oder weniger ernst nahmen und sich einbildeten, Ruhland sei es bei diesem Kriege nur um die Verbesserung des Loses der Bul - garen zu tbun."— Die»öffentliche Meinung", nicht allein in England, ist übrigens in ein anderes Fahrwasser gerathen. Rußland kann auf keiner Seite Hülfe erwarten und deshalb fügt es sich, wie der Keltenhund, dem die Peitsche droht. Wir werden wahrscheinlich ohne einen neuen Krieg schon bald ein gedehmütigtes Rußland haben. —„RoblePassionen". In verschiedenen Zeitungen ist zu lesen, und auch der neueste„Staatssozialist" bemerkt es auS- drücklich, daß aus Roth sich fortwährend Arbeitslose am lichten Tage Vermögens-Beschädiguugen schuldig machten, um Nahrung und Obdach im Gefängnisse zu erhalten. Weshalb nun andere Mitmenschen an ihrem Eigenthum schä- digen?— fragen wir bösen„Eigenthums-Verächter". Die armen Leute könnten es billiger und besser haben, wenn sie sich zu einem regelmäßigen Duell auf Pistolen forderten oder auch das Duell vor sich gehen ließen. Zu treffen braucht doch Keiner, und so ein paar alte Kuchenreutcr find auch wohl überall auf- zutreiben. Festungshaft in Gesellschaft von Offizieren nnd Ad- ligen, womöglich an ein und derselben Mittagstafel, ist doch für so einen armen Teufel viel angenehmer, als die einförmige Ge- fängnißkost, die vielfach rauhe Behandlung und das Wergzupfen und Federreißen. Auch brauchte ja kein Nebenmensch durch der- artige Forderungen und Duelle geschädigt werden, und dennoch hätten die Nothleidenden ihren Zweck erreicht. Die Gefängniß- strafe, wenn auch nur wegen Vermögensbeschädigung, macht den Mittellosen sofort wieder zu einem„Vagabunden"; jeder Gens- darm und Polizist sieht den Entlassenen wenigstens dafür an. Aus der Festung entlassen als Duellant— Donnerwetter, das ist ganz etwas Anderes! Und dann niemals wied r„vagabun- dirt", niemals gebettelt, niemals wieder eiue ruchlose Vermögens- bcschädigung— immer wieder nobel duellirt! Ein College findet sich ja wohl sofort, und sind keine Waffen da, so genügt ja schon nach dem Strafgesotze die einfache Forderung, um wieder in das Festungs-Asyl zurückzugelangen. Schlimmstenfalls aber würden sich Waffenverleiher gegen eine sehr mäßige Vergüligung, wenn die Nachfrage recht stark wäre, bald in jedem Dorfe finden, jedenfalls auch arme Teufel, die dann gleichfalls wegen Beihilfe bei einem Duell die süße Festungshaft für kurze Zeit zu kosten bekommen.--- Doch genug! Würden die Nothleidenden in eine derartige Praxis eintreten, dann wäre eS mit dem Duell überhaupt bald vorbei. Dem Fluche der allgemeinen Lächerlichkeit würde das- selbe durch eine solche praktische Persiflage verfallen, einem Fluche, den noch Niemand und auch noch ni mals eine Jnsti- wtion vertragen konnte. Bramarbasirende Offiziere und renom- mistische Studenten würden dann sehr bald schon zu den Selten- heiten gehören, und erlöst wäre das neunzehnte Jahrhundert von einer seltsamen Tradition aus der rauflustigen Zeit des Mittelalters. Duellanten halten wir überhaupt nicht für zu rechuungsfähig— und wenn sich sonst tüchtige und geniale Männer schon duellirt haben, so beweist das gar nichts: sie waren eben in der betreffenden Zeit nicht zurechnungsfähig. Wcnn nun die Gesetzgebung es nicht vermag, durch strenge Ge- setze, so z. B. durch Einsperrung ins Irrenhaus für kürzere oder längere Zeit den Duellscandal aus der Welt zu schaffen, so könnten es arme, hungernde„Vagabunden" auf