den Preßparagraph des Umsturzgesetzes(Z 6) zu Ende. Nachdem am Sonnabend Herr von Hert- ling den Standpunkt seiner Partei(des Centrums) präzisirtj, und Herr Bamberger die vollständige Zerfahrenheit des Nationalliberalismus constatirt hatte, fiel heute Herrn Richter die Aufgabe zu, den geistigen Bankrout der Fortschrittspartei ooulos(sichtbar) zu demonstriren. Kleist-Retzow, der dem fortschrittlichen Redner folgte, war ganz in seinem Element. In donnernden Worten de- klamirte er gegen die Preßfreiheit, diesen Wauwau aller Reaktionäre, und fand geneigtes Gehör an den Regierungstischen. Graf Eulenburg erklärte mit dankenswerther Offenheit: die sozialdemo­kratische Presse soll vernichtet werden; das Gesetz muß rückwirkende Kraft haben. Was Windt- Horst dagegen zu sagen hatte, war im Ganzen sehr schwach er hat wohl nie schwächer ge- sprochen; und Herr Lasker, der für den Commissionsantrag und eine wenigstens einmalige Verwarnung(die aber gar keine ist, da das Ver- bot einer Zeitschrift schon auf Grund der ersten Verwarnung erfolgen kann) plaidirte, erreichte natürlich nichts anderes, als ein mitleidiges Lächeln des Grafen Eulenburg. So ist's nicht gemeint. Die Regierung will der Presse den Strick um den Hals legen, und läßt sich durch die frommen Wünsche des Herrn Lasker, der den Strick hat drehen helfen, nicht beirren. Die letzte Illusion Derer, die gewaltsam, um ihr Gewissen zu beruhigen, an Illusionen fest- hielten, wurde durch das Referat des Herrn von Schwarze vernichtet, der die Eulenburgischen Anschauungen nur etwas verwässert vorbrachte. Die Sozialdemokraten, in deren Namen sich Liebknecht zum Wort gemeldet hatte, wurde durch einen Schlußantrag mundtvdt gemacht ein Verfahren, das sich selbst richtet. Schon ehe an Windthorst die Reihe des Redens kam, war ein Schlußantrag gestellt, aber abgelehnt worden. Ebenso, als Lasker sprechen sollte. Man sieht, den Valentin sind wir los, allein die Valen- tine sind geblieben. Es wird jetzt mit Dampf- geschwindigkeit zehn. Das Resultat der Abstimmung war, daߧ 6 in jeder Fassung abgelehnt wurde. Gegenden Commissionsantrag stimmten die Conservativen, welche die rückwirkende Kraft«ans pdrase wollen; gegen die Fassung der Regierungsvorlage die Nauonalliberalen, welche die Form zu wahren wünschen. Mit der Ablehnung ist nicht das Mindeste gewonnen. Bei der dritten Lesung wird§6 an- genommen werden, und zwar vsraussichtlich in der Form, welche die Commission vorschlägt. So hätten die Nationalliberalen einen Scheinfieg er- fochten, der ihren thatsächlichen Verrath dem Publikum verhüllen soll. Einen Scheinsieg. Denn in Wirklichkeit ist es ganz gleichgültig, ob dem Verbot einer Zeitschrift das Verbot einer Nummer vorauszugehen hat oder nicht es ist einfach ein Unterschied von 24 Stunden nichts weiter. Die lehrreichste Rede in dieser Debatte war die des Herrn Bamberger. Er weiß genau, was das Gesetz bezweckt: es ist reaktionär, es vernichtet die Preßfreiheit für das Gesetz zu stimmen, ist ein Bruch mit allen liberalen Tra- ditionen; aber er hat Angst vor dem rothen Ge- spcnst, die Gefahr, welche von der Reaktion droht, welche vom Sta atssozialismns droht, schrumpft zu Nichts zusammen angesichts des Schreckbilds der Sozialdemokratie. Mit offenen Augen stürzt er in den Sumpf der Reaktion und Proklamirt die politische Abdankung des National- liberalismus, diesesarmen Sünders". Den Reichstagsabgeordneten. (Zur Erinnerung an die Abstimmung über das Sozialistengesetz im Oktober 1878.) Ihr