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Das Ausnahmegesetz und die deutschen  Universitäten"). (Ein Mahnwort an die Vertreter der Wissenschast.) Während die Welt erwartungsvoll dem Schicksal entgegen- sieht, welches der zusammengetretene Reichstag dem berühmten Sozialistengesetz oder dieses jenem bereiten wird, während die Einen 19, die Anderen 20 Nationalliberale herausdüfteln, welche nur die altbewährte Jasagetradition ihrer Partei aufzu- geben brauchten(als ob das so leicht ginge), um jenes Gesetz zu Falle zu bringen, scheint man gänzlich einen Faktor des deutschen   öffentlichen Lebens zu vergessen, der allein hinreicht, selbst wenn Regierung und Parlament einmüthig jenes Gesetz angenommen hätten, dasselbe wieder vom Erdboden verschwinden zu lassen. Dieser Faktor ist die deutsche Wissenschaft. Das Gesetz richtet sich seinem Wortlaute nach nur gegen Lehren, welche die staatlichen und sozialen Verhältnisse betreffen, scheint also nur einen verschwindenden Bruchtheil aus der Ge- sammtheit der Wissenschaften zu berühren. Aber:Die Wissen- schaft und ihre Lehre ist frei" sagt§ 20 der preußischen Ver­fassung ohne jede Einschränkung, und die Wissenschaft selbst kennt kein Gebot, welches ihre Forschung von dem einen oder andern Gebiete ausschlösse. Die den Menschen theuersten und heiligsten Begriffe der Freiheit des Willens, der Unsterblichkeit der Seele, ja der Begriff Gottes selbst haben sich einer Kritik unterziehen müssen. Sollten die charakteristischen Begriffe, auf denen die heutige Gesellschaftsordnung, die heutige Staatseinrichtung be- ruhen, sollten der Begriff desKapitals" in seinem heutigen Sinne, der von demselben beschäftigten und beherrschtenHände" und der Begriff desUnternehmergewinnes" etwa eine� größere Heiligkeit und Unberührbarkeit der Wissenschaft gegenüber be- sitzen? Viele möchten dies wohl wünschen, aber die es auch am meisten wünschen, sie möchten dies doch im Ernste nicht zu behaupien vermögen. Ja sogar den Begriff des Staates wird die Wissenschaft zu prüfen und eintretenden Falles ihn zu ver- neinen das Recht sich vorbehalten müssen. Aber ebenso wenig wie das öffentliche Leben ein bloßes Nebeneinander verschiedener unverbundener Interessen, so wenig ist die Wissenschaft ein bloßes Nebeneinander verschiedener ein- zelner, von einander unabhängiger Wissenschaften. Beide sind ein Organismus, und wo an beiden nur ein Glied in seiner Freiheit gehemmt und unterbunden wird, da leidet das Ganze. Wird es, um die heutigen Verhältnisse in Staat und Gesell- schaff zu erhalten, genügen, nur diejenigen Wissenschaften der staatlichen Censur zu unterwerfen, die ausdrücklich mit jenen sich zu beschäftigen erklären? Welch wichtigen Faktor bildet z. B. die Religion und der Glaube an eine göttliche Einsetzung unserer heutigen moralischen Gesetze. Und doch sagt Kant. Grund- lequng zur Metaphysik der Sitten p. 29. Kirchm.:selbst der Heilige des Evangelii muß zuvor mit unserem Ideal der sittlichen Vollkommenheit verglichen werden, ehe man ihn dafür erkennt; auch sagt er von sich selbst: was nennt ihr mich(den ihr sehet) gut; Niemand ist gut(vas Urbild des Guten), als der einige Gott  (den ihr nicht sehet). Woher haben wir aber den Begriff von Gott, als dem höchsten Gut? Lediglich aus der Idee, die die Vernunft a priori von sittlicher Vollkommenheit entwirft und mit dem Begriff eines freien Willens unzertrenn- lich verknüpft. Nachahmung findet im Sittlichen gar nicht statt, und Beispiele dienen nur zur Aufmunterung, d. i. sie setzen die Thunlichkeit dessen, was das