oben ange- deutete Weise. Dieselben würden dabei selbst nicht schlecht fahren und die Menschheit von einer Passion befreien, die zwar die herrschenden Klaffen zu den»noblen" zählen, die aber im Grunde genommen recht roh sind und auch herzlich wenig Cour- rage erfordern, sintemalen die wüthendsten Duellanten in der Regel auch die erbärmlichsten Feiglinge sind. — Ein Urtheil über unsere Partei. Die»Frankfurter Zeitung " schreibt:»Die heutige Sozialdemokratie, sofern sie sich als Arbeiterpartei darstellt, ist nicht die Vertreterin der reinen sozialen Idee. Der wahre Sozialismus kennt keine Partei, und mit gleicher Berechtigung wie eine Arbeiterpartei könnte eine Unternehmerpartei, eine Kapllalistenpartei oder eine Nichtarbeiter- Partei auftreten. Aber die Sozialdemokratie hat durch ihre Agi- tation dazu beigetragen, die Wissenschaft sowohl, wie die prak- tische Politik auf die sozialen Fragen hinzudrängen. Sie stand darin im Bunde mit dem großartigen Aufschwung des Verkehrs- Ein Mahnwort.*) Die Wirksamkeit der meisten Bereine gegen Verfälschung von Lebensmitteln it. erstreckte sich bisher hauptsächlich nach zwei Richtungen hin. Die erste Aufgabe muhte für sie sein, dem frevelhaften Treiben jener Krämer entgegenzutreten, welche ge- wissenlos genug für echt- Waare Surrogate in den Handel em- führten, denen sie durch Beimischung direkt gesundheitsschädlicher Ingredienzien sowohl im Aussehen wie im Geschmack möglichst das Gepräge der Echthnt zu geben suchten. Sodann aber glaubten sie auch, das Publikum vor jenem an sich harmloseren, aber viel verbreiteteren Schwindel schützen zu müssen, welcher den Unkundigen— wie es wohl die meisten Käufer find— allerhand Schund oder Schmutz(es ist dies leider der einzig zutreffeude Ausdruck) anstatt reeller, hoch im Preise stehender und auch so beim Einkauf angerechneter Waare in die Hände spielt. Die Vereine gegen Verfälschung der Lebensmittel dürfen wohl nicht zum geringen Theil es ihrer Wirksamkeit zuschreiben, daß eine Reichsbehörde geschaffen worden— das Reichsgesundheitsamt—, welche in dem zuerst angeführten Punkte mit der Zeit die berührten Uebelstände aufs Gründlichste abzustellen berufen und geeignet ist. Aber auch hier bleibt ihnen— wenigstens für's Erste— eine auf längerer Erfahrung beruhende gewichtige Stimme vorbehalten, welche nicht ungehört verhallen wird. Gleichwohl wird, nach Abnahme der ersten Sorge durch eine competeute Behörde, die Thätigkeit der Vereine gegen Verfäl- schung der Lebensmittel rc. durch den zweiten oben angedeuteten Wirkungskreis noch vollauf in Anspruch genommen, um so mehr, als es nicht ersichtlich ist, wie Gesetze dem meistens gegen die arme Bevölkerung gerichteten Betrug wirksam steuern könnten, wenn nicht irgend ein Organ excstirt, welches für ihre Anwen- düng und Ausführung thätig ist, weil der Einzelne sich dieser Mühe, die für ihn doch wenig ersprießlich ist, nur in den selten- sten Fällen unterziehen wird. Es ist Thatsache, daß der Arme für schlechte und verfälschte Waare mehr bezahlt, als der Reiche für gute und echte. Wer beispielsweise in der Lage ist, theure Gewürze pfundweise einzukaufen, kommt selbstverständlich sowohl in qualitativer wie quantitativer Hinsicht viel besser fort, als eine arme Waschfrau, welche für fünf Pfennig � oder, wenn es angeht, noch weniger— Pfeffer kauft. Das Unglück ist nun freilich, daß diese»kleinen" Leute für ♦) Der»Zeilschrist