In dem Artikel heißt es:„Die Männer aber, welche als berufene Vertreter derMonarchie gelten sollen, verfolgen eine uns ebenso unbegreif-liche Praxis. Beweis, die vielen Majestätsbeleidigungsprozesse!Die kennt man in England nicht, und die dortigen Republi-kaner huldigen der Republik nur aus politischen Gründen nichtaus persönlicher Abneigung gegen die Monarchie."Das Erkenntniß führt aus:„Wenn von England mit einem bestimmten Nachdruck bc»hauptet wird, die dortigen Republikaner huldigen der Republiknicht aus persönlicher Abneigung gegen den Monarche», son-dern nur aus politischen prinzipiellen Gründen, so soll un-«Weifelhast durch diese Antuhese angedeutet werden, daß die hie-gen Anhänger der Republik aus persönlicher Abneigung gegenden Monarchen der republikanischen Etaatsform huldigen.Wenn auch die persönliche Abneigung an und für sich nichts Be-leidigendes enthält, so ist doch hier nach dem ganzen Zusammen-bang und der elastisch raffinirten und daher wirkungsvollenGegenüberstellung ein Zurschaustellen der persönlichen Abneigunggegen den Monarchen bezweckt und damit eine Beleidigung derPerson des Monarchen verübt."Diese Auszüge begleitet die„Berliner Freie Presse" mit fol«genden Worten:„Wir haben dem nichts hinzuzufügen, als nur zu wieder-holen, daß das Wort Monarch im ganzen Artikel auch nicht eineinziges Mal vorkommt."Und das nennt sich„geistiger Kampf" gegen die Sozial-demokratie?Aber nicht genug damit, erhielt der Verleger der„BerlinerFreien Presse" obendrein noch eine Vorladung, die denselbenanläßlich der in der„Berliner Freien Presse" in Sachen derDentleraffaire erschienenen Artikel zur Untersuchung citirt.„Esgibt also", meint unser Berliner Parteiorgan,„wahrscheinlichneue Prozesse, und sind wir darnach auf dem besten Wege, demgekränkten öffentlichen Rechtsbewußtsein" Sühne zu verschaffen.Was man von unserem Verleger will, ist uns unerfindlich; solldie? etwa die Einleitung zu einer ernnuten Auflage des Zeug-«ißzwangeS sein?" Die Antwort auf diese Frage wird nicht langeauf sich warten lassen, haben doch in Preußen die reaktionärenteißsporne auch in der Justiz gegenwärtig das Heft in denänden. Einen Erfolg, aber keinen den Herr Tessendorf u. Comp.erwünschten,— haben die Verfolgungen, mit denen die Sozial-demokratie in Berlin und speziell unser dortiges Parteiorganbeehrt worden, doch schon aufzuweisen— die„Berliner FreiePresse" hat in den letzten zwei Monaten 4000 Abonnenten ge-Wonnen.' Im Ganzen sind seit dem etwas über zweijährigenBestände unseres Berliner Parteiorgans 115 Prozesse gegen das-selbe anhängig gemacht worden, wovon 20 Prozent mit Frei-sprechung endigten, während die Andern 80 Prozent den Re-dakteuren 77'/, Monate Plötzensee eintrugen.— Der frühere verantwortliche Redakteur der„DresdnerVolkS-Zeitung", Genosse Zaumsegel, ist dieser Tage wegenmehrerer„Preßvergehen" zu 2 Monaten Gefängniß verurthcilt.General Trepow.Ueber diesen vielberücht'gten Petersburger Polizeimeister, mitwelchem der Herr Staatsanwalt Tessendorss sich identifizirenläßt, bringt die„Kölnische Zeitung" eine höchst interessanteEorrespondenz, der wir, um die colosiale Betrügerei und dieUumoralität der höheren Kreise nochmals zu kennzeichnen. Nach-stehendes entnehmen:„Sie wissen bereits durch die Zeitungen, daß der Stadt-Hauptmann und Generallieutenaut Trepow am kaiserlichen Ge-butstag gleich vielen Andern eine Gnadenbezeigung erhalten hat,indem er