18.

Erscheint wöchentlich 2 mal in Leipzig .

Bestellungen nehmen alle Bostanstalten und Buchhand­lungen des In- und Aus­

lanbes an.

Für Leipzig nehmen Bestellungen an:

A. Bebel, Petersstraße 18,

F. Thiele, Emilienstraße 2,

Mittwoch, den 1. März.

Der Volksstaat

1871.

Abonnementspreis Für Preußen incl. Stempel­fteuer 16 Ngr., für die übrigen deutschen Staaten 12 gr. per Quartal. Agent für London A. Duenfing, Foreign Bookseller, Libra­rian and Newsagent, 8, Little Newport Street, Lei­

cester Square. W. C. Filialerpedition für die Verein Staaten: F.A.Sorge, Box 101 Hoboken N. J. via Newyork

Organ der sozial- demokratischen Arbeiterpartei und der Internationalen Gewerksgenossenschaften.

An die Parteigenossen.

Wenn eine Generation Gesetze erdenkt, nach solchen ihr Wesen und ihre Sitten entwickelt, Grundfäße feststellt, um darin die Nachkommen zu erziehen, so müssen vor vorgeschrit= teneren Geschlechtern solche Gesetzesschranken, weil sie durch die­selben in ihrer naturgemäßen Entwickelung gehemmt werden, fallen.

,, Nur vorwärts, vorwärts! ruft der Weltengeist Im Fortschritt ohne Rast und Ruh'; Und was sich ihm zu widersteh'n erdreiſt', Das wirft er dann der ,, Thorheit" zu!" Seit bereits einem Jahrhundert entbrannte ein Kampf für und gegen die starren Ueberlieferungen vergangener Ge­schlechter, und noch immer ist dieser Kampf nicht endgiltig ent­schieden worden, noch immer herrschen, wenn auch nach ver­schiedenen Metamorphosen, Autorität und Gewissenszwang, wodurch man die freiheitlichen Keime des aufstrebenden Selbst bewußtseins zu ersticken versuchte.

und Eurer Kinder Wohl mit Macht zu vertreten. Und unse ist dann der Sieg.

Der stellvertretende Ausschuß der sozialdemokratischen Mit sozialdemokratischem Gruß und Handschlag Arbeiterpartei Deutschlands .

Wahl- Angelegenheiten.

14. Sächs. Wahlbezirk.

Die Wahlzettel dürfen gedruckt oder geschrieben sein, aber nur auf weißem Papier.

Das Komitee( Schuhmachermstr. Lehmann in Rochlitz , Mühlgraben 298) vertheilt gratis die gültigen gedruckten Stimmzettel, zu denen nichts hinzugefügt werden darf, für unfern Kandidaten

Privatschreiber Leonhardt von Bonhorst in Braun­ schweig

.

15. Sächs. Wahlbezirk. Gültige Wahlzettel für

Lehrer Samuel Spier in Braunschweig

Doch vergeblich! Der Geist des Fortschritts läßt sich nicht wieder zurückdämmen in Formen, denen er längst entwachsen. Er sucht eine neue Form und unser Jahrhundert ist vor allem berufen, die neue Richtschnur für die Kulturarbeit der mensch- find gratis zu haben durch lichen Gesellschaft festzustellen und die im Jahre 1789 geoffen­barten erhabenen Ideen

der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zur Anerkennung und Durchführung zu bringen. Und diese drei Worte, sie flammen wie ein ,, mene tekel" an den Wän­den der Paläste. Doch man verhöhnt, man verlacht sie da­felbst als phantastische Träumereien!.

Hingegen in den armseligen Hütten, da leuchten diese Borte als eine frohe Botschaft, da erfüllen sie die von Sorge und Kummer niedergedrückten Herzen mit dem Hoffnungsschimmer einer endlichen Erlösung aus der Knechtschaft der Noth und des Elends.

Und die Erlösung, sie muß bald kommen! Denn kann noch länger die Sucht nach

Geld, Genuß und Ruhm

das Endziel sein, wonach die Menschen, wonach die Völker im tollen Wettlauf haften unbekümmert, ob Hekatomben Ihres­gleichen dem Vortheil, dem Wahnwitz Einzelner zum Opfer fallen?