gegen Verfälschung der Lebensmittel" entnommen. lebens, mit der ungeahnten Wirksamkeit des Maschinenbetriebs, mit der Erweiterung der politischen Rechte der Staatsbürger. Wenn sie dabei zu einer gewissen Einseitigkeit kam, indem sie die Klassen- Interessen der Arbeiter stärker hervorhob, als der Gelammtheit zuträglich war, und indem sie alle anderen Parteien, auch wenn diese die soziale Idee gebührend berücksichtigten, als eine einzige reaktionäre Masse hinstellte, so darf man nicht ver- gessen, daß diese Einseitigkeit ihren Grund in der Reaktion gegen eine andere Einseitigkeit, daß sie also nur theilweise die Schuld der Arbeiterpartei ist. In der That waren eS zunächst vorzugsweise die Arbeiter, die unter der herrschenden Wirthschafts- Politik oder vielmehr unter dem gänzlichen Mangel einer solchen zu leiden hatten, und daher waren auch gerade sie es, die zuerst zum Widerstand sich organisirten. Die wirthschaftliche Freiheit, von der man sprach, war nur eine Freiheit der Starken; die Schwachen, deren kein Staat sich annahm, wurden ausgebeutet und zerdrückt. Die Reichen wurden reicher, die Armen ärmer; die zunehmende soziale Kluft drohte die Grundfesten der Gesell- schaft zu spalten. Es war hohe Zeit, daß der Staat sich seiner sozialen Aufgaben wieder erinnerte." Wir sind mit der„Frankfurter Zeitung " hier im Allgemeinen einverstanden, insbesondere da sie im Verlaufe desselben Artikels noch folgenden Satz aufstellt:»Die sozialen Angelegenheiten können nur im Staat und durch den Staat geregelt werden"— aber die Behauptung, die heutige Sozialdemokratie, sofern sie sich Arbeiterpartei nenne, sei nicht die Vertreterin der reinen sozialen Idee, diese Behauptung ist unS nicht einleuchtend, sie ist nicht richtig. Worauf beruhen Staat und Gesellschaft? Auf der Arbeit, auf der Arbeit der 90 Prozent der Bevölkerung, ohne welche es überhaupt keine soziale Frage oder Idee giebt. Wir sind ja weit entfernt, unter Arbeiter lediglich die Lohnarbeiter zu verstehen, jedoch regelt sich die Produktion und die Verthei- lung der Gebrauchswerthe und somit das ganze soziale Leben einer Nation hauptsächlich nach der Stellung, welche dem Lohn- arbeiter in der Gesellschaft angewiesen wird. Deshalb ist die soziale Frage im ausgedehntesten Sinn eine Arbeiterfrage. — Folgen der Gründerzeit. In einer an den deutschen Reichstag gerichteten Petition hat der Berein deutscher Eisen- und Stahlindustrieller eine Zusammenstellung der Geschäftsergebnisse von 125 Aktiengesellschaften der Eisen- nnd Stahlindustrie nach den Ergebnissen des Jahres 1877 beigelegt. Nach dieser Zusammenstellung haben im Jahre 1877, bez. im Geschäftsjahr 1876/77, 58 Hütten- und Walzwerke mit einem Aktienkapital von 327,005,860 Mark zusammen eine Unterbilanz 25,399,267 Mark, daher einen Verlust von 7,77 pCt. erzielt; in 51 Werken sind, im Vergleich mit dem Jahre 1873, 20,805 Arbeiter(29,4pCt.) weniger beschäftigt und pro Monat 2,307,016 Mark(42,5 pC.t) an Arbeitslöhnen weniger gezahlt worden. Der durchschnittliche Arbeitslohn pro Monat betrug 1875 76,5 Mk., in 1877 nur 62,2 Mark.— Man sieht, daß die Arbeiter immer am Schlechtesten fortkommen. Die Aktionäre hab-n gegen 3 Prozent an ihrem Kapital, die Arbeiter aber 42 Prozent an ihrer Arbeitskraft verloren. Nun möge man doch sich endgültig mit der„Risikoprämie", welche nur dem Ar- beitgeber und Kapitalisten gebühre, begraben lassen.