General der Cavallerie geworden ist. Man wird viel-leicht in Europa den Kopf darüber schütteln, nachdem man er-fahren hat, daß der Stavthauptmann in Ungnade bei seinemHerrn gefallen war und in gleicher Ungnade beim gesammtenPublikum stand. Ich kann Ihnen nun einige interessante Einzel-heilen zu der Sache Trepow- Sassulitsch mittheilen. Mehrfachhabe ich Ihnen berichtet, daß General Trepow hier im Ganzenfür einen„mäßig anständigen" Mann gehalten, d. h. zu denmäßig reinen Händen und den thätigen Beamten gerechnet wurde.Er galt für nicht reich, da er von Haus aus als Findling nichtsoch über Menschenwitzm deutschen Land!Schamlos und ungestraftGleißet die LeidenschaftWie Höhenrauch.Ungewiß schwankt Dein Recht.Selbst Dein getreuer KnechtMangelt der ZuversichtUnd Seelenruh.tochmuth und Sicherheitchmähn Deinen heil'gen Eid,Der Wahrheit Schutz.Dein Nam' ist unser Hort,Donn're ihn fort und fort,Poch' an des Herzens Pfort'Und brich den Trotz.—Unter des Mammons WuchtUnd der VergnügungssuchtStickendem DunstAthmet die Seele schwer.')Schirm' Deinen Tag, o Herr,Träufle Dein Lob und Ehr'Wie Thau ins Herz.Schwärmend Parteiaezücht�)Trübet das HimmelslichtMajestät.Zucke Dein Flammenschwert,Dein Volk ungestörtZ'ch und den König ehrt')In einem Gruß.Wohlfeil ist Menschenblut,Hundstolle Mvrderwutb'sSchändet Dein Bild �)Ende o Gott die Qual,Send' einen Zornesstrahl,Schmiede von ächtem StahlEin Richterschwert!Kein frischer GeisteshauchTheilet den wilden Rauchmit in die Welt gebracht hatte. Als nun der verhängnißvolleSchuß g-fallen und er aufs Krankenlager geworfen war, empfinger wiederholte Besuche des Großfürsten, auch des Kaisers.Trepow's Zustand ließ annehmen, daß er einer länqern Heilungin europäischen Bädern bedürfen werde. Eines Tages ist diegewöhnliche Kartenpartie im Winterpalast versammelt und dasGespräch kommt auf die Krankheit Trepow's. Der Zar äußertsein Bedauern und den Wunsch, dem erprobten Polizeimanneine Unterstützung zukommen zu lassen, damit er, da er dochselbst wenig Mittel habe, ins Ausland gehen könne an eineteilquelle. Einer der ständigen Whistfreunde, der alte Fürstuworow, erklärt darauf, da der Kaiser fragt, wie viel er fürTrepoiv'S Reise wohl bestimmen solle, er käme eben von demarmen Kranken. Derselbe habe sein Testament für alle Fällegemacht und ihn, Suworow, zur Unterschrist desselben erbeten.Aus diesem Testament habe er ersehen, daß Trepowüber 3 Mill. Rubel darin verfügt habe, weshalb eineUnterstützung wohl kaum erforderlich wäre. Der Kaiser fährthierauf bei dieser Mittheilung in höchster Erregung auf:„Alsoauch der ein Schurke!" Der„selbstlose", langjährige Be-schätzer der Person des Zaren und ausgezeichnete Organisatorder Petersburger Polizei plötzlich angesichts des Todes entlarvtals ein„Wsätotschnik"(Erkäuflicher), das war ein harterSchlag. Bestechlich wie die Andern und in höherm Maße alsdie Meisten darin von Erfolg begleitet, dieser kaiserlicheVertraute! das mochte den Monarchen empören. Die Karten-Partie war gestört und— Trepow in Ungnade. Naturgemäßfolgte die Ungnade ganz Petersburgs dieser Geschichte auf demFuß. Trepow war plötzlich so macht- und wehrlos wie einneugeborenes Kind, es mar ganz aus mit ihm. Nun kam derProzeß. Graf Pahlen hatte persönlich beim Kaiser sich dafürverwandt, daß dieser politische Prozeß ausnahmsweise nicht voneinem Ausnahmegericht, von der Delegation des Senats fürpolitische Verbrechen, abgeurtheilt