habt die Formen wohl zerbrochen, Die mit der- Freiheit Geist gefüllt, Die Formen nur, die Herzen pochen, Die an der Freiheit Brust gestillt; Ihr schlagt die Wahrheit wohl in Banden, Ihr knebelt Schrift und Druck und Wort, Und dennoch macht sie euch zu Schanden, Sie redet stumm beredter fort! Was als gemeines Recht verpfändet, Für Alle unantastbar galt, Ihr selbst habt dieses Recht geschändet, Ihr überliefert's der Gewalt. Ihr habt's gemacht zur feilen Dirne, Die ihre Flatterreize kennt: Ein Brandmal flammt auf eurer Stirne, So lang' man eure Namen nennt! Es wird auf eurer Stirne glühen, Das Mal, das ehrlos euch gemacht, Trotz aller eurerLiebesmühen", Wird euch nicht Lohn, nicht Dank gebracht; Man meidet euch gleich jener Dirne, Von der man angeekelt schied; Man flieht dieliberale" Stirne, Wie man eh'dem den Aussatz mied. Nur zu! Wir achten nicht der Fehde, Die unmcr heißer nun entbrennt, Ihr raubt der Arbeit Wort und Rede, Raubt die Gedanken, wenn ihr könnt! Ihr raubt das Brot aus uns'rem Munde, Den Trank, der karg genug uns rinnt; Es flucht euch jede Sorgenstunde, Es flucht euch Mann und Weib und Kind! Ihr hegt das Raubthier in dem Garten; Ihr schützt das Wild in Wald und Flur, Ihr laßt dem Rosse sanft aufwarten, Der Arbeit Sohn ist schutzlos nur; Man hätte erwarten können, daß Herr Eugen Richter als Vertreter des Bürgerthums gegen die Bamberger 'sche Rede Protestirt und für das Palladium der bürgerlichen Freiheit", wie man die Preßfreiheit mit Recht genannt hat, eine Lanze gebrochen hätte. Doch auch ihn lähmte die Angst vor der Sozialdemokratie; und so hat die Re- gierung des Fürsten Bismarck den beispiellosen Triumph erlebt, daß die deutsche Bourgeoisie ihr vornehmstes politisches Grundrecht freiwillig, selbst- mörderisch geopfert hat. Die Geschichte keines anderen Kulturlands bietet eine Parallele. Die Sozialdemokratie kann mit dem Verlauf dieser Debatte, wie überhaupt der gesammten De- batte über das Ausnahmegesetz zufrieden sein: es giebt in Deutschland keinen Liberalismus mehr; das Bürgerthum, in seinen verschiedenen Parteien, hat politisch abgedankt und bildet mit den Conservativeneine reaktionäre Masse". Die Fahne der Freiheit, die das Bürgerthum feig weggeworfen hat, flattert jetzt nur noch in den Reihen der Sozialdemokratie, derPartei der Geächteten", und wird von ihr zum Siege ge- tragen werden trotz alledem und alledem. 15. Oktober. Der Reichstag ist erschöpft das sieht man ihm an, und das hört man ihm an. Gelang- weilte, abgespannte Gesichter und nicht ein neuer Gedanke, nicht ein urwüchsiger Gefühlsaus- druck, der die träg, schlammartig sich dahin wäl- zende Debatte belebt. Und doch fehlte es heute nicht an Anlaß, die Geister aufeinander platzen zu machen.§ 16 und§ 19 wurden behandelt. Der Ausweisungsparagraph und die Be- schwerdeinstanK. Ersterer führte zwar eine Anzahl Redner tn die Arena(den süddeutschen Streber Schmid, Reichensperger, Puttkammer, Regierungspräsident von Schlesien , Bennigsen zweimal, Radziwill, Eulenburg zweimal, Helldorf, Hänel, Friedberg , Brüel , Schwarze), aber man merkte es Jedem an, er sprach bloß ex officio, weil es so sein mußte, um den Schein zu wahren. Was kommt auch auf die nebensächlichen Details an, wenn einmal die Hauptsache beschlossen ist? Wenn Jemand todtgeschlagen werden soll, dann ist es wahrhaftig höchst gleichgiltig, ob man ihm einen kleinen Puff mehr oder weniger gibt. Frei- lich mit dem Todtschlagen hat's gute Weile. Doch das macht nichts�: der