—„Fauler Zauber"— nennt der Berliner Arbeiter dieselbe schon längst und den Herr Schulze- Delitzsch , der dieselbe vor den Arbeitern in Deutschland vertheidigt hat, einen»faulen Zauberer." — Im Königreich Sachsen giebt es einen„Berein zur Gewährung von Beihilfen an emeritirte Lehrer". Im letzten Geschäftsjahre stellten sich die Einnahmen aus 30,023 Mirk, die Ausgaben auf 20,297 Mark; die gespendete Beihilfe betrug 24,840 Mark. Für das laufende Jahr werden an 321 emeri- tirte Lehrer 16,094 Mark zur Vertheilung kommen.— So be- reitwillig wir die gute Tendenz und auch die Thätigkeit eines solchen Vereins anerkennen, so müssen wir dabei doch erklären, daß das Bestehen solcher Vereine, oder gar die Nothwcndigkeit derselben eine furchtbare Anklage gegen das moderne Staats- Wesen enthält. — Zur Jnternationalität des Arbeiterelendes. Interessante Enthüllungen über die Lage eines großen Theiles der Arbeiter von Mailand hat kürflich der dortige Polizeirath Locatelli in einer von ihm veröffentlichten Schrift gemacht. ihr weniges Geld auch möglichst viel Waare haben wollen �und daß die Concurrenz ihnen dann auch sehr zuvorkommend Sand in die Augen und in— die Waare streut. Dazu kommt dann noch die hausbackene Weisheit— Urväter Hausrath— superkluger Hausfrauen, welche allen Mahnungen selbstbewußt ent- gegnen: eS hat mir bisher nicht geschadet und eS wird auch wohl noch weiter so gehen. Und so geht es weiter, bis dann einmal ein Herzenskind erkrankt und hinsiecht, ohne daß Jemand weiß oder wissen will, was die eigentliche Ursache des Leidens war. Und dabei streuen sie den anderen Lieblingen vom Ci- garrenkisten-Zimmet eine dicke Schicht auf den Milchreisbrei, während ein paar Körnchen von echtem Zimmet billiger, schmack- hafter und vor allen Dingen gesünder wären. Einer solchen Unklugheit gegenüber hört allerdings alle Für- sorge von Gesetzgebung und Vereinen auf. Soviel aber ist zu erreichen, daß diejenigen, welche eine Waare unter dem üblichen Namen verlangen, auch solche und kein Surrogat bekommen. Kommt man zum Kaufmann und fragt nach dem Preise von einem Pfund Chokoladenpulver, so muß man, wenn er die Preise von 120, 100, 80, 60, 50 Pfennig angiebt, sich darauf ver- lassen können, daß die Waare zu 50 Pfennig ebenso Chokoladen- pulver ist, wie jene zu 120 und daß der Unterschied nur in der Qualität liegt, mag derselbe auch so groß sein, wie zwischen Uckermärker und Havanna -'Tabak. Will nun Jemand durchaus, ohne Rücksicht auf Echtheit, billige Waare kaufen, so mag er die entsprechenden Surrogate gerade so fordern, wie er Cichorien anstatt Kaffee einkauft. Bei einem solchen Handel ist kein Betrug möglich. Es bleibt dann Jedem überlassen, sich ein mit Schwerspath-Zucker versüßtes Ocker-Chokoladensüppchen zu bereiten, sein Hottehüh-Rindfleisch mit Staub und Erde-Pfeffer nebst Lehm-Mostrich zu verzehren und sich schließlich bei einer echten Kartoffelkraut-Vevey am Ci- chorien-Kaffee zu delektiren. Sagte mir doch einmal ein reicher Filz, er könne nichts Köstlicheres, als eine Tasse Mock-Bouillon, deren wesentliche Ingredienzien Zwiebeln und eine alte Brod- krume wären. Ich ließ meine Frau den Versuch machen, und in der That fand ich den Unterschied zwischen solcher Mock- Bouillon und echter, wenn nämlich letzterer eine„gehörige" Quantität Zwiebeln hinzugefügt waren, nicht zu groß; doch ziehe ich nach wie vor eine einfache Rindfleischbrühe mit Ver- jicht auf den Zusatz