werde, sondern vor die Ge-fchmorcnen komme. Er, der Justizminister, hatte sich gewisser-maßen dafür verbürgt, daß die Geschworenen ihre Schuldigkeitthun, sich nicht von politischen Sympathien würden leiten lassen,und der Kaiser hatte darauf hin der Bitte Pahlen's nachgegeben.Nun aber war inzwischen der große Umschwung in der öffent-lichen Meinung eingetreten; Trepow war für alle Welt nur nochein Schchurke, und sehr verständlicher Weise erblaßte dem ent-sprechend das Roth an den Händen der Angeklagten, stieg WeraSassulitsch in d r Meinung auch solcher Leute, welche nicht mitihr politisch sympalhisirten. So kam es, daß am Tage der Ver-Handlung, den 12. April, das elegante Publikum Petersburgs ineiner Stimmung auf der Tribüne erschien, welche vor Allem zurGrundlage hatte die Ungnade des Kaisers gegen Trepow, wäh-rend die Schuld der Angeklagten in den Hintergrund trat.Gerade in diesem eleganten Publikum der Hofgesellschaft hattesich natürlich die Geschichte von der Kartenpartie zuerst ver-breitet, hier war de Umschlag der Meinung zuerst ausgetreten.Man würde aber irren, wenn man annehmen wollte, daß diesesPublikum mit seiner Parteinahme gegen Trepow in vollem Be-wußtsein und durchgängig eine Freisprechung der Angeklagtenherbeizuführen beabsichtigte. Dieses Ziel verfolgte der andereTheil des Publikums, dessen Meinung in der Residenzpresse rechtdeutlich sich kundthat und über welche ich Ihnen bereits berich-tete. Diese russischen Liberalen aller Schattirungen benutzengeschickt die Wendung in dem öffentlichen Urtheil über Trepow,um eine politische Stimmung unmittelbar zu Gunsten der Sassu-litsch und ihrer That herauszuschlagen. Die Geschworenenkonnten sich all diesen Kundgebungen und Stürmen nicht ent-ziehen uuo fällten das bekannte Urtheil. Kaum war es geschehen,so eilte Graf Pahlen in höchster Verwirrung zum Kaiser undbrachte ihm— man sagt mit sehr verstörter, blasser Miene—die Unglücksbotschaft von dem freisprechenden Erkenntniß. DerKaiser begriff sofort die üble Wendung, welche die Sache inFolge seines Zornes gegen Trepow genommen und befahl demJustizminister, die Freigesprochene sofort verhaften zu lassen.Kaum aber war der Justizminister zur Thür hinaus, so tratder stellvertretende Oberpolizeimeister General Koslow ein undmeldete, daß Wcra Sassulitsch verschwunden sei. Die sofort an-geordneten Nachforschungen blieben erfolglos, man sagt, WeraSassulitsch sei in Sicherheit gebracht, nach Paris entkommen.Die weitere Folge war aber nun die, daß der Kaiser gegen dieFreisprechung demonstrirte durch Gnadenbeweise gegen Trepow.Der Sinnlichkeit.Dein heil'ger Geist alleinFege die Schwelle rein,Weihe die Pforte einZu Eh' und Herd.Hoch fliegt ein feiner Staub,Schwindel verhüllt den Raub,Die Treu erstickt.Oeffne o Herr den Mund,Thu' deine Rechte kund,Schüttle den HerzensgrundRein'ge die Lust!Geiferndes SchlangengiftLästert in Wort und SchriftDie Christenheit.Lösche o Gott die GluthBlinder Parteienwuth,Wecke den ZeugenmuthMit Donnerstimm'!Dürr ist das Land und springtUnd aus den Spalten dringtDer glüh'nde Neid.Pechschwarzer HöllendampfKündet den letzten Kampf—Ums Eigenthum.s)Herr Gott, nimm an die Schlacht/)Zeige die UebermachtDer Himmelskrast.Schenk' uns den Geist der ZuchtDann fülle ungesuchtLiebe voll edler FruchtDes Neides Platz!.