Bismarck   von den Ursachen des Wachsthums der Sozialdemokratie in Deutschland  . Unsere Gegner selbst, und die von ihnen geschaffenen und auf- rechterhaltenen Zustände sind es, welche die Sozial- demokratie großgezogen haben. Die wirthschaft- liche Anarchie, der Milliardenschwindel, die Do- tationen an Bismarck   und einige Generale, wäh- rend die Landwehrleute, die Anlehen empfangen haben, ausgepfändet werden kurz, die heutigen Zustände in ihrer Gesammtheit werden einer scharfen Kritik unterzogen. Den weiteren Vorwurf des Fürsten Bismarch: wir scheuten uns im Reichstag unser Programm voll zu entwickeln, richte sich in Wahrheit gegen die Geschäftsordnung des Reichstags,� welche uns bisher daran gehindert. Hierauf geht Redner dazu über, die Grund- lagen unseres Programms und die Hauptforde- rungen deffelben zu begründen und gegen alle Angriffe zu vertheidigen..,. cm- An diesem Programm halten wir fest. Wir erstreben nicht die gewaltsame Revolution. Unsere Gegner scheinen aber darauf hinararbeiten zu wollen. Werde das Volk zu sehr gereizt, so könne allerdings ein Punkt erreicht werden, wo seine Geduld erschöpft sei. Wegen dieser Bemerkung, die hier dem Sinne nach corrcct wiedergegeben ist, wird Hassel- mann»ur Ordnung gerufen, weil darineine in- direkt- Aufforderung zum Aufruhr" enthalten sei! Hasselmann schließt: Fürst Bismarck   möge an den 18. März 1348 denken!" Großer Tumult. Nun betritt die Rednerbühne Herr Löwe(von Calw  ?), Chef derGruppe Löwe", Präsident des Stuttgarter Rumpfparlaments, Exdemokrat, Ex- fortschrittler. Mit seiner monotonen Speckstimme bringt er ein paar Banalitäten gegen die Sozial- demokratie vor, und hält dann eine Lobrede: zuerst auf die Schulze'schen Genosserschaften und dann auf das Ausnahmegesetz. So tief ist dieser Löwe gesunken.Das Gesetz, das wir machen, ist kein Klassengesetz, es ist ein Gesetz gegen die gewerbsmäßigen Agitatoren."Ich muß mich dagegen verwahren, daß dieses Gesetz ein Klassen- gesetz sei."Es werden Niemand als den Sozialdemokraten Rechte genommen."Die Arbeiter leiden unter dem Terrorismus, den die Führer der Sozialdemokratie ausüben; sie sind froh, wenn sie durch dieses Gesetz von ihm erlöst werden."Das Gesetz wird keine Diskussion über die soziale Frage verhindern." Und ähnliches reaktionäres Zeug. Volle dreiviertel Stunden dauerten die reaktiv- nären Purzelbäume des pudelgewordenen Löwen. Als er nicht länger konnte und, erschöpft, das grausame Spiel einstellen mußte, wurde die Redner- bühne frei für den ElsasserProtestler" Winterer, der. von seinem Standpunkte aus, mit bekanntem Geschick die Gesetzesvorlage bekämpfte.Die El- süsser, die seit 7 Jahren unter Ausnahmegesetze leben, wissen was ein Ausnahmegesetz ist. Welchen Mißbrauchs das vorliegende fähig sei, erhelle aus der Thatsache, daß er selbst, der entschiedenste Gegner des Sozialismus, amtlich von der Elsasser Regierung als Sozialist hingestellt worden sei." Redner weist dann daraus hin, daß 1874 der so- zialistischen Candidatur Liebknecht's   in Mühlhausen  von den preußischen Behörden Vorschub geleistet worden sei, weil man die Protestpartei habe sprengen wollen; das werfe, gleich ähnlichen Bor- gängen, ein sonderbares Sicht auf die Motive der Reichsregierung bei Vorlage dieses Gesetzes. Wie dem Sozialismus zu begegnen sei, habe sein Col- lege Dolfus gelegentlich der ersten Lesung aus- einandergesetzt. Der Sozialismus sei der Todfeind des Katholizismus genannt worden. Er(Winterer) sei Niemandes Todfeind, also auch nicht der Sozialisten, aber