzer des GewerbegerichteSwählbar sei, dahin abzuändern, daß nur derjenige nicht wählbarsei, der während der Dauer von einem Jahre und zwar einefortlaufende Unterstützung erhalten habe. Ferner beantragten siezu demselben Paragraphen, daß den Mitgliedern der Gewerbe-gerichte Reisekosten und Diäten bewilligt werden müssen unddaß das Lebensalter, welches erforderlich sein soll, von 30 auf25 Jahre herabgesetzt werde.Parteigenosse Hasencleoer vertheidigte diesen Antrag, der inseinem ersten Tbeile abgelehnt, in sein-m letzten Theile, derdie Diäten betrifft, hingegen angenommen wurde. Der Abg.Lasker nahm aus der Rede Hasenclever's Veranlassung, einAmendement vorzuschlagen, nach welch m die Wählbarkeit wiederhergestellt werden solle, wenn der Betreffende die Unterstützungzuruckgezablt habe. Diese immerhin für Corporationen nichtunwichtige Verbesserung erhielt gleichfalls die knappe Majoritätim R ichStage.Der§ 8 handelt von der Berufung des GewerbegerichtS undlegt dieselbe in die Hände der Magistrats- oder Gcmeindcver-waltung, welche die Beisitzer ernennt oder, wenn eS ihr beliebt,auch wählen lassen kann. Hierzu hatten die Sozialisten denAntrag gestellt, daß die Beisitzer und zwar die Arbeiter von de»Arbtiiern, die Arbeitgeber von den Arbeitgebern in gleicher An-zahl gewählt werden müssen. Genosse Fritzsche vertheidigtedieses Amendement, doch fand dieser s» einfache, so überausmäßige Vorschlag nicht einmal die genügende Unterstützung desgegenwärtigen reaktionären Reichetags.Daß nach Ablehnung dieses Antrags die Sozialisten jedesJnteriffe verloren, fich noch weiter an den Verhandlungen überdie Gewerbegerichte zu betheiligen, ist selbstverständlich. Wenndie Zusammensetzung dieser Gerichte den Bhirden auf Gnadeund Ungnade überliefert werden soll, so ist der heutige, etwaS„wilde" und unregelmäßige Zustand doch viel besser.Die Sozialisten werden nunmehr in der dritten(entscheidenden)Lesung gegen den Gesetzentwurf im Ganzen stimmen, esdem Herrn Dr. Max H rsch und den Abgg. Lasker und Genselüberlassend, diesen zwitterhaften Wechselbalg weiter aufzupäppeln.Ein ungerathener Bengel wird er nach einer solchen Geburtund bei solchen Ammen und Wartefrauen ganz sicherlich werden.Ich habe Ihre Leser nicht langweilen wollen mit den übrigenrecht trockenen Verhandlungen, welche über die Gewerbeger chteim Reichstage gepflogen worden sind. Meine nächsten Briefewerden die Berathungen über die gleichfalls äußerst verfehlteAenderung der Gewerbeordnung etwas ausführlicher be-sprechen.Sozialpolitische Uebersicht.—„Der Starke weicht muthig zurück!"— so denktauch der russische Bär und zieht sich vor dem englischen Haifischzurück. Eine große Anzahl der russischen ManitionSdepot« undProviantvorräthe ist nämlich vor St. Stefano, wo sich da»Hauptquartier befindet, nach Tschataldja, welche? auf der Rück-zugstlnie von Adrianopel liegt, überführt worden. Die neuen,von Seiten der Russen abgeschlossenen Lieferungeverträge be-stimmen die Lieferungen nach Adrianopel anstatt nach Stefano.— Die„Kölnische Zeitung" bespricht die gegenwärtige Lage inEuropa und ruft triumphirend aus:„Es scheint so, als wennes Rußland gegenüber wieder ein Europa gäbe!" Dann fügtdas Blatt hinzu:„Vorläufig gibt eS freilich erst eine Macht,welche im Namen Europas aufzutreten gewagt hat. Europabesteht vorläufig nur aus England, denn bis jetzt hatdi-se Macht keine einzige Forderung gestellt, von der man be-Haupte» könnte, sie läge nur im englischen Interesse. Englandbesteht ja bis jetzt im Grunde nur auf erner einzigen Forde-rung, nämlich, daß die Bestimmungen des Pariser Friedens von1856 nicht willkürlich von einer einzigen Macht abgeändert wer-den können, sondern nur durch das Einverständniß aller Mächte,die den Pariser Vertrag unterzeichnet haben. Alle Mächte, auchRußland selbst, haben im Jahre 1871 diesen Grundsatz feierlichbekräftigt, und so'st es schwer verständlich, wie Rußland sich,wenigstens mittelbar, weigern kann, ihn anzuerkennen. G» istkeine leere Redensart, wenn die englische Regierung erklärt,sie vertheidige in dieser Angelegenheit die UnabhängigkeitEuropas. Für Jeden, der unbefangen unhcilt, war es schonein drückendes Gefühl, daß Rußland seit dem Anfange dieserVerwicklungen die Verträge und das Völkerrecht, welches die ge-bildeten Nationen Europas im Laufe von Jahrhunderten müh-sam geschaffen haben, ungestraft mit Füßen treten durfte. Wenndie öffentliche Meinung ihren Unwillen nicht einmüthig kund gab,so lag das daran, daß Viele die heuchlerischen Borwände, womitRußland jeden seiner Eroberungskriege zu eröffnen pflegt, mehr