Gesetz gebietet, außer Zweifel, sie machen das, was die praktische Regel allgemeiner ausdrückt, an- schaulich, können aber niemals berechtigen, ihr wahres Original, das in der Vernunft liegt, bei Seite zu setzen und sich nach Beispielen zu richten." Oder wenn die Völkerpsychologie all- mälia dahin gelangt(vergl. Tylor, Anfänge der Cultur  ), aus Träumen Hallucinationen«. den Glauben an Seelen und Götter entstehen zu lassen, sollte das dem heutigen Staate so ganz gleichgültig sein? Um ein Beispiel aus der Vergangenheit anzuführen, die falsche Etymologie des WortesAugustus  "(von andere, vermehren) hat die einstigen römischen Kaiser deutscher Nation Jahrhunderte hindurch in einem das Reich und das Volk zerrüttenden Eroberungswahn festgehalten. Was könnte wohl dem Parteigetriebe und den Wirren der Tagespolitik ferner stehen als die Gesetze der Zoologie und Biologie? Und doch sind sie vor Kurzem von Herrn Professor Höckel in Jena   gegen die bösen Sozialdemokraten m's Feld geführt worden**). Wie soll endlich, um mit diesem Beispiel zu schließen, der Historiker seinen Schülern ein richtiges Bild von den Kämpfen zwischen *) Aus akademischen Kreisen ist uns dieser vorzügliche Artikel zuge­gangen. R. d.  V." **) Freilich in einer Weise, die für Alle, die nicht zum ersten Male, wie Herr Professor Höckel, das Feld der Bolkswirthschast und Phi- losophie betreten, nur ein mitleidiges Lächeln erregen kann. Mit dem- selben Rechte, mit welchem Herr Professor Häckel von einem Natur- gesetzt der Auslese im Kampf um's Dasein redet, nach dem die Mehr- zahl der Menschen zum Proletarierthum, zuretarvatioa" JC. unab­wendbar verdammt sein soll, könnte man aus dem Fallaesetz beweisen, daß keine Häuser gebaut werden könnten, weil hierbei die Steine eine dem Fallgesetze widersprechende Bewegung ausführen müssen. Ist denn Herr Häckel noch so sehr Laie in der Philosophie und Erkenntnißtheorie, daß er nichts von einer die Naturgeschichte modifizirenden bewußten Thätigteit des Menschen weiß, welche gegenüber dem Fallgesetze beim Häuferbauen bereits zur Geltung gekommen ist, und welche gegenüber den Naturgesetzen in Staat und Gesellschaft, gegenüber dem Manchester- lichenlaieser aller", noch zur Geltung zu bringen eben gerade Auf- gäbe der Sozialdemokratie ist? Herr Häckel nehme einmal F. A. Lange'sArbeitersrage" zur Hand, welche, ebenfalls vom Kampf um's Dasein ausgehend, gerade zu den entgegengesetzten Resultaten gelangt, wie er. Anm. d. V. den römischen Patriziern und Plebejern geben, wenn er fürchten i muß denn die Vergleiche liegen eben nahe, damit eine Satyre auf die heutigen Zustände und damit sich selbst dem Staatsanwalt in die Hände zu liefern? Der Staatsanwalt braucht kein Sophist zu sein, sondern nur einfach seine Pflicht zu thun, wenn er auf Grund des§ 1 der gegenwärtigen Vor- läge des Sozialistengesetzes jede Lehre in jeder beliebigen Wissen- schaft vor den Strafrichter bringt und somit alle bereits be- stehende Wissenschaft, von der zukünftigen ganz zu schweigen, vernichtet. Und von wem soll sich die Wissenschaft diese Censur gefallen lassen? Der Lehrer censirt die Arbeiter des Schülers, der in der Wissenschaft höher Stehende die des minder Unterrichteten. Will also der Staat die Wissenschaft censiren, so muß er sich ein höheres Wissen beilegen als die Wissenschaft. Der Staat iaber in dem hier stattfindenden Sinne wird gebildet von den Män- nern der Regierung, denselben Männern, welche erst von der Wissenschaft zur Ausübung ihrer staatlichen Funktionen ausge- bildet und befähigt worden sind. Sie