Wille ist wenigstens da. Interessant waren bloß die Schlaglichter, die Reichensperger auf die preußischen Justizverhält- nisse warf, speziell auf die Epidemie der Majestäts- beleidigungsprozesse und die enormen Strafen, welche verhängt worden find. Der Hieb saß so guh, daß die Regierung eine zwiefache Antwort nöthig hielt; durch Eulenburg junior und Fried- berg. Letzterer bestritt, daß Seitens des Justiz- Ministeriums irgend ein Erlaß an die Staats- anwälte und Richter ergangen sei, mit der Er- Mahnung, das Gesetz strengstens zu handhaben. Graf Eulenburg aber entfchlüpfte etne hestige Verurtheilung des Denunziantengesindels und das Geständniß, daß es besser gewesen sei, viele Majestätsbeleidigungsprozesse wären unter- blieben, ein Geständniß, dem sich ein Ausdruck des Bedauerns anschloß, daß nicht verschiedene der Majestätsbeleidiger m flagranti vom Publikum bestraft worden seien! Für einen Minister, der über Aufrechterhaltung der Ordnung und der Ge- setze zu wachen hat, freilich eine sehr bedenkliche Aeußerung, die in dem Zuruf von den sozialde- mokratischen Bänken: Lynchjustiz! Bierseidel! ihre passende Kritik fand. Herr v. Schwarze, der seinen reaktionären Ruf noch zu übertreffen sich abquält, gab, im Ein­klang mit Eulenburg, dem§ 16 die möglichst reaktionäre Deutung.Die Regierung muß freie Hand haben, sonst ist das Gesetz unnütz" das war der langen Rede kurzer Sinn. Graf Eulen- bürg aber hatte es speziell auf den armen Lasker abgesehen: er verrammte ihm den Weg, indem er mit Wünschenswerther Offenherzigkeit erklärte: Es soll dies ein Polizeigesetz sein und nicht ein Rechtsgesetz."Wo bleibt da der Rechtsstaat, Herr Lasker?" fragen wir mit Windthorst. Natür- lich schwieg der Exführer der nationalliberalen Partei, die ebenfallsEx" ist. Das Resultat der Abstimmung über§ 16 war genau dasselbe, wie gestern über§ 6 die Eon- servatioen(welche der Polizei das Recht geben wollen, dieAgitatoren" saus fayon auch aus dem Wohnort auszuweisen) stimmten gegen die Com- missions- und die Nationalliberalen gegen die Regierungs-Borlage. Und so erhielt keine Fassung die Mehrheit. Nun in der dritten Lesung wird die Mehrheit sich schon finden. Die Conservativen werden gewiß das Bennigsen'sche Angebot, im Z 20(Civilbelagerungszustand) den Wohnort fallen zu lassen, d. h. die Austreibung der Agitatoren auch aus ihrem Wohnort zu be- willigen, mit äußerlichem Schmollen und inner- lichem Gaudium acceptiren. Den Civilbelage- rungszustand kann die Regierung ja proklamiren, wann und wo es ihr beliebt.Mein Liebchen, was willst du noch mehr?" Zu§ 16a(Bestrafung der Wirthe zc.) sprach blos Wiemer, der die Monstrosität dieser Be- stimmung schlagend uachwies, was natürlich die Annahme nicht hinderte. Die Debatte über K 19(die§§ 16b und 18 § 17 fällt aus gaben zu gar keiner Debatte Anlaß) kann nur quantitativ beurtheilt werden sie dauerte 2 Stunden und 10 Minuten, qualitativ steht sie unter jeder Beurtheilung, ist sie unter aller Kritik.Die Juristen" paukten auf einander los. Für uns macht es keinen Un- terschied, ob dieObercensurbehörde"(richtiger der Obergalgenrath) ein paar Individuen mehr oder weniger zu Mitgliedern zählt und wie diese Individuen sich betiteln: Justizrichter, Verwal- tungsrichter oder simple Bundcsräthe. Diesen total irrelevanten Detailfragen gegenüber haben wir nur das Gefühl absolutesterWurschtigkeit", um ä la Bismarck zu reden. Die heutige Sitzung dauerte von lOVs bis nach 4 Uhr. Ein Versuch der Junkerfraktion, das