er sei der Todfeind des So- zialismus. Auf Winterer folgt der nationalliberaleStaats- mann" Benningsen, der sich der schwierigen und undankbaren Aufgabe unterzieht, sein Votum von heute mit seinem Votum vom 24. Mai in Har- monie zu bringen. Zu diesem Zweck besteigt er das Roß der Wissenschaft. Soweit der So- zialismus Lehre, Weltanschauung, sei er bc- rechtigt, dürfe er in seiner Entwicklung nicht ge- hemmt werden. Keine Regierung werde es wagen, gegen Lehren und Wissenschaft vorzugehn(?!), kein Parlament werde den Versuch blllrgen. Es sei thöricht, die jetzigen Eigenthumsverhältnisse als endgültige zu betrachten. Die Produktion sei in beständigem Uuß Die moderne kapitalistische Produktionsform sei' nicht die letzte Produktions- form. Könnten wir den Schleier der nächsten Zukunft lüften, wir würden vermuthlich bestem- dendere und verwunderlichere Bilder erblicken, als die Vergangenheit uns darbietet Aber die so- zialen und politischen Gestaltungen der Zukunft zu schaffen, sei Sache der Zukunft. Die Gegen- wart dürfe nicht vorgreifen. Und nun hat das Rößlein den Reiter glücklich dahin gebracht, wo er hm wollte. Die Sozialdemotratie greift der Zukunft vor. S,e greift gewaltthatig vor. Und so weiter Jlum Schluß Eompliment- an den Herrn Reich, kanzl« und elegante Variation des Bamberaer'scken' Hunde sind wir ja doch! Wir sind bereit, dankbar und gerührt die Hand zu ergreifen, welche uns «och eben so hart gezüchtigt hat, und das Aus- nahmegesetz nach Wunsch zu apportircn. Fällt für diese Gefälligkeit eine kleine Belohnung ab in Gestalt eine« Ministerportefeuilles, gut! Und wenn nicht, auch gut. Wir werden nichts übelnehmen.Hunde find wir ja doch." Bennigsen's Schlußwort:Unsere Staats- männer sind jetzt auf die Probe gestellt" werden wir demStaatsmann" Bennigsen vielleicht einst in's Gedächtniß rufen. Ein Schlußantrag wird angenommen es ist V-4 Uhr und Herr General- Staatsanwalt von Schwarze bekommt das Wort zu seinem Re- ferat. Dasselbe fällt sehr kurz aus und gipfelt in den Worten, daß ja Jedermann wisse, was unter den sozialistischen  -c. Bestrebungen zu verstehen sei! Da auch Fürst Bismarck  , der zu Beginn der Rede Bennigsen's in das Haus trat, keine Erklärung und Definition zu geben für nöthig hält, bleibt es also dem Ermessen der Polizei überlassen, die sozialistischen   2C. Bestrebungen nach ihrer Faijon zu interpretiren und auszuführen. Kurz vor 4 Uhr beginnt die Abstimmung. Ein Antrag auf namentliche Abstimmung liegt leider nicht vor das Centrum will ihn erst zur dritten Lesung stellen. Die Conservativen und Nationalliberalen er- heben sich wie ein Mann auch dieMannes- seele", die betrübt und schweigend dagesessen, steht auf! für das Amendement, welchesdie Ein- tracht der Bevölkerung" unter seinen papierenen Schutz nimmt, und schließlich für den Commissions- antrag mit diesem Amendement. Das Amendement ist weder eine Verbesserung noch eine Verschlechterung. Das Gesetz ist derart, daß es ebenso wenig verbessert als verschlechtert werden kann. Nachdem der eutscheidende Sprung über den Stock gethan, empfindet das hohe Haus das Be- dürfniß nach Ruhe, ein Antrag auf Vertagung findet fast einstimmige Annahme. Nächste Sitzung morgen Vormittag 11 Uhr. Es ist sehr fraglich, ob die zweite Lesung diese Woche noch zu Ende geht. Den heuchlerischen Liberalen liest die in Leipzig   erscheinendeAllgemeine evangelisch- lutherische Kirchenzeitung" in derber, aber immer- hin trefflicher Weise den Text, indem sie sich über die jüngste Reichstagsrede Bebels in