sind also Schüler der Wissenschaft und wollten sich dazu erheben, ihre Lehrerin zu censiren? Sie wollten das thun, bei denen man sogar in jedem einzelnen Falle zu der Frage das Recht und die Pflicht hat, ob sie nicht seit der Zeit, wo sie die Universität verließen und den Haupttheil ihrer Kraft der Praxis widmeten, in Rückstand ge- kommen sind gegen den heutigen Stand der Wissenschaft? So wenig wie eine niedere Instanz im Rechtsleben die Beschlüsse einer höheren reformircn kann, ebenso wenig darf der Staats- mann, weil er im Wissen der niedriger Stehende ist, der Wissen- schaft vorschreiben wollen, zu welchen Ergebnissen sie ge- langen soll. Aber vielleicht hat der ehemalige Schüler der Wissenschaft durch die Praxis, in der er verweilte, einen Ersatz für seine Entfernung von der Wissenschaft und ein hinreichendes Ueber- gewicht über seine ehemalige Lehrerin bekommen? Häufig genug kann man diesen Einwand hören, ob mit Recht, darüber wollen wir uns von Kant belehren lassen; Kant   sagt(Ueber den Ge- meinspruch: Das mag in dcr Theorie richtig sein ec., p. 98 eck. Kirchm.):Es kann also Niemand sich für praktisch bewandert in einer Wissenschaft ausgeben-und doch die Theorie verachten, ohne sich bloßzugeben, daß er in seinem Fache ein Jgno- rant sei." Es exiflirt also keine Instanz, welche ein Recht hätte, die Ergebnisse der Wissenschaft-n zu censiren. Die Wissenschaft kann einer Censur nur durch sich selbst unterworfen werden, und um dies zu können, bedarf sie der vollsten, bedingungslosen Freiheit. Wir glauben im Vorstehenden gezeigt zu haben, daß die Wissenschaft und das vom Staat beabsichtigte Ausnahme- gesetz nicht neben einander bestehen können. Beide bilden einen Widerspruch; Eins verneint das Andere. Wer soll nun die Wissenschaft vor ihrer Verneinung durch das Ausnahmegesetz des Staates schützen? Doch wohl zunächst Diejenigen, welchen, noch dazu von Staatswegen, die Pflicht zugewiesen worden ist, die Wissenschaft zu hegen und zu pflegen, die deutschen   Universitäten, oder, um weniger abstrakt zu sprechen, die Männer, in denen unsere Universitäten verkörpert find, die deutschen   Professoren und Docenten. Warum unsere Professoren und Docenten um der Wissenschaft willen dem Ausnahmegesetz sich nicht unterwerfen können, glauben wir gezeigt zu haben; jetzt aber wollen wir noch einen Grund anführen, warum sie um ihrer selbst, ihres moralischen Charakters willen das Ausnahmegesetz von sich abzulehnen die Pflicht haben. Wissenschaft ist bedingungslose Wahrheitsforschung und Wahr- heitslehre. Dies ist allgemein in ihr anerkannt. Damit sie dies aber sein könne, hat sich derjenige, der eine Wissenschaft treibt, nach Kant auf folgende Weise zu verhalten(Verkündigung des nahen Abschlusses eines Traktates zum ewigeü Frieden in der Philosophie, p. 91 ff. ed. Kirchm.):Es kann sein, daß nicht Alles wahr ist, was ein Mensch dafür hält(denn er kann irren); aber in Allem, was er sagt, muß er wahrhaft sein(er soll nicht täuschen)... Die Uebertretung dieser Pflicht der Wahr- haftigkeit heißt Lüge." Die Bedingung also, daß der Wissenschaft ihr eigenster Cha- raktcr als bedingungsloser Wahrheitsforschung und Wahr- heitslehre gewahrt bleibe, ist nach Kant gegeben in dem mora- tischen Charakter der zu ihrer Pflege bestellten Personen. Nun find nach Erlaß des Ausnahmegesetzes nur zwei Fälle möglich. Entweder der Staat wendet es auf die Wissenschaft an, oder er wendet es nicht an,, läßt das Gesetz blos auf dem Papiere bestehen. Im ersteren ist für die Professoren und Do- centen eine doppelte Möglichkeit