Nein! Arbeiter aller Länder! Ihr habt erkannt und mani­festirt, daß die Kräfte des Menschen einer anderen Aufgabe werth find. Euer Ringen und Streben ist kein auf Selbst sucht gerichtetes, sondern gemeinsam, friedlich mit Euern Neben menschen suchet Ihr in gegenseitiger Unterstützung als hehres Biel dem Kulturfortschrittt durch

genossenschaftliche Arbeit

nue Bahnen zu eröffnen.

Vor allen aber Ihr, Arbeiter Deutschlands ! beweiset, daß Ihr die Worte Eurer großen Dichterheroen, die weisen Aus­sprüche Eurer Philosophen nicht nur auf den Lippen führt, son­dern daß Ihr von deren Geist durchdrungen, die ersehnten Ideale des Menschenthums zu verwirklichen anstrebt durch Er­ringung

eines freien Staates, in welchem die Volkskraft unbeschränkt ihr Wesen zur vollen Geltung bringen kann; burch Ausgleichung aller Standesunterschiede, welche Vorurtheil und Unwissenheit aufgebaut; durch gleichmäßigen, allen zu Theil werdenden Schulunterricht und Heranbildung gleich­berechtigter Staatsbürger;

durch gegenseitige Förderung der Staatsangehörigen, damit nicht mehr Einer dem Andern zur Ausbeutung diene, vielmehr die Erkennung und Ausbildung einer neuen Form, die ge­meinſame, genossenschaftliche Produktionsweise, werde der Martstein, von wo an die Menschen in Brüderlichkeit ihre Kulturaufgabe erfassen und erfüllen können.

Parteigenossen! An Euch ist es jetzt, für Erstrebung die­ser Ziele einzutreten. Die Wahlen zu dem Reichstage des neuen Deutschen Kaiserreichs bieten Guch die Mittel dazu, Ihr seid es Euren gefallenen Brüdern schuldig, die höchsten Prinzipien der Menschheit, welche ja stets von den Armen, von der gedrücktesten Klasse ausgingen, auf der Tribüne des Parla­ments, welche volle Redefreiheit gewährt, durch Eure Vertreter der Welt wieder ins Gedächtniß rufen zu lassen.

Wählet daher Männer, welche fest und treu in dieser wandelbaren Zeit der Macht und ihren Erfolgen die Forderung nach Gerechtigkeit und Freiheit entgegenstellen, die nicht in die Phrase der Schwächlinge einstimmen: Man müsse den That­fachen Rechnung tragen."

Und solche Männer sind in unserer Partei in den ver schiedenen Wahlbezirken aufgestellt.

Die Einterferung und Verfolgungen, welche diese Männer erlitten, soll Euch Mahnung sein, diese als die rechten Vertreter unserer Prinzipien, die des Volkes Wohl in Wahrheit erkannt, als Kandidaten zum deutschen Reichstag zu erwählen.

Scheuet keine Koften, seid nicht gleichgiltig und tau, nein! voll Eifer dränget Euch an die Wahlurne, bebenket, Ihr habt an diesem Tage durch die abzugebende Stimme zu dokumentiren, daß Ihr nicht mehr politisch unreif seid, wie die Gegner aus­posaunen, im Gegentheil, Euch Eures Staatsbürgerrechts bewußt, nach eigenem Ermessen wählet, um Euer Prinzip, Euer

Anton Fischer in Mittweida . 17. Sächs. Wahlbezirk.

Gültige gedruckte Stimmzettel für Bebel werden gratis vertheilt und sind zu haben bei Albert, Charlottenstraße, Glauchau , sowie durch H. Jahn, Meerane .