folgender Weise äußert: Bebel   durfte stagen, ob denn die atheistischen und materialistischen Anschauungen, als deren Heerd man die Sozialdemokratie anklage, von Sozialdemokraten wissenschaftlich begründet, ob dievier Auflagen", welche Strauß'Alter und Neuer Glaube" erlebt, von Sozialdemo- kraten und Arbeitern gekauft worden seien. Er konnte hinweisen auf Ph. Mainländer'sPhilo­sophie der Erlösung", welche als den von der Menschheit angestrebten idealen Zustand den Sozialdemokratismus bezeichne, und damit ab- schließen, daß die Sozialdemokratie überall nur die Lehren der Wissenschaft anzuer- kennen, weiter zu verbreiten, zu popula- risiren und in Fleisch und Blut der Nation und des Organismus von Staat und Gesellschaft über- zuführen brauche und suckie:und das alles soll Verbrechen sein." Die Sozialdemokraten werden nun ja wohl ihre Bezugsquellen selbst am besten anzugeben wissen; und ebenso unwidersprechlich ist dann Bebel's Schlußmoral. Ist diese freie Wissen- schaft eine so edle Blüthe, wie unsere Kultur- kämpfer versichern, so dürfen sie auch die Frucht nicht Gift nennen, und umgekehrt. Diese freie Wissenschaft ist ja freilich sehr brauch- bar, um den Leuten das ärgerliche Christenthum auszutreiben; aber fatal ist doch, daß auch sie wie alles ihre zwei Seiten hat. Daß, um mit Strauß zu reden, die Katze die Mäuse sängt, wäre schon recht; wenn sie nur nicht auch den Braten sich aneignete. Es ist nur eine ungeschickte Roth- lüge,daßdieSozialdemokratiezum Atheis- mus führe. Umgekehrt; Bebel   hat recht: der Atheismus führt zur Sozialdemokratie. Die gottentfremdete Wissenschaft, die unter dem Schutze, ja im Dienste des Staates den Glauben untergräbt: diese ist die Mutter der Sozial- demokratie. Die darwinistischen Volksbildner, die gartenlaube- sitzenden AußerKirchen-Schatten- männer und die konfessionslosen Pädagogen mögen sich für dies vernichtende Kompliment bei den Sozialdemokraten bedanken." Wir find mit diesem in seiner Art trefflichen Urtheile zufrieden:Die Wissenschaft ist die Mutter der Sozialdemokratie!" Die Wissenschaft muß umkehren", so riefen die reaktionären Kreuzzeitungsmänner in sittlicher Entrüstung aber mit überzeugungstreuem Ernst aber die Wissenschaft kehrte nicht um. Die Wissenschaft muß still stehen", so ruft jetzt angesichts der wissenschaftlichen Sozialdemo- kratie der bambergerische und virchowistische Libe- ralismus- aber die Wissenschaft steht nicht still. Und die Sozialdemokratie, aufdie Arbeiter und die Wissenschaft" gestützt, kann nicht vernichtet werden. Da hilft kein konservativer Polizeibüttel, kein pfäffisches Augenverdrehen und auch keine liberale Heuchelei. Bismarck's   literarischer Kammer- diener, Herr von Treitschke  . ist recht voreilig gewesen, als er in seiner SchimpfschriftDer Sozialismus und seine Gönner", die vor Unfläthig- keit trieft, einen einfältigen, pinselhaften Ausfall gegen Lassalle   machte. Er wußte nicht, daß sein Herr und Meister Bismarck von Lassalle der- art eingenommen war, daß er seinem gepreßten Liebesherzen im offenen Reichstage Luft machte. Hören wir diesen unseren Lesern bekannten Bismarck  'schen Liebeserklärungen gegenüber die Treitschke  'schen Schimpfereien. Treitschke   schreibt über Lassalle  : Er ist ein Meister im Erfinden jener sinn- losen Formeln, welche durch den kraftvollen Aus- druck des Unsinns den Hörer verblüffen. Er­kennt wie wenige Sterbliche den unwiderstehlichen Zauber, welchen die Frechheit auf das nach Autorität verlangende Gemüth der Massen ausübt, und er handhabt