des Verhaltens gegeben. Ent- weder sie lehren unbekümmert um das Gesetz ihre Wissenschaft weiter; dann kann es nicht fehlen, daß sie sich(es möchte nur wenige Ausnahmen geben) schon wenige Tage nach Erlaß des Gesetzes, soweit nur die Arbeitskräfte der Staatsanwälte reichen, sammt und sonders im Anklagestand befinden. Dann vollzieht sich die Verneinung der Wissenschaft durch das Ausnahmegesetz in der äußerlich wahrnehmbarsten Weise. Oder aber die zu bedingungsloser Pflege und Lehre der Wissenschaft Bestellten richten sich nach den Bedingungen, welche der Staat in seinen Gesetzen stellt. Dann ist aber, wenn auch weniger offen, die Wissenschast und mit ihr zugleich der moralische Charakter der Wissenschaft Treibenden nicht minder verneint. Eine bedingte Wissenschast ist ein Widerspruch in sich selbst; es giebt kein Ver- tuschen, Bemänteln, Paktiren in der Wissenschaft. Wie aber, wenn der Staat sich, sei es aus was für Gründen,> entschlösse, das Ausnahmegesetz entweder gar nicht oder nur in einzelnen Fällen, gegen einzelne Personen anzuwenden? Wenn in diesem Falle auch an keiner Universität, in keiner Disziplin eine Rücksichtnahme auf das Gesetz, eine Abhängigmachung der Wissenschaft von äußeren Bedingungen stattfände und den akade- mischen Docenten das auf diese Weise unternommene Wagniß, sei es theilweise, sei es ganz, glückte, so würden gleichwohl die Hörer, die Studirenden, mit vollem Rechte an der Wahrhaftig- keit ihrer Lehrer so lange wenigstens, bis sie selbst zur vollen Meisterschaft in der betreffenden Wissenschaft herangereift sind, zweifeln müssen. Dieser Zweifel würde aber die Unbefangenheit des Schülers in der Prüfung und Aufnahme der vom Lehrer mitgetheilten Wahrheiten erheblich beeinträchtigen. Sodann aber würden sich die Docenten eines Ungehorsams gegen den Staat, sei es ossen, sei es versteckt, im letzteren Falle also sogar einer Lüge gegen den Staat schuldig machen; es würde also auch diese mögliche Art, wie sich das Ausnahmegesetz zur Wissenschaft stellen könnte, mit einer Verneinung der letzteren sowie des moralischen Charakters der Docenten abfchließen. Kann also das Ausnahmegesetz nicht bestehen, ohne die Wissen- schaft zusammt dem moralischen Charakter der zu ihrer Pflege bestellten Personen zu verneinen, so entsteht die Frage, welches Mittel den letzteren zu Gebote steht, um für sich und ihre Wissen- schaft der drohenden Verneinung zu entgehen. Es giebt für diesen Zweck nur ein Mittel, indem sie ihrer- seits das Ausnahmegesetz verneinen. Um ihre eigene, um die Würde ihrer Wissenschaften zu wahren, bleibt den Professoren und Docenten sämmtlicher deutscher Hoch- schulen nur Eins übrig, am Tage, wo das Ausnahmegesetz seine Rechtskraft beschreitet, ihre Lehrämter niederzulegen. Mit einfachster logischer Nothwendiakeit folgt dieses Mittel aus der Begriffsbestimmung der Wissenschaft, aus der einzigen Garantie, welche in den Persönlichkeiten der Pfleger der Wissen- schaffen für die Realisirung dieses Begriffes gegeben ist und aus der Natur des Ausnahmegesetzes. Und diese aus der Sache selbst gezogene Nothwendigkeit des Handelns ist in der glücklichen Lage, die äußere, aus den gegen- wärtig bestehenden Gesetzen zu deduzirende, juristische Möglich- keit zur Seite zu haben. Die Ablehnung des Ausnahmegesetzes seitens unsrer Universitäten ist keine Auflehnung gegen die Staats- gesetze; kein Widerstreit der Pflichten findet statt, keine Casuistik, wenn dies bei den Personen, um die es sich hier handelt, über- Haupt denkbar sein könnte, kann sich in die Gewissen