Haus zu einer Avendfitzung zu notzüchtigen, wurde von der todtmüden Majorität abgelehnt. Morgen wird die zweite Lesung beendigt. Donnerstag ist frei für die Fraktionsberathungen und das Coulissenspiel. Und Freitag und Sonn- ahend hofft man mit der dritten Lesung fertig zu werden, was allerdings ohne Anwendung der Schlußantrags-Peitsche nicht möglich sein wird. Das frühere Organ der Bismarck- scken Politik in Oesterreich , eines derHaupt- blätter der Bourgeoiste, derPester Lloyd" äußert sich in einem Leitartikel in einer Weise über das deutsche Sozialistengesetz, daß wir denselben aus preßgesetzlichen Gründen nicht ganz abdrucken können. Doch wollen wir es uns nicht versagen einige Auszüge zu bringen. Da heißt es: Der ganzen polltischen Welt außerhalb Deutschlands wird dieses Gesetz ein unerklärliches Räthsel sein. Fürst Bismarck behauptet, dieses Gesetz sei nothwendig, weil die Freizügigkeit, die Preßfreiheit und die milderen Normen des Straf- gesetzbuches in Deutschland unerträgliche Zu- stände der Verwilderung geschaffen hätten. Wir fragen uns, wie es möglich sei, daß Einrich- tungen und Gesetzbestimmungen, welche in Oester- reich-Ungarn , Italien , Frankreich , Belgien , kurz in ganz Europa , soweit es nicht moskowitisch oder türkisch ist, ohne jede öffentliche Gefahr funktio- niren, gerade in Deutschland die Fähigkeit haben sollten, den Staat in seinem Grunde zu erschüt- tern?Ein Staat ist frei," sagt Sybel,wenn seine Gesetze seiner Gesittung entsprechen." Wir wür- den es aber wie eine durch Nichts gerechtfertigte Verleumdung des deutschen Volkes ansehen, wenn Jemand sagen wollte, dieses Gesetz, daß Sozia- listen- Gesetz, entspräche der Gesittung des deutschen Volkes. Dieses Gesetz gibt der Regierung nicht, wie Fürst Bismarck sagt,eine Art der Diktatur", sondern es verleiht derselben die Diktatur, die schlimmste Form des civilen Belagerungszustandes, die in friedlicher Zeit in einem Lande, das man nicht durch das Schwert erobert hat, irgendwie denkbar ist. Ganz unglaublich ist es, daß Deutsch- land in einen Zustand solcher Erniedrigung verfallen sei, lediglich weil es die Freizügigkeit und eine im Ganzen recht bescheiden geartete Preßfreiheit eingeführt hat. Bielmehr glauben wir, daß die Ursache des in der That bestehenden Uebels nicht durch eine so oberflächliche Prüfung gefunden werden kann, wie sie in der Rede des großen Kanzlers enthalten ist. Wahr ist es, daß der Sozialismus nirgends mehr Anhänger zählt, als in Deutschland , und daß er nirgends so sehr die Formen einer geschlossenen Gesellschaft man könnte sagen einer Armee angenommen Hai, wie in Deutschland . Allein, wem die Gesetze der Weltwirthschaft nicht ein verschlossenes Buch sind, der wird an dieser Erscheinung nichts Ueberra- schendes zu entdecken vermögen. Die staatliche Ordnung Deutschlands , wie die Politiker sie ein- gerichtet haben, der Staatsgedankc, wie die deutsche Wissenschast denselben entwickelt hat, sind den Ge- danken und Zielen des Sozialismus innig ver­wandt. Die Unterordnung des Einzelwillens unter den Gesammtwillen ist in der polittschen Welt das, was die Verwandlung des privaten Kapitals in einheitliches Kollektivkapital in der wirthschaftlichen Welt ist. Hat ein Volk gelernt sich der eisernen Zucht des politischen und militärischen Sozialis- mus zu unterwerfen, dann wird es sicherlich in schlechten Tagen zumal auch den wirth- schaftlichen Sozialismus goutiren.Alles, was die Massen als ein Ganzes abrichtet, sagt Schaffte