__ Jllgner.7)1) Welche Seele? Die Seele des christlich-sozialen„Dichters"selbst, oder die Seelen der christlich-sozialen Agitatoren?2) Sehr gut! Es sind t �ch mit dem„schwärmend Partei-qezücht" selbstverständlich N!.: die Herren Grüneberg, Küster,Zielowsky und Genossen zu verstehen.3) Dem christlich-sozialen„Dichter" rufen wir das 1. Gebotzu:„Du sollst keine andern Götter haben neben mir!"Absetzung, Verbannung nach Odessa und dergleichen, woronvordem die Rede ging, wurde vergessen, und w an der Kaiserdie Erfahrung, die er gemacht an seinem früheren Vertrauten,auch nicht vergessen hat, so bemüht er sich doch, dem Publikumklar zu machm, daß die zarischc Ungnade gegen einen Würden-träger diesem Publikum nicht das Recht gebe, mit dem Revolvergegen zarische Würdenträger zu verfahren. Trepow ist Ge-neral geworden. Indessen bleibt et unwahrscheinlich, daßihm mehr als diese äußerste R-habilitirung werde zu Theilwerden. In die alte Gunst bei seinem Herrn wird er schwerlichwieder zurückkehren. Wo die drei Millionen herstammen, dieer besitzt, ist natürlich schwer festzustellen. Man meint, derGrund seines Vermögens sei gelegt worden, als er nach dempolnischen Aufstande in Warschau ein paar Millionen Staats-gelder zur Verwaltung bekam, die er einem bekanntenWarschauer Banquier in die Hände spielte und die da-malS zwischen den beiden Reibsteinen sich verflüchtigt habensollen. DaS Westere hat er dann wohl in feiner lang-jährigen polizeilichen Thätigkeit in Petersburg zu„erwerben" verstanden, wobei er klug und vorsichtig genugwar, seine Schätze mehr, als man es sonst an seines Gleichenhier gewohnt ist, zu verbergen, so daß er lange seinen ver-hältnißmäßig guten Ruf erhalten konnte. Nun ist auch diesergroße Dieb entlarvt, aber er hat zu viele Genossenum gehängt zu werden."So der Bericht der„Kölnischen Zeitung�.— Der große Diebwird nicht gehängt, er wird begnadigt, er wird sogar befördert!Der„gerechte" Zar, das„milde" Väterchen beschützt somit denBetrug, belohnt die Unterschlagung, macht sich somit zum Mit-schuldigen eines Betrügers. Und dieser kaiserliche Mitverbrecherist unser„Erbfreund"!Correspondenzen.Kiskeöe». Sonntag den 5. d. M. sollte hier eine Volks-Versammlung mit der Tagesordnung:„Die Sozialdemokratieund ihre Gegner" abgehalten werden. Da Genosse Zwiebleraus Halle nicht kommen konnte, kam an dessen Statt GenosseW. aus Leipzig. Die Versammlung war gut besucht, dennsowohl der geräumige Saal als auch die Gallerien waren ge-drängt voll. Gegen drei Uhr kamen die Bourgeois, Beamten,Lehrer u. s. w. angerückt und faßten größtentheils in der Nähedes Bureautisches Posto. Wir waren zwar auf Opposition ge-faßt, weil bereits Sonnabend Abends das Gerücht verbreitetwurde, man sei gesonnen, die Sozialdemokraten gründlich zuwiderlegen; doch waren wir der Meinung, daß diese Oppositioneine parlamentarische sein werde, daß man mit Gründen die„unhaltbaren Lehren" der Sozialdemokraten widerlegen werde.Wir hatten uns getäuscht. Der Redner forderte, eh- er auf dieTagesordnung einging, die Anwesenden auf, sich ruhig zu ver-halten, den Vortrag anzuhören und dann in parlamentarischerWeise zu widerlegen, wenn man etwas für nicht wahr oder fürübertrieben halte. Die Antwort auf diese Aufforderung warein wieherndes Gelächter, welches die„Gebildeten" ausstießen.Auf die Tagesordnung übergehend, erwähnte der Redner, daß,wenn über die Sozialdemokratie und deren Gegner gesprochenwerden solle, es nothwendig sei, zu erörtern, welche Ursachendie sozialdemokratische Bewegung hervorgerufen