Ein Zehntel wahr von Deinem Lug

Und längst schon müßt er brummen,

Drum spare ,,, Freund", den Mammonstrug Uns machst Du nicht zu Dummen! Die eignen Lafter habt bewußt Ihr Jenem angedichtet,

-

Die stets empört des Edeln Bruſt,- Ihr habt Euch selbst gerichtet! Bald wär' der Freiheit Schiff zerschellt, Brach erst das Steuerruder, Drum frei muß werden unser Held, Der uns ein Freund, ein Bruder! Du aber, dessen Federfiel

Nicht frei, nur Sklavin, seile,

Der nie umsonst reimt, sprich: Wie viel Bekommst Du für die Zeile?

19. Sächs. Wahlbezirk.

Die Stimmzettel dürfen nur von weißem Papier sein und dürfen nichts als folgende Worte enthalten:

Wilhelm Liebknecht , Schriftsteller in Leipzig . Gültige gedruckte Stimmzettel für Liebknecht sind zu haben: in Stollberg bei Glajermeister Rothbart; in köẞ= nit bei W. Nözel; in Geyer bei Ferd. Richter; in Nieder­3wönitz bei Roth; in Hormersdorf bei Kretschmar in Delsnitz bei Kunzmann; in Luga u bei Göldner.

Wir bitten ebenfalls um telegraphische Mittheilung der Wahlresultate.

Sämmtliche Wahlversammlungen, deren mehr als fünf­zehn stattgefunden haben, erklärten sich einstimmig gegen Winkwiß und für Liebknecht.

Die Stimmzettel müssen von weißem Papier sein und dürfen nur folgende Worte gedruckt oder geschrieben enthalten: August Bebel , Drechsler in Leipzig . Wir bitten unsere Freunde, uns aus einem oder mehreren Orten das Wahl­Mit welchen Mitteln die Gegner operiren, zeigt folgende ergebniß, sobald es bekannt ist, in folgender Weise zu tele: Thatsache. In Zella bei Aue hatte am Sonntag das Mink­graphiren: Hirsch, Emilienstr. 2, Leipzig.( Wahlort): Bebel , wißige Komitee eine öffentliche Volksversammlung anberaumt, ( Stimmzahl), Schulze,( Stimmzahl),( anderer Wahlort): Bebel bei der es mit Glanz durchfiel. Der Vorsitzende, Advokat Bor = ( Stimmzahl) Schulze( Stimmzahl)" u. s. w. nemann aus Schneeberg , versuchte, statt aller Beweisführung, In allen Städten und größeren Dörfern des 17. Bezirks doch ein hoch" für Mintwis zu erwirfen. Doch die Arbeiter haben große Versammlungen stattgefunden( u. A. in Glauchau , blieben stumm wie die Fische, und nur das Komitee selbst stieß St. Egydien, Hohenstein- Ernstthal , Lichtenstein- Callenberg, Thurm, mühsam ein dünnes Hoch hervor, blieb aber beim dritten Male Remse , Waldenburg , Rödlig, Lungwitz; in Meerane 2 an einem stecken. Nun brachte ein Arbeiter ein Hoch auf Liebknecht Tage) die sich sämmtlich für Bebel und gegen Schulze aus- aus. Aber da flirrten die Scheiben! Nach Schluß der miß­gesprochen haben. glückten Versammlung schenkte der Holzhändler Leonhard aus Die Gegner greifen uns an, weil in den Versammlungen Burkhardsgrün( Mitglied des Minkwißigen Komitees) jenem die Körperfülle Schulze's mit der minder ins Auge fallenden Arbeiter einen 10 Thalerschein ,, in Anerkennung seiner Bebels verglichen worden ist. Sie verschweigen aber, daß sie Charakterfestigkeit". Vermuthlich wollte er seine Cha­uns zu diesem Vergleiche gezwungen haben, indem sie in ihren rafterfestigkeit auf eine, für einen unbemittelten Mann sehr Amtsblättern Bebeln beschuldigten, sich mit Arbeitergeldern harte Probe stellen, denn er forderte ihn ein Weilchen später zu mästen." Da mußten wir doch zeigen, wer eigentlich auf, Wink wiß hochleben zu lassen; indeß weigerte er sich, der ,, mit Arbeitergeldern Ge mästete" ist.