einschieben, um die Köpfe zu verwirren. Zu freier, bedingungsloser Wahr- heitsforschung sind unsreProfessoren und Docenten von ihrenLehrern erzogen und, bei Erlangung ihrer akademischen Grade, vereidigt worden. Dasselbe üben sie gegenwärtig gegenüber ihren jetzigen Schülern. Zu demselben Zweck sind sie vom Staate in ihren Lehrämtern bestellt. Hier ist es der Staat selbst, der durch sein Ausnahmegesetz den geschlossenen Contrakt verändert. Er kann nicht verlangen, daß dieselben Personen in einem Amte ver- bleiben sollen, dessen Bedingungen sich wesentlich geändert haben, Zwecken fernerhin dienen sollen, die nahezu das Gegentheil der früheren geworden sind. Mit Annahme des Ausnahmegesetzes durch den deutschen  Reichstag hat die Wissenschast in Deutschland   aufgehört, sie braucht also auch keine Lehrer mehr. Was dann noch von Leuten, die ja auch fernerhin noch Professoren und Docenten heißen könnten, noch vorgetragen werden könnte, würde keine Wissenschaft mehr sein, wenn es auch offiziell diesen Namen führen könnte; was der Staat fernerhin noch seinen Angehörigen mitzutheilen für gut befindet, kann er ihnen ja auch durch dazu commandirte Soldaten und Unteroffiziere, die ja auch sonst in den Strikes eine beliebte Aushülfe abgeben müssen, zukommen lassen. Wir sagten am Eingange unsres Artikels, daß die deutsche Wissenschaft ein Faktor des deutschen   öffentlichen Lebens sei, der allein hinreiche, um jedes, auch das mit größter Einmüthigkeit angenommene Ausnahmegesetz wieder vom Boden verschwinden zu lassen. Hier, wo wir an der Stelle angekommen sind, daß wir die praktischen Folgen erörtern müßten, welche diese all- gemeine Amtsniederlegung unsrer Professoren und Docenten, dieser allgemeine Strike unsrer Universitäten nach sich ziehen würde, stehen wir nicht an zu bekennen, daß wir von dieser Erörterung abstehen wollen und abstehen können. Denn nicht dazu rufen wir die Männer der Wissenschaft an, in einem politischen Kampfe Partei zu nehmen, vielleicht gar zu unfern Gunsten Partei zu nehmen. Das würde sich mit der Würde, die wir ihnen in unsrer Rangliste anweisen, nicht vertragen. Ferdinand Lassalle  , der unsterbliche, hat die große Allianz der Wissenschaft und der Arbeiter proklamirt und wir Arbeiter (mit Kopf und Hand) stehen harrend, daß die von ihm ge- knüpften Fäden sich mehren und fester und fester schließen; aber wir wissen auch, daß die echte Wissenschast, sie, die allein diesen Namen verdient, sich nicht zwingen läßt, daß sie, wenn sie kommt, freiwillig kommen muß. Deshalb unterlassen wir es, mit dem Feldgeschrei der Partei die Männer der Wissenschaft zu be- stürmen. Keine Kampfesberechnungen, keine Siegeshoffnungen sollen ihr Urtheil berücken. Sie sollen ihre Wissenschaft pflegen sine!ra et studio, sie sollen sie lehren ohne Unterschied und Rückhalt dem Reichen wie dem Armen, sie sollen aber auch, wenn die Existenzverneinung an sie und ihre Wissenschaft heran- tritt, ohne Rücksicht auf gute oder böse Folgen für sich, für eine Partei, für die Nation, das Letzte thun, was die Pflicht gegen die Wissenschaft und ihren eigenen moralischen Charakter ihnen gebietet. Denn wenn schon die Wissenschaft selbst nicht mehr cxistirt, so existirt doch immer noch, und dann gerade erst recht, der Schein der Wissenschaft. Dieser Schein der Wissen- schaft aber ist der Todfeind aller künftigen Wissenschaft. Und diesen Todfeind einer in künftigen besseren Zeiten wieder zu entfaltenden Wissenschaft zu vernichten, indem sie ihm als das. was er ist, als Schein kennzeichnet, das ist die letzte Auf-