haben und wasdie Sozialdemokraten, denen man alles Mögliche in die Schuheschiebt, eigentlich wollen. Als Redner auf unsere wirthschaft-lichen Zustände zu sprechen kam und ausführte, daß die kapita-listische Produktionsweise, welche die Ausbeutung einer großenMehrzahl des Volkes durch eine winzige Minderzahl ermöglicht,schuld sei an dem Elend und der Roth, die im Volte herrscht,erhoben die„Gebildeten" ein fürchterliches Geschrei. Die Rufe„Raus!" und„Haut ihn I" wurden laut, und einige der Herrenmachten Miene, diesen Rufen auch die That folgen zu lassen.Der Redner wurde einige Male durch einen wahren Höllenlärmunterbrochen und mußte, um sich verständlich zu machen, seineLunge gehörig anstrengen,Wahrhaft betäubend war der Lärm, als Redner ausführte,daß da« Kapital, um mehr Profit aus der Arbeitskraft desVolkes zu schlagen,.die Frauen und Kinder zur Fabrikarbeitherangezogen habe. Die gebildet sein wollenden Leute tobtenin einer Weise, daß der Redner nicht mehr zum Worte kommenkonnte. Mit Mühe verschaffte sich der Vorsitzende Gehör und4) Beziehen sich diese Worte vielleicht auf den Krieg imOrient, in welchem der„milde" Czar, der von Königen, Fürstenund Christlich-Sozialen so sehr geliebte, im Namen des christ-lichen Gottes und des Christenthums„hundstolle Mörder-wuth" gezeigt hat?5 u. 6) Ums Eigenthum? Als ob dieser Kampf nicht immertos'e? Als ob gerade der jetzige von den Christlich-Sozialen sobeklagte Zustand nicht lediglich auf dem mörderischen Kampfeums Eigenthum beruhte? Der„letzte Kampf ums Eigenthum",das ist die sozialistische Umwälzung des Privatkapitals in Gemein-kapital, foll dem immerwährenden Kampf ein Ende machen undda fordert der christlich-soziale Dichter den„Herr Gott" auf, inden Kampf der Parteien und, wie aus dem Zusammenhanghervorgeht, zu Gunsten des Privateigenthums, also zu Gunstendes dauernden Raub- und Mordsystems einzutreten?! Da mußman ja ausrufen:„Schwärmend Parteigezücht"—„GeiferndesSchlangengift"!7) Zuletzt drängt sich uns die Frage auf:„Was sagt Pro-fessor Adolf Wagner zu solchen Leistungen seiner christlich-sozialen Freunde?"— Die Angst vor den Sozialdemokraten wird nach-gerade komisch. Beweis folgender Fall. Laut Annonce inNr. 99 der„Berliner Freien Presse" sollte bei dem, von d-nMitgliedern des Allgemeinen deutschen Schneider- Vereins arran-girten, in den Reichshallen stattfindenden Vergnügen das Musik-corps des Garde-Pionierbataillons concertiren. Alles war inOrdnung, als mit einem Male der Musikmeister der Kapelle denArrangeuren de« Festes mittheilte, daß in Folge Befehls desBataillons-Commandeurs das Musikcorps nicht spielen dürfe.Auf die Frage, warum? theilte der Musikmeister mit, daß demHerrn Major ein altes zerrissenes Exemplar der„BerlinerFreien Presse" zugesandt worden, in welchem sich die Annoncedes Festes und eine kurze Empfehlung desselben im redaktionellenTheile befand, welche beide Theile mit Rothstist angestrichenwaren. Diese alberne Denunciation genügte, um in dem HerrnMajor die Ueberzeugung zu begründen, daß es sich hier um einsozialdemokratisches Fest handle, und um seine Musiker vorsozialistischem Gifte zu bewahren, dürfen dieselben heute nichtspielen. Glücklicherweise ist es den Arrangeuren gelungen, inder Kapelle des Hrn. Musik Direktor Rachfall Ersatz zu sindenund so konnte das Fest also doch, trotz der militärischen Jnter-vention stattfinden und ist auch vortrefflich gelungen.