in einer Arbeit, welche durchaus keinen politisch- polemischen Charakter trägt, was centralisirt, was öffentliche Zusammenfassung der Einzelkräfte in größtem Maße in sich schließt, das hat etwas dem Sozialismus durchaus Verwandtes." Der Mi- litärstaat führt zum Sozialistenstaat, wer das nicht einsieht, dem fehlt jede Einsicht. Der ungeheure Staatsaufwand, die Milliarden für unproduktive Militärleistungen, der Steuer- druck, der immer mehr Personen aus der Bürger- klaffe in die Proletaricrklasse zurückstößt, das Alles vermehrt die Arbeiterbataillone und verleiht I ihr�n Bestrebungen jenen moralischen Inhalt, der I ihnen ehenials vielleicht abging.-Bafc in Deutsch -| land diese Gefahr sich am bedrohlichsten zeigt, da? kommt nicht daher, weil die Post die Zeitungen zu wohlfeil befördert, oder weil die Freizügigkeit ein- geführt worden ist, sondern es kommt daher, weil Deutschland der oberste Sitz des Militarismus ist, dieser großen Versuchsstation des Sozialismus. Die heutige Bewegung des vierten Standes zieht ihre Kraft aus der Unbehaglichteit, in der sich der dritte Stand befindet. Tag für Tag kommen aus dem Bürgerstande die Rekruten für den vierte» Stand und es ist kein Wunder, daß sich in der Reihe auch zeitweilig einige Kopfarbeiter finde». Ihr liefert uns gleich den Verderbten Rechtslos hinaus der Polizei, Und gebet die von euch Enterbten Der größten Willkür vogelfrei. So sei's! Verriegelt Haus und Hütte, Daß ja kein Wort der Freiheit naht, Verfehmt des Freundes treue Schritte, Verfehmt der Liebe stille That; Verhüllt das Licht aus blauer Ferne, Daß nur ein düst'rer Himmel weint, Verdecket Sonne, Mond und Sterne, Daß ja kein Licht der Freiheit scheint! Ihr hemmt sie nicht! Sie dringt durch Spalten, Sie quillt als Hauch von Mund zu Mund, Läßt sich nicht fassen, sich nicht halten Und giebt sich treuen Seelen kund; Sie perlt in jeder stillen Thräne, Im Herzen ist ihr wohl gegönnt Der beste Platz. Kein Scherge wähne, Daß er ihr dahin folgen könnt. Doch wieder seh' ich sie zu Rosse, Das rothe Banner in der Hand; Sie jagt, an Schnelle dem Geschosse Gleich, durch das weite deutsche Land. Sie streut auf ihren Ruhmeswegen Jn'S Land hinein wohl Saat auf Saat- In allen Gauen sprießt der Segen Dann auf zur großen Freiheitsthat. __ Eine Warnung. Unser österreichisches Bruderorgan, derSo- zialist" in Wien , schreibt: Die Preßorgane der Regierung und der öfter- reichischen Bourgeoisie bemühen sich nach Kräften. die österreichischen Arbeiter zur Auswanderung nach denangegliederten" Provinzen Bosnien und Herzegowina zu verleiten; nach den Schilderungen. die die erwähnten Blätter von den Erwerbs- Verhältnissen in jenen Ländern entwerfen, müßte man annehmen, daß dies das Land sei, in dem, wie die Bibel erwähnt, Milch und Honig fließt und daß dort, wie ein triviales österreichisches Sprichwort sagt, jedem Einwanderer die gebra- tenen Vögel in den Mund fliegen. Da es leider noch immer Leute genug in Oesterreich giebt, die jedem gedruckten Worte Glauben schenken, so halten wir es für angezeigt, an dieser Stelle an die österreichischen Arbeiter einige Worte der Auf- klärung.die den Vorzug der Wahrheit haben, zu richten. Es ist Jedem bekannt, welchen Entbehrungen die österreichisch-ungarischen Truppen seit ihrem Einmärsche in Bosnien bis heute ausgesetzt sind, daß sie beständig selbst an den für einen Europäer als unentbehrlich geltenden Dingen Mangel leiden und daß sie in fast allen zum Leben Nothwendigen aus die Versorgung