diese Zauberkraft, denn er ist außer Stande, sich zu schämen. Die Natur versagte ihm diese Gabe, welche dem germanischen Menschen fast niemals gänzlich gebricht. Seine Schrift gegen Bastiat-Schulze ist nicht ganz so schändlich wie das von Lügen strotzende Pasquill wider Julian Schmidt  ; sie enthält einzelne Ab- schnitte von siegreicher polemischer Kraft. Doch in allen volkswirthschaftlichen Werken Lassalle's  zeigt sich dieselbe Unfähigkeit, einen positiven und lebensfähigen sozialen Gedanken zu gestalten, und dieselbe Verlogenheit!" Unsinn, Unfähigkeit, Verlogenheit aus diesen Begriffen ist der Treitschke' sche Lassalle zusammengesetzt. Geistreich, liebenswürdig und lehrreich ist der Bismarck  'sche Lassalle. Fühlt der literarische Kammerdiener Bismarck's  , Herr von Treitschke  , nicht, daß er sich unsterblich blamirt hat. Wir möchten nicht in seiner Haut stecken, da er fortwährend in Furcht sein wird, daß sein Herr und Meister ihm eins auf das ungewaschene, voreilige Schimpfmaul giebt. Der wissenschaftliche Nationallibe- ralismus gegen den staatsmännischen Na- tionalliberalismus. Während diegroßen" nationalliberalen Staatsmänner Bennigsen, Lasker und Stauffenberg das Ausnahmegesetz gegen eine große Partei oder besser gesagt: gegen eine Volksklasse durchdrücken helfen, erlaubt sich der nationalliberale Gelehrte, Professor Adolf Held  , in seiner jüngsten Schrift:Sozialismus, Sozialdemokraten und Sozial-Politik" folgende Gedanken zu äußern: Hüten wir uns, den Arbeiter mit anderem Maße zu messen, als uns selbst. Die Krankheit der sozialen Bewegung wurzelt nicht in den bos- haften Leidenschaften unserer Arbeiter allein; denn diese sind Menschen wie wir, keine Rasse mit besonderen Anlagen. Was schlimm an ihnen ist und insoweit sie schlimmeren Anschauungen hul- digen, als andere Klassen immer muß daran die Erziehung schuld sein, durch welche die ganzen Völker gegangen find. Die Krankheit wurzelt in der ganzen Gesellschaft, in der Geschichte der Ideen, welche sich in der Geschichte entwickelt haben. Wo die ganze Gesellschaft gefehlt hat, da da kann aber auch die ganze Gesellschaft helfen. So tief die Wurzeln der Krankheit liegen, dennoch ist es keine Krankheit, die den ganzen Volksorga- nismus verderben muß, ja es ist mcht einmal eine Krankheit, die uns nothwendig durch eine lebens- gefährliche Krisis hindurchführen muß. Freilich, die richtigen Mittel zur Bekämpfung des Uebels allgemein zu kennen und zu ergreifen, find wir noch weit entfernt, weil wir das Uebel noch zu wenig kennen und zu viel mit instinkimäßigem Abscheu operiren. Wir können die Sozialdemo- kratie nie und nimmer überwinden, wenn wir uns begnügen, ihre äußeren Symptome nieder- zuschlagen. Wenn sozialdemokratische Redner und Schriftsteller offen das Gesetz verhöhnen, Hoch- und Landesverrat predigen, Berleumdun- gen aussprechen:c., so müssen sie freilich bestraft werden, wie jeder Andere, der das Gleiche thut. Aber wir werden die Massen noch nicht mit treuer Gesetzesliebe erfüllen, wenn wir uns beschränken, die Autorität des Gesetzes äußerlich zu wahren gegen ihre offenen Gegner. Wir werden die Sozialdemokratie auch nicht überwinden, wenn wir uns in blinder Angst einem System reaktionärer überspannter Autorität in die Arme werfen; denn ein solches Gesetz arbeitet seinem Gegenthnl, der wüsten Anarchie, in die Hände und die thörichte Angst reizt den Muth der Gegner. Daß die despotischen Retter der Gesellschaft" uns keinen Frieden schaffen können, hat die Erfahrung gelehrt." So der