Aus dem 17. Wahlbezirk

an den wohlbekannten voigtländischen Reimfabrikanten. Wie wird uns doch so sonderbar Bei Deinem Sang zu Muthe! Jst's möglich? Der sich fast ein Jahr Gefreut an uns'rem Blute, Der jubelnd afsprang deckenhoch, Wenn ,, herrliche Bataille!"

-

Der Draht gemeldet, waren doch Die starben ,,, nur Canaille!"

Der unsern Schweiß für sich ,, gespart", Uns abgezwackt die Groschen,

Und jept? Wie gnädig, mild, wie zart! Ist Deine Wuth erloschen? Sind wir nicht mehr das faule Back, Das gestern wir gewesen,

Nur gut, zu füllen Schrank und Sack Euch Göttern auserlesen?

Der Völkerwohlfahrt blühend Reis", Auf einmal ist Divs heilig,

Familiensegen" ,,, Elternfleiß", Wie war das sonst ,, langweilig"! Du selbst zerbrachst das edle Reis, ,, Familie" war Dir ,, Schwindel", Du nahmst zu Deiner Lüfte Preis Die Töchter dem Gesindel".

Und jetzt! Wie zärtlich doch erscheint Und Triebe" reimt auf ,, Liebe",

"

Der sonst der Armen schlimmster Feind, Statt Hülf' uns anbot Hiebe! Sein ,, Deutsches Herzblut"! Stets war er Des welschen Tandes Affe!

Kommt Das von Herzen? Nimmermehr! Du bist erkannt! Geh- Pfaffe! Wo ist die ,, Liebe", wo die ,, Scham" Dir Heuchler denn geblieben, Als Du ihn, der das Herz voll Gram, Boll Sorg' um seine Lieben Und um sein Volf im Kerker sitzt, Geknebelt, ohne Wehre,

Mit Deiner Zügen Gift besprißt, Ihm frech beschmußt die Ehre?

die 10 Thaler wieder anzunehmen, die ihm Jener sofort hin­warf mit der Erklärung, daß er nicht fäuflich sei und daß er unter allen Umständen für Niemand stimmen werde, als für Liebknecht.

22. Sächs. Wahlbezirk.

Durch Karl Neu, Amtmannsgasse, in Reichenbach, sowie durch die Unterkomitees in den andern Städten des Bezirks; erhält jeder Wähler gratis gültige Stimmzettel für Kaufmann Wilh. Bracke junior in Braunschweig . Wahlbezirk Schwarzburg- Rudolstadt . ( Zur Kandidatur Endemann's.)

Es schleichet aus der Leichenhalle Ein Nationaler wimmernd vor, Mit blauem Dunst und Phrasenschwalle Empfiehlt er Endemann, den Doktor. Was will der Mann, der stets im Zweifel? Der wie ein Rohr sich schwenken lieẞ? Der erst mit allem Fleiß und Eifer Dafür sprach*), dann das Rechte ließ! Drum fort mit ihm, dem todten Helden, Uns nügt ein Mann wie Liebknecht nur- Der nur das rechte Wort läßt gelten, Und schafft am Menschenrechte nur. Auf Wähler, Arbeitsfreunde zeigt, Daß Menschenliebe Euch durchweht,

Wenn unerschrocken Ihr Euch weiht

Und fest für Eure Rechte steht!

Die Wähler des 12., 15., 17. und 23. Bezirks machen wir auf den untenstehenden Artikel über den Landesverrath von 1866 aufmerksam.

*) Gegen die Todesstrafe.

Politische Uebersicht.

Seit sich Menschen abschlachten, ist noch nie ein so fauler Frieden zu Stande gekommen, wie dieser, dem der bevorstehende Krieg aus allen Löchern guckt. Man fragt sich mit Recht, wer bei dem Friedensschluß mehr geschlagen ist, das, siegende" oder das besiegte Volk. Frankreich zahlt etwa 1200 Wil. Thlr. Kriegsentschädigung, wovon etwa 200 Millionen bereits erhobene Kriegskontributionen in Abzug kommen. Rechnen wir von den übrigen 1000 noch 300 Millionen für die Berzinsung und Rückzahlung der süd- und norddeutschen Kriegsanle.hen ab, so­