aus dem Mutterlande an- gewiesen sind, da das okkupirte Land selbst für die Befriedigung der einfachsten Lebensbedürfnisse keine oder nur unzureichende Produkte liefert; es ist weiter bekannt, daß seit dem Beginne der In- surrektion, also seit mehr als drei Jahren, in Folge wiederholter Verwüstungen und blutiger Kämpfe, die alle produktive Arbeit lahmlegten, der Ertrag der Ernte, der unter normalen Verhält- nissen eine bedeutende Ausfuhr ermöglichen würde, nicht einmal für die Bewohner des Landes hin- reichte, so daß eine fast ununterbrochene Hungers- noth den ärmeren Theil der Bevölkerung beim- suchte. Es ist ferner durch erschütternde That- fachen constatirt, daß theils durch die Mohame- daner. theils durch die Christen Tausende von menschlichen Wohnstätten zerstört wurden und auf diese Weise für einen großen Theil der Bevöl- kerung wenigstens für die ungünstige Jahreszeit ein dauernder Aufenthalt in jenem Lande nur unter Ertragung fast übermenschlicher Entbehrungen und mit Gefahr des Lebens möglich geworden ist. Selbst unsere Soldaten, die gewiß an Strapazen gewöhnt find, lieferten in Folge dieses Umstandes und in Folge der unzureichenden Nahrung bereits ein Contingent von über zehntausend Kranken. Und haben nicht selbst die bosnischen Flüchtlinge, die gegenwärtig in Oesterreich-Ungarnbeherbergt" werden, den Wiederaufbau ihrer Wohnstätten zur Vorbedingung für die Rückkehr nach ihrer Heimath gemacht? Zustände also, die selbst in den Augen der gewiß nicht durch Bedürfnisse überreizten bosni- schen Flüchtlinge als unerträglich gelten. Zustände. in Folge deren tausende unserer Soldaten ver' heerenden Krankheiten anheimfallen, werden vo» unserer Regierungspresse und den Preßorganee der österreichischen Kapitalisten nicht blos für g>s genug für die österreichischen Arbeiter befunde» sie werden sogar in den schönsten Farben da? gestellt und es wird den Arbeitern ans Herz g? legt, sich dort das Fieber und in dessen Folge de« Tod zu holen. Die Herren, die den Arbeitern den Rath gebe» sich nach Bosnien zu begeben, haben freilich Gru» genug, die Auswanderung der Arbeiter in d»' neue Eldorado der österreichischen Kapitalisten j' wünschen; die Kapitalisten wollen da unten(F schäfte machen, das edle Handwerk der Ausbeutung- das bei uns gegenwärtig nicht florirt, in den ne»i gewonnenen Ländern fortsetzen. Die guten 3)°*' niaken wissen noch nichts vom Krach, haben dm faulen Gründungen noch nicht kennen gelernt uim) sind mit jener Geschäftsmoral, deren Vertrete mit dem Aermel das Zuchthaus streifen, noch nick! vertraut. Aus ihnen läßt sich also noch etwi>s herauspressen. Konkurrenz von außen ist vorläufig noch nil! zu befürchten und die Bosniaken selbst besitz' noch zu wenigKultur", um in der besten M thobe der Ausbeutung fremder Arbeitskraft» unfern heimischen Meistern zu konkurriren. D Boden ist reich an Schätzen, die bisher una» gebeutet geblieben sind, eine gefährliche Konkurrt! nicht vorhanden, die Bevölkerung in ökonomisch Beziehung unschuldig und unwissend wann w demnach eine bessere Gelegenheit für die öst? reichischen Kapitalisten gegeben, einen ungewöhiö) großen Unternehmergewinn aus der Arbeitsko herauszuschlagen? Zum Leidwesen für die talisten sind die unten vorhandenen Arbeitskröm trotzdem sie sich durch große Bedürfnißlosig" auszeichnen, vorderhand nicht zu gebrauchen;?>". seitS stehen sie den Eroberern durch den Gegcl'f von Religion und Nationalität zu feindselig über, um in kurzer Frist denselben dienstb»*