nationalliberale Professor Held! Aber der landläufige Nationalliberälismus, derstaats- männische" Nationalliberalismus? Er wirft sich in blinder Angst einem System reaktionärer überspannter Autorität in die Arme" und stürzt das so schon übergenug gequälte deutsche Vater- land einerwüsten Anarchie" in die Hände. Der Liberalismus allerdings wird solchen ungeheuren Frevel schwer bezahlen müssen. Wir sind so frei frei sein zu wollen". An diesen Ausspruch des Grafen Auersperg(Anastasius Grün  ) knüpft ein Schrift- steller in demZeitungs-Kurier", einem nicht Po- litischen Blatte, an und fördert folgende vernünf- tigen Gedanken zu Tage, trotzdem er seine anti- sozialistische Gesinnung noch erst besonders markirt hat: Männer, die zur Ausübung des Rechts der freien Rede befähigt sind, haben keine Zeit, noch viel weniger den Beruf, sich für die freie Rede einsperren zu lassen. Es widerstrebt dem poli- tisch  -gesunden Menschenverstand, daß die in Lon- don, Paris  , Berlin   und Petersburg   verschiedenen Ansichten der Regierung über dies Recht der freien Rede alle die richtigen sein können: sie sind viel leichter alle unrichtig. Es liegt keine Roth- wendigkeit vor, daß gerade wir in der Ver- werthung unserer Fähigkeit gehemmt werden sollen, im Gegentheil, wir sollten darin die Bei- Hilfe des Staates genießen können; denn die Leser wollen ein freies Wort und dieses Wollen ist billig; es verdient vom Staate be- friedigt zu werden; würde ihm dann auch niemals gefährlich werden. Johann Jacoby   hat einmal ein sehr energisches Wort zu einem Könige gesprochen, vielleicht das energischste, das je ein Mann aus dem Volk an den König richten konnte: dem beschränkten Unterthanenver- stand hätte er das Wort nie zu sagen gebraucht und die Zeit liegt jenseits unseres prophetischen Gesichtskreises, in welcher er es würde anwenden können. Das Volk will und wird immer wollen, daß man nicht nur wahr, nein! das Wahre auch in frcimüthigem Tone zu ihm spricht. Wahrheit allein thut's freilich nicht; sie kann sich in die langweilige doctrinäre Hülle der Buch- form stecken und wird keinen Schuster vom Leisten weglocken, daß er in eine,den öffentlichen Frie- den bedrohende" Exstase geräth. Das Argus- auge desErzengels" ist geschlossen gegen solche Wahrheit.  - Nur freimüthige Wahrheit, kurze, elementare Wahrheit, in Flug- und Zeitschriften hatviel Feind viel Ehr." Wir sind mit dem antisozialistischen Schrift- steller vollkommen einverstanden und freuen uns, solche ausgesprocheneWahrheiten" jetzt sehr häufig imVorwärts" registriren zu können. Doch eins! Der Verfasser ruft die Beihilfe des heutigen Staates an, das freie Wort zu för- dern. Armer Utopist! Da mußt Du allerdings warten, bis die sozialistische Gesellschaft erstanden ist und weil Du daran nicht glaubst, bleibst Du ein unverbesserlicher Utopist. Die Gastwirthe werden zu Polizei- spitzeln degradirt, wenn das Ausnahmegesetz in Kraft getreten ist; dies fühlt auch dieDeutsche Gastwirthzeitung", indem sie schreibt: Den Wirthen wird unter der Herrschaft dieser Bestimmungen die Hölle so heiß gemacht, daß sich jeder anständige, gesinnungsvolle Mensch wohl hüten wird, fortan dieses ver- fängliche Gewerbe zu erzreifen; und während man angeblich der guten Sitte wegen die Wirthe längst unter Ausnahmegesetze gestellt hat, ist man gegett- wärtig bestrebt, diese Ausnahmegesetze noch zu verschärfen, Gesetze, deren nächste und unvermeid- lichste Wirkung die sein muß und wird die Wirthe gänzlich zu entsittlichen und zu einer Verwilderung des Charakters zu führen, vor deren Consequenzen jeder zurück- beben muß, der es mit dem Fortschritt zur Ver- edelung der menschlichen Gesellschaft ehrlich und gewissenhaft meint." Weruntergräbt" die Sittlichkeit, so fragen wir Herrn von Bismarck  ? In Oesterreich   wird der Wirrwar im- mer größer. Dem ungarischen Ministerium ist das deutsch  -österreichische Ministerium auf dem Fuße gefolgt dasselbe mit dem Fürsten   Auers- perg an der Spitze hat gleichfalls seine Entlassung erhalten. Nun kommt wohl der Reichskanzler Andrassy an die Reihe. Neuerdings haben die Oesterreicher wieder ein bedeutendes Gefecht gegen die Bosnier verloren. Der ungarische Reichstag verlangt Zurückberufung der Armee aus Bosnien  , der Kaiser wird bald merken, daß er auf der Berliner   Conferenz sich hat in ein Netz locken lassen. Doch dieOesterreicher   werden nicht alle."_ Parteigenossen! Sozialisten, Sozial­demokraten, Communisten! Gedenkt in den schweren Zeiten der Gemaßregelten und Jnhaftirten. Mehr den jemals thut ein gegenseitiges Einstchen Roth; mehr denn jemals gilt das Sprichwort: Einer für Alle, Alle für Einen." Auch in unserem Berliner   Parteiorgan werden die Arbeiter und Anhänger der Sozial- demokratie aufgefordert, in Rücksicht auf das un- zweifelhaft zur Annahme gelangende Sozialisten- gesetz, in der Fabrik oder in der Werkstätte, beim Vergnügen oder unter gleichgesinnten Haus- genossen Sammlungen für die zukünftigen Opfer jenes Gesetzes vorzunehmen. Nicht darauf kommt es an, viel auf einmal zu geben, sondern das Augenmerk ist vor Allem darauf zu richten, daß die Gaben öfter fließen Fünf oder zehn Pfennige die Woche kann Jeder geben. Wenn aber die Tausende von Berliner   Sozialdemokraten auch noch so kleine Gaben darbringen, so wird es möglich sein, die empfindlichsten Schläge der Reak- tion unschädlich zu machen. Und was für Berlin   gilt, das gilt für ganz Deutschland  ! Mit diesem Ausrufe schließen wir uns der Anficht unserer Berliner   Genossen an. Mit Ketten geschlossen. UnsernPartei- genösse Oppenheimer zu Barmen, welcher als Redakteur derBergischen Bolksstimme" zu sechs Monaten Gefängniß kürzlich verurtheilt worden ist, hat man am 5. Oktober mit übereinander geschlossenen Händen nach Köln   abgeführt. In Stuttgart   überbietet die Staatsan- waltschaft fast noch die Herren Tessendorff und Woytasch. Parteigenosse W. Guldenfels, �der Redakteur der Nummern 80 und 81 derSüd- deutschen Bolkszeitung" ist am 7. Oktober ver- haftet worden. Ursache nicht bekannt. Der in der Dühringaffaire bekannt gewordene Studiosus und Schriftsteller Ed. Bertz, welcher gegenwärtig in Paris   weilt, wurde am vorigen Dienstag wegen Beleidigung desherrlichen" Knegshseres begangen durch dieBerliner Freien Presse" vom Berliner   Stadtgericht zu 5 Monaten Gefängniß- strafe contumacirt. Genosse Dulk ist am 9. ds. vom württembergischen Schwurgericht wegen Religionsschmähung zu einem Jahr Gefängniß verurtheilt worden.___ Correspondenzem Aerttn, 8. Okt. Ueber die Parlaments- rische Situation vor der zweiten Lesung im - Plenum äußert sich ein hiesiger fortschrittlicher Correspondent in auswärtigen Blättern:Alles politische Interesse knüpft in diesem Augenblicke an das Sozialistengesetz an. Und dnch ist ei \ eigentlich nicht das Gesetz selbst, sondern die Stet- lung der nationalliberalen Partei zu dem- selben, was vorzugsweise interessirt. Das Gesetz selbst wird unzweifelhaft zu Stande kommen; eiguec sich die Mehrheit einmal die Anschauungsweise des « Gesetzentwurfs an, daß eine einzelne politische