von Zwiebeln vor. Es mag dies indessen als Beweis gelten, daß die Phantasie auch auf dem Gebiete der realistischesten Lebensbedingungen einen weiten Spielraum zu gewinnen vermag, wie ja auch schon Wil - Helm Hauff so ergötzlich den Hochgenuß des unter den lieblichen Mit Ausnahme Londons , schreibt derselbe, giebt es vielleicht keine Stadt der Welt, wo das Elend eine so hohe Stufe erreicht, als in Mailand . Von den ungefähr 250 000 Einwohnern, welche die Stadt seit der Jncorporirung einiger Außenzemein- den zählt, sind nicht weniger als 8000 gänzlich obdachlos. Wo und von was sich diese Leute nähren, ist selbst dem routinirte« Polizisten JnS jetzt ein Geheimniß geblieben. Diese traurigen Verhältnisse brachten es mit sich, daß in der letzten Zeit, ähn- lich wie in London , sogenannte„Schlaflokale" entstanden, über deren Beschaffenheit uns Locatelli haarsträubend: Dinge erzählt. In feuchten uud finsteren Parterre- und Kellerräumen von 30 bis 40 Quadratmetern finden zvei bis drei Dutzend Mensche» ohne Unterschied des Alters und des Geschlechts ihr Nachtquar« tier für 30 Centesimi. Das geradez» mit Riesenschritten fort- schreitende Wachsthum des Proletariats vermehrte rasch die An- zahl dieser gemeinsamen Nachtquartiere, deren Ueberwachung da- her für die Polizei sich immer schwieriger gestaltete. Da aber die letztere ihre Ohnmacht dem furchtbaren Elende gegenüber einsah, so kümmerte sie sich bis jetzt auch sehr wenig um diese »Schlaflokale" nnd ließ deren Insassen möglichst unbehelligt. So müssen die berufensten Stützen der heutigen»göttlichen Welt- ordnung" selbst die Beweise für die UnHaltbarkeit derselben er- bringen. Wo nur wenige Tausende genießen und Millionen mehr oder weniger am Hungertuche nagen, da hilft alles Sträuben nichts— eine Radikalkur muß über kurz oder lang solchen unmenschlichen Zuständen eine Ende machen. — Aus Amerika wird der„Süddeutschen Volkszeitung" geschrieben:»Seit dem letzten großen Strike im Juni ver- gangenen Jahres haben sich die Arbeiter der Bereinigten Staaten größtentheils aus ihrer Lethargie aufgerafft und kümmern sich jetzt mehr als früher um ihre politische und soziale Lage. Aller- orts stellen sie bei Wahlen eigene Candidaten auf, welche viel- fach siegreich auS der Urne hervorgehen. So wurden auch hier in Albany, Newyork , bei den am 4. April stattgehabten Wahlen 10 Arbeiter mit großer Majorität in die Communalvertretung gewählt. Unser Bürgermeister- Candidat erhielt gegen 6000 Stimmen, sein Gegencandidat, ein„Demokrat", 9680. Wenn nicht bei der Wahlstimmen-Zählung so großer Schwindel ge- trieben würde, so wäre auch dieser unser Candidat gewählt wor- den; aber man weiß ja hier nur zu gut, daß sich, wie auch im Reich der„Gottesfurcht und frommen Sitte", um Geld Vieles machen läßt.— Im Staate Newyork hat die Arbeiterpartei jetzt in 63 Gemeinden Vertreter, außerdem wurden 5 unserer Candi- baten als Bürgermeister gewählt. Was speziell unsere hiesige Mitgliedschaft betrifft, so besteht dieselbe meistens aus Württcm- bergern und haben wir hier, gerade wie in unserer Heimath, am meisten gegen die Berdummung der Pfaffen zu kämpfen.— Die soziale Lage der Arbeiter wird immer trostloser, und wenn es so fortgeht, wie im letzten Jahr, so stehen wir vor einem baldigen— erbitterten Bürgerkrieg." — Der verstorbene Dentler würde bekanntlich eine längere Gefänznißhaft zu verbüßen gehabt haben, wenn ihn der Tod nicht den»zärtlichen" Umarmungen der»Göttin Justitta " jäh entrückt hätte. In einem Falle allein hätte Dentler wegen „Majestät-beleidigung" 8 Monate zuverbüßen gehabt. Wir setzen das Wort»Majestätsbelerdigung" mit Absicht in Anführungsstriche, da nach der Darstellung der„Berliner Freien Presse" eine Majestätsbeleidigung gar nicht vorlag und auch nicht vorliegen konnte. Unter der Verantwortlichen Redaktion Dentler's hatte nämlich die„Berliner Fr. Presse" einen Artikel gebracht, über- schrieben:„Der Verfall der Monarchie", in dem die fragliche Beleidigung enthalten gewesen sein sollte. Nun war aber in dem Artikel nirgends von den Monarchen sondern nur von der Monarchie die Rede. Aber sowohl der Staatsanwalt Tessendorff in seinem Plaidoyer als auch die VII. Deputation, vor der der Prozeß verhandelt wurde, hatten die beiden Be- griffe merkwürderweise verwechselt und so war das Urtheil zu Stande gekommen. Die„Berliner Freie Presse" bringt den be- treffenden Passus des Artikels:„Der Verfall der Monarchie" sowie den bezüglichen Theil des Erkenntnisses zum Abdruck uud bemerkt zugleich, daß Dentler schon während der Verhandlung gegen diese Verwechslung settens des Staatsanwalts pro- testirt hat. Bratendüften sein trockenes Brod verzehrenden Wanderers zu schildern wußte. Anderen jedoch solche Phantasie zuzumuthen oder oktroyiren zu wollen, ist von Uebel uud kann zum strafbaren Vergehen führen. So lange man lediglich für sich selbst und seine Familie zu sorgen hat und verantwortlich ist, mag man seinen Haushalt nach»bestem Gewissen" einrichten, und wer es nicht nach bestem Gewissen thut— nun, über den ist eine gesetzliche Controle eben geradezu unmöglich. Anders dagegen verhält es sich mit einer großen Anzahl Restanrationen und Speisewirthschaften, deren Eigenthümer ge- wissenlos genug sind, mit einem Menu(Speisekarte) nach oben specificirtem Genre ihren Gästen aufzuwarten.— denen bei Be- schaffung der Lebensmittel die möglichste Billigkeit die einzig maßgebende Richtschnur ist. Hier hat nun freilich der„Verein der deutschen Gastwirthe" durch seinen Einfluß schon manches gebessert; aber dieser Einfluß erstreckt sich so gut wie gar nicht auf jene Speisewirthschaften, Budiken, Destillationen, auf welche der Arbeiter angewiesen ist. der hier neben dem elenden Fusel und zusamwengedokterten Bier häufig auch noch andere unzu- träglcche Dinge als vermeintliche Nahrungsmittel seinem Magen zuführt und damit seine Gesundheit untergräbt. In diesen Wirthschaften ist eine diskrete Controle in Bezug auf die Beschaffenheit der Nahrungsmittel ebenso noth- wendig, wie sie in Bezug auf das Gewicht bei allen Material- und Fleischwaarenhändlern schon längst existirt, und wir meinen, daß hier die Frage nach der Qualität dce nach der Quantität ganz bedeutend überwiegt. Diese wenigen Andeutungen mögen den Beweis liefern, daß noch ein großes Feld der privaten Pflege überlassen bleibt, um vor allen Dingen das überhandnehmende Unkraut auszurotten. Ist diese Arbeit vollbracht, so werden sich neue Aufgaben daran knüpfen, welche auf eine angemessene Bestellung des Ackers ab- zielen. — Dem Stöcker'schen»StaatSso, ialist" entnehmen wir nachstehendes herrliches Gedicht mit der Ueberschrift: „Der Dekalog". teiliger Herr und Gott ühre dein Zehngebot Zur Macht empor! Sinais Wahrheitsblitz Flamme zum Wolkensitz
